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Reisebericht

Wolfgang

Die Zeit der zufälligen Begegnungen reißt nicht ab. Gestern waren wieder einige Besucher in der Kasbah, das netteste Erlebnis war ein deutsches Paar, das nur zum Abendessen kommen wollte. Wir hatten sofort eine Verbindung. Sie erzählten, dass sie im Chez le Pacha 2 Nächte gebucht hatten, über booking.com, es dort aber überhaupt nicht schön fänden. Die Atmosphäre gefiele ihnen nicht. Das ist ja wieder mein Lieblingsthema. Ich rate jedem, der durch Marokko reist, dringend ab, die Unterkünfte im voraus zu buchen. Früher hat das niemand getan, aber booking.com hat den Markt gründlich verändert. Es gibt im Land viel mehr Hotelbetten als Gäste und wenn man nicht gerade Ostern oder Weihnachten kommt gibt es genügend Unterkünfte und man sucht sich das aus, wo man sich am wohlsten fühlt. So sind wir früher immer durch Marokko gereist. In Marokko geschieht jeden Tag etwas unvorhergesehenes, und sich darauf einzulassen ist einfach schön. Wie oft wollte ich nur eine Nacht bleiben und es wurde am Ende eine Woche daraus, weil ich einfach mal wieder tolle Menschen traf. Das Umgekehrte, dass ich ankomme für 3 Tage und es mir so wenig gefällt, dass ich gleich wieder abreisen möchte, kommt sehr selten vor.

Aber zurück zu den Beiden, deren Namen ich schon wieder vergessen habe. Es war noch früh, nach dem Essen begann es gerade zu dämmern und sie fragten mich, wo man denn am besten die Sterne sehen könnte. Ja, das ist eine gute Frage, die nur eine Antwort hat: bei Jamal. Ich habe Jamal vor einigen Jahren kennen gelernt, als er gerade mit seinem einfachen Wüstencamp anfing, und half ihm mit Tipps, wie er das ganze verbessern kann. Vor allem nahm ich ihn als Geheimtipp in meinen Campingführer auf. Seine Geschichte kann man hier nachlesen.

https://marokkoblog.edith-kohlbach.de/?p=20278521

Ich hatte so das Gefühl, dass die beiden Deutschen genau dorthin passen und so war es dann auch. Ich zeigte ihnen die wichtigsten Stellen, redete kurz mit Jamal, und schon waren sie eingetaucht in die Magie des Platzes. Worüber ich aber am meisten erstaunt war, es standen drei kleinere Wohnmobile in den Dünen. Das war das erstemal dass ich tatsächlich Camper-Gäste dort sah, also musste ich sofort mit ihnen sprechen. Das erste war ein kleiner Bus aus der Schweiz und ich wollte natürlich wissen, ob sie den Platz mit Hilfe meines Buches gefunden hatten. Nein, Jamal hätte sie im Ort angesprochen. Aber – sie hätten schon sehr viel von meinem Buch gehört und würden es gerne haben. Dann ging es zum zweiten Wohnmobil. Jamal hatte gesagt, es sind Deutsche. Ich kam auf das Fahrzeug zu, inzwischen war es stockdunkel. Jamal stellte mich vor und ein Mann ohne Hose rief: Edith! Ich bin Wolfgang.

Ja, so klein ist mal wieder die Welt. Wir kennen uns schon lange, haben uns aber nie getroffen. Wolfgang veranstaltet Enduro-Reisen, auch nach Mauretanien, und da hat er mich schon oft um Rat gefragt. Wir hatten viel Kontakt, aber nie ein persönliches Treffen. Und da er nicht in Facebook ist wussten wir auch nicht, dass wir gleichzeitig so nahe sind. Man sieht also, nicht nur Facebook bringt Freunde zusammen, auch die Vorsehung oder der gute Stern. Wolfgangs Enduros wollen am nächsten Tag nach Chegaga fahren, aber am Abend wieder zurück kommen. Deshalb haben wir uns für heute Abend nochmal verabredet, ich möchte ihn gerne bei etwas hellerem Licht sehen und ein paar Fotos machen.

