Archiv für den Monat: Februar 2025

The Fraternal Order of Eagles

Tagsüber bin ich in meinem Florida Home ja gut beschäftigt. Im Garten und vor allem im Pond gibt es immer etwas zu tun, aber noch schöner ist es natürlich, die wunderbaren Bike Trails zu erkunden und meine Bücher darüber zu aktualisieren. Aber abends ist es doch ein wenig einsam und langweilig. Ich wohne recht weit von meinen Radfahrkollegen entfernt, so dass so kein geselliges Beisammensein möglich ist. Um die Ecke gibt es die Rockerkneipe The Turn, die meist richtig gute Lifemusic bietet und ich höre mir das eigentlich ganz gerne an. Aber ein Gespräch ergibt sich dort leider nicht. Man darf nicht vergessen, dass ich keine 25jährige Blondine mehr bin und vielleicht nicht so einen guten Marktwert mehr habe. Außerdem suche ich ja wirklich nur das Gespräch, und dafür ist es dort sowieso zu laut.

Gerade um die Ecke gibt es aber The Fraternal Order of Eagles. Das muss man für Deutsche erklären. Aus englischen Büchern oder Filmen kennt man ja die Clubs, wo alte Herren sich zum Scotch treffen und die Zeitung lesen. Dieses Clubleben ist abgewandelt auch in USA üblich. Ein Bekannter, Bob, hat mich manchmal dorthin mitgenommen, aber ich hatte schon lange keinen Kontakt mehr mit ihm. Zwar sind im Eagles auch fast nur uralte Menschen, aber es ist richtig schön dort, und vor allem, man spricht miteinander. Und sie haben den besten Margarita in Port Orange zu einem unschlagbaren Preis. Da es ein Club ist, dürfen sie die Getränke billiger verkaufen, aber eben nur an Clubmitglieder.

Habe die Website genau studiert und dort steht, dass man zwei Mitglieder braucht, die einen empfehlen. Habe ich nicht. Die größere Hürde ist aber, dass man US-Citizen sein muss. Deshalb habe ich mich schon im letzten Jahr nicht getraut, dort um Aufnahme zu bitten, bin immer darum herum gekreist. In diesem Jahr auch. Anfang Februar dann kam ich mit jemand ins Gespräch, der gerade rausging und ich fragte nach. Sie sagten, ich solle einfach reingehen und mir ein Aufnahmeformular holen. Okay, aber nicht sofort. Kam gerade von einer Radtour und muss mich doch etwas in Ordnung bringen zuvor.

Ace of Spades

Und so wollte es der Zufall, dass ich ausgerechnet an einem Donnerstagnachmittag dort vorsprach, ohne zu wissen, dass es so ziemlich der am besten besuchte Tag ist, gibt es dann im Ace of Spades einen großen Jackpot zu gewinnen. Natürlich nur für Mitglieder. Auch an dem Tag habe ich mich nicht getraut und drei Männer angesprochen, die gerade hinein wollten, ob sie mich mitnehmen könnten. Ich kam rein und wurde sofort von Celine empfangen, die am Spieltisch saß, aber eben auch die Präsidentin ist. Wir füllten sofort zusammen das Anmeldeformular aus, als Empfehlung gab sie sich und ihren Mann an und ich sagte erst mal nichts davon, dass ich Deutsche bin. Zwar hört das sofort jeder an meinem Akzent, aber jeder nimmt an, dass ich eben aus Deutschland eingewandert bin. Ich zahlte 70 $ und bekam einen Termin zu einem „Interview“ und dann 14 Tage später einen Termin für die „Initiation“.

Rock-n-Roll

So konnte ich dann auch gleich am Freitag mit meiner vorläufigen Karte auftauchen, dem wirklich am besten besuchten Tag. Da spielt immer eine gute Band und es wird getanzt. An diesem Tag müssen die Mitglieder ihre Karten vorzeigen, dürfen zwar Freunde mitbringen, aber die zahlen 5 $. Diesmal war es eine Elvis Show und der Saal hat gerockt. Es war ziemlich alles besetzt, kein Plätzchen an der von mir beliebten Bar, aber an einem Tisch 3 freie Stühle. Ich fragte nach, man wartete auf Freunde, aber dann nickte der Herr und sagte, ja ich solle mich setzen. Und hatte damit meinen ersten Verehrer, Stan, gewonnen. 74, schwer gehbehindert und hört so gut wie überhaupt nichts, versucht aber alles, um mich zu gewinnen, obwohl wir eigentlich überhaupt nicht kommunizieren können. Dann kamen seine zwei Freundinnen, wirklich sehr nette Damen. Die eine ist 84 und war früher eine bekannte Golfspielerin.

