Das hier ist kein Hotel für mich wie andere. Man könnte fast sagen, das ist meine Residenz in Marokko. Während ich in Florida einen Wohnsitz habe und mich dort richtig wohl fühle, habe ich das in Marokko nie gewollt. Ich möchte hier nicht an einem Ort wohnen, ich möchte = muss herum fahren, muss für meine Bücher recherchieren, die Strecken abfahren, Campingplätze und Hotels besuchen. Aber die Kasbah Services ist natürlich etwas ganz anderes. Und zwar nur für mich. Für alle anderen ist sie ein Hotel, ein schönes Hotel, vielleicht nicht gerade luxuriös, denn wir sind hier in der Wüste, Mhamid ist das Tor zur weiten Sahara, ein Ort, an dem alles sehr einfach ist, wo auch der Strom mal zusammenbricht, wo das Wasser Mangelware ist, und an den die Touristen trotzdem kommen, weil sie in der Kasbah einen kurzen Stopp machen, entweder zum Mittagessen oder auch für die Nacht, bevor es zu dem weiten Sanddünenmeer des Erg Chegaga geht.
Aber für mich ist das etwas ganz, ganz anderes. Es war das Jahr 2000. Ich hatte gerade meine Zusammenarbeit mit dem Rau Verlag beendet und war dabei, einen Reiseführer im Selbstverlag zu schreiben. Brauchte aktuelle Informationen. Von Zagora aus Richtung Mhamid stoppte ich an jedem Hotel und Campingplatz, sah mir die Zimmer an, erfragte den Preis. Jedesmal wollte man wissen, wohin ich denn fahre, jedesmal sagte ich, ich will von Mhamid nach Foum Zguid über die südliche Piste und die nördliche wieder zurück. Und jedesmal kam wie aus der Pistole geschossen der Satz „ich komme mit“. Und immer sagte ich, nein danke, ich fahre immer allein.
Mhamid
Der Ort war damals sehr einfach, große Hotels gab es noch nicht, stattdessen zwei kleine einfache am Eingangs-Rondell. Ein Junge stand auf der Straße, Naji hieß er, und sprach mich an, wie alle Touristen hier angesprochen werden, denen man hoffentlich eine Tour nach Chegaga andrehen kann. Ich wehrte ihn ab, denn er war mir einfach nicht sympathisch. Ging erst ins eine Hotel, dann ins andere. Dann kam Naji wieder. Er ist ja nicht dumm und merkte so ungefähr, was mein Vorhaben war. Meinte, es gibt dahinten aber noch ein Hotel. Okay sagte ich, du hast gewonnen, zeig es mir.
Wir kamen zum dritten Hotel im Ort, ich sah es mir an und kam dann mit einer Gruppe junger Männer ins Gespräch. Das war so interessant, dass ich blieb. Wir redeten und redeten, es gab Abendessen und natürlich fragte mich Abdelkhalek auch was ich vorhabe. Piste hin, Piste zurück. Er: Ich komme mit. Ich: okay.
Er war einfach anders. Sehr intelligent, engagiert. Er hatte in Marrakech ein Betriebswirtschaftsstudium angefangen, dann aber abgebrochen, weil er etwas in Mhamid aufbauen wollte. Ihm gehörten das kleine Café in der Ortsmitte und daneben ein winziges Büro, in dem Wüstentouren angeboten wurden. Diese erste Tour mit ihm wurde dann noch sehr abenteuerlich. Ich will nicht zu langatmig werden, aber es endete mit gleich zwei Reifenpannen und nur einem Ersatzrad, mit mir mitten in der Wüste bei Vollmond auf einem Teppich sitzend Rotwein trinkend und Datteln essend und er zu Fuß zurück nach Mhamid, um Hilfe zu holen.
Die Anfänge
So etwas schweißt zusammen. Mein Reiseführer war ja noch lange nicht fertig und gedruckt, aber ich habe ihn bei allen anderen Reisebuch-Kollegen angepriesen und dann endlich waren ja auch meine Bücher so weit. Im Laufe der Zeit hat Abdelkhalek nicht nur eine große Reiseagentur in Marrakech aufgebaut, sondern auch hier in Mhamid die Kasbah Sahara Services errichtet, in der ich nun wohnen darf, wann und solange ich will.
Fast vier Jahre war ich wegen Covid nicht hier, nun endlich wieder. Und auch hier in der Kasbah ist es, als seien sie plötzlich vom Dornröschenschlaf aufgewacht und machten weiter wie zuvor. Die ganze Mannschaft ist noch da, allen voran, Touda, die Herrin über das Reinigungswesen. In der Küche der Starkoch Haj mit dem Zweitkoch Abderzak, natürlich auch Redouane, der Manager. Selbst der Gärtner ist noch da. Unter dem Servicepersonal einige neue, aber auch viele alte. Ich bin einfach wieder zu Hause. Und während die Gäste das übliche Tajine Pruneau oder Poulet Citron bekommen, kommt Haj zu mir und schlägt vor, was er extra für mich kochen könnte. Eigentlich habe ich schon lange mein Abendessen gestrichen, aber hier kann ich es nicht ganz einhalten, gehe in die Küche und frage, was er denn für den ganz kleinen Hunger da hätte. Eine Roulade auf Gemüse kommt heraus. Sehr lecker.
Gäste
Schön ist es für mich auch, wenn Gäste kommen. Meist nur zum Mittagessen. Oft sitzen wir zusammen und ich erzähle ein wenig über Mhamid. Nicht wenige kommen auch mit meinen Büchern, wie die Motorradfahrer aus Österreich, die sich ganz gezielt für die guten Tipps im Buch bedankt haben. Heute kam eine deutsche Familie, sie sollten sich um 9 Uhr zur Wüstentour einfinden, doch in der Hitze fährt man ja erst um 16 Uhr los. Also machte ich eine Rundfahrt mit ihnen und zeigte Stellen, an die der normale Tourist nie kommt. Sie waren begeistert. Aber auch ich freue mich über die Gespräche, wir sitzen zusammen, bis die Tour losgeht.
Ein Querschnitt über die Jahre