Matmata

Übernachtung in der Höhle

In Gabes, der großen Oase am Meer, geht die Straße nach Matmata, dem Höhlendorf ab. Vor Jahren besuchte ich dieses Dorf mit einer organisierten Bustour und hatte seitdem den Wunsch, einmal eine Nacht im dortigen Höhlenhotel zu verbringen. Die Fahrt geht durch öde Landschaft, dann plötzlich schaut man hinab auf eine Mondlandschaft. Wie Krater sehen die Behausungen aus. Um einen offenen runden Platz werden mehrere Höhlenräume in den Felsen gegraben, die als Schlafzimmer, Küche, Salon und Vorratsräume dienen. Meist wohnen mehrere Familien zusammen. Einige dieser Höhlenwohnungen sind zu einem einfachen, aber sehr originellen Hotel ausgebaut worden und da wollte ich übernachten. Die Räume sind sogar übereinander angebracht, um mein Zimmer zu erreichen, musste ich über eine Strickleiter hochsteigen.

Mitte Dezember ist noch keine Saison in Tunesien, in den Hotels gibt es kaum Gäste. So traf ich beim Abendessen nur noch zwei junge Männer, die in Matmata geboren waren, aber nun schon längst nicht mehr dort wohnten, es gibt ja kaum Arbeitsmöglichkeiten. Beide hatten eine gute Schulbildung, da muss man sein Heimatdorf verlassen, um Arbeit zu finden. Sliman, einer der beiden, erzählte, dass sein Bruder Direktor eines Hotels in Houmt Souk auf Djerba sei und ich müsse selbstverständlich seinen Bruder besuchen, falls ich nach Djerba käme.

Als ich vor meinem kleinen Zimmerchen saß, winkten mir zwei Mädchen zu. Sie waren auf den Hügel gestiegen, in den die Höhlen des Hotels gegraben sind und wollten so Kontakt mit mir aufnehmen. Die beiden waren Berbermädchen, bunt gekleidet, und wollten mir die elterliche Wohnung zeigen. Viele der Häuser in Matmata haben unterirdische Ölmühlen, in denen die Oliven mit Hilfe von Kamelen, die einen Mühlstein ziehen, zerkleinert werden. Die Kinder versuchen so, von den Fremden einen kleinen Zusatz zum Familienbudget zu verdienen. Fast noch begehrter als Geld sind aber gebrauchte Kleidungsstücke, von denen ich immer reichlich mitnehme.

Einladung zu einer Berberfamilie

Die Familie bestand aus der Großmutter und zwei Söhnen mit ihrer Familie. Sie zeigten mir alle Räume. Manche Höhlen dienten als Vorratsräume für den Winter, in großen Tongefäßen war Getreide und Olivenöl aufbewahrt. In anderen wiederum war das Vieh untergebracht. Der Wohnraum war sehr gemütlich mit weißgekalkten Wänden und selbstgewebten Teppichen. Ich musste auf den Teppichen Platz nehmen. Die Schuhe blieben draußen vor der Tür, man brachte mir Kissen, damit ich es auch richtig bequem habe. Dann begann die Teezeremonie. Ein Junge brachte die Gasflasche, ein Mädchen frisches Wasser. Der Vater bereitete den Tee persönlich zu. Während das Wasser kochte, gab er eine Handvoll grünen chinesischen Tees in die bauchige Kanne. Dann wird der Tee kurz überbrüht und das Wasser weggegossen. Erst danach kommt kochendes Wasser auf den Tee und die Kanne wird auf den Kocher gestellt. Aus einer dänischen Keksdose nahm er nun einen Zuckerhut und schlug ein großes Stück davon ab. Der Tee wird in Nordafrika sehr süß getrunken, während des Tages bildet er oft die einzige Energiequelle der Landbevölkerung, die meist erst abends richtig isst. Zum Schluss gab er noch einige Zweige frische Minze dazu. Nun begann der Prozess des Abschmeckens. Der Tee wird mehrmals in hohem Bogen in ein Glas ausgeschenkt und wieder zurück in die Kanne gegossen. So spart man das Umrühren. Mit ernster Miene probierte der Vater den Tee, bis er ihn für gut befand. Dann bekam ich mein Glas, auch seine Frau durfte mittrinken. In dieser Familie waren die Sitten also nicht so streng, dass sich die Frau nur in der Küche aufhalten darf, wenn Gäste kommen. Oder lag es daran, dass ich eine Frau war?