Zurück bei den Zelten von Jamal war einiges los. Etliche Freunde hatten sich dort versammelt, das dritte Wohnmobil, aus Italien, Frankreich, enthielt Bekannte von Jamal. Und obwohl im Moment hier kaum Ruhe und Abgeschiedenheit herrschten, lagen meine zwei Deutschen auf der Decke und fühlten sich sauwohl. Sie hatten sofort entschieden, dass sie die eine Nacht noch im Pacha schlafen wollen, die nächste aber, obwohl sie schon bezahlt ist, zu Jamal überwechseln wollen. Ja, ich wusste, die Beiden passen dorthin. Genau so mache ich es auch mit den Reiseanfragen, die ich bekomme. Ich versuche, ein Gefühl für die Leute zu bekommen und schlage ihnen dann genau das vor, was zu ihnen passt. Und Jamal war glücklich inmitten seiner Gäste. Was ich nämlich noch nicht erwähnt habe, seine rumänische Frau ist zurück in ihr Land gegangen, wollte Jamal mitnehmen, aber er könnte ohne seine Wüste nicht leben und muss sich auch um seine kranken Eltern kümmern. Das macht ihn oft sehr traurig. Ein Aspekt meiner jahrzehntelangen Reisen durch Marokko ist auch, dass ich von vielen Menschen die Familiengeschichte kenne, da miterlebe. Und oft, wenn mich die Reisenden etwas fragen, kann ich nicht mit einem kurzen Satz antworten, denn ich weiß einfach zu viele Geschichten. Genauso ist es auch in meinem Reisehandbuch. Es ist vollgestopft mit Informationen, anstatt mit viel Platz einnehmendem Layout, all die interessanten Dinge, die ich in den drei Jahrzehnten gefunden habe.

Und hier ist nun der Wolfgang

Wie klein die Welt doch ist

Heute Mittag kamen wieder etliche Gäste in die Kasbah zum Mittagessen, bevor sie auf die Weiterreise zum Erg Chegaga starten. Darunter auch wieder ein nettes Paar aus Düsseldorf. Aus Düsseldorf? Das scheint die Woche dafür zu sein, war doch auch das nette Paar, mit denen ich vor 2 Tagen zusammen saß, aus dieser Stadt. Als ich dies erwähnte sagte die Frau, das war doch nicht mein Exmann? Und schnell stellte sich heraus, ja genau, das war er. Durch die Kinder hatten sie zufällig gehört, dass für ihn auch Marokko auf dem Plan stand, waren aber ansonsten ganz unabhängig und zufällig hier. Und in einem Abstand von 2 Tagen auf der gleichen Route, mit der gleichen Agentur unterwegs. Aus den Gesichtern war ganz einfach abzulesen, dass es gut, war, dass die andere Tour nicht 2 Tage später stattfand.

Ja, die Welt ist klein.

Mhamid

Ich weiß, ich enttäusche einige von euch, die auf weitere Abenteuer warten. Aber ich gönne mir mal eine Auszeit in Mhamid. Hier ist die Basis von Abdou und seiner Agentur und sein Hotel Kasbah Sahara Services wird wirklich jedes Jahr schöner und größer. Abdou ist eine marokkanische Erfolgsgeschichte, ein positives Beispiel, das zeigt, wie weit man es bringen kann, wenn man nur Ideen hat und fleißig arbeitet. Ich traf ihn im Jahr 2000, als er gerade sein Betriebswirtschaftstudium abgebrochen hatte, weil er lieber praktisch arbeiten und vor allem etwas für seine Region tun wollte. Mhamid war damals kaum für den Tourismus entdeckt. Es gab im Ort 3 sehr einfache Hotels, Zimmer ohne fließend Wasser, und Wüstencamps kaum. Es gab ja auch kaum Touristen, da diese eher nach Merzouga fuhren. Der Erg Chegaga ist halt nicht so einfach zu erreichen wie der Erg Chebbi. Abdou bot Wüstentouren an, musste sich dazu aber Kamele und Fahrzeuge leihen. Doch schon bald gründete er seine erste Agentur, Sahara Services, mit Büro in Marrakech. Und Jahr für Jahr kommt nun etwas hinzu. Abdou hat immer neue Ideen, auf die andere erst danach kommen. Für Eilige baute er sogar ein Wüstencamp bei Marrakech, und er gehörte auch zu den ersten, die Luxuscamps in der Wüste anboten. Heute kann man die verschiedenen Geschäftszweige gar nicht mehr zählen, die zu seinem Imperium gehören und erst gestern Abend sagte er im Gespräch mit einem netten deutschen Paar etwas, das absolut wahr ist. Ich erwähnte, dass ich ihn damals nach Deutschland eingeladen hatte, dass er dort einen absoluten Kulturschock erlitten hatte und kaum wusste, wie er damit fertig werden sollte. Darauf sagte er, ja, und heute habe ich dich überholt. Ja, das ist richtig. Abdou jettet in der Welt umher, besucht Touristikmessen in Brasilien, Taiwan oder den Philippinen, sein Geschäft wirft Gewinn ab und vor allem gibt er vielen, vielen Menschen Arbeit und Brot. Und wenn wir oft auch unterschiedliche Meinungen haben, Abdou vergisst nie, dass ich ihm am Anfang auf die Beine geholfen habe, nicht mit Geld, sondern mit Beziehungen und Werbung für seine Touren. Es war eine Geburtshilfe, aber dann hat er alles alleine gemacht, wirklich großartig. Viele hier in Mhamid versuchen ihm nachzueifern und so gibt es heute zahlreiche Agenturen für Wüstentouren und auch einige schöne Hotels.

