Handwerker in Florida

Im Jahr 2002 habe ich mein Häuschen gekauft, älter schon, und deshalb habe ich öfter Handwerker benötigt. Ich hatte immer gute Erfahrungen. Wen ich auch immer brauchte, Elektriker, Handymann, Klempner, Dachdecker, alles lief bestens. Ein Anruf, sie kamen schnell, machten einen guten Job und der Preis war fair.

All das hat sich geändert im Jahr 2016 mit dem Hurrikan Matthew. Er richtete viele Schäden an und Handwerker waren gefragt. In erster Linie Dachdecker und Handyman. Ich hatte Glück im Jahr 2016, Bob kannte ich schon von früher, wusste er macht einen guten Job und das tat er auch diesmal. Es war ja ziemlich viel kaputt. Zwar hat Bob seine Probleme, das heißt, er ist sehr langsam, kommt immer später als angekündigt und macht alle 15 Minuten eine Zigarettenpause. Aber Ergebnis und Preis waren das wert.

Das erste Problem entstand im Jahr 2017. Meine Versicherung, die zunächst gezahlt hatte, auch für ein neues Dach, das aber eigentlich nur einer Reparatur bedurfte, fragte an, ob das Dach gemacht sei. Ich erklärte, dass es nur repariert sei, die Versicherungssumme in andere Reparaturen geflossen sei und alles in super Zustand hergerichtet wurde, legte zudem ein Papier eines offiziellen Inspektors bei, der bestätigte, dass das Dach noch 6 bis 7 Jahre halten würde. Doch die Versicherung setzte mir eine Frist, bis zu der das Dach ausgetauscht sein müsse, sonst würde die Versicherung gekündigt.

Nun, ich suchte und suchte, und fand keinen einzigen Dachdecker. Das rührte die Versicherung überhaupt nicht, es war klar, die wollten mich nur loswerden. So ein alter Trailer, 5 km vom Meer, das wollen die einfach nicht versichern. Und fanden aufgrund des Daches einen guten Grund.

Nachdem ich also keinen Dachdecker gefunden hatte suchte ich eine neue Versicherung. Und es war überall das gleiche. Null, nichts, zero. Ein so alter Trailer, und so dicht am Meer, keine Chance. Also beschloss ich, die doch ziemlich hohe Versicherungsgebühr lieber in Instandhaltung des Hauses zu investieren. Kam also diesmal nach Florida mit einer To-Do-Liste.

Zunächst Bob, der super gute Handyman. Er war schwer zu erreichen, beantwortete nicht meine Anrufe im November, aber irgendwann erreichte ich ihn doch. Und er kam im Dezember, um die Abmessungen zu machen. Meinte, es wird Januar. Ich war super geduldig mit ihm, kenne ihn doch, drängte nicht, aber Mitte Januar rief ich eben doch an. Doch nahm er meine Anrufe einfach nicht an. Ich hatte ihn auch vorher schon dringend gebeten, mir doch einfach zu sagen, wenn er es nicht machen kann, und am liebsten einen anderen Handwerker zu empfehlen. Aber nein, er spielte Opossum, das heißt, er stellte sich tot. Ich finde das richtig gemein. Ich kenne ihn so lange, hatte ein gutes Verhältnis mit ihm, habe immer prompt und gut bezahlt, sogar ein Weihnachtsgeschenk gegeben. Und diesmal einfach nichts.

Das ist sehr typisch für Florida „after Matthew“. Mit den Dachdeckern ist es das gleiche. Nachdem sich Bob nicht meldete, versuchte ich Dave zu erreichen. Er hat in der Vor-Matthew-Zeit mehrmals für mich gearbeitet, ich war immer zufrieden. Schon im Matthew Jahr 2016 erreichte ich ihn jedoch nicht, er reagierte nicht auf seinen Anrufbeantworter, aber da hatte ich sogar noch Verständnis. Im Jahr 2017, als die Versicherung mahnte, auch nicht. Aber 2018 müsste doch langsam wieder normal werden? Nein, nichts. Keine Reaktion auf meine Nachrichten. Ich kenne seine Frau, rief die an, die sagte, sie würde sofort ihren Mann anrufen. Nichts. Toter Hund.

Langsam wurde es mir knapp und ich setzte ein Gesuch in Facebook. Mehrere Antworten, ein Typ kam tatsächlich. Sah sich alles an (etwa ½ Tag Arbeit) und meinte dann, 650 $. Ich war geschockt. So was hat früher 200 $ gekostet. Es ging darum, einige neue Schrauben zwischen zu setzen und Abdichtungen zu machen. Ich fand das ein Rippoff und sagte ab. Die anderen kamen erst gar nicht. Dann empfahl einer die Firma Sun Coast Roofing. Ich rief an, sagte genau, um was es geht, und ein Mitarbeiter kam zum Anschauen. Traf ein, klopfte nur, um zu sagen, dass er so was nicht macht. Keine Trailer, kein Aluminiumdach. Immerhin gab er mir eine Nummer, die genau so was arbeiten würde. Ich rief umgehend an. Am Telefon sagte die Dame jedoch, nein Trailer machen wir nicht. Konnte sie auch nicht umstimmen.

Also ging ich wieder verstärkt in Facebook und schließlich reagierte Harvey, der schon seit vier Tagen kommen wollte und immer noch nicht aufgetaucht war. Wollte kommen. Dann fand ich aber auch in Craigslist eine Handwerkerfirma, der gute Mann wollte um 11:30 Uhr kommen. Harvey war der erste. Schaute alles an, wollte am liebsten sofort anfangen, es hatte auch Hand und Fuß, was er sagte. Aber zwei Punkte sprachen gegen ihn. Er war zuvor nicht zuverlässig, kam einfach nicht, wenn er sagte, er wolle kommen, und er gab mir keinen Preis. Wollte ihn zwar schicken, es kam aber nichts.

Statt dessen kam Richard „Rick“ Reinicke. Also deutscher geht es ja wohl nicht. Er machte einen sehr kompetenten Eindruck, fotografierte alles und gab mir schließlich einen Preis von 350 $. Nach den Vorerfahrungen wäre ich am liebsten vor ihm auf die Füße gefallen und wollte ihm die Hände küssen. Sofort fuhr er zu einer seiner Baustellen, zog dort seinen besten Mann Brian ab und war eine Stunde später wieder bei mir.

Also der Typ hat mir imponiert. Nicht wie Dave, der im Schweiße seines Angesichts auf dem Dach werkelt und deshalb keine Anrufe mit neuen Aufträgen entgegen nehmen kann. Er schickte Brian aufs Dach, setzte sich in seinen Pickup, ließ die Klimaanlage laufen und hat mir eine ausführliche Rechnung ausgestellt mit eben diesen 350 $. Das dauerte. Dann kam er, schaute was Brian macht, und setzte sich dann zu mir. Ich bot ihm einen Kaffee und Cookies an und wir hatten eine wirklich nette Plauderstunde während Brian schuftete. Doch muss ich sagen, dass ich dem armen Kerl dann auch einen Kaffee brachte.

Nach weniger als zwei Stunden war die Arbeit getan. Ich muss ehrlich zugeben, dass mich der Rick so eingewickelt hat, dass ich völlig vergaß, dass ja auch noch extra Schrauben zu setzen waren. Im Ergebnis hat er also Brian 2 Stunden abdichten lassen und dafür 350 $ eingesteckt, im nächsten Leben werde ich Handwerker in Florida. Aber irgendwie war ich nur froh, dass dieser Handwerkerstress endlich vorbei war und immerhin war es ja trotz allem das billigste Angebot, das ich hatte.

Fußnote: Einen Tag nach Beendigung der Arbeiten erhielt ich eine SMS von einem der Facebook Leute mit der Mitteilung, er hätte sich das Dach über google earth angeschaut, es braucht einige zusätzlich Schrauben und Abdichtungen und er könnte den Job für 100 $ nachen. Danke sehr!