Es ist kalt geworden. Der gestrige Mittwoch war seit Monaten der erste Tag, an dem es mittags nicht über 30 Grad ging. Und heute früh ist es ganz schön frisch, nur im T-Shirt draußen ist ungemütlich, gestern Morgen konnte man in Agdz noch so sitzen. Der Winter ist wohl unaufhaltsam, wenngleich ich noch Möglichkeiten habe, dem schlimmsten zu entgehen. Aber eine ungemütliche Heimfahrt wird es in jedem Fall. Heute wohne ich in dem neuen Riad Tama bei Ouarzazate, den ich testen soll. Naja, hundert Prozent begeistert bin ich nicht. Nettes Personal, schöne Zimmer, gutes Essen, aber irgendetwas fehlt mir. Und gestern Abend wollte ich noch mal im Palmenhain spazieren gehen, doch die Moskitos bissen zu.
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Kasbahs und Freunde in Agdz
Die Tage in Zagora waren etwas getrübt, weil ich mich ziemlich schlapp fühlte. Zwar hat Abdellah alles getan, damit ich mich besser fühle und auch eine heiße Suppe gekocht, aber so richtig wurde es nicht. Also setzte ich mich genauso schlapp ins Auto und fuhr nach Agdz. Dort wollte ich in der Casbah-des-Arts wohnen, an deren Aufbau mein guter Freund Kamal el Kacimi beteiligt war. Aber Kamal muss heute so viele Filme drehen, dass er nur noch selten in der Kasbah ist. Doch warteten in Agdz ja noch einige andere Leute auf mich, vor allem mein „bester Mitarbeiter en route“ Wolfgang.
Im letzten Sommer, in der kurzen Periode, in der ich mal in Deutschland erreichbar war, schrieb mich ein Wolfgang aus Österreich an und hatte eine Frage, die sich schlecht schriftlich beantworten ließ. Also rief ich ihn an. Daraus wurde ein sehr langes Gespräch, denn Wolfgang wollte mit seiner Frau zum erstenmal nach Marokko und hatte tausend Fragen. Es gingen noch öfter Emails hin und her und vor wenigen Wochen ist er in Marokko eingereist. Wir unterwegs in entgegen gesetzter Richtung und in Agdz sollten sich unsere Wege kreuzen. Auf seiner Fahrt hatte mich Wolfgang immer über Neuigkeiten und Änderungen informiert, worauf er die Auszeichnung „bester Mitarbeiter en route“ erhielt.
Und da saßen sie denn auch auf dem Campingplatz vor der Kasbah des Kaid Ali, die Beiden im grellroten T-Shirt mit Aufschrift „Immer wieder Österreich“. Das erste persönliche Zusammentreffen verlief sehr herzlich und eine Flasche Wein wurde dazu geköpft. In der Ferne lief ein Mann über den Platz – außer uns war kein einziger Camper da – das ist doch! Ich rief: Mbark. Er drehte sich um und brauchte einen Moment, um mich zu erkennen vor einem für mich doch unüblichen Wohnmobil. Die Überraschung war riesengroß. Er setzte sich zu uns und wir machten ein denkwürdiges Foto, heute und 30 Jahre zuvor im Vergleich.
Ich hatte den Campingplatz 1989 entdeckt, als ich noch nicht begonnen hatte, Reiseführer zu schreiben. Mbark und seine Brüder kümmerten sich um den Platz und es lief alles sehr leger ab, eher freundschaftlich als kommerziell. Es war halt noch eine ganz andere Zeit, als sich noch niemand daran störte, dass die Sanitäranlagen nur aus einem Stehklo bestanden. Aber die Jungs waren nett und ich wurde auch gleich in die Familie aufgenommen. Ich blieb schließlich bis zum Ende meines Urlaubs, weitere 3 Wochen, und es war eine wunderschöne Zeit.
Aber auch mit Wolfgang und Monika war es schön, sie verstehen nicht viel Französisch und waren deshalb froh, in mir eine Übersetzerin zu einer lokalen Persönlichkeit zu bekommen, denn sie hatten viele Fragen. Im Anschluss zeigte ich ihnen noch die Kasbah Kaid Ali, die zum Campingplatz gehört, und auch die Casbah-des-Arts gleich gegenüber, in der ich wohnte. Beide gehören historisch zusammen und ich habe in meinem Reisehandbuch die Geschichte ausführlich aufgeschrieben. Vor allem von dieser zweiten Kasbah, von deren elf Terrassen sich ein wirklich unglaublicher Ausblick bietet, waren sie sehr begeistert. Und am Ende fanden wir dort noch drei interessante Bewohner, nämlich Fledermäuse, die ich noch nie so nahe gesehen hatte.
Es war sehr schade, dass wir uns am nächsten Morgen wieder trennen mussten, ich wäre gerne noch ein wenig mit den Beiden zusammen geblieben. Aber immerhin sandte ich sie nach Zagora in gute Hände, nämlich zu Abdellah, und auch ins Café Oscar mit dem Tipp, sich vorher in der Konditorei ein Stück Kuchen zu kaufen, was natürlich sogleich befolgt wurde.
Von Taragalte nach Zagora
Das Festival habe ich nur am ersten Tag besucht. Aus den Musikgruppen, die am Abend spielen, mache ich mir nicht viel, mir gefällt besser die traditionelle Musik ohne Verstärker, die am ersten Nachmittag gespielt wurde, und die konnte an den nächsten Tagen nicht noch besser werden. Doch hörte ich, dass es abends brechend voll war. Die Einheimischen dürfen das Festival kostenlos besuchen und für die Jugend des Ortes gibt es wenig Abwechslung. Also zog am Abend eine ganze Karawane von Autos und Mopeds hinaus und leider gab es auch zwei tödliche Unfälle bei der An- und Abreise zu beklagen.
Ich genoss deshalb den letzten Tag in der Kasbah in Ruhe und ging nicht vor die Tür. Das Hotel war voll, viele Festival-Besucher wohnten dort und es gab nette Gespräche. Am Abend tauchte dann Belaid auf, ein mir gut bekannter Musiker aus Zagora, den Abdou eigens bestellt hatte, um zu spielen. Doch zunächst ging er mit Abdou zum Festival und ich saß todmüde alleine im Hotel. Um halb zehn ging ich ins Bett. Viertel nach elf dann hörte ich Musik und ging wieder raus. Und dann saßen wir bis nach zwei Uhr zusammen. War es die späte Uhrzeit, an die ich nicht gewöhnt war, oder die zwei Glas Wein? Auf jeden Fall fühlte ich mich am Morgen schauderhaft. Dennoch – ich wollte abreisen. Vier Wochen in der Kasbah sind einfach genug. Es war eine schöne, erholsame und friedliche Zeit, die ich sehr genossen habe. Die Jungs haben alles für mein Wohlbefinden getan. Aber irgendwann ist Schluss und ich muss weiter. Als ich in Zagora im Riad Fennec Sahara ankam war ich total müde und erledigt, mit Essen konnte man mir keine Freude machen und dabei wollte mich jeder einladen. Um 8 Uhr war ich schon im Bett.
Am Montag dann ging es schon viel besser, wenn auch die Energie noch nicht vollständig wiederhergestellt war. Mein Auto blieb jedenfalls in der Garage. Ich wollte zu Belaid, doch der war immer noch in Zagora, auch Mostafa war nicht in seinem Restaurant, also setzte ich mich ins Café Oscar und holte mir einen Kuchen zum köstlichen Milchkaffee. War das lecker. Endlich mal was anderes als das ewige Tajine, ich kann es einfach nicht mehr sehen. Auch an diesem Tag musste ich wieder zwei Einladungen zum Essen ablehnen, doch am Nachmittag spazierte ich zu Belaid.
Hochzeit in Zagora
Auf dem kurzen Straßenstück zwischen meiner Unterkunft und Belaids Auberge Prends ton Temps versperrte ein großes Zelt die Straße, eine Hochzeit wurde gefeiert. Ich hätte mich da nie hinein getraut, doch Belaid sagte, geh nur, die Leute sind freundlich und mögen Touristen. Ich linste also zur Tür hinein, sofort kam ein Mann und fragte, wollen Sie mal schauen. Eine schöne junge Frau stand am Treppenaufgang, er übergab mich ihr, Nora führte mich hinauf und da war dann die Hölle los. Bestimmt 200 Frauen in die schönen bestickten schwarzen Tücher von Zagora gehüllt, saßen in dem großen Raum eines ehemaligen Hotels und sangen und trommelten. Ich erfuhr, dass Nora die Braut war, sie war im Gegensatz zu den anderen in einen beigefarbenen Kaftan gehüllt, der wunderschön mit Perlen bestickt war, dazu trug sie goldene Schuhe. Sie war sehr freundlich und wir unterhielten uns in Englisch. Sie studiert Geschichte in Agadir und wird das auch nach der Heirat fortsetzen. Die Frauen waren ihre Schwestern und Freundinnen und Nachbarinnen, natürlich gab es auch ihre Mutter und damit die ältere Generation, und alle trugen unter den schwarzen Tüchern wunderschöne Kaftane in sehr unterschiedlicher Art und natürlich auch viel Goldschmuck. Das ist ein Fest, wo man sich richtig schön macht. Und ich in meiner scheußlichen Alltagskleidung daneben fühlte mich echt mies. Hätte ich das gewusst, hätte ich zumindest mein mauretanisches Kleid angezogen. Viele der jungen Frauen trugen einen Säugling auf dem Rücken oder dem Schoß, das hinderte sie aber nicht daran, zu tanzen. Die Lieder wurden vor allem von den älteren Frauen gesungen. Wir gerne hätte ich Fotos gemacht, aber das ging natürlich nicht. Aber ich dufte ein Selfie mit Nora, der Braut, machen und von den Händen ihrer Freundin, die das schönste Henna-Muster trugen, das ich je gesehen habe. Dann gab es Tee und jede Frau bekam ein kleines Päckchen mit Süßigkeiten. Ich aß zwar einen Keks, wollte das Päckchen aber als Souvenir mitnehmen, doch Nora erkundigte sich besorgt, ob ich denn die Kekse nicht mag. Aber ich konnte sie beruhigen und überzeugen, dass ich es lieber als Erinnerung aufheben möchte. Die Frauen griffen immer wieder zu den Trommeln und auch mich hielt es nicht. Genau wie Nora nahm ich zwei Teegläser und schlug sie im Takt der Musik gegeneinander. Es war richtig schwer, sich zu verabschieden, sie wollten mich am liebsten die ganze Nacht dabehalten.
Situation an der Grenze Marokko – Mauretanien
Die wildesten Gerüchte kursieren im Internet. Die Grenze sei blockiert, man könnte nur noch im Konvoi fahren und so weiter. Nicht davon stimmt. Was ist passiert?
Vor etwa einer Woche wurden marokkanische Sahraouis wegen Schmuggel zwischen den beiden Ländern mit einer Strafe belegt. Darauf haben sie einen Lastwagen quer gestellt und die Straße blockiert. Wohlgemerkt vor Fort Guergarat, die Grenze selbst war nicht gesperrt und es gab auch keine Konvois. Es gab Verhandlungen und der Lastwagen wurde wieder beseitigt. In diesem Zusammenhang muss ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass es sehr sinnvoll ist, sich eine Einladung für das Land zu besorgen wie in meinem Mauretanienführer geschrieben und somit einen lokalen Kontakt zu haben. Der ist bei sehr vielen Problemen behilflich, zum Beispiel auch, wenn irgendwelche Bestechungsgelder verlangt werden oder ganz einfach für die Formalitäten an der Grenze. Mauretanien ist heute ziemlich sicher geworden, aber dennoch ist es ein Land, das noch weit hinter Marokko zurück liegt. Die malische Grenze mit seinen Rebellen ist nicht weit und im Namen der Sicherheit und vor allem auch zur Vereinfachung der Formalitäten ist eine solche Einladung unbedingt ihr Geld wert. Danach kann man alleine durch Mauretanien fahren, hat aber immer eine Telefonnummer, unter der Hilfestellung erreichbar ist.
Festival Taragalte in Mhamid el Ghizlane
Ich bin begeistert. In meinem Reisehandbuch (wo eine Frau auf dem Titelbild ist, die in Mhamid Guedra tanzt) schreibe ich viel über die Stämme, die bei Mhamid leben, und ihre Traditionen:
Die Gesänge und die Tänze der Sahraouies drücken ihre Gedanken und Vorstellungen aus, die Hoffnungen der Künstler und ihren Durst nach Freiheit und Unterhaltung. Es gibt fünf Hauptrhythmen und jeder ist die Spiegelung der Seele und des Lebens, der Gefühle von Liebe, von Freuden oder von Leiden, der Arbeit, der Ereignisse und der Umwelt. Ein Rhythmus ist langsam und bedächtig wie der Gang des Dromedars, es gibt einen fröhlichen Rhythmus für Feste und Hochzeiten, melodische Gesänge der Frauen, die allein bei den Zelten zurück geblieben sind. … Doch die Unabhängigkeit Marokkos im Jahre 1956 und die erschwerte Überquerung der Grenzen mit Algerien und Mauretanien haben definitiv den Karawanenhandel und die Herdenwanderung beendet und die Nomaden zur Sesshaftigkeit verurteilt.
So muss man fürchten, dass diese Traditionen heute in Vergessenheit geraten. Um dem vorzubeugen haben Ortsansässige vor 10 Jahren das Festival Taragalte ins Leben gerufen und ich habe es in diesem Jahr zum erstenmal besucht. Es findet genau da statt, wo es hingehört, nämlich in der Wüste an der alten Karawanenstraße nach Timbuktu. Und diese Lage ist wunderschön. Kleine Sanddünen erheben sich, dazwischen Tamarisken und ab und zu auch eine Palmengruppe. Hier werden jedes Jahr Biwaks aufgebaut, Zeltstädte, denn man kann nicht nur mit einem Tagesticket das Festival besuchen, sondern auch ganze Pakete kaufen, wo der Transport ab Marrakech und die Übernachtung im Zelt eingeschlossen sind. Hier wird sehr viel Wert darauf gelegt, einen sorgsamen Umgang mit der Natur zu pflegen. Eine extra Entsorgungsstation kümmert sich um den Abfall, der getrennt und wenn möglich recycelt wird. Eine kleine Basarstraße hat die Waren vorrätig, die man hier braucht, wie die entsprechende Wüsten-Kleidung, Schmuck und Teppiche. Auch einige Essenstände gibt es, aber die Masse der Besucher wird ja im Biwak versorgt. Um 16 Uhr sollte laut Programm die Eröffnung sein, aber daran darf man sich in Marokko nicht festklammern. Ab 17 Uhr gab es an allen Ecken Musik. Die traditionellen Musikgruppen spielten wie die Gnaoua, aber am schönsten ist für mich immer die Guedra. Dieser magische Tanz wo zunächst verschleierte Frauen unter dem anfeuernden Klatschen der Männer immer wilder tanzen. So lange hatte ich nur gehört und gelesen von diesem Tanz, den es auch in Guelmim geben soll, aber hier in Mhamid kann man es hautnah erleben. Einfach dafür ist der Besuch des Festivals schon zu empfehlen.
Am Abend gegen 21 Uhr dann spielen verschiedene Gruppen auf der großen Bühne, aber ich fahre lieber heim. Mir ist die echte Musik, die ohne Verstärker auskommt, viel lieber. Auf dem Heimweg kommen mir viele Fahrzeuge und Mopeds mit der einheimischen Jugend entgegen, die alle zum Festgelände streben.
Video Taragalte
Camping in der Kasbah Sahara Services
Eins muss ich vorweg sagen, die Kasbah Sahara Services ist für mich kein normales Hotel. Sie gehört meinen besten Freunden in Marokko, mit denen ich seit 20 Jahren herzlich verbunden bin. Ich habe den Besitzer Abdou kennengelernt, als er gerade mit seiner Agentur für Wüstenreisen angefangen hat und habe ihm beim Beginn viel geholfen, nicht mit Geld, sondern mit Werbung und ganz einfach mit der Einführung in die weite Welt. Heute hat er mich lange nicht mehr nötig, aber er vergisst die Hilfe am Anfang nicht und es ist klar, wenn ich in Mhamid bin, dann bin ich natürlich in seiner Kasbah eingeladen, so wie er ja auch bei mir in Deutschland schon mehrmals war. Er ist nicht vor Ort, aber das Personal behandelt mich wie eine Familienangehörige.
Da meine Bücher vorwiegend von Wohnmobilfahrern gekauft werden, obwohl ich nicht speziell für Wohnmobilreisende schreibe, haben sie extra für mich schon vor ein paar Jahren am Hotel einen Stellplatz angefügt. Im ersten Jahr haben wir dort sogar ein Treffen abgehalten, meist Mitglieder des Saharaforums. Der Stellplatz war nicht richtig schön und ich konnte die Leute gut verstehen, dass sie lieber auf einen der anderen Plätze in Mhamid gegangen sind und eigentlich nur kamen, wenn ich auch vor Ort war. Doch als ich in diesem Jahr angekommen bin war ich sprachlos vor Überraschung. Wie in Marokko üblich wurde auch in diesem Hotel Jahr für Jahr ein Stückchen angebaut. Das führte zwar auch dazu, dass der Stellplatz verkleinert wurde, um den Platz sind nun hübsche Zimmer neu gebaut und davor ist ein richtiger Küchengarten, in dem man die verschiedenen Pflanzen der Region anschauen und probieren kann, aber es gibt noch immer eine Stellfläche und auch Stromanschluss. Aber drei Punkte machen den Platz besonders. Zum einen der direkte Zugang zum schönen Pool mit Liegen, in dem das ganze Jahr über Wasser ist, und der von Campern unbegrenzt genutzt werden kann, und dann die wunderschön romantische Beleuchtung überall auf dem Platz, der Pool ist am Abend mit unzähligen Lampen und Kerzen beleuchtet und selbst auf dem Stellplatz sind überall diese schönen Lampen aus Tonkrügen.
Aber das Besondere ist doch der herzliche Empfang durch den Manager Redouane. Nun will ich mal schildern, was sich zur Zeit hier abspielt, und das hat überhaupt nichts mit meiner Anwesenheit zu tun. Es hat allerdings auch mit der besonderen Freundlichkeit der Camper zu tun. Zwei Mobile mit vier Personen setzen sich zusammen aus Deutschland-Schweiz-Österreich. Schon am ersten Abend setzten wir uns zusammen, die Camper brachten ihren eigenen Wein mit, Redouane kam und sagte, da gehören doch Erdnüsse und Oliven dazu. Schon standen sie auf dem Tisch. Ich möchte betonen, dass Redouane keinen Alkohol trinkt. Es war ein gemütlicher Abend in unserem Pavillon am Pool, bei dem Alex erzählte, dass er Drehorgelspieler ist und natürlich auch eine dabei hat. Es war klar, sofort verpflichteten wir ihn, am nächsten Abend zu spielen. An diesem Abend waren ziemlich viele Gäste im Hotel, aber trotzdem spielte Alex und bekam viel Applaus. Und ganz klar war Redouane immer bei uns am Tisch, die Camper waren ganz klar seine Lieblingsgäste. Obwohl er sich auch um die anderen kümmerte.
Die Salzburgerin Angela bot an, am nächsten Tag Apfelstrudel zu backen. Redouane erlaubte uns, natürlich nicht ohne Haj, den Chefkoch, zu fragen, die Küche zu benutzen. Die Jungs in Blau standen sprachlos um die Arbeitsplatte, als Angela den hauchzarten Teig ausrollte. Und natürlich buk sie so viel, dass der Strudel für alle reichte. Für uns fünf, für Paru, die deutsche Gästehausbesitzerin, die in der Nähe wohnt, für zwei österreichische Camper, die gerade angekommen waren, aber natürlich und vor allem auch für das ganze Personal. Angela hat sich damit die Herzen aller erworben.
Ich kann gar nicht alle schönen Gelegenheiten nennen, wo Redouane immer um die Camper bemüht war, obwohl sie kaum Geld in der Kasbah ließen, denn die Wüstentour hatten sie woanders gebucht. Diese war zwar billig, aber es gibt so einige Zweifel, ob sie jemals den Erg Chegaga erreichten. Die Mannschaft blieb schließlich eine Woche hier, weil es jeden Tag etwas Neues zu tun gab und sie nicht alles schafften. Und Redouane war immer sehr freundlich um sie bemüht. Deshalb gab es am letzten Abend auch ein großes Tajine-Essen. Redouane stellte das Ziegenfleisch, Angela und Johanna schichteten das Tajine auf, das schließlich auf Holzkohle vor sich hin köchelte. Und dann aßen wir alle zusammen.
Heute ist nun die Abreise geplant, aber zunächst ritten Angela und Johanna noch auf dem Kamel dem Sonnenaufgang entgegen.
Tiefenentspannt in der Kasbah Sahara Services
In dem staubigen Wüstenkaff Mhamid würde man kaum einen guten Masseur vermuten, vor allem auch keinen, der gleichermaßen Männer wie Frauen massiert. Doch gibt es hier in der Kasbah Sahara Services Samir, einen wirklich hervorragenden Masseur, der eine ganz persönliche Methode entwickelt hat, die er Guerisam nennt. Über eine Stunde hat er mich behandelt und es war wirklich ein Genuss. Er erkennt intuitiv die Schwachstellen und setzt da besonders an. Ich will nicht lange reden, probiert es einfach aus. Eine Stunde kostet bei ihm 400 DH, also 40 Euro. Nun wünscht man sich nur noch, dass auch die Hammam eröffnet wird.
Dar Azawad – Wohnen wie eine Königin
Kurz vor Mhamid, am Tor zur weiten Wüste, gibt es das Hotel Dar Azawad. Es wurde irgendwann nach der Jahrtausendwende erbaut, ich war zum erstenmal im Jahr 2005 dort. Es ist wunderschön. In einem großen, blühenden Garten liegen einzelne Gebäude, jeweils mit ein bis zwei Suiten, und die sind mit unglaublichem Geschmack eingerichtet. Kleine erlesene Details aus marokkanischem Kunsthandwerk runden die Inneneinrichtung ab. Und der Service unter französischer Leitung war einfach fantastisch. Es war so schön, dass im Jahr 2009 sogar Königin Sofia von Spanien auf einer Marokkoreise dort in der Suite Nr. 15 wohnte und sehr begeistert war.
Doch dann kam es zu einem Besitzerwechsel, die Franzosen gingen weg und zunächst fiel der Standard des Hauses um ein paar Stufen. Jahre vergingen. Dann wurde das Anwesen von den Besitzern des nahe gelegenen Hotels Chez Le Pacha gekauft. Ich wohnte nun zwei Tage dort, um mir ein Bild vom heutigen Zustand zu machen. Nein, in der Suite Nr. 15 habe ich nicht gewohnt, aber in der Nummer 16, und die ist auch schön und für mich eine Person mehr als ausreichend. Was mich gleich zu Beginn angenehm überrascht hat war der freundliche Service. Kein Wunder, denn fast das gesamte Team vom Beginn arbeitet noch immer in diesem Hotel. Ich wurde mit eisgekühlten Tüchern zur Erfrischung empfangen, bekam Tee und Kuchen. Das Hotel hat sehr schöne Empfangsräume, hier kann man sich richtig wohl fühlen. Aber dann ging es zu meiner Suite. Dazu muss man über lauschige Pfade wandeln, in den Bäumen zwitschern Vögel. Meine Suite bestand aus einem Wohn- und einem Schlafbereich, aber witzig war das Badezimmer, dort gab es eine kleine Insel in der Mitte mit Waschbecken und Dusche. Ich habe mir noch einige andere Zimmer angesehen, sie sind weitgehend im gleichen schönen Stil geblieben wie zur Eröffnung und die Abrundung bildet natürlicher der Spa mit Hammam. Hier ist ein Video mit einer Vorstellung des Dar Azawad.
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Die netten Endurofahrer aus Österreich
Bonjour Edith, wenn man so von der Polizeikontrolle angesprochen wird, dann gehört man doch langsam dazu, oder? Es ist einfach richtig schön hier und ich möchte am liebsten ganz hier bleiben. Vorgestern Abend war es ja eher öde, zwei Ehepaare deutscher Herkunft, aber so langweilig. Da kam einfach nichts zustande und ich ging früh ins Bett. Aber dann, gestern Abend! Das war bisher der Höhepunkt. Wir hatten ziemlichen Sandsturm und mittendrin fuhren fünf Enduros in den Hof, schwer beladen mit Gepäck, aber auch mit den kräftigen Fahrern. Ein Blick aufs Nummernschild zeigte, sie kommen aus Österreich. Klar dauerte es da nicht lange, bis ich bei ihnen am Tisch saß. Die Biere kamen in einer Reihe und wir unterhielten uns prächtig. Sie waren aus Merzouga gekommen und ich hielt es natürlich für selbstverständlich, dass sie über die südliche Piste gefahren sind mit den schönen Maschinen. Ich habe sie dafür bewundert, dass sie die lange Strecke in relativ kurzer Zeit geschafft hatten. Doch dann kam ihr Führer, ein Freund, der vor 20 Jahren mal in Marokko war und gerne Piste gefahren wäre. Doch gab es ein paar Angsthasen in der Gruppe und sie entschieden sich, Asphalt zu fahren. Wolfgang, der Führer, war schon ein wenig traurig und wollte daher unbedingt nach Foum Zguid über Piste.
Doch zunächst ging das Gespräch über allerlei und schließlich erzählten sie, dass sie schon in Taouz von einem Führer angesprochen worden waren. Er hatte ihnen zur Legitimation seines Könnens einen Reiseführer gezeigt, in dem er empfohlen wurde, er heißt Mohammed. Okaaay. Dann ist ja alles klar. Auch er hatte ihnen schon angeboten, einen Pickup zu besorgen und sie zu begleiten, aber der eine Angsthase traute sich nicht, doch sie tranken zumindest Tee bei Mohammed und seiner Familie. Und Mohammed Ouattou? Ja klar kenne ich ihn. Und empfehle ihn sehr in meinen Büchern. Und selbstverständlich war es mein Buch, das er ihnen gezeigt hat. Es war ganz klar, die Jungs wollten sofort von mir dieses Buch kaufen und eine Widmung darin haben. Ich komme mir selbst schon blöd vor, wenn ich dauernd auf meine Bücher hinweise, ich sehe mich schon fast als so narzisstisch wie Trump, aber es ist einfach eine Tatsache, es geht hier ziemlich viel um diese Bücher und immer bekomme ich sehr viel Lob. Auch sie werden sich in die Schlange einreihen, wenn das neue im Dezember/Januar herauskommt, denn sie wollen auf jeden Fall noch einmal nach Marokko.
Doch noch gibt es das Problem Piste nach Foum Zguid zu erörtern. Sie arbeiten strikt nach Navi-Karten, und das zeigt ihnen eine Straße von Mhamid über Tagounit und die Zaouia nach Foum Zguid. Einerseits ist dies ein ziemlicher Umweg, andererseits ist diese Piste üble Schotterpiste und schön auch nicht. Schön ist nur die Piste über Chegaga, aber auch sehr sandig. Und davor haben sie Angst. Ich finde schließlich die Lösung für das Problem. Ein Pickup wird am Morgen hier sein und sie begleiten. Zum einen kommt das gesamte Gepäck da rein, vor allem aber dient das vorausfahrende Auto aber auch als Pistenführer und Omar wird ganz klar die Piste suchen, die am wenigsten Sand hat. Und wenn wirklich ein oder zwei unterwegs aufgeben kommen die Bikes hinten auf die Ladefläche.
Nach einem sehr lustigen Abend gehen alle früh ins Bett, um ausgeruht zu sein und schon früh am Morgen treffen wir uns zum Frühstück. Auch Omar ist lange vor der Zeit da. Das Gepäck wird aufgeladen und dann geht es zur Tankstelle. Eine solche gibt es zwar nicht in Mhamid, aber Treibstoff aus Fässern ist da. Alle tanken voll und ich begleite die Gruppe bis zum ersten Sand. Unterwegs verliert einer schon seine Wasserflaschen. Na, das fängt ja gut an. Aber ich bin so froh, dass sie sich entschlossen haben, einen Führer mitzunehmen. Das wird klar gehen, aber ich hätte so meine Zweifel, wenn sie alleine gefahren wären. Mittags um eins bekomme ich Bescheid, sie sind gerade auf dem Lac Iriki. Und haben damit den Sand hinter sich gelassen. Und wohl auch alle sitzen noch auf den Bikes.
Ach, was war das für eine nette Truppe.
Und hier ein Link zum Video über den Start:
Leben im Hotel
Ich weiß, viele haben sich gefragt, was ist denn mit der Edith los, sie schreibt ja überhaupt nichts mehr. Aber ich musste eine Auszeit nehmen, um mein Buch fertig zu schreiben und an die Druckerei zu senden. In der kurzen Zeit, die ich in Deutschland sein werde, muss es geliefert werden, damit ihr im Dezember/Januar die neue Ausgabe in der Hand halten werdet. Und dazu bin ich in die Kasbah Sahara Services gefahren und lebe nun mein Leben in einem Hotel, wie so manche Prominente das auch schon getan haben.
Und ganz ehrlich, es hat viele Vorteile. Nicht nur brauche ich mich nicht um Kochen oder sauber machen zu kümmern, vor allem habe ich immer tolle Gesellschaft. Jeder Tag ist spannend, wer kommt denn heute? Und ich habe schon so viele interessante Menschen kennengelernt. Wenn man den ganzen Tag arbeitet gibt es nichts Schöneres, als am Abend mit netten Leuten zusammenzusitzen. In meine Wohnung in Taunusstein kommt niemand, aber hier ist immer jemand.
Mal überlegen. Zuerst kam ein Geländewagen mit Dachzelt aus der Schweiz. Eine Familie mit zwei Kindern und zwei großen Hunden und alles passte irgendwie in den Wagen. Sehr nette Leute, Pistenfahrer, die schon oft in Marokko waren. Auch Reiseführer dabei hatten, aber mein Bücher noch nicht kannten. Nun kennen und kaufen sie sie.
Dann waren da die zwei jungen Mädchen aus Österreich. Eigentlich sahen sie aus, als hätten sie gerade die Schule fertig gemacht, aber in Wahrheit hatten sie bereits das Medizinstudium abgeschlossen, ein neunmonatige Assistenzzeit im Krankenhaus hinter sich und wollten nun erst einmal die Welt sehen, bevor sie sich auf eine Fachrichtung festlegen. Sie hatten am Tag zuvor die Kasbah in Agdz besichtigt, aber wenig über die Geschichte erfahren, denn in anderen Reiseführern steht nichts darüber und die Führung war in Französisch. Als sie meinen dicken Reiseführer sahen, wollten sie ihn sofort haben. Und als ich meinen Freund Anouar anrief stellte sich heraus, ja, die Führung war von seinem Vater gemacht.
Dann kamen meine zwei Kundinnen, die eine Rundreise ab Marrakech bei mir gebucht hatten
Sie hatten den Abend zuvor in dem eleganten Riad Dar Sofian in Zagora verbracht, aber auch in der Kasbah Sahara Services gefiel es ihnen sehr gut, wenn wir auch nur das Mittagessen zusammen einnahmen. Sie haben bei mir die Filmtour gebucht, wo man einige Stätten besichtigt, an denen berühmte Filme gedreht wurden. Daher hatten sie auch in der Casbah-des-Arts genächtigt, die von dem Filmproduzent Kamal el Kacimi restauriert wurde. Den hätten sie natürlich gerne einmal persönlich getroffen. Aber wozu gibt es facebook? Im Nu hatten wir den Kontakt hergestellt und die Beiden sind nun mit Kamel für Sonntag verabredet.
Danach habe ich ihnen noch ein wenig die Umgebung gezeigt, bevor sie dann auch zu einer Wüstentour aufbrachen. Ich habe hier ja meine geheimen Orte. Okay, nein, sie stehen natürlich auch in meinem Buch, aber wenn ich die Leute persönlich führe ist es doch etwas ganz anderes. Und das mache ich sehr gerne. Also kommt alle her.
Am nächsten Tag lagen zwei Männer am Pool, gerade angekommen, aus Hamburg. Auch mit ihnen kam ich ziemlich schnell auf Reiseführer zu sprechen. Sie hatten zwei, einer schön detailliert, der andere nicht so. Von wem ist der bessere? Wussten sie nicht, rannten aufs Zimmer, und, ja klar, es war natürlich mein Südmarokkoführer. Sie waren sprachlos, dass die Autorin nun ihnen gegenüber saß. Okay, nicht ganz so sprachlos, denn auch mit ihnen habe ich einen wunderbaren kommunikativen Abend verbracht. Und dafür, dass sie meinen Reiseführer „nur“ aus der Bibliothek ausgeliehen hatten, entschädigten sie mich mit einer Einladung zu einem Glas Wein. Am nächsten Tag wollten sie zu einer zweitägigen Wüstentour aufbrechen.
Doch zuvor saß noch ein Mann mit Wuschelkopf am Pool. Er telefonierte in Spanisch, verstehe ich nicht, aber ein Wort fiel, das ich als Mauretanien deutete. Nach dem Gespräch bin ich also sofort hin, fragte ob er auch Englisch spricht. Er antwortete, ja, aber ich spreche auch Deutsch. Er ist Argentinier, lebt aber sein einiger Zeit in Leipzig und ist mit einer Deutschen verheiratet. Hat drei Töchter, eine vierte ist auf dem Weg und von seiner Frau bekam er eine kurze Auszeit geschenkt, eine Woche Marokko. Die wollte er allein mit seinem Zelt in der Wüste bei Mhamid verbringen, hielt es aber nur zwei Tage aus in der Hitze, dann stolperte er zurück und wurde von Redouane halb verhungert aufgelesen, dem Manager der Kasbah. Er gab ihm einen super Preis und er bleibt nun zwei Tage. Wir setzten uns mit den zwei Männern aus Hamburg zum Abendessen zusammen und es war wieder ein einmalig schöner Abend, von dem man hier fast jeden Tag einen hat.
Am nächsten Tag fuhr ich dann mit einem Fahrer zum Erg Chegaga, um alle Biwaks zu sehen. Die kenne ich zwar schon zur Genüge, aber es hat sich viel verändert. Darüber werde ich in einem nächsten Blog berichten. Zunächst haben wir die drei Biwaks besichtigt, dann fuhren wir ins nahe gelegene Oued. Das ist ein sehr schöner Platz mit kleinen Sanddünen und schattigen Bäumen. Wenn man zwei Nächte in Chegaga bleibt kann man mit dem Kamel her reiten und hier ein Picknick machen, und hier fand ich auch meine zwei Freunde aus Hamburg. Zwar waren sie überrascht, mich plötzlich zu sehen, aber auch nicht zu viel, denn das „Telefon Arabe“, das schon vor der Telefonie hervorragend funktionierte, hatte längst die Nachricht übermittelt, dass eine Frau zu ihnen auf dem Weg sei. Und dann haben wir drei ein herrliches Picknick unter einer weitausladenden Tamariske gehalten.



