Mein Leben ist zur Zeit ziemlich faul, ich hänge meistens im Hotel rum. Die Unterhaltung wird mir hier ja sehr einfach zugetragen. Täglich kommen Deutsche vorbei, die eine Wüstentour gebucht haben und es gibt immer schöne Unterhaltungen. Ganz besonders nett war es mit dem Paar aus Düsseldorf. Ich treffe hier so interessante Menschen, wie ich sie in Taunusstein nie treffen könnte, aber das wichtigste, wir haben natürlich ein gemeinsames Gesprächsthema, nämlich Marokko. Gerne helfe ich allen mit Fragen und es ist einfach nur schade, dass es immer nur kurze Begegnungen sind. Denn die anderen sind ja auf einer Rundreise, haben alles durchgeplant.

Und auch was das Essen betrifft läuft es hier sehr gut. Zur Kasbah gehört ein sehr guter Koch, ich kann ihm immer sagen, was genau ich haben möchte. Ich vertrage nämlich nicht mehr normale Portionen, davon bekomme ich immer Bauchweh, ich kann nur noch Seniorenteller essen und erlebe nun erstmals, dass diese ihre Berechtigung haben. Neulich zum Beispiel habe ich eine leckere Vorspeise genommen, gegrillte Auberginen, und dazu nur Truthahnsteak. Das war leicht, dazu natürlich wieder einer seiner guten Nachtische. Ach ja, ich werde hier schon verwöhnt.

Ali Nassir – mein Leib- und Magen-Mechaniker

Zagora ist bekannt für seine Werkstätten. Hier kamen schon immer große Rallyes durch und es gab viel Reparaturbedarf. Natürlich wollen immer alle in meinem Buch erwähnt werden, aber wirklich empfehlen kann ich Ali Nassir. Er ist richtig gut. Selbst habe ich bisher nur kleinere Reparaturen gehabt, aber ich habe mit vielen anderen Autofahrern gesprochen, die ihn und auch andere schon eingesetzt haben, und es hat sich ganz klar herausgestellt, er ist der beste. Und so fahre ich natürlich auch bei jedem Aufenthalt in Zagora bei Ali vorbei. Meist muss er nicht mehr machen, als gefühlt ein Kilo Sand aus dem Luftfilter zu holen, einem Luftfilter, von dem Land Rover sagt, dass man ihn außer der Routine-Ersetzung nie zu reinigen braucht. Ja klar, solange man über die Prachtboulevards der Städte fährt, wofür ja zwangsweise ein Vierradantrieb notwendig ist. Diesmal bat ich ihn aber, auch mal unter das Auto zu schauen, denn ich fuhr eine sehr steinige Piste und habe öfter mal den Boden berührt. Und das hat sich echt gelohnt. Nicht nur war im Reifenprofil ein spitzer Stein, der sich bald durchgebissen hätte, vor allem in den Bremsleitungen hatten sich etliche Steine verfangen. Nicht auszudenken, was passieren könnte, wenn die die Leitungen beschädigen. Bin also wieder froh, bei Ali vorbei geschaut zu haben, in kurzer Zeit war alles erledigt und ich hatte ein gutes Gefühl. Ich kann jedem nur raten, das Fahrzeug nach einer Pistenfahrt in der Werkstatt eures Vertrauen mal nachsehen zu lassen, Vorsicht ist besser als Panne.

