Thanksgiving

Die Grundidee des US-amerikanischen Thanksgiving basiert der Encyclopedia Britannica zufolge auf dem „Ersten Erntedankfest“ und wird am vierten Donnerstag des Monats November gefeiert. Die britischen Einwanderer feierten es 1621 gemeinsam mit Vertretern des Wampanoag-Stammes in Plymouth, Massachusetts, um für die Ernte und die guten Ereignisse des vergangenen Jahres Dank zu sagen. Doch gab es auch schon vorher geschichtlich belegte Erntedankfeste in den USA, die jeweils von den Eroberern oft zusammen mit Ureinwohnern gefeiert wurden. Es ist ein typisch amerikanisches Fest, das nicht vergleichbar mit dem deutschen Erntedankfest ist, da es speziell auf den Einwanderern beruht, die dankbar für ihr neues Leben waren, das ihnen Nahrung gab. Im Mittelpunkt steht ein großes Essen, das zusammen mit Familie und Freunden eingenommen wird, die Bestandteile begründen sich auf diese erste Zeit: einen gebratenen und gefüllten Truthahn mit einer reichhaltigen Auswahl an Beilagen und Nachspeisen wie Cranberry-Sauce, Süßkartoffeln (Sweet Potatoes), Apfel- und Kürbiskuchen sowie Gemüse wie Kürbis, grüne Erbsen und Mais.

Freund Bob fragte mich schon vor Wochen, ob ich zum Essen mit in den Eagles Club kommen wollte. Das hatten wir schon einmal gemacht und ich sagte zu. Kurz vorher jedoch meinte er, die hätten den Preis auf 8 $ angehoben und er würde dort sowieso nicht satt, weshalb er lieber ins Golden Coral gehen wollte. Das ist ein Buffet und für 8,49 $ kann man essen, so viel man will, was auch sehr gerne von den Übergewichtigen angenommen wird. Ich sagte enttäuscht ab mit der Begründung, erstens esse ich eh nicht viel und zweitens möchte ich, wenn es schon ein Festtag ist, lieber in einer festlichen Umgebung essen.

Nun kann ich mir wie jeden Tag etwas kochen, ist ja schließlich auch kein Feiertag für mich, aber wenn ich in einer Welt lebe, wo rundum gefeiert wird, dann will ich auch. Und fand ein großes Plakat mit einer Einladung zum Thanksgiving-Essen, kostenlos und für alle. ALLE in Großbuchstaben. Also fuhr ich heute dorthin. Es stellte sich heraus, dass es sich um die Port Orange Christian Church handelte. Super aufgezogen und organisiert. Auf dem Parkplatz schon Einweiser, vor der Tür wurde ich sehr freundlich empfangen. Und dann der Saal! Wunderschön dekoriert. An einer Seitenwand das Buffet, vor dem unzählige Helfer standen, vor jedem Menuebestandteil einer. Und die Kellner! So etwas muss man gesehen haben. Ein Mädchen und ein Junge kamen dauernd an unseren Tisch, um zu fragen, ob wir noch Wünsche hätten. Höchstens erstes Schuljahr und so lieb und höflich.

Große runde Tische waren festlich geschmückt und ich eröffnete einen neuen. Melissa von der Kirche setzte sich sofort zu mir, um mir ein bisschen Hintergrundwissen zu geben und natürlich auch zu fragen, wer ich bin und mich zum Gottesdienst einzuladen. Aber sehr freundlich, absolut nicht aufdringlich. Mir war nicht klar, zu welcher Glaubensrichtung die Kirche gehörte, sie meinte, wir sind christlich, offen für jede Richtung. Bald kamen weitere Gäste an meinen Tisch und wir unterhielten uns sehr angeregt. Michael und Donna sind Mitglieder in gleichen Fitnessclub, der auch gerade gegenüber der Kirche liegt. Daher hatte ich ja das Plakat bemerkt. Als Donna erzählte, dass sie neue Fahrräder hätten habe ich ihnen gleich mein Bikebook verkauft. Aber dann fing Michael an, mehr über die Kirche zu erzählen. Unglaublich engagiert, er hörte gar nicht mehr auf. Irgendwann fragte er aber, zu welcher Richtung ich gehöre, ich sagte die Wahrheit, katholisch getauft, aber schon lange ausgetreten. Zunächst war er geschockt, doch dann legte er so richtig los und ganz langsam merkte ich, welcher Richtung die Kirche eben doch angehört. Nämlich der wiedergeborenen Christen. Von denen habe ich spätestens seit Präsident Bush nicht unbedingt die beste Meinung. Und natürlich wurde ich noch einmal bestürmt, doch ganz bestimmt am Sonntag zum Gottesdienst zu kommen.

Aber das Essen war super und ich habe mich in dem Kreis sehr wohl gefühlt. Und ein Foto meines Essens etwas hämisch an Bob geschickt.