Besucher

Dann kamen aber überraschend Michael und Kerstin. Ich hatte sie in Zagora im Riad Fennec Sahara kennengelernt, wo sie wegen gebrochener Antriebswelle gestrandet waren. Da das Ersatzteil aus Frankreich besorgt werden muss geht es für sie vorläufig nicht weiter und sie haben sich zu einem Kurzbesuch in Mhamid entschlossen. Das macht natürlich Spaß und ich mache mit ihnen meine übliche Besichtigungstour. Die führt immer zu den Ksour im Palmenhain. Das heutige Mhamid ist ja erst unter den Franzosen als Verwaltungszentrum entstanden, die Menschen lebten bis dahin in sieben verschiedenen Dörfern draußen im Palmenhain. Es sind befestigte Dörfer, Ksar (Einzahl) und Ksour (Mehrzahl). Traurig ist es, den einst fruchtbaren Palmenhain zu sehen, die Palmen vertrocknen, Datteln, die Basis der Landwirtschaft und Haupteinnahmequelle der Bauern fällt komplett aus. Zunächst schnitt der neue Stausee bei Ouarzazate das lebenswichtige Wasser ab, dann herrscht seit einigen Jahren eine Dürreperiode und es regnet kaum mehr. Übrig bleibt tatsächlich nur der Tourismus und der war wegen Covid auch zwei Jahre ausgefallen. Es ist nicht leicht für die Menschen hier, viele wandern ab in den Norden.

Ksar Ouled Mhajar

Einer der Ksour ist Ksar Ouled Mhajar. Von der Straße aus ist der Ort nicht zu sehen, nur das Schild Camp Jamal. Und das ist wirklich ein Geheimtipp. Ich hatte vor Jahren dort ein Zelt entdeckt, ein alter, freundlicher Mann bot Tee an. Später übernahm sein Sohn Jamal diese Aufgabe und ich überredete ihn, hier ein Camp für Offroader zu schaffen, was er auch schön getan hat. Jamal organisiert auch Kameltrekking, das nicht zum Erg Chegaga führt, sondern in die wunderschöne, ganz besondere Landschaft mit den kleinen Dünen und Palmengruppen. Gleich hinter dem Camp liegt wunderschön der Ksar Ouled Mhajar vom Sand fast überrollt in einer wunderschönen Landschaft mit kleinen Dünen, Palmen, altem Ziehbrunnen. Das Dorf ist fast ganz vom Sand verdeckt, aber es wohnen doch noch einige Familien hier. Die alte Familienkasbah von Jamal ist fast völlig von Sand überdeckt, aber ich habe sozusagen Hausrecht hier und darf Besucher hinein führen, um die wunderschöne, typische Architektur zu zeigen.

 

      

Museum Seven Kasbahs

Zum Abschluss besuchen wir noch den Ksar Talha mit einer Moschee und einem Brunnen an der Straße. Hier wurde das alte Wohnhaus einer Familie als Museum geöffnet, ein lohnender Besuch. Die junge Samia erklärt in Französisch den Gebrauch der Dinge und bietet einen Tee an.

Die Blauen Männer der Wüste

Mitte des 11. Jh. siedelte sich in der Dra Region ein Beduinenstamm aus dem Jemen an und führte einen lebhaften Karawanenhandel mit den nordafrikanischen und subsaharischen Ländern. Sie organisierten sich in Stammesbünden, um sich besser gegen rivalisierende Stämme zu schützen. Daraus entwickelte sich der Stamm der Aarib, diese gründeten im 16. Jh. unter der Dynastie der Saadier das Dorf Mhamid. Dieses Dorf wurde eine wichtige Karawanenkreuzung zwischen Marrakech, Tindouf und Tombouctou. Man handelte hauptsächlich mit Datteln, Hennah, Mandeln und Oliven, aber auch mit Gold und Sklaven aus dem Sudan. Die Spur der Aarib reicht bis nach Mali, Taoudenni und Tombouctou sowie Algerien in die Region von Ighidi. Als Bewohner der Sahara werden sie auch Sahraoui genannt. Häufig wird allerdings auch die Bezeichnung „Blaue Männer“ verwendet, da sie mit Indigo gefärbte blaue Kleidung bevorzugen, deren Farbe auf die Haut abfärbt.

Die geopolitischen Änderungen des 20. Jahrhundert haben grundlegend das überlieferte Leben und die Traditionen geändert. Die Unabhängigkeit Marokkos im Jahre 1956 und die erschwerte Überquerung der Grenzen mit Algerien und Mauretanien haben definitiv den Karawanenhandel und die Herdenwanderung beendet und die Nomaden zur Sesshaftigkeit verurteilt. Die Trockenheit und der Bau des Staudammes bei Ouarzazate haben dazu beigetragen, diese Region zu isolieren und zu verarmen.

Und so haben die Bewohner um Mhamid auch heute noch wesentlich mehr Ähnlichkeiten zu den Menschen am Südrand der Sahara als zum Beispiel zum benachbarten Tafilalet, das sehr arabisch geprägt ist. Und das merkt man daran, wie Samia den Tee kocht. Es ist eine endlose Prozedur mit viel Hin und Her, immer wieder wird der Tee umgegossen, so dass ein schöner Schaum entsteht, die Mousse. Genau so habe ich es in Mauretanien erlebt, aber nie im übrigen Marokko. Ein Besuch in diesem Museum ist sehr zu empfehlen.