Mein 9-Euro-Ticket

Seit dem 1. Juni gibt es dieses Ticket und heute möchte ich es zum erstenmal testen. Muss nach Frankfurt, zur Messe, und habe lange überlegt, ob ich mit dem Auto oder dem ÖVM fahren soll. Das zweimalige Umsteigen hat mich gestört, aber den Ausschlag hat gegeben, dass ich auf der Messe wohl wieder so viele Drinks bekomme, dass Bahnfahren sicherer ist.

In diesem Blog will ich euch über meine Erlebnisse in den nächsten Tagen erzählen, wird immer nachgetragen, schaut doch öfter mal rein. Ich wohne in Taunusstein, ab hier gibt es leider nicht so häufig Busse und einen Bahnanschluss haben wir auch nicht. Will ich mit der Bahn geht also immer der Bus nach Wiesbaden oder Niedernhausen voraus.

2. Juni Messe Frankfurt

1. Versuch. Ich nähere mich der Haltestelle, rechtzeitig. Ein Mann sitzt und wartet. Mit Maske vor dem Gesicht. Oh shit! Also wieder heim und den nächsten genommen. Bin ja zum Glück immer früher als geplant.

2. Versuch: klappt. Bus nur zu einem Drittel gefüllt und Abstellplatz für Fahrrad wäre auch vorhanden. Aber heute geht es ja nicht zum Fahrradfahren, heute geht’s zur Messe. Trotzdem, den merke ich mir, 8.49 ab Walkmühlstrasse. Hier auf dem Land haben ja nicht alle Busse genügend Platz.

In Wiesbaden umsteigen in die S-Bahn. Natürlich habe ich mir auch die Bahn App aufs Handy geladen, dort ist nicht nur mein 9-Euro Ticket zum Vorzeigen im Bus, ich kann mir auch die Fahrstrecken speichern. Und das ist bei längeren Fahrten in Regionalzügen ja wichtig, denn man muss oft umsteigen. Dabei habe ich heraus gefunden, dass man als Startpunkt nicht nur den Namen der Start-Haltestelle angeben kann, sondern man kann auch Verbindungen ab dem aktuellen Standort aufrufen. Also, ich finde die Bahn hat den Einstieg ins digitale Zeitalter geschafft.

Auch die S-Bahn ist nur halb gefüllt, es ist ja nach dem Berufsverkehr. Laut Plan sollte ich den Zug um 9.32 nehmen, aber eine S-Bahn nach Offenbach stand schon bereit und ab gings um 9.18 schon. In Frankfurt tief angekommen war ich zunächst einmal verwirrt, wo denn nun mein Zug zur Messe ist, aber der Putzmann, der die Papierkörbe bearbeitete, konnte mir helfen und mich zum richtigen Bahnsteig schicken. Bin halt zum erstenmal seit langem wieder mit ÖVM unterwegs.

Auf der Messe war ich dann halb 11, eine sehr gute Zeit, alles hat perfekt geklappt und die erste Erfahrung war super. Habe etwa 100  Minuten gebraucht, mit Auto wären es 40 gewesen.

3. Juni Berufsverkehr

Wollte den Bus 270 um 16.19 Uhr nach Wiesbaden nehmen, um ein wenig zu shoppen. An der Haltestelle 10 Personen, echt viel für uns. Der Bus kommt, ich steige ein, noch genug Platz. Er fährt los, aber oh Schreck, biegt an der nächsten Kreuzung in die Gegenrichtung ab. Mist. War der 240er statt 270. Ich muss wohl noch viel lernen. Mein Auto und auch mein Rad fahren immer dahin wo ich will :(. Spaziergang nach Hause, kein shoppen heute.

6.Juni mit Fahrrad

Heute nun endlich der große Versuch mit dem Fahrrad. Es ist Pfingstmontag, also Feiertagsverkehr. Aber oh Wunder, während es früher sonntags keine Busse ab Wehen gab ist der Fahrplan nun wesentlich erweitert worden und es gibt Verbindungen. Um 9.06 soll ein Niederflurbus abfahren. Ich äußerst gespannt, hatte ich doch in den letzten Tagen schon beobachtet, dass seit dem 9-Euro-Ticket wesentlich mehr Leute an der Haltstelle stehen. Und wenn es nun einen Rollstuhl im Bus gibt, dann komme ich nicht mehr mit.

Der Bus kommt, kein Rollstuhl, aber ein Fahrrad. Trotzdem klappt es. Ich komme rein. Ist nicht so ganz einfach das Rad und mich gleichzeitig festzuhalten, vor allem in den Kurven, aber es geht. Dann steigt ein Rad aus und ja super, so geht es wesentlich besser.

Im Hauptbahnhof Wiesbaden will ich dann den Regionalzug nach Neuwied bekommen. Oh mein Gott, der Bahnsteig ist brechend voll. Wanderer, Reisende, wenige Fahrräder. Wenn es nicht klappt fahre ich halt woanders hin. Aber der Zug kommt, alle stürzen auf die Türen zu, ich auch und ich komme rein. Gar nicht mal so schlecht. In Rüdesheim dann nicht fahrradgerecht, aus dem Zug wird eine Treppe ausgeklappt und auch vor dem Bahnhofsgebäude sind Stufen. Ich schaffe das, aber die Rollstuhlfahrer?

Nun geht es am Rhein entlang auf dem R 3, dann ab Eltville in die Berge und direkt nach Hause. 38 km. War kurz nach 12 schon wieder zu Hause? Warum nur habe ich nicht ein paar Pausen am schönen Rhein gemacht?

  1. Juni Wandern in Boppard

8.49 Uhr ab Wehen habe ich ja schon ausprobiert, auch heute ein guter Bus, es gibt bequem Platz. Am Wiesbadener Hauptbahnhof steigen wir in die S-Bahn nach Mainz, auch hier gibt es Sitzplätze für uns zwei Wanderer. In Mainz dann soll es in die Regionalbahn nach Koblenz gehen mit nur wenigen Zwischenhalten, ein sehr guter Zug. Und sehr voll. Die Leute stehen dicht gedrängt, die bisher schon sitzen haben sich ausgebreitet und überall muss man bitten, dass das Gepäck von den Sitzen abgeräumt wird. Schnell sind alle Plätze belegt, wir beiden finden noch einen Sitzplatz, aber der Gang ist brechend voll. Und ab Bingen kommt dann die Durchsage, dass die Bahn voll ist und man möglichst auf den nachfolgenden Regiozug ausweichen soll. Auch Fahrräder würden nicht mehr mitgenommen. In Boppard kommen wir dann mit etwa 10 Minuten Verspätung an.

Für den Rückweg hatte ich mir den Zug um 17.44 raus geschrieben, denn auch er ist schnell mit nur 2x Umsteigen. Die Verbindungen davor würden viel länger brauchen. Aber eine dunkle Wolke steht am bisher sonnigen Himmel und wir schlendern schon mal Richtung Bahnhof. Die wunderbare Bahn App kommt auch hier wieder zum Einsatz und ich finde einen Zug, der um 16.18 Richtung Mainz geht. Wir steigen ein und diesmal bekommen auch wir keinen Sitzplatz mehr. Überdies finde ich dann heraus, dass wir den Zug in Bingen verlassen müssen, da er weiter über den Hunsrück nach Kaiserslautern fährt. Aber wir haben ja Zeit, es macht uns überhaupt nichts aus, wenn es länger dauert. Beim Umsteigen hilft wieder die App schnell den richtigen Bahnsteig zu finden. Und welche Überraschung, die Mittelrheinbahn steht gemütlich auf dem Gleis und wartet auf uns. Sie wurde hier erst eingesetzt und bietet genügend Platz, auch Fahrräder hätten jede Menge reingepasst. In Mainz dann mussten wir noch nicht mal das Gleis wechseln, die S-Bahn nach Wiesbaden kam nach wenigen Minuten und bot genügend Sitzplatze.

Aber dann wurde es spannend. Der Zug sollte um 17.44 in Wiesbaden einlaufen, der Bus nach Taunusstein aber auch um 17.44 abfahren. Wenn wir den nicht bekommen müssen wir 30 Minuten warten. Ich sah Marlies an: versuchen wir es? Wir sind nicht mehr die Jüngsten, ich aber doch ein wenig schneller. Der Bus war gerade am Ausscheren, öffnete jedoch für mich noch mal die Tür. Ich deutete auf Marlies, die noch ein Stück entfernt voran hechelte, der Fahrer konnte nicht warten, war ja mitten im Verkehr, meinte aber, wenn die Ampel rot ist ….

Und sie war rot. Er öffnete für Marlies die Tür und wir nahmen beide entspannt Platz. So ein netter Fahrer, so ein rundum gutes 9-Euro-Ticket Erlebnis.

Nachtrag

Ich hatte meiner älteren Nachbarin von diesem Ticket erzählt und sie überzeugt, auch eines zu kaufen. Wir haben damit einen schönen Ausflug nach Boppard zusammen gemacht. Aber dann beschloss sie, das Ticket zu nutzen und einen Besuch bei einer guten, aber alten und kranken Freundin zu machen. Eine Reise mit 4x umsteigen und 7 Stunden in der Bahn, aber es machte ihr nichts aus, sie hatte ja Zeit. Im Altersheim angekommen bekam sie sogar ein schönes Zimmer zu einem guten Preis und konnte sich zwei Tage mit der Freundin beschäftigen, die sich unsäglich gefreut hat. Gestern Abend kam sie zurück und erzählte mir von den Erlebnissen, auch, dass es der 85jährigen nicht gut geht und es vermutlich nicht mehr lange dauern wird.

Zwei Stunden später rief sie an. Die Freundin ist gestorben! Also am gleichen Tag, als sie sich morgens noch umarmt hatten. Vielen, vielen Dank an das Ticket, niemals wäre meine Nachbarin sonst gefahren, sie war so glücklich, die Dame noch mal zu sehen und es scheint auch so, dass diese sich gerade noch am Leben gehalten hat, um die Freundin noch einmal zu treffen.