Von Tafraout nach Zagora

Am Morgen dann hieß es Abschied von Moha, meinem wunderbaren Fahrer, zu nehmen. Er wollte zurück nach Taouz und ich versicherte ihm, ich schaffe das. Der Plan war ja ursprünglich, die sehr einsame Piste von Tafraout nach Tagounit zu fahren. Das erste Stück kann im Sandsturm sehr unübersichtlich sein und am Ende warten zwei ziemlich schwierige Bergpässe. Vor sechs Jahren hatte ich das zuletzt gefahren, zusammen mit Moha, und wir hatten prompt einen Platten. So oft ich früher meine Reifen selbst gewechselt habe, so ungern mache ich das heutzutage, denn die Reifen werden immer größer und damit schwerer. Zwar hat auch mein Disco etliche Male schon einen zerfetzten Reifen gehabt, aber bisher sorgte mein Schutzengel dafür, dass es immer in Werkstattnähe war, so dass ich nicht selbst ran musste. Ich überlegte hin und her und entschied mich schließlich, über Tissemoumine nach Zagora zu fahren, auch Piste, aber nicht so schwierig.

Ich kam genau 3 km weit zum Lac Maider und stand mitten im Sandsturm. Man sah absolut nichts. Höchstens nach unten, aber nicht nach vorne. Der Lac Maider ist berüchtigt für seinen Sandsturm. Ich fuhr aber erstmal weiter, denn einerseits ist es eine sehr breite, völlig flache Piste, man kann kaum was falsch machen, andererseits bin ich ja bis zum Marabout erst am Abend zuvor gefahren und konnte mich quasi blind zurecht finden. Wie ein Frühnebel gab es immer wieder Sandhosen, wo man absolut nichts sah, dann wieder riss es ein wenig auf. Ich schaffte die 13 km bis zur Auberge Dinosaur. Dort waren zwei Probleme zu lösen, ich musste die richtige Abzweigung nach Tissemoumine finden und ich musste ein weites Sandfeld ohne Spuren auf gut Glück – natürlich mit GPS – in die richtige Richtung queren und die weitere Piste finden.

Vor der Auberge schon ein Auflauf. Ein VW-Bus steckte im Sand, etliche Männer versuchten, ihn zu befreien. Innen saß ein französisches Paar und wartete den Sturm ab. Ich überlegte hin und her, beriet mich mit dem Herbergsvater, der riet mir zu. Es wäre nur noch auf wenige Kilometer Sand, dann würde es besser. Ich fuhr. Genau wie ich es am Vortag bei Moha gesehen hatte fuhr ich mitten auf das Sandfeld drauf. Spuren waren schnell keine mehr zu sehen, es ging Dünen rauf, Dünen runter. Ich folgte meinem GPS, aber total querfeldein, ganz ohne Piste. Die Richtung stimmte, allerdings die Richtung nach Tagounit, die ich in meinem Buch beschrieben habe und von der ich die Koordinaten hatte. Von der Strecke nach Tissemoumine, die ja im weiteren Verlauf viel einfacher und ohne schwierige Gebirgspässe war, eben nicht. Und so war es auch kein Wunder, dass ich schließlich auf der Tagounit-Piste landete. War überrascht, wie genau meine Beschreibung war, sobald erstmal das weite Sandfeld vorüber und wieder eine Piste zu sehen war. Ich hatte in der Jahre alten Beschreibung auch einen einzelnen Baum als Waypoint aufgeführt, und siehe da, der Baum war da, genau wo er sein sollte. Selbst das versteinerte Holz lag noch genau wie beschrieben neben der Piste.

Ich gebe zu, zusammen mit Moha hatte ich ein besseres Gefühl, als hier vollkommen allein auf der Piste. Hier ist kein Baum und Strauch und erst recht kein Dorf, nur zweimal kam mir eine Schafherde entgegen, einmal wilde Esel, und selbst von den Hirten keine Spur. Es dauert ziemlich lange bis man an einen Militärposten kommt. Aber beim Versuch, mich mit dem Soldaten zu unterhalten habe ich gemerkt, dass er die Gegend noch weniger kennt als ich. Irgendwann kam ich dann zu den zwei Bergpässen, die wirklich sehr schlecht sind. Fast schon wie Treppenstufen. Und mein Disco schaffte es ohne Reifenpanne. Immer wieder hörte ich auf Geräusche, schaute auch ab und zu mal nach, aber alles in Ordnung. Dann dachte ich, ich hätte mir nun eine Mittagspause verdient, packte Stuhl und die Crepes vom Frühstück aus, aber die wurden nur vom Sand paniert, der Wind pfiff ums Auto und es war kein windgeschütztes Eckchen zu finden. Also ging es weiter, und wohin? Natürlich in mein geliebtes Riad Dar Sofian in Zagora. Auf der Piste ist recht häufig Mobilfunkempfang und so hatte ich eine SMS an den Besitzer geschickt und angefragt, ob es Platz für mich gibt. Hurra, es ist noch ein Zimmer frei. Und die Dusche dort, es war fast wie eine Hammam. Heiß und in starkem Strahl, wunderbar erfrischend.

Und nun muss ich die vielen Recherche-Ergebnisse der letzten Tage aufschreiben, das wird noch ein Weilchen dauern.

Facebook

 

Muss nur mal wieder ein kleines Loblied auf Facebook singen, was so oft beschimpft wird, aber auch viel nettes ermöglicht. Sitze heute bei einem wunderbaren Abendessen im Riad Dar Sofian, diesmal allein zwischen Franzosen, und chatte über Facebook hin und her. Also genau das was man nicht machen sollte. Roland schrieb mich an, den ich bisher nicht kannte. Es stellte sich aber heraus, dass er heute die gleiche Wüstenpiste gefahren ist und ich ihn kurz vor Zagora überholt habe. Er hat einen 4×4 mit Wohnkabine und ist so etwas langsamer. Wo bist du? Auf dem Campingplatz neben Dar Sofian. Komm doch vorbei. 5 Minuten später waren er und seine Freundin da, wieder mal ganz unverhofft ein nettes Gespräch.

Mit Mohammed auf Piste

Können täte ich es ja auch alleine, habe es in der Vergangenheit gezeigt und brauche mir nichts mehr zu beweisen. Aber einerseits wegen der Sicherheit, vor allem aber auch, weil es mit ihm die interessantesten Strecken zu entdecken gibt, habe ich mich entschieden, Mohammed Ouattou auf die Tour mitzunehmen. Er ist von Beruf Pistenführer und kennt wirklich jeden Stein abseits der Teerstraßen. Ich bin schon öfter mit ihm gefahren und habe immer Dinge entdeckt, die ich allein nicht gefunden hätte. Und so sollte es auch heute kommen.

Vom Biwak aus fuhr ich zunächst zur Tankstelle und zitterte etwas, ob ich auch meinen Diesel auffüllen kann. Denn diese einzige Tankstelle des Erg Chebbi hat vor allem am Morgen gut zu tun. Und es gelang mir tatsächlich noch vor einem Lkw dran zu kommen, der nicht nur seinen Tank, sondern etliche Kanister auffüllen wollte für die vielen Enduros, die auf seiner Ladefläche verzurrt waren. Endurofahren wird ganz groß geschrieben im Erg Chebbi oder überhaupt in Südmarokko. Wenn ich hier überall die Quads, Enduros oder auch 4×4 durch die Wüste rasen sehe wundere ich mich immer über das Auswärtige Amt, das Südmarokko doch als gar so gefährlich ansieht und möglichst niemand hinreisen lassen möchte. Hier ist so viel los, Sicherheit vor Terror ist gegeben, Sicherheit vor Beinbrüchen aber nicht, auch heute ist wieder ein waghalsiger Endurofahrer verunglückt.

Pünktlich um 10 Uhr war ich in Taouz und Mohammed wartete schon am Ortseingang auf mich. Kurz vor uns fuhren vier deutsche 4×4 auf die Piste, allerdings nicht auf unsere. Es gibt zwei und durch Mohammed weiß ich, dass unsere nicht nur ruhiger ist, während die andere viel von Minen-LKW gefahren wird und furchtbar ausgefahren ist, unsere führt auch durch schönere Landschaft und vor allem durch herrliche Dünenfelder, die die anderen ohne Führer eben nicht kennen. Unser erstes Ziel war Tazoult, dort gibt es eine Herberge wunderschön auf einem Hügel vor einem Dünenfeld gelegen. Leider war sie geschlossen, wie dann auch die meisten an der Strecke. Freitag, da versucht jeder zu einer Moschee zu kommen. Also gab Mohammed Gas und bretterte los. Einfach quer über die Dünen wie auf einer Autobahn, es geht hinauf und hinunter, zögern darf man nicht, will man nicht stecken bleiben. Da muss man schon ganz genau wissen, wohin man will und genau dafür hatte ich ihn ja auch mitgenommen. Hin und wