Der Jebel Siroua nördlich von Taliouine ist bei vielen unbekannt, da sich zunächst nur wenige passierbare Wege dort fanden. Inzwischen ist einiges asphaltiert worden, dennoch gibt es noch viele abenteuerliche Routen, die besonders bei Motorradfahrern beliebt sind. In meinem Reisehandbuch beschreibe ich die Strecke G4: Aoulouz – Askaoun – Anezal. Doch hatte sich bei meiner letzten Fahrt herausgestellt, dass im zweiten Teil der Passübergang kurz nach Askaoun inzwischen so zerstört ist, dass nur noch Motorräder oder Quads durchkommen. Ich wollte herausfinden, wie der Zustand heute ist und vor allem nach den starken Regenfällen vor kurzem. Zwar wird mein Buch sehr viel von Wohnmobilfahrern gekauft, aber ich möchte darauf hinweisen, dass es nicht darauf beschränkt ist. Es sind auch Pisten enthalten und viele Strecken wurden sogar durch ein Symbol besonders für Motorräder gekennzeichnet.
Eines ist mal klar, man sollte sich nie auf eine unbekannte Wegstrecke begeben, ohne vorher Informationen einzuholen. Das ist keine Durchgangsstraße. Im damals zerstörten Mittelteil ist ziemliche Einsamkeit, dorthin brauchen keine Versorgungsfahrzeuge zu fahren, da die Dörfer von der jeweiligen Seite angefahren werden, wo die Piste besser ist. In der Auberge Safran sprach ich daher mit dem Inhaber Mahmoud, der sofort seine Telefonkontakte spielen ließ. Eine Aussage war, alles kaputt, zwei weitere, für Geländefahrzeuge passierbar. Vor allem letztere Auskunft kam von einem Mann, der dort oben wohnt und es wissen muss.
Hier noch mal ein Hinweis, den ich auch in meinem Buch gebe: Wenn Sie eine Auskunft benötigen, ob eine von Ihnen gewünschte Route befahrbar ist, fragen Sie immer nur jemanden, der keinen Vorteil davon hat, dass Sie nicht fahren. Ich erinnere mich an Tinerhir, bevor die Straße asphaltiert war, oder auch noch danach, weil heftige Unwetter die Straße zerstört hatten. Wenn man dann einen Campingplatzbesitzer oder einen Guide fragte, dann sagte er immer, nein, die Straße ist nicht passierbar, weil man Sie dabehalten wollte. Gut ist es, zum Beispiel an einer Tankstelle Lastwagenfahrer zu fragen, die gerade daher kommen. In meinem Fall hatte Mahmoud jedenfalls kein Interesse daran, mich dazubehalten und ich konnte die Auskünfte ernst nehmen.
Taliouine – Askaoun – Anezal
Am frühen Morgen verabschiedete ich mich dann mit einem Kaffee von Ahmed und begab mich auf die Strecke. Die ersten Kilometer nach Askaoun sind offiziell geteert und stark befahren, da die Dörfler runter nach Taliouine zum Arbeiten oder Einkaufen kommen. Aber dieses einstige Teerband ist kaum noch zu sehen, seit Jahren völlig ausgefranst und voller Schlaglöcher und wirklich schwierig zu fahren. Dauernd muss man auf den steinigen Rand ausweichen. Kein Spaß. Oben auf dem Plateau wird es besser. Ich hatte ja gehofft, die blauen Safranblüten zu sehen, denn Ende Oktober bis in den November ist Erntezeit, aber leider war ich doch ein paar Tage zu früh. Ich erreichte Askaoun, den Ort, an dem ich die Navigation für obige Strecke fortsetzen und den Zustand der Piste überprüfen wollte.
Den Beginn zu finden war ziemlich einfach, die beschriebene Abzweigung war da und in einwandfreiem Zustand. Zwar nicht asphaltiert, aber es war eine breite Trasse, die wohl eines Tages asphaltiert werden soll. Schön zwar, aber noch kein Grund zur Freude. Denn wer weiß, wie lange das so bleibt.
Nun muss ich noch einen Einschub machen zu Google Maps. Das ist, gerade für Marokko, schon eine Revolution. Vorher konnte man mit seinem Navi fahren, musste sich aber immer die passende Karte dazu besorgen. Entweder von Garmin gegen teures Geld oder etwas umständlich im Internet kostenlos. Doch hundertprozentig war das nicht. Google Maps ist auf Marokkos Teerstraßen wirklich richtig gut, der Streckenverlauf wird gezeigt und man kann ihm gut folgen. Obwohl es kaum Infos über Baustellen gibt. Über den Straßenzustand, also geteert oder Piste, sagt Google allerdings nichts und genau da setzt mein Reisehandbuch ein, denn ich schreibe darüber und gerade Wohnmobile können so erkennen, ob die Strecke für sie befahrbar ist. Und heute wollte ich nun mal sehen, wie zuverlässig Google mit Pisten ist.
Ich fuhr also ziemlich vergnügt so mit 60 kmh vor mich hin und freute mich an der Natur, die Berghänge waren ziemlich kahl. Google führte mich gut, allerdings gab es auch keinerlei Abzweigungen. Doch dann, nach 12 km Ende der Trasse, weiter auf Piste. Solange die Trasse bestand waren auch die vielen zu überquerenden Oueds gut ausgebaut, das ändert sich natürlich bei einer Piste. Am Rand konnte man ab und zu noch Wasser stehen sehen, aber ich kam gut durch. Doch immer hat man die Angst: muss ich etwa zurück? Diese vielen Kilometer und die schlechte Strecke. Bitte nicht.
Je länger ich fuhr, desto schlechter wurde die Piste, aber desto schöner die Natur. Es war sehr einsam, aber in der Ferne zogen manchmal Schafherden auf zart grünen Wiesen vor schroffen Bergen vorbei. Dann plötzlich ein Moped. Es ist immer gut, sich auf der Strecke Auskunft zu holen und der Mann meinte, ja, die Piste ist für mein Auto passierbar.
Dann plötzlich passierte es. Google schickte mich nach rechts, die gut sichtbare Piste ging nach links. Schon ein ziemlicher Unterschied. Und hier genau zeigt sich Googles Schwachstelle. Pisten können die nicht so gut. Der ursprüngliche Verlauf wäre wirklich rechts gewesen, die Piste gab es noch, wenn auch unpassierbar, aber da das Dorf in der Ferne inzwischen durch eine Teerstraße angebunden war, hat man die Piste verlegt. Das wusste Google nicht, war aber an den Spuren gut zu erkennen. Im Verlauf des Dorfes gab es dann öfter nochmal Zweifel, die aber immer von einer Frage an die Anwohner gelöst werden konnten. Und ich erreichte Anezal ohne Schwierigkeiten und kann nun sagen, die Piste ist für Geländefahrzeuge gut passierbar und führt durch wirklich aufregende Landschaft.
Mein Reisehandbuch ist vor Covid geschrieben worden und eine neue Auflage wird es erst im Sommer 2025 geben. Dennoch ist der Kauf des Buches gerade für Wohnmobilfahrer immer noch zu empfehlen, da sich auf den Asphaltstraßen nicht viel geändert hat. Auch die neue Ausgabe wird da nicht viel anders sein. Und Pisten kommen ja nicht infrage. Bitte schaut in meinen Shop, da könnt ihr direkt bestellen.