Elderly People

Ich bin in USA, also höre ich die Nachrichten in englischer Sprache. Und da ist in den letzten Tagen in Zeiten des Coronavirus sehr viel die Rede von „Elderly People“, älteren Menschen. Eines ist ja mal ganz klar, dazu gehöre ich nicht mit meinen gerade mal 72 Jahren! Das Dumme ist nur, die hören nicht auf, von dieser Altersgruppe zu sprechen. Hohe Risikogruppe, es besteht die Gefahr bei Ansteckung zu sterben. Erst neulich starb ein 71jähriger, man tut es so ab, war ja schon älter. Das macht mich richtig wütend und ist auch wieder mal Anlass über sein eigenes Leben und sein Alter nachzudenken. Gestern ging ich mit einer Gleichaltrigen am Strand spazieren und fragte sie: Wie alt fühlst du dich in Gedanken? Sie sagte, in den Vierzigern. Ich dachte über mich und musste sogar sagen, in den Dreißigern. Und ich denke, wir haben recht. Wir müssen unser Leben so leben, wie es uns gefällt, wir haben so viel nicht mehr. Vor allem, wenn man sieht, was um einen herum so passiert.

Ich hatte Ende der 1980er einen tollen Mann kennengelernt in Marokko. Er war damals der amerikanische Konsul in Marokko und lud mich in sein Haus ein. Auch im Jahr danach wohnte ich noch einmal eine Woche bei ihm. Er hat mich sehr beeindruckt, aber als er dann von Marokko abgeordnet wurde habe ich nie wieder etwas von ihm gehört. Jedes Jahr wenn ich in Florida bin und an ihn denke versuche ich ihn übers Internet zu finden. Aber dieser Mann hat tatsächlich absolut keine virtuellen Spuren hinterlassen, ist unauffindbar. So schade, ich hätte ihn so gerne noch einmal gesehen. Aber auch in diesem Jahr suchte ich nach ihm, und zum ersten mal fand ich ihn. In einem Obituary! Also in einem Nachruf. Er ist im Alter von 71 Jahren verstorben.

Irgendwie fiel mir dann John McCollister ein. Ihn kannte ich vom Fliegen in Daytona Beach her und mochte ihn sehr. Vor etlichen Jahren verzog er dann nach Las Vegas. Auch ihn fand ich, er war gerade 14 Tage zuvor verstorben. Das ist so erschreckend, wenn alles um einen herum wegstirbt. Im letzten Jahr lernte ich dann in meinem Fitnessstudio eine sehr nette Dame kennen, Elsbeth Weber. Deutscher Abstammung, etwas älter als ich, aber sehr aktiv. Sie wohnte mit ihrer Tochter in einem wunderschönen Haus am See, aber wollte es verkaufen und umziehen. Deshalb wusste ich in diesem Jahr nicht, ob ich sie wiederfinde. Doch am ersten Tag in meinem Studio saß sie am Gerät und trainierte. Das Haus war verkauft und sie hatte ein neues in meinem Port Orange gefunden. Ich freute mich schon darauf, es zu sehen, aber sie meinte, sie sind noch mitten in den Renovierungsarbeiten und es dauert etwas. Dann habe ich sie nicht mehr gesehen und bekam nur einmal eine Whatsapp, dass sie sehr busy sei. Im Studio sah ich sie nicht mehr.

Letzte Woche dann in der Bibliothek begegnete ich ihrer Tochter und erfuhr, sie hatte einen Schlaganfall. Es geht ihr zwar schon wieder besser, aber sie muss zum Beispiel erst wieder lernen zu schreiben.

So schrecklich. Die Erkenntnis für mich, genieße dein Leben. Und heute gehe ich wieder zu Ross, meinem Lieblingsladen, denn es ist Dienstag und damit Tuesday Club. Das bedeutet, dass „elderly people“ ab 55 10 % Rabatt bekommen. Also nichts wie hin und in der Teenie Abteilung wieder nach einer verrückten Hose schauen für meine Sammlung.