Freunde

Die Lufthansa Maschine stand pünktlich vor der Tür und auch das Einchecken geht in Coronazeiten blitzschnell. Der kleine Airbus war zu 40 % voll und der Käptn sagte durch, dass jeder sich einen Platz suchen kann, wo er anderen nicht zu nah kommt. Das haben auch viele ausgenutzt. Ich empfand die Atmosphäre sehr bedrückend. Natürlich waren auch in USA viele Einschränkungen, im Supermarkt war der Zutritt beschränkt, einige Gänge waren als Einbahn markiert und überall gibt es Tücher zum Desinfizieren. Dennoch empfinde ich die Lage dort angenehm und nicht panisch. Doch das hat sich sofort geändert als ich in diese Maschine stieg, zum ersten Mal wieder Landsleute um mich herum hatte. Eine Maske zu tragen ist ja gut und nützlich, aber es gab etliche Personen in Vollverkleidung, das heißt sie trugen einen Schutzanzug mit Kapuze, Schutzbrille und Handschuhe. Fast alle Passagiere waren in jüngerem Alter, würde mal sagen Durchschnitt so um die 35, den ich kräftig in die Höhe gedrückt habe. Also nicht unbedingt Risikogruppe. Also das finde ich doch sehr übertrieben.

Mein Plan war, vom Flughafen die S-Bahn nach Wiesbaden zu nehmen und dann ein Taxi nach Taunusstein. Meine Familie wollte/konnte mich nicht abholen, da in Deutschland ja die schöne Regel gilt, dass Großeltern nicht besucht werden sollen. Was natürlich in USA nicht gilt. Dort war das Leben viel freier. Ja, ich weiß, die Krankheitszahlen sind übel, die USA sind nicht unbedingt ein Vorbild, aber das liegt an dem großartigen Präsidenten, der Corona ja eigentlich nicht wahrhaben will. Ein Vorbild können sie nicht sein, aber trotzdem habe ich mich dort sehr viel wohler gefühlt. Als ich aus dem Gate kam standen dennoch einige Abholer da und ich war schon etwas traurig, dass auf mich niemand gewartet hat, gerade in diesen traurigen Zeiten braucht man jemand. Und dann sah ich ein bekanntes Gesicht. Ein Freund, mit dem ich von London gechattet hatte, den ich aber im richtigen Leben seit Jahren nicht gesehen hatte. Stand da und wollte mich abholen.

Gut dass ich eine Maske trug. So konnte niemand sehen wie ich den Mund vor Staunen aufriss und erstmal überhaupt kein Wort heraus brachte. Er meinte so lapidar, ach, er hätte sich gelangweilt und gedacht, warum soll ich nicht zum Flughafen fahren. Klar, in Coronazeiten hat man ja am Abend Langeweile, aber ich weiß, dass da mehr dahinter steckte. Einfach eine absolut liebe und nette Geste, weil ich so einen langen umständlichen Flug hatte. Reiner ich liebe dich und ganz herzlichen Dank.

Das heißt natürlich nicht, dass wir uns demnächst nicht wieder virtuell zerfetzen!

Und so eine Krise zeigt dir auch sehr gut, wer dein Freund ist und wer nicht.