Weihnachtsparty bei Shay

Shay hatte ich kennengelernt, als sie mich zu ihrem Thanksgiving Dinner einlud, ich hatte darüber berichtet:

https://marokkoblog.edith-kohlbach.de/thanksgiving-with-shay/

Ich muss zugeben, es ist schon ein ungewöhnlicher Haushalt, aber die Menschen sind warmherzig und nett. Wie sicher in jedem Land gibt es auch in USA sehr unterschiedliche Bevölkerungsschichten und ich lerne das gerne kennen. In Marokko war es immer einfach in Häuser eingeladen zu werden, in den USA ist das nicht ganz so leicht.

Ich habe mich also gefreut, zu der Party zu gehen, es sollten Spiele gespielt werden und zum Essen sollte es Pulled Pork geben, eine amerikanische Spezialität. Sehr lecker, aber ich esse abends ja nie was. War trotzdem gespannt, ob ich das Essen diesmal zu Gesicht bekomme. Wie in USA üblich hatte ich mich weihnachtlich angezogen, also vorwiegend in den Farben rot und geschmückt mit einer tollen Strickjacke mit weihnachtlichen Stickereien, die ich zuvor bei Goodwill, dem beliebten Sozialkaufhaus, erstanden hatte.

Nun, diese Mühe war eigentlich umsonst, denn ich war die einzige, die so gekleidet kam, aber ich tat es ja für mich selbst und ich gefiel mir sehr. Hatte sogar meine Fingernägel grün und rot lackiert, was die Tochter des Hauses sofort entdeckte. Auch diesmal trafen wir uns also in der Garage und auch diesmal wurde Cannabis geraucht. Zuvor war mir ja schon aufgefallen, dass in diesem Haushalt wenig Alkohol getrunken wird, die zweite Flasche, die ich das letzte Mal mitgebracht und nicht selbst geleert hatte, stand immer noch unangetastet im Kühlschrank. Hatte dennoch mit einer neuen vorgesorgt, denn meine Droge ist nunmal der Wein.

Dann ging es ins Wohnzimmer für die Spiele. Und nun endlich wurde ich auch in die Geheimnisse des festlichen Essens eingeführt. Der Weg ging durch die Küche, und dort standen auf dem Herd einige Dinge, gebackene Bohnen zum Beispiel, im Slow-Cooker war das Pulled Pork. Wer auch immer gerade etwas Hunger hatte ging in die Küche, holte sich ein Schälchen und nahm sich etwas. Festlich geschmückte Tafeln? Wer braucht die schon.

Nun muss man sich das Wohnzimmer so etwa 20 qm groß vorstellen. Dort tummelten sich etwa 10 Erwachsene, ein Baby, ein umherspringender Hund, ein Frettchen und ich weiß nicht wie viele Kinder. Es war lustig, ja richtig lustig und alle haben mitgemacht. Danach gab es Wichtelgeschenke, alle hatten etwas mitgebracht und jeder bekam ein Päckchen. Vorher hatte ich schon Jerry kennengelernt, ehemaliger Soldat auch in Deutschland, nun Landschaftsgärtner. Und er trank gerne. Rauchte auch Cannabis, aber hatte sich auch viele kleine Fläschchen Whiskey mit Zimt gewürzt mitgebracht. In meinem Päckchen war übrigens eine Flasche Rum aus der DomRep und das hätte ich ihm gerne gegönnt. Doch es kam ganz anders. Als ich an der Reihe war wählte ich einen schönen roten plüschigen Nikolausstiefel, ohne zu ahnen, was darin war. Raus kamen unzählige kleine Schnapsfläschchen, ich wusste gar nicht, dass es so viele Sorten Schnaps gibt, denn sie waren wirklich alle unterschiedlich. Eines war Wodka mit Zimt, das gab ich sofort an Jerry weiter und er freute sich. Doch dann öffnete er sein Päckchen. Und da drin war eine winzig kleine Damenhandtasche! Für Jerry! Er hat gar keine Frau. Er lachte brav, ist ja Weihnachten und alle müssen sich freuen, doch ich spürte schon, dass er sehr enttäuscht war. Ich griff nach der Tasche und erklärte, da fehle noch etwas. Er guckte erstaunt, und ich füllte ihm die Tasche mit einigen von meinen Flaschen. Da war er wieder glücklich.

Wie schon gesagt, es war ein Einblick in eine ganz andere Welt. Eine, die ich bisher noch nicht kannte, ich habe ja noch lange keinen umfassenden Blick in die vielschichtige amerikanische Gesellschaft. Es waren alles liebenswerte einfache Leute, es waren eigentlich so die Handwerker, die ich manchmal rufen muss und ich kann mir nun besser vorstellen, wie sie leben.

So, und nun mache ich mir meinen heutigen Lunch, es gibt Pulled Pork und Bohnen. Mitgegeben von Shay.