Bergsteigerparadies Imlil

Dieser Ort im Hohen Atlas stand auf meinem Plan, da ich lange nicht da war. Ist halt Bergsteigen und keine Wüste. Ist halt kalt und nicht warm. Also kein Edith-Ort. Doch die Pflicht ruft und ich habe mich bei Lahcen Bouredda angekündigt. Doch zunächst muss ich ja mal dort sein. Ich fahre von Telouet hoch auf den Tizi-n-Tichka Pass. Wusste, dass an der Straße noch immer gebaut wird, sicher schon fünf Jahre. Staus gab es zum Glück nicht, aber es regnete und die Baustellen waren völlig verschlammt, mein Auto dann auch. Während ich am Tichka gut durch kam war es auf der Nebenstraße einfach furchtbar. Ständig hatte ich einen Wagen vor mir, der 20 kmh unter dem Erlaubten fuhr, und das auf kurviger Bergstraße, wo man nicht überholen kann. Das ging lange Zeit so, meine Nerven waren völlig am Ende. Dann, auf der katastrophalen Straße von Asni nach Imlil, wo von Teer keine Spur mehr ist, aber Schlamm und Pfützen, kam ich an einer Baustelle, wo die praktisch im Stehen fuhren, seitlich an den drei Lahmarschen vor mir vorbei. Um 20 Meter danach von der Polizei angehalten zu werden. Und der Taxifahrer machte einen Riesenlärm über meine angeblich rücksichtslose Fahrweise.

La Police

Ich weiß nicht, ob es am Alter liegt oder woran auch immer, ich leide manchmal an schrecklichem Gedächtnisverlust. Mir fiel kein Wort mehr ein in Englisch oder Französisch, ich konnte plötzlich nur noch Deutsch. Aber der Polizist blies sich furchtbar auf, wollte 400 Dirham haben. Ein ganz Harter. Ich wollte die Nummer vom Chef, er meinte, er sei der Chef. Ich blieb einfach beim Polizeiwagen stehen und schimpfte furchtbar. Auf Deutsch. Und ich hätte es echt nicht gedacht, aber ihm riss vor mir der Geduldsfaden, er drückte mir die Papiere in die Hand und meinte ich solle mich in Zukunft an die Regeln halten. Konnte mich gerade noch zurückhalten, bevor ich Merci sagte, und drückte ihm nur verlegen lächelnd die Hand. Verlegen sollte es zumindest wirken, vielleicht war es ja auch siegreich.

Auberge Lepiney

Bei diesem Regenwetter und etwa 12 Grad macht mir Imlil schon gar keinen Spaß. Dabei sind die Leute so lieb. Mohammed und Lahcen Bouredda sind echte Kinder des Ortes und für alles da, was mit dem Bergsteigen zusammen hängt. Mohammed hat schon vor Jahrzehnten seine Auberge aufgebaut, am Anfang gab es nur sehr einfache Betten im Schlafsaal, aber nun gibt es richtig schöne Zimmer mit Bad. Was man hier bestimmt nicht braucht ist eine Klimaanlage.

Und Lahcen ist der geborene Bergführer. Er kennt sich hier richtig gut aus. Im Jahr 2008 habe ich mit ihm den Toubkal bestiegen, ich, die absolut kein Fan von Bergen ist. Aber was tut man nicht alles, wenn man in seinem Reisehandbuch darüber berichten möchte. Das Maultier trug unsere Sachen, ansonsten ging es Schritt für Schritt hoch. Und sobald ich nur ein wenig zu schnaufen anfing blieb Lahcen stehen, denn das darf nicht sein, man darf sich nicht anstrengen. Schlafen mussten wir dann in der Hütte zu Füßen des Toubkal, natürlich im Schlafsaal, wo alle paar Minuten nachts jemand aufstand mit seiner Stirnlampe und zur Toilette gewandert ist.

Jebel Toubkal

Jeder sagte, ja, aber der Abstieg ist so viel schlimmer. Nie! Runter ist doch immer viel leichter. Sagte die Bergunerfahrene. Oh mein Gott, was haben mir meine Beine weh getan, ich war völlig fertig. Habe mir nur immer gewünscht, ein Auto würde anhalten auf dem letzten Stück nach Arumd und mich mitnehmen. Aber mein Stolz ließ es dann doch nicht zu, dass ich jemand angesprochen habe.

Ich weiß, ich bräuchte nur die leiseste Andeutung zu machen und Lahcen würde sofort wieder mit mir in die Berge steigen. Aber ich halte mich zurück. Kann es auch nicht mehr. Meine Beine sind nicht mehr neu und das Knie nach dem Sturz von Moulay Bousselham immer noch nicht ausgeheilt. Man wird einfach nicht jünger, so gern man auch möchte.

Aber wie gesagt, wer will und kann, in der Auberge Lepiney seid ihr als Bergsteiger gut aufgehoben. Übrigens konnte man früher auch alleine den Berg besteigen, wenn man Erfahrung hat. Aber nachdem Ende 2018 am Aufstieg zum Toubkal zwei junge Touristinnen ermordet worden sind besteht ein Führerzwang. Eigentlich hat das schlimme Geschehen nichts mit dem Bergsteigen zu tun, aber man hat das wohl recht gerne zum Anlass genommen, die einheimischen Führer zu beschäftigen.

Imlil: