9.2. Tichka marokkanisch

Auf meinem Rundgang heute stand ich ganz zufällig vor der Polyclinique du Sud, dem Krankenhaus, wo die nette deutsche Ärztin arbeitet. Die Klinik ist ganz leicht zu finden. Von der Medina kommend die Av. Mohammed V ganz durchfahren und kurz vor dem Ende rechts in die schmale Rue Yugoslavie, die mit den vielen Restaurants. Sie endet an einer großen Kreuzung, dort ist rechts die Klinik. Zum Glück bin ich nicht krank, daher hab ich sie nicht aufgesucht. Aber es wurde mir Gutes von ihr berichtet. Es gingen gerade einige Leute hinein, die offensichtlich eine Patientin brachten. Sie hatte alles dabei, vom spitzenbesetzten Kopfkissen bis zur weichen Wolldecke.
Unterwegs traf ich zwei deutsche Frauen. Ortrud, die ich schon aus dem Riad Nakhla kenne, und Christine, die ich erst kürzlich im Büro von Sahara Experience traf. Beide in Marrakech ansässig. Die deutsche Gemeinde hier ist ja sehr klein, deshalb kennen sich auch alle. Als ich ihnen von meinen gemütlichen Kaminabenden im Tichka erzählte, wollten sie sofort kommen, aber zeitlich reichte es nur für einen Kaffeeklatsch. Und wie wir da so schön sitzen kommt Beatrice hinzu. Ihr gehört die Auberge Flilou in Agouti, mit Campingplatz. Das war natürlich ein Geküsse und Gerede, die Welt ist wirklich klein.

Und dann kam das Highlight, die Ankunft meines Freundes Bruno. Wir kennen uns aus Deutschland, er ist als Neuruheständler gerade mit einem Freund auf große Afrikareise aufgebrochen. Sein alter Golf, der er viele Jahre gefahren hat, soll noch einmal eine Reise ins Abenteuer machen, bevor er dann in Schwarzafrika seinen Ruhestand erleben wird. Ganz zufällig schrieb Bruno mir vorgestern, dass er auf dem Weg ist, vermutlich in den nächsten Tagen nach Marrakech kommt und deshalb wartete ich so lange im Tichka auf ihn. Für mich als Prinzessin de la Tichka wurde daraufhin ein Tisch im marokkanischen Restaurant des Hauses reserviert, natürlich der Platz direkt am Feuer, und als zweite Dame sprang dann Anne, die nette französische Professorin, ein. Für mich war daraufhin Bruno für den Abend verloren. Er ist ja nicht nur Franzose wie sie, sondern bevor seiner 6 Tage alten Rentnerzeit war auch er Dozent an einer Universität, die beiden hatten sich gesucht und gefunden, und wir restlichen zwei mussten uns alleine vergnügen. Was auch durchaus ein Vergnügen war. Unser Direktor hatte sich zuvor entschuldigt, er hatte familiäre Verpflichtungen, aber er wusste mich ja in guten Händen.

Und sein Personal gab sich alle Mühe, uns zu verwöhnen. Der lange Korridor zum Riad, in dem das marokkanische Lokal ist, war mit Kerzen erleuchtet, unser Tisch mit Rosenblättern geschmückt. Als Vorspeise gab es eine Salatplatte mit den typischen marokkanischen Salaten. Ich habe im Tichka schon immer gut gegessen, aber das übertraf es doch noch. Der Clou war eine rote Paste in der Mitte zwischen all den verschiedenen gekochten und rohen Salaten, sie sah undefinierbar aus, sehr fest, es waren Tomaten karamellisiert mit Honig. Ein wahres Gedicht. Das Hauptgericht war zufällig mein Lieblings-Tajine, obwohl sie es nicht wissen konnten, Lamm mit Pflaumen und Sesam. Schon viel gegessen, aber hier sehr delikat gewürzt mit ganz zartem Fleisch. Der Nachtisch war zwar typisch, aber dann nicht so aufregend, Orange canelle. Ach, war auch das wieder ein schöner Abend.