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Paar Stunden später

Die Wartezeit ging ganz gut rum, ich konnte sogar einen Kaffee kaufen und Verpflegung hatte ich dabei. Von Charlotte gab es keinerlei internationalen Füge und auch viele nationale waren gecancelt. Es werden halt viele Flüge zusammen gelegt. Dann konnten wir in die Maschine steigen, ich hatte ja einen Sitz in der ersten Reihe der Economy und ich konnte nur staunen wieviele Menschen an mir vorbei gingen. Gefühlt waren es so viele, dass sie ganz sicher hinten wieder raus mussten. Als die Tür zuging sah ich, dass wirklich jeder Platz besetzt war. Die Flugbegleiter haben ja jetzt einen ganz bequemen Job, denn es werden keine Getränke ausgeschenkt, sie haben während des Fluges nichts zu tun und sammeln nur nachher Abfall ein, denn die Leute dürfen sich was mitbringen.

Wie schon zuvor hob auch dieser Flug überpünktlich ab, einen Vorteil haben die ausgefallenen Flüge schon und wir kamen auch wieder viel zu früh an. Dallas Fort Worth. Mein Gott, ist dieser Airport groß. Wir rollten endlos über das Flugfeld, Frankfurt könnte sich hier locker verstecken, und als wir endlich ankamen und ich den Shuttle zu einem der anderen Terminals nahm konnte ich so richtig die Ausmaße erkennen, es ist eine endlose Fahrt.

Zum Glück hatte ich hier genügend Zeit zum Umsteigen. Während die nationale Abteilung ziemlich voll ist, ich schätze nur 40 % tragen Masken, ist das internationale Terminal fast leer. Auch die Geschäfte und Restaurants haben überwiegend zu, nur einige wenige sind geöffnet, wo ich bei Starbucks stolze 5,30 USD für einen mittleren Kaffee lasse.

Nun warte ich, Boarding muss gleich losgehen. Mit mir warten etwa 25 Personen.

19. April: Es geht heim

Mein offiziell gebuchter Rückflugtermin war der 19. April. Aber die Coronakrise hat vieles verändert und auch meinen Flug gecancelt. Doch gerade das erlaubte mir auch die Freiheit der Entscheidung. Ich konnte sofort zurückfliegen, was die vernünftigen, ängstlichen Leute wohl getan hätten. Ich konnte auch für den 19.4. einen Flug bekommen, wenn auch umständlich. Aber es wäre auch möglich gewesen, das alles bis in den Mai zu verschieben in der Hoffnung, dass dann alles wieder besser wird.

Leicht war die Entscheidung nicht. Oft ging es in meinen Gedanken hin und her. Aber schließlich habe ich mich entschieden, es bei dem 19. April zu belassen. Und der ist nun heute.

Den 33 stündigen Flug sehe ich als vielleicht letztes Abenteuer in diesem Jahr an. Reisen sind mein Leben, nur auf Reisen bin ich glücklich. Was sicher auch damit zu tun hat dass ich alleine lebe und nur auf Reisen nette Menschen treffe. Und nun ist erstmal alles verboten. Keine Reisen innerhalb Deutschlands und erst recht keine internationalen. Und wenn man sich die Liste der Länder mit Reisebeschränkungen, d.h. Einreiseverboten anschaut, so sind so ziemlich alle dabei. Ich glaube im zweiten Weltkrieg war es nicht so schlimm. Und deshalb freue ich mich nun auf jede einzelne Etappe.

Ich brauchte keinen Wecker, denn um 3:20 Uhr weckte mich eine Message der Airline und teilte mir mit, dass es ab Gate 3 geht. Prima. Dann findet der Flug also statt. Jimmy, ein Nachbar, fuhr mich, bestand aber darauf, dass ich eine Maske anlege, auch er hatte sich in der Bankräuber-Fashion etwas ums Gesicht gebunden. Der Flughafen Daytona Beach war gespenstisch leer, als ich um kurz nach 4 Uhr dort eintraf. Natürlich gab es keine Schlangen, auch wenn man wirklich mein Gepäck gut durchsucht hat nach meinen Cookies und ich überall abgetastet wurde. Nein, leider nicht von einem schicken jungen Mann. Dann kam der Aufruf zum Boarding, echt witzig, sie zählte ab, Passagier 1, 2 …8, Sie können nun alle boarden. Ich hatte mir auf den drei American Airline Etappen immer die erste Reihe reserviert, gab ja keine Konkurrenz. Für die letzte Etappe mit Lufthansa habe ich weder eine Bordkarte noch konnte ich den Sitz kostenlos wählen. Jaja, die Lufthansa. Hoffentlich gibt es dort wenigstens Sekt. Und an Bord hieß es dann auch, Sie können sich hinsetzen wo sie wollen, um social distance zu halten. Zu trinken gab es nichts, die Damen kamen während des Fluges auch nicht durch die Reihen. Aber waren ja nur 90 Minuten.