Ja, was ist denn so besonders im Eagles? Das ist eben die Musik. Natürlich für die Amis auch das Spielen, es gibt jeden Tag eine Art Glückspiel, aber für mich ist es die Musik und das Tanzen. Wo in Deutschland gibt es einen Platz, wo die Ü70 zum Tanzen hingehen können? Und hier tanzt jeder, egal wie sehr er behindert ist. Bei schnellen Tänzen sind fast nur Frauen auf der Tanzfläche, bei langsamen kommen die Paare. Und natürlich habe auch ich mich getraut und ganz allein getanzt. Es war toll. Übrigens schätze ich den Altersdurchschnitt hier auf gut 70.

Und so traf ich auch meinen alten Freund Bob wieder. Von der zweijährigen Verstimmung sprachen wir nicht, erzählten fröhlich, was wir in dieser Zeit so alles erlebt haben und ein paar Tage später holte er mich stolz mit seinen neuen alten Porsche zu einem Drink ab.

Interview

Dann stand das Interview an. Ich habe mir das so vorgestellt, dass es etwa 5, 6 Personen sind, die aufgenommen werden wollen und wir werden zu unseren Lebensumständen befragt. Ob wir hinein passen. Aber nein. Es waren fast 50 Personen und tatsächlich alles Frauen. Es ist eben ein Ort, zu dem ältere Damen in Sicherheit gehen können. Wir mussten ein weiteres Formular ausfüllen und wurden dort auch gefragt, ob wir US-Bürger sind und zur Verfassung (und zum Präsident) stehen. Wenn nicht, warum. Also habe ich geschrieben, dass ich Deutsche bin, aber Hausbesitzerin ganz in der Nähe und einfach etwas Gesellschaft haben möchte. Sonst wurden wir nicht befragt, stattdessen wurden die Clubregeln erläutert. Aber auch nach diesem Interview wurden wir noch keine ordentlichen Mitglieder, sondern müssen 2 Wochen später noch die Initiation durchlaufen.

Es brannte mir aber doch die Frage auf den Nägeln, werde ich als Deutsche akzeptiert. Ich wollte nicht vor allen fragen, sondern zog danach Celine zur Seite, die meinte, ja, sie hätte nichts Gegenteiliges gehört. Zwei Tage später saß ich an der Bar und sprach mit Diane, der Schatzmeisterin. Sie meinte, achja, Sie sind also die Deutsche. Und ich wäre die erste Nicht-Bürgerin, die in den Club aufgenommen wird. Die Aerie in Port Orange hat über 4000 Mitglieder.

Initiation

Am Montag stand dann also die langersehnte Initiation an. Wir hatten schon gesagt bekommen, dass wir uns etwas bedeckt anziehen sollten, also keine Shorts und nackten Arme. Das Wetter spielte uns in die Hände, es war ein kühler Regentag. Wir sollten etwas früher dort sein und warten. Als ich reinkam saßen schon viele der Frauen am großen Tisch, aber ich wurde sofort von zwei Herren an ihren Tisch gezogen. Ich bin ja nicht untätig geblieben und habe schon einige Leute kennengelernt. Meist wird das Gespräch ja eben von der Tatsache ausgelöst, dass ich Deutsche bin. Bin dort schon bekannt wie ein bunter Hund. Die beiden Herren sind die Ehemänner von der Präsidentin und ihrer Vize, also bin ich dort genau in den richtigen Händen. Der eine, Mist, ich weiß seinen Namen nicht mehr, war in den 1970ern in Wiesbaden stationiert, im Camp Pieri, und er will unbedingt mal nach Deutschland reisen, um seiner Frau alles zu zeigen. Ich habe mich als Local Guide angeboten.

