Grenzübergang
Und nun geht es weiter zur algerischen Grenze. Die Ausreise aus Tunesien verläuft reibungslos und schnell, auf der algerischen Seite sieht es da schon anders aus. Zunächst muss ich einige Papiere ausfüllen und mich damit vor einen Schalter stellen. Es geht natürlich nicht der Reihe nach, vielleicht sollte man ein kleines Bakschisch geben, aber ich habe ja Zeit. Endlich nimmt man mir den Pass ab und ich muss ein Weilchen warten, bis ich ihn mit Stempel zurückbekomme. Aber dann fängt die Arbeit erst an. Nun muss ich Geld umtauschen, pro Einreise müssen etwa 300 DM zu einem sehr ungünstigen Kurs umgewechselt werden. Dann muss ich ins Versicherungsbüro, denn die deutsche Autoversicherung gilt in Algerien nicht. Ich schließe für 3 Wochen ab. Dann geht es zum Zoll, dort muss ich eine Devisenerklärung ausfüllen und meine Wertsachen, wie Fotoausrüstung, aufschreiben. Der junge Beamte schreibt und schreibt, er tut mir richtig leid, dass er so viel Arbeit hat, und das sage ich ihm auch. Er freut sich, dass sich mal jemand mit ihm unterhält und will persönlich mein Auto untersuchen.
Draußen am Wagen merke ich, dass ihm die Untersuchung nicht sehr wichtig ist, stattdessen fragt er mich, ob ich ihm nicht ein Buch zum Deutsch lernen besorgen kann. Er könnte so etwas im Land nicht bekommen. So ein Buch habe ich tatsächlich, also tauschen wir die Adressen aus. Das alles muss heimlich geschehen, denn den Zollbeamten ist jeder private Umgang mit Touristen verboten.
*** Anmerkung: Ein Jahr später bekam ich plötzlich einen Einschreibebrief von diesem Khaled und er fragte, ob er mich in Deutschland besuchen könne. Ich stimmte zu und er kam für 3 Wochen nach Wiesbaden. Ein interessantes Erlebnis.
Endstation Touggourt
Endlich kann es weitergehen. Eine gute Teerstraße mit wenig Verkehr führt nach El Oued. Nicht weit von der Grenze entfernt winkt ein Mann am Straßenrand, an der Hand einen etwa sechsjährigen Jungen. Ich halte und lasse ihn einsteigen, auch er will nach El Oued. Er spricht in Arabisch auf mich ein, ich kann ihn nicht verstehen und nicke freundlich zurück. Er wird aber immer fordernder, ich kann nur mit den Achseln zucken. Da macht er, trotz der Anwesenheit des Kindes, ganz eindeutige Zeichen, was er von mir möchte. Ich bin total geschockt! Wieviele Anhalter habe ich in Marokko schon mitgenommen, aber so etwas ist mir noch nicht passiert! Nur mit Mühe bewahre ich die Geduld und werfe ihn nicht auf offener Straße aus dem Wagen, aber im nächsten Ort halte ich und schicke ihn hinaus. Er sieht mich sehr verständnislos an, verlässt aber den Wagen.
Das war kein schöner Empfang in Algerien. Auch El Oued präsentiert sich mir nicht besser. Ich finde weder ein Hotel, das mir zusagt, noch die Ausfahrt nach Touggourt. Vielleicht liegt es nur an meinen gereizten Nerven. Endlich finde ich doch hinaus und kann wieder die Landschaft genießen. Meterhohe, gelbe Sanddünen reichen bis an die Straße. Ich halte am Straßenrand und steige eine Düne hinauf. In der Mitte befindet sich ein Trichter, auf dessen Grund Palmen angepflanzt sind. So können die Wurzeln gerade noch das Grundwasser erreichen. Für den Oasenbauer bedeutet das aber, dass er ständig den nachrutschenden Sand auf Eseln hinausschaffen muss. Eine mühevolle Arbeit!
Als ich weiterfahren will, hält ein Taxi an. Der Fahrer glaubt, ich sei im Sand hängengeblieben und bietet mir seine Hilfe an. Nun, das ist nicht nötig, meine Suzi schafft das auch allein, aber ich suche schließlich eine Unterkunft für die Nacht. Der freundliche Mann lädt mich sofort zu seiner Familie ein, die im nur wenige Kilometer entfernten Ben Naceur wohnt. Der Ort liegt mitten in den Sanddünen. Die Familie ist kaum überrascht über meinen Besuch, der Vater bringt öfter Fremde mit. Um einen Innenhof herum sind mehrere Hütten gruppiert, in jeder wohnt ein Bruder mit seiner Familie. Die Großmutter ist eine echte Berberfrau mit hennagefärbten Zöpfen und rotgemusterter Kleidung. Ihre Silberarmbänder sind aber nicht echt alt, und bei einem Tee holt sie gleich einen ganzen Beutel voll davon hervor, sie möchte mir welche verkaufen. Aber die Familie ist trotzdem sehr nett, die Nachbarn kommen zu Besuch, um diese deutsche Frau zu sehen, die allein durch Algerien reist. Später werde ich sogar noch mit dem Taxi des Hausherrn ins nächste Dorf gefahren, um auch dort den Freunden vorgestellt zu werden.
Später zieht sich jede der Familien zum Schlafen in ihr Häuschen zurück, ich schlafe zusammen mit meiner Gastfamilie, sie haben nur ein Kleinkind, auf dem Boden. Am nächsten Morgen fragen mich meine Gastgeber, ob ich nicht Kleidung zu verkaufen habe. Ich habe schon etwas, aber das will ich nicht verkaufen, sondern ihnen als Dank für die Gastfreundschaft schenken. Die Freude ist groß, aber die Kinder werden losgeschickt, um hinter dem Haus noch Sandrosen für mich zu suchen. Man packt mir einen großen Karton voll ins Auto. Der Abschied ist herzlich und man bittet mich, auf dem Rückweg noch einmal vorbei zu kommen.
Am Morgen fahre ich weiter nach Touggourt. Die algerischen Städte stoßen mich irgendwie ab, ich kann mich nicht heimisch fühlen, vermisse mein Marokko. In Temacine traf ich wieder einen netten Mann, der mir alles zeigte. Ich dachte natürlich, für Geld, erst als ich ihm was geben wollte, hatte es den Anschein, er macht es wirklich aus Freude. Es fällt mir schwer, die Leute hier einzuschätzen, zu verstehen. Ich will wieder weg. In Tunesien haben mir wenigstens die Hotels gut gefallen, wenn schon nicht Marokko, dann wenigstens wieder zurück nach Tunesien.
Ich drehte also um und übernachtete in El Oued. Dort traf ich zufällig den netten Zöllner wieder und wir tranken einen Tee zusammen. Am Morgen dann einiges in der Umgebung angesehen, Teppich gekauft, Mörser. Zurück zur Grenze. Vorher Halt an einem Brunnen. Die Leute luden mich zu Kaffee gewürzt mit Pfeffer ein. Traf an der Grenze wieder Khaled. Lernte an der tunesischen Grenze einen dortigen Zollbeamten kennen, nahm ihn mit nach Nefta. Dort nahm ich mir ein Zimmer in dem schönen Hotel Les Nomades, das in ortüblicher Lehmziegelarchitektur errichtet ist. Am nächsten Mittag war ich dann noch beim Zollbeamten zum Mittagessen eingeladen.