Nun sitze ich also in im leeren Flughafen von Charlotte und schaue wie es weiter geht. Werde berichten.

Corona versus Grippe

Langsam fange auch ich an zu zweifeln. Ich habe hier eine Seite des RKI über die Grippe gefunden

https://de.statista.com/infografik/13040/woechentliche-influenzafaelle-in-deutschland/

Dabei ist in der Saison 2019/20 das Ende noch nicht erreicht, die Zahl kann noch höher werden. Diese Zahlen über die Grippe zeigen erschütternd hohe Infektionszahlen. Und das, obwohl es eine Grippeimpfung gibt und sie auch von einem großen Teil der Bevölkerung in Anspruch genommen wird. Und obwohl Grippe einigermaßen gut behandelt werden kann.

Die Zahlen über Corona sind erheblich niedriger. Hier zitiere ich die Seite, deren Ziffern auf der John Hopkins Universität beruhen. Sie sind erheblich höher als die vom RKI. Und trotzdem gibt es mit Stand heute, 26.3.2020, mit 40421 Fällen deutlich weniger Infizierte und 229 Todesfälle gegenüber 265. Warum also diese Panik? Warum werden wir Menschen eingeschlossen?

https://www.worldometers.info/coronavirus/country/germany/

Ich weiß, dass etliche Verschwörungstheorien existieren. Ich bin aber kein Verschwörungsfanatiker, ich denke immer noch, ich bin ein Mensch mit gesundem Menschenverstand. Und ich kann einfach nicht mehr glauben, dass diese heftigen, einschneidenden Maßnahmen wirklich gerechtfertigt sind, dass die komplette Weltwirtschaft lahm gelegt werden muss.

Aber genau wie damals bei der Flüchtlingskrise (ich war ein freiwilliger Helfer) ist es auch hier nicht erlaubt, eine Meinung zu sagen, die gegen den Mainstream geht. Traue mich nicht, diesen Blog wie üblich in Facebook zu teilen. Langsam mache ich mir Sorgen, was aus der Demokratie, aus der Menschheit wird.

Gooood morning, Vietnam

Ich hätte nie, nie, nie daran gedacht, nach Vietnam zu reisen. Das war nie in meinem Kopf, in meinem Programm, niemals. Und dann kam dieses supergünstige Angebot. Das hat mich interessiert, dieser Gedanke ließ mich nicht mehr los. Der Zeitpunkt geht, dann bin ich wieder zurück in Deutschland und weiß, dass ich mich in Taunusstein maßlos langweile. Ohne lange zu überlegen habe ich gebucht.

Aber lang hat es dann auch nicht gedauert, bis ich realisiert habe, dass dieser Flug über Peking geht. Peking in China, das im Moment vom Coronavirus beherrscht wird. Vietnam hat sämtlichen Flügen über China die Einreise verweigert. Und seitdem kann ich an nichts anderes mehr denken. Ich will nach Vietnam, ich muss unbedingt nach Vietnam. Ich habe mir in der Bücherei schon Reiseführer angeschaut und schließlich den Lonely Planet bestellt, ich habe mich in der Facebook Gruppe eingelesen und konnte feststellen, dass es ein sehr interessantes Land ist, dass ich unbedingt dorthin muss. Und deshalb Virus, bitte, mach dich davon. Ich will nach Vietnam!!!

Hanoi, Vietnam

– oder wenn nicht jetzt, wann dann?

Man bekommt ja täglich ziemlich viel Werbung zugeschickt und das meiste wird von mir ungelesen gelöscht. Reiseangebote schaue ich mir allerdings meistens kurz an. Und so kam heute von einem mir bekannten Reisebüro das Angebot für einen Flug nach Vietnam für sage und schreibe 327 Euro. Wohlgemerkt, nicht nur hin, sondern auch wieder zurück. Der reine Flug war tatsächlich nur 80 Euro, der Rest waren Steuern. Und das hat mich nicht mehr losgelassen. Ich war noch nie in Asien und solch ein fernes Land reizt mich doch sehr. Aber da ist ja nur der Flug dabei, sonst nichts. Also habe ich mich mal im Internet eingelesen. Vor allem hat es mich interessiert, was Hotels so kosten. Und die sind erstaunlich billig. Ich habe schon ein paar Stunden Überlegung gebraucht, aber dann habe ich den Flug gebucht. Natürlich erst meinen Mitarbeiter gefragt, ob er einsatzbereit ist. Ist er, er fährt genau ein Tag nach meiner Rückkehr selbst weg, klappt also.

Das ganze sieht nun also so aus: Da der Flug so billig ist, ist es natürlich kein Lufthansa Business Direkt Flug, sondern Air China. Und es gibt nur einen einzigen Termin, vom 12. bis zum 28.5.2020. Aber trotzdem viele Varianten, die teils 33 Stunden dauern mit 2 Stopps, einer hat 20 Stunden Aufenthalt in Peking. Da ich aber so schnell gebucht habe, habe ich einen ganz guten Flug bekommen, auf dem Hinweg nur 14 Stunden in Peking, wo ich mir den Flughafen mal so richtig gut anschauen und die Menschen mit ihren Gesichtsmasken betrachten kann. Auf dem Rückweg geht es schneller weiter und ich komme noch am gleichen Tag nach Hause. Wenn ihr also nun auch wollt, dies ist das Angebot:

elumbus

Ich habe vorläufig geplant, die ganze Zeit in Hanoi zu bleiben und die Stadt so richtig auf mich wirken zu lassen. Ich war mal 14 Tage in Tunis und das war sehr schön. Nachher kannte mich jeder Händler im Souk und ich hatte tolle Erlebnisse. Es hat mich etliche Stunden gekostet, das richtige Hotel zu finden. Es gibt so unglaublich viele. Und sie sind so preiswert. Nun habe ich eine tolle Suite gebucht mitten in der Altstadt für nur 480 Euro, inklusive Frühstück. Für 14 Tage. Die Bewertungen für das Hotel sind super und ganz offensichtlich kann man auch Ausflüge organisieren. Bei diesem niedrigen Preis lasse ich durchaus das Zimmer mal leer und mache eine schöne Tour, aber das wird erst vor Ort entschieden.

Also zunächst hatte ich ja etwas Hemmungen, so etwas ganz fremdes zu buchen. Aber dann habe ich mir einen Ruck gegeben. Ich bin nicht mehr die Jüngste und so viel Zeit habe ich nicht mehr, etwas Besonderes zu unternehmen. Ich freue mich total.

Nachtrag vom 22.2.2020: Erst nachdem ich gebucht hatte erfuhr ich, dass Vietnam alle Einreisen mit Transit aus China verweigert. Ich habe daraufhin das Reisebüro angerufen. Sie zucken nur mit den Schultern, meinen, es ist noch zu früh, um vorauszusagen, was im Mai ist. Also heißt es warten und noch nichts  zusätzliches buchen. Die einzige Ausgabe war bisher für einen Lonely Planet Reiseführer, der hier in USA viel billiger ist. Das Geld für den Flug würde ich zurück bekommen und das Hotel kann ich bis zum 8. Mai kostenfrei stornieren.

Was tun gegen Knieprobleme?

Seit fast einem Jahr spüre ich Schmerzen im Knie. Zunächst nur ganz wenig, aber ich dachte, lieber gehe ich früh zum Arzt, dann kann man vielleicht noch etwas tun. Der Besuch bei Wiesbadens wohl teuerstem Orthopäden, der nur Privatpatienten nimmt, war enttäuschend. Ja, ich habe Arthrose im Knie. Was man dagegen tun kann? Nicht viel, ist halt das Alter. Aber man könnte Akkupunktur machen, oder Hyaluron-Spritzen direkt ins Knie. Beides wird von der Krankenkasse nicht bezahlt. Da ich so gut wie keine Information über die Ursache und Behandlung der Schmerzen erhielt, musste ich Dr. Google konsultieren. Hier fand ich weitgehende Informationen und war zumindest etwas aufgeklärt. Dann besuchte ich meinen Hausarzt. Der verschrieb mir dona. Eine Dreimonatskur zu 135 Euro. Als ich die in der Apotheke holen wollte erfuhr ich, dass sie vermutlich nicht von der Krankenkasse bezahlt werden. Danke, nein.

Ich ging zur DM Drogerie und fand ein Präparat, das ebenfalls Hyaluronsäure enthielt. Aber es gab eine ganze Reihe von unterschiedlichen Produkten für Gelenkprobleme. Ja, was ist denn hier das richtige. Ich kaufte zunächst ein Präparat, das wie dona 750 mg Glucosaminsulfat enthielt, aber viel billiger ist. Daneben gab es von der gleichen Firma auch ein Präparat, das zusätzlich Hyaluronsäure enthielt. Ich probierte zunächst das eine, dann das andere. Was ich feststellen konnte ist, dass es hilft. Die Schmerzen verschwinden nicht völlig, aber werden besser. Als ich in einen Abenteuerurlaub flog und bei der Ankunft mein Koffer mitsamt Medikamenten nicht da war und ich 9 Tage ohne alles auskommen musste, merkte ich schon deutlich, dass mein Knie mehr weh tat, was besonders schwierig war, da ich in der Wüste keine komfortable Toilette fand, sondern mich hinter eine Sanddüne kauern musste, was mit dem Knie einfach nicht ging. Sobald ich wieder Zugang zu den Tabletten enthielt, war alles gut.

Nun war mir aber immer noch nicht klar, was eigentlich der Wirkstoff ist, der mir hilft. Glucosaminsulfat oder Hyaluron? Also ging ich heute zu meinem Hausarzt, der endlich aus dem Urlaub zurückgekehrt war. Er sagte, ganz klar Glucosaminsulfat. Hyaluron ist eher eine Mogelpackung, es hilft nur, wenn es direkt ins Knie gespritzt wird, eine Prozedur, die weh tut und Gefahren birgt, wie z.B. eine Infektion.

Da ich mich über den hohen Preis von dona beschwerte, schaute er in seine geheime Liste und fand ein Präparat, das den gleichen Inhaltsstoff hat, Glukosamin Chondrotin Kapseln, eine Drei-Monats-Packung zu 12,95 Euro. Ich war glücklich, das ist es doch, was ich brauche. So viel billiger als dona. Also gleich damit in die Apotheke. Dort war die Freude sofort vorbei. Das Präparat gibt es, aber nicht über den Großhändler, an den die Apotheke angeschlossen ist. Ich soll es doch mal im Internet versuchen.

Na, vielen Dank. Das ist also unser Gesundheitssystem. Teure Medikamente gibt es sofort, die preiswerten nur über Schwierigkeiten.

Ein kleines Foto – und so viel steckt dahinter

Hier zunächst einmal das Foto. Es zeigt ganz offensichtlich eine Schlange von Menschen, die sich vor einem Schuhgeschäft gebildet hat. Es sind nur Frauen, sie sind sommerlich gekleidet, das Foto wurde ja auch im Juli aufgenommen, und sie haben höchstens eine Handtasche bei sich. Ganz normal also, vielleicht damals in der DDR, wo man anstehen musste, wenn es etwas Schönes gab.

Aber das Foto befindet sich im Fotoalbum meines Vaters, das er über seine Kriegszeit angelegt hat. Dort im Buch gibt es eine Unterschrift, die besagt, dass dieses Foto in Lemberg (heute Lwiw, in der westlichen Ukraine) aufgenommen wurde. Immer noch alles ganz normal. Doch eines Tages kam ich auf die Idee, das Foto aus dem Album zu nehmen und auf die Rückseite zu schauen. Siehe dieses Foto.

Dort steht 24.7.42 9:30 Uhr Judenkolonne in Przemysl.

Das polnische Przemysl liegt 115 km von Lemberg entfernt, wo mein Vater auf der Fahrt nach Lemberg durchgekommen war.

Mein Vater hat immer alles sehr korrekt aufgeschrieben, dies ist das einzige Foto, wo Vorder- und Rückseite nicht überein stimmen. Also fing ich an zu recherchieren. Und fand – natürlich wieder mit Hilfe des tollen Forums der Wehrmacht – heraus, dass es hier um eine sehr brenzlige Situation ging.

Wikipedia sagt (Kurzfassung):

Vor Beginn des Zweiten Weltkriegs lebten in Przemyśl etwa 24.000 Juden, die vollständig in den polnischen Alltag integriert waren. …

Nach Bruch des Ribbentrop-Molotow-Paktes besetzten deutsche Truppen am 28. Juni 1941 erneut Przemyśl. Zu diesem Zeitpunkt lebten dort etwa 16.500 Juden. Umgehend begann man damit, unter der jüdischen Bevölkerung Zwangsarbeiter zu rekrutieren. Eine Registrierung der jüdischen Bevölkerung wurde vorgeschrieben. Die Gestapo ordnete an, dass die jüdische Bevölkerung nun auch in ganz Przemyśl den Judenstern tragen müsse, um sie dadurch öffentlich zu brandmarken. Jüdisches Eigentum musste zum Teil abgegeben werden, jüdische Studenten wurden gezwungen, die Straßenreinigung sowie die Müllabfuhr zu übernehmen. In den Straßen wurden Plakate aufgehängt, die die Juden als „Ungeziefer“ oder „Läuse“ beschimpften. …

Am 14. Juli 1942 (also 10 Tage vor dem Foto) wurde bekannt gegeben, dass in Przemyśl ein jüdisches Ghetto im Stadtteil Garbarze eingerichtet werden soll (nahe diesem Schuhgeschäft). Das Ghetto wurde inzwischen von 20.000 bis 24.000 Juden bewohnt. Am 26. Juli wurden erneut Zwangsarbeiter rekrutiert, am Folgetag 6.500 Juden ins Vernichtungslager Belzec deportiert. Am 31. Juli sowie am 3. August 1942 verließen Transporte mit jeweils 3.000 Juden die Stadt in Richtung Belzec. Die Transportkosten wurden den Juden in Rechnung gestellt. Zusätzlich zwang man die noch verbliebenen Juden, den größten Teil ihres Geldes der Gestapo zu übergeben. Das Ghetto wurde verkleinert, wobei die Juden für die Kosten des Stacheldrahtes, der das Lager umgab, aufkommen mussten. Ende August 1942 wurden von der Gestapo in Przemyśl 100 Juden ermordet. …

Man kann also davon ausgehen, dass die jungen Frauen auf dem Foto für Zwangsarbeiten rekrutiert wurden. Als Erklärung für die unterschiedliche Bezeichnung vorne und hinten denke ich mir, dass der Text auf der Rückseite zeitnah und korrekt geschrieben wurde. Das Fotoalbum wurde aber vielleicht erst nach dem Krieg geklebt, also in der Zeit, wo man nachweisen musste, dass man kein Nazi war. Und deshalb kam wohl die harmlose Unterschrift „In Lemberg“ zustande, also noch nicht einmal die richtige Stadt.

Was mich am meisten erschüttert, ist, dass die Juden auch noch selbst für die Kosten der Zwangs-/Vernichtungsmaßnahmen aufkommen mussten. Was mich aber noch mehr erschüttert, ist, dass Teile in Deutschland schon wieder auf dem gleichen Weg sind.

Das Kriegstagebuch kann hier bestellt werden:

http://kriegstagebuch.edith-kohlbach.de/

Das Kriegstagebuch ist erschienen

Für alle, die meine früheren Beiträge zum Kriegstagebuch meines Vaters gelesen haben und an dem Buch interessiert sind, es kam heute druckfrisch zu mir. Darin ist ein zwar privates Tagebuch enthalten, das aber viel über die Arbeit der Abwehr im 2. Weltkrieg aussagt. Enthalten sind die Namen vieler Kameraden und auch Fotos.

Zu bestellen über diese Seite:

http://kriegstagebuch.edith-kohlbach.de/

Nachtrag vom September 2020: Nachdem ich die Original-Tagebücher und das Fotoalbum nach der Veröffentlichung des Buches nicht mehr benötige habe ich sie dem Militärhistorischen Museum in Dresden überlassen. Die waren sehr froh darüber. und ich glaube auch, mein Vater wäre stolz. Irgendwann muss ich doch einmal nach Dresden fahren.

Zweiter Tag in Bamberg

Heute früh um 10 Uhr war ich wieder bei Herrn Staritz. Gestern hatten wir es ja nicht geschafft, auch die Funkausrüstung anzuschauen. Also ging es in den Keller. Also dieses Haus könnte man gut und gerne, so wie es ist, als Museum eröffnen. Hier befindet sich eine riesige Sammlung von Funkgeräten, nicht nur deutsche, auch amerikanische, englische, russische und was weiß ich nicht. Herr Staritz hat ja nach dem Krieg studiert, ist Dipl.-Ing. und kennt sich auf diesem Gebiet wirklich gut aus. Und sammelt alles wessen er habhaft werden kann. Dabei ist schon ein großer Teil seiner Sammlung im Spionage-Museum in Berlin. Hier konnte ich auch die Geräte sehen, mit denen mein Vater vermutlich gearbeitet hat.

Zu Mittag gingen wir dann „auf den Keller“, wie man hier sagt. Im Rheingau enthält ein Keller Wein, hier Bier, und die Bierlokale heißen eben Keller. Und da geht man nicht in den Keller, sondern auf den Keller. Schäufla hatte ich ja schon probiert, also entschied ich mich diesmal für Krautbraten. Es sind eigentlich die gleichen Bestandteile wie Kohlrouladen, nur dass hier das Kraut gehäckselt in dem Hackfleischteig untergezogen wird und in einer Kasserolle im Ofen gebraten wird. Sehr lecker und deftig.

An unserem Tisch nahm eine Familie Platz und schnell wurden sie ins Gespräch einbezogen. Sie waren ganz gerührt, mit welch wichtigem Mann sie hier zusammen saßen, ließen sich den Namen geben, damit sie im Internet darüber nachlesen können. Auch dies also wieder ein gelungener Tag und mein Abschied von Herr Staritz, ich selbst bleibe aber noch eine Nacht in Bamberg und will mir morgen hier noch die berühmte Fronleichnam-Prozession anschauen.

Nachsatz: Das Kriegstabeguch ist nun fertig gedruckt. Auf dieser Webseite sind nähere Infos, dort kann es auch bestellt werden:

http://kriegstagebuch.edith-kohlbach.de/

 

Besuch in Bamberg

Im Zuge meiner Familienchronik habe ich schon viele Orte meiner Kindheit besucht, Spurensuche betrieben in Boppard, Bad Kreuznach und Adenau. Aber Bamberg? Da habe ich nie gelebt Und doch ist auch dies ein Ort zur Spurensuche. Die Spuren meines Vaters.

Viel zu lange habe ich gewartet mit dieser Suche. Nun sind alle verstorben, die ich hätte fragen können. Aber nein, einen Menschen gibt es. In Bamberg. Rudolf F. Staritz. Er hat zwar meinen Vater nie gekannt, aber er war im gleichen Bereich tätig im 2. Weltkrieg, bei der Abwehr.

So viele Menschen fragen mich, Abwehr? Was genau ist das. Und warum Spanien? Das Land war doch nicht am 2. Weltkrieg beteiligt. Nein, war es nicht. Aber Franco sympathisierte durchaus mit den Deutschen und gab den Spionen freie Hand dort. Und eben der Abwehr. Der Tätigkeit, die mein Vater als Funker ausgeübt hat. Und eben Herr Staritz, wenn auch nicht in Spanien.

Endlich war es so weit, endlich konnte ich nach Bamberg fahren. Schon am Telefon hat Herr Staritz ja durch einen sehr klaren Verstand geglänzt, er kann sich an alles erinnern und erzählt nichts doppelt. Wie gerne würde ich auch ein hohes Alter in dieser Klarheit erreichen. Als er mir dann an seiner Haustür gegenüberstand war schon ersichtlich, dass er nicht mehr ganz so beweglich ist wie ein junger Mann, aber das bin ich auch nicht mehr und doch noch so viel jünger. Auch ich habe ja noch so viel zu erledigen und möchte gerne lange so fit bleiben.

Mein oberstes Anliegen war ja tatsächlich, die Lücken in den Tagebüchern zu schließen, die meine Sütterlin-Experten nicht lesen konnten. Und wir haben uns tatsächlich mit aller Energie daran gemacht. Obwohl Herr Staritz noch von der Reise erschöpft war, hat er nicht aufgegeben, bis wir mit den drei Büchern durch waren. Alles konnte auch er nicht entziffern, aber es bleibt wirklich nur noch ein sehr kleiner Rest. Danach haben wir uns zusammen einen Film angeschaut, 2 Stunden lang, in dem Herr Staritz sein Leben bei der Abwehr geschildert hat. Ein witziges Detail war, dass er seinen jüngeren Bruder Karl, auch Amateurfunker, der noch nicht eingezogen worden war, auch zur Abwehr brachte und ihn nach einer kurzen Ausbildung selbst zu seiner ersten Einsatzstelle in Hamburg gebracht hat. Das war wohl 1941. Der Bruder ging von Hamburg aus zur Abwehr in Norwegen. Es folgten Kriegsjahre, an deren Ende die Brüder keinerlei Informationen über den anderen oder die Eltern mehr hatten, die Möglichkeit, dass sie gefallen waren, bestand. Im Mai 1945, als die letzten Anstrengungen unternommen wurden im zerfallenden Heer, war Herr Staritz in Lübeck. Alleine musste er die Funkstelle bedienen, was schlicht nicht möglich war. Er bat um Unterstützung und wurde schließlich nach Hamburg geschickt, um dort nach einem Helfer zu suchen. Als er sich beim Wachtposten der Dienststelle meldete, sagte der Soldat, Staritz? Da haben wir auch einen hier. Nun ist das ein seltener Name und Herr Staritz dachte sofort an seinen Bruder. Und tatsächlich, er war es. Weinend fielen sie sich in die Arme. Und er konnte ihn mitnehmen nach Lübeck, obwohl kurz danach ja alles aus war. Also hatte er seinen Bruder in den Krieg geführt und auch wieder abgeholt.

Es war ein sehr interessanter Nachmittag, aber ich bekam Hunger und Herr Staritz war müde, also ging ich in die wunderschöne Altstadt von Bamberg. Hier war ich noch nie und ich war überrascht, was für eine schöne Stadt das ist. Klein-Venedig nennt man es ja auch, wegen der schönen alten Wohnhäuser direkt am Fluss, wo die Bewohner von ihrem Gärtchen direkt im Fluss schwimmen können oder ins Kanu steigen. Dazu hatte ich auch noch ein herrliches Wetter.

Und zum Abschluss wollte ich natürlich das fränkische Schäufele probieren. Bei den vielen schönen Lokalen in der Altstadt war es schwer sich zu entscheiden. Schließlich landete ich im Hotel Ringlein, weil es dort einen hübschen kleinen Garten gab. Natürlich bestellte ich mir das Nationalgericht Fränkische Schäufla mit Knödel und Wirsing. Wirsing hat meine Mutter auch immer gekocht, ich habe es gerne gegessen, aber zumindest in unserer Region ist dieses Gemüse vollkommen aus der Mode gekommen. Es hat alles super geschmeckt, sehr würzig, aber die Portion so groß, dass selbst ich gute Esserin es nicht gepackt habe.

Am Nebentisch saßen drei Damen, so etwa in meinem Alter. Wir warfen uns mal Blicke zu und ich konnte auch Fetzen aus ihrem Gespräch aufschnappen. Als aber das Wort Wehrmacht fiel, also ja genau mein Thema zur Zeit, da konnte ich nicht anders, bin hin und fragte, ob ich mich dazu setzen könne. Ich durfte und es folgte ein wirklich schöner Ausklang dieses interessanten Tages. Es waren drei Schulfreundinnen aus Hamburg auf einem Mädelsausflug, und tatsächlich genau mein Jahrgang. Wir hatten sehr viele gemeinsame Themen, nicht nur die Familien-Recherche, mit der auch sie sich befassten, sondern auch in der Flüchtlingspolitik hatten wir ähnliche Ansichten. Wieder einmal dachte ich mir, warum nur treffe ich interessante Menschen nur auf Reisen, nie zu Hause.