Douz

So traf ich also am Vormittag des 30. Dezember etwas lustlos in Douz ein, denn ich konnte mir denken, dass hier noch schwieriger ein Zimmer zu finden wäre. Das Festival lief noch, Silvester stand bevor und alle Hotels voll. In der Woche des Festivals ist täglich Markt, die Verkaufsstände sind entlang der Hauptstraße und im Hof der Schule aufgebaut. Nicht nur Händler kommen hierher, um ihre Waren zu verkaufen, auch richtige Nomaden bauen zu dem Fest ihre Zelte im Ort auf. Sie richten darin kleine Restaurants ein, man kann sitzen, Tee trinken und ihre typischen Gerichte probieren. Ich versuchte die Pfannkuchen, sie sind sehr lecker. Die junge, nicht verschleierte Frau gab mir noch eine Handvoll Datteln dazu.

Als ich so über den Markt schlenderte, sprach mich ein junger Mann namens Kamel an und fragte, ob ich eine Schlafgelegenheit suche. Er habe in der Nähe der großen Düne, etwas außerhalb von Douz und nicht weit vom Festplatz, einige Nomadenzelte errichtet, in denen Touristen schlafen könnten. Ich solle mir das doch einmal ansehen, bei Nichtgefallen könnte ich ja wieder gehen. Das war doch genau eine Unterbringung nach meinem Geschmack. Vier Zelte standen im Kreis und bis zum Abend würden noch andere Touristen kommen. Die Zeit bis dahin wollte er nutzen, um mir das Festival zu zeigen. Das war wirklich toll, denn er ist ganz lieb ohne irgendwelche Absichten und er kümmert sich rührend.

Saharafestival in Douz

Dieses Ereignis ist eine rein touristische Veranstaltung und fand vom 27. bis 30. Dezember statt. Große Tribünen waren aufgebaut, der Eintritt ist (noch ?) kostenlos. Es wurden Kamelrennen und -kämpfe gezeigt, aber mit echten Reitkamelen, die zum Teil von den Tuareg im Hoggar gekauft werden.  Nomaden marschierten in ihren bunten Trachten ein und zeigten, wie sie ihre Herden zum Brunnen treiben. Die Attraktion von Douz sind spezielle Windhunde, die zur Gazellenjagd ausgebildet werden. Es wurde allerdings nur gezeigt, wie sie einen armen Fenek zu Tode hetzten. Den glanzvollen Abschluss bildete eine inszenierte Berberhochzeit mit den dazugehörigen Reiterspielen.

Das schönste an dem Fest war für mich aber, die Zuschauer zu betrachten. Vor allem gefielen mir die würdevollen alten Männer, die – auf einen Stock gestützt – den Darbietungen mit ernster Miene zusahen. Überhaupt muss man sagen, dass die Zuschauer zum größten Teil aus Einheimischen bestanden. Männlein und Weiblein waren streng in verschiedene Abteilungen getrennt, nur bei den Touristen gab es eine Ausnahme. Kamel (ist wirklich ein Vorname in Tunesien, wird gesprochen wie Kamell) hatte noch ein deutsches Mädchen unter den Zuschauern getroffen und wir durften mit ihm zusammen in der Touristenabteilung sitzen.

Nach der Veranstaltung zeigte sich dann, dass wirklich noch andere Touristen unser Sahara-Camp gefunden hatten, alle Zelte waren besetzt. Walli, das Mädchen aus Deutschland, kam mit uns, auch sie wollte einmal eine Nacht im Nomadenzelt verbringen. Kamel ließ von seiner Familie einen riesigen Topf Couscous herbeibringen und wir aßen alle zusammen vor unseren Zelten, über uns Millionen Sterne am Himmel. Nach Einbruch der Dämmerung wird es im Dezember empfindlich kalt und auch feucht, aber bei einem Feuerchen konnten wir uns wärmen. Es wurde noch lange erzählt und wir schliefen, in warme, handgewebte Decken gerollt, vorzüglich auf den Teppichen der Zelte. Und hier feierten wir auch Silvester, eine Gruppe Italiener kam noch dazu.

Leider wurde unser Camp nach zwei Tagen abgebaut. Die Familie bekommt jedes Jahr nur für die Dauer des Festivals die Genehmigung für das Camp. Inzwischen hatten Walli und ich uns schon längst mit der ganzen Familie angefreundet. Sie wohnen in Ghellissia, einem kleinen Dorf vor Douz. Das Dorf musste vor zwanzig Jahren neu aufgebaut werden, weil der Wind die alten Häuser vollständig mit Sand zugeweht hatte. Noch heute kann man Mauerüberreste aus dem Sand ragen sehen und es ist nicht auszuschließen, dass der Ort irgendwann einmal wieder verlegt werden muss.

Die Frauen der Familie kamen am Morgen, um die Zelte abzubauen. Wir Beiden boten uns sogleich zur Mithilfe an, was auch akzeptiert wurde. Kamel aber, den wir fragten, warum er nicht mithelfe, lehnte entrüstet ab. Das sei Frauenarbeit und er hätte in den vergangenen Tagen genug gearbeitet (er war hauptsächlich mit uns unterwegs gewesen). Aber diese Arbeitsteilung von alters her muss man wohl akzeptieren.

P.S. Das sind nun die ersten Fotos, die wirklich von dieser Reise stammen, sie waren noch in der Kamera, als mir in Houmt Souk die Tasche mit den vielen belichteten Filmen gestohlen wurden.