Familiengeschichte Schröder – Teil 2

Eltern Erich Schröder und Berta, geb. Franz

Meine Mutter Berta Franz machte von 1928 bis 1931 eine Lehre als Verkäuferin und arbeitete dann bis zu ihrer Hochzeit am 24. Juni 1937 in diesem Beruf. Ich habe noch ihr Arbeitsbuch.

Mein Vater Erich Schröder machte Abitur auf einem altsprachlichen Gymnasium mit Latein und Griechisch, vermutlich 1930, und suchte zunächst verzweifelt nach einer Arbeitsstelle. Durch Vermittlung eines Bekannten konnte er zwei Jahre später als Praktikant bei der Post anfangen. Unterlagen zeigen, dass er vor dem Krieg auf etlichen Postämtern im Hunsrück gearbeitet hat (z.B. Kastellaun und Andernach) und dann vermutlich auf dem Postamt in Boppard, wo er meine Mutter kennenlernte.

Kriegsjahre

Schon immer liebte mein Vater die Abwechslung, die ihm das Leben bisher aber noch nicht beschert hatte. Und so nahm er im Jahr 1938 das Angebot an, für ein Jahr die Arbeitsstelle mit einem Beamten aus dem Osten des Reiches zu tauschen, und das junge Paar zog noch im gleichen Jahr ins schlesische Gleiwitz, nicht ahnend, an welch geschichtsträchtigen Ort es sie verschlug, war Gleiwitz doch der Ausgangspunkt des 2. Weltkriegs. Am 31. August 1939 drangen SS-Leute als angebliche polnische Freischärler in den Sender Gleiwitz ein und riefen zu einem Aufstand der polnischen Minderheit auf. Diesen fingierten Angriff nahm Hitler als Auslöser für seinen Überfall auf Polen, offizieller Kriegsbeginn war der 1. September 1939.

Doch schon Anfang des Jahres gab es Vermutungen, dass ein Krieg bevorstand. Meine Mutter war schwanger und so legte mein Vater alles daran, wieder ins Rheinland zurück zu kommen. Der Tauschbeamte hatte sich inzwischen in ein Mädel aus dem Rheinland verliebt und wollte nicht zurück, aber irgendwie ist es ihm doch gelungen, und die Familie ging im Februar 1939 wieder zurück nach Boppard. Am 31. März 1939 wurde dann ihr erstes Kind, meine Schwester Sigrid, geboren. Vater wurde Ende 1939 nach Kirn (Nahe) versetzt. Die kleine Familie zog dorthin um und meine Mutter sollte die Kriegsjahre dort verleben. Meine Eltern hatten immer eine enge Bindung an Kirn, hatten Freunde dort und sind auch in späteren Jahren oft dorthin gefahren.

Vaters Papiere zeigen, dass er am 17.05.1940, mit 28 Jahren, eingezogen wurde. Von da an muss man für meine Eltern getrennte Wege berichten. Und wenn ich für mich zu wählen hätte, wurde ich ganz klar Vaters Militärzeit wählen, denn die war verhältnismäßig ruhig, während meine Mutter mit der kleinen Sigrid den Bombenhagel erleben musste.

Da ich zu dieser Zeit noch nicht geboren war habe ich nur Erinnerungsfetzen aus Erzählungen. Und alle Beteiligten leben heute nicht mehr, können nicht befragt werden. Im Gedächtnis blieb haften, dass meine Mutter sehr oft mit der kleinen Sigrid in den Schutzkeller flüchten musste. Der Bombenalarm ertönte, und sie mussten weg. Mehrmals täglich. In Hennweiler, einem Dorf 8 km von Kirn entfernt, lebte die Familie Fuchs, sehr gute Freunde von meinen Eltern. Zu diesen sind sie häufig gewandert, denn damals gab es dort keinen öffentlichen Nahverkehr. Familie Fuchs lebte auf einem Bauernhof und hatte daher immer etwas zu essen, woran sie meine Mutter und die Kleine teilhaben ließen. Auch später in meiner Kindheit haben wir die Familie noch oft besucht. Gut kann ich mich an den Donnerbalken erinnern. Das war der Klo draußen im Hof, ganz ohne Wasserspülung, ein Badezimmer mit WC und fließendem Wasser hatten sie lange nicht. Dorthin musste man bei jedem Wetter und um nicht in der Nacht raus ins Kalte zu müssen stand am Bett ein Nachttopf.

Selten kam Vater zu Besuch, später erzählte er nie vom Krieg, aber eine Heldentat blieb haften. Als er nämlich im Urlaub in Kirn mehr aus Versehen zusammen mit einem Freund ein Wildschwein erlegte. Eine schwere Straftat damals, aber ein unglaubliches Geschenk für die Familie. Das Fleisch wurde heimlich unter den Freunden aufgeteilt und eingemacht. Mit Eingemachtem haben auch andere Erinnerungen zu tun, die meine Mutter oft erzählte, dass nämlich gegen Kriegsende amerikanische Soldaten in die Stadt kamen, die Häuser durchsuchten und vor allem das Eingemachte aus den Kellern mitnahmen. Im Frühjahr 1945 erreichte der Vormarsch der Amerikaner Kirn. Außerdem stand die Einschulung Sigrids bevor, das Schuljahr begann damals noch an Ostern, und die Familie entschied, dass es besser sei, nach Boppard ins Elternhaus zurück zu gehen, damit Sigrid dort in die Schule käme.