Dann wurden wir also zu der feierlichen Einweihung gerufen. Und feierlich war es, mein Gott. Eine Art von Altar war aufgebaut, eingerahmt von der USA-Flagge, eine Marienfigur war dort und eine Bibel, die feierlich aufgeschlagen wurde. Wir mussten alle stehen, es war fast wie ein Gottesdienst, der ja auch oft genug angerufen wurde. Zwei Damen wurden als Bespiele vorgeführt und lange, lange Texte von verschiedenen Personen verlesen. Dauerte fast eine halbe Stunde. Ich fürchtete schon, dass wir dann alle als Zweiergruppe drankommen, aber nein, danach wurde alle unsere Namen verlesen und wir waren damit aufgenommen. Natürlich nicht ohne die Nationalhymne und Hand auf die Brust. Ich mache da normal nicht mit, aber hier wollte ich nicht auffallen. Ich kann nun stolz sagen:

Ich bin ein Eagles

PS: Offiziell ist es nicht erlaubt, im Club Fotos zu machen und erst recht nicht von der Initiation. Aber von mir kann ich etwas anfügen.

Meine unendliche Klogeschichte

Kapitel 1

Ja, meine Toilette hier in Florida ist sehr niedrig. Das habe ich mir nicht so ausgesucht, das kam einfach so. Je älter man wird umso ungemütlicher ist es und man wünscht sich schon, das Becken wäre etwas höher, vom langen Zielen der Männer ganz zu schweigen. Aber deshalb eine neue kaufen und einbauen lassen, das wollte ich doch nicht. Wenn auch jeder denkt, „Villa“ in Florida, also reich, so ist dies eben doch nicht wahr und jeder Dollar, den ich ausgebe, zählt.

Aber nun war die Wasserspülung defekt. Floridas Männer können so etwas ja ganz schnell selbst reparieren, aber ich habe weder einen Floridamann noch einen Deutschen und ich kann das nicht. Also ist das doch der Anlass, gleich das Becken auszutauschen, wenn der Installateur eh kommen muss. Ich rief einen Fachhandel an, der wollte für das komplette Geschehen mit eigener Toilette 680 $ und wiesen gleich darauf hin, dass sie keine Garantie geben würden, wenn ich eine im Baumarkt besorge. Dieser Einbau würde dann 250 $ kosten. Plus eben eine Baumarkt-Toilette.

Also bin ich doch erstmal zum Lowe’s Baumarkt gegangen, um mich zu informieren. Habe ja keine Ahnung, was so was kostet. Und das war doch erstaunlich günstig. Ich fand einen netten Verkäufer, Mateus, und er war sogar einmal in Wiesbaden stationiert. Wir verstanden uns prächtig und er empfahl mir eine besonders hohe, die laut Schild 159 $ kosten sollte. Ja, gerne und auch die Installation wurde durch Lowe’s organsiert. Kostet zwar mit 275 $ ein wenig mehr als vom Fachhändler, aber die Toi war ja viel billiger.

Mateus rollte das WC für mich zur Kasse, ich bezahlte, er lud es noch in mein Auto. Die Installation lief einfach super, alles wurde toll mithilfe von SMS organisiert und 5 Tage später hatte ich endlich wieder ein eigenes Klo und brauchte nicht mehr das von meiner zweiten Heimat Goodwill zu benutzen. Schnell noch zu Lowe’s und ein neues Regal für hinters Klo gekauft, denn das alte passte nicht mehr zum höheren WC.

Kapitel 2

Das Becken ist nun 10 cm höher als das alte und ich merkte, dass es doch vielleicht ein Inch zu hoch ist. Denn meine Füße hingen nun beim Sitzen ein wenig in der Luft. Dann sortierte ich meine Rechnungen zum Abheften und stellte zu meinem Erstaunen erstens fest, dass ich nicht 159 $, sondern 189 $ gezahlt hatte. Durch das nette Gespräch mit Mateus war ich so abgelenkt, dass ich dies nicht bemerkte. Alles ist ja in einer Lowe’s App festgehalten und so drückte ich mal kurz auf den Knopf „Buy it again“. Und war ziemlich geschockt, dass man plötzlich nur noch 139 $ für die gleiche Toilette haben wollte.

Also Papiere eingepackt und ab zu Lowe’s. Mateus war da, meinte aber, ich müsse zum Customer Service. Die waren eigentlich nett und waren bereit, mir die Differenz von 50 $ auszuzahlen. Nur der Computer machte nicht mit. Etliche Kollegen wurden zu Hilfe gerufen und auch der Manager per Telefon, aber dann bekam ich mein Geld. Prima. Ich freute mich.

Kapitel 3

Zuhause aber schickte mich plötzlich ein dringendes Geschäft auf die Toilette. Naja, dafür ist sie ja da. Erledigt, Wasser spülen. Da kam die große Überraschung. Die hohe Toilette ist ja auch im Becken hoch und das Wasser reicht nur bis in den unteren Bereich. Die Scheiße, spreche wir es ruhig aus, liegt aber noch darüber. Und bleibt auch liegen. Da muss die Bürste kommen und richtig viel schrubben, damit alles weg geht. Das kann doch nicht sein. Also habe ich ein Video gemacht, mit Sirup statt mit Sch …, denn ich wollte die Leute doch nicht zu viel schocken.

Mateus war da und voller Verständnis. Wieder viele Telefonate. Aber kein Erfolg. Die Installation ist ja richtig ausgeführt worden. Ja, aber das Produkt hat doch einen Fehler. Schließlich suchten wir zusammen die Managerin auf, die irgendwo im Laden war. Eine recht junge Frau. Lange Diskussion. Ihr Argument u.a.: ist halt eine wassersparende Toilette. Jaja, die spart wirklich Wasser, wenn man für die gleiche Sache mindestens dreimal spülen muss. Es ging endlos hin und her, ich will euch das alles ersparen. Ihre Aussage war klipp und klar, das ist ein Billigprodukt und ich hätte mich vorher informieren sollen. Dafür hatte ich aber ein gute Antwort: Ich habe keine Ahnung von US-Toiletten, deshalb bin ich ja zu Lowe’s gegangen, um mich zu informieren, bin ausführlich beraten worden und habe schließlich die empfohlene Schüssel gekauft. Da hat sie dann doch aufgegeben und gesagt, ok, ich soll eine neue kaufen, die alte zurück bringen und ich bekäme WC plus Installation ersetzt. Mateus bot an, zu kommen und sie kostenlos einzubauen. Die Managerin schoß sofort dagegen, nein Sie arbeiten für Lowe’s, das dürfen Sie nicht.

Wir gingen zurück, um eine neue Kloschüssel auszusuchen, die mir Mateus natürlich auch wieder bis ins Auto brachte. Und mir dann ins Ohr flüsterte, dass er an seinem freien Tag natürlich kommen werde, um sie einzubauen.

Kapitel 4

Heute, Dienstag, soll Mateus kommen. Bin total aufgeregt, denn weiß nicht, ob ich wirklich darauf vertrauen kann. Samstag sollen Bekannte kommen und während der Bikeweek in meinem Haus wohnen, ich selbst werde in dieser Zeit eine schöne Tour machen. Da soll doch alles fertig sein. Eine Telefonnummer von Mateus habe ich nicht, aber unruhig wie ich bin, fahre ich zu Lowe’s und schaue, ob er dort ist. Nein. Schon mal gut. Um 11 Uhr kommt dann der erlösende Anruf, er ist auf dem Weg. Ein Stein fällt mir vom Herzen. Er braucht in etwa die gleiche Zeit wie der Installateur zuvor, meine Toilette steht und ich kann das neue Regal wieder aufstellen. Hätte im Grunde nun eine andere Größe gebraucht, aber ist schon gut. Und die Sitzhöhe ist einfach perfekt. Ob aber auch die ganze Sch … weggespült wird, werde ich wohl erst morgen früh erfahren, aber es sieht schon mal gut aus.

Kapitel 5

Nun kommt aber der Moment, wo ich wieder zu Lowe’s fahren und die Erstattung anfordern muss. Wird das klappen? Ich parke direkt vor dem Eingang auf dem Feuerwehrstreifen (bitte schlagt mich nicht), hole mir so einen Helfer, und fahre das Ding hinein. Die Dame ist auch bereit, mir das Ko zu ersetzen, nicht aber die Installation. Ich verweise auf Amanda, die Managerin. Sie ist beim Lunch. Ich soll ein paar Minuten warten. Spaziere durch den Laden, gehe wieder zum Schalter und dort winkt man mir schon, ich soll unterschreiben. Ich bekomme also wirklich das ganze Geld zurück, bräuchte ja dann die neue Installation nicht zu bezahlen, aber werde doch dem hilfreichen Mateus am Donnerstag, wenn er wieder arbeitet, seinen Anteil bringen. Den hat er auf jeden Fall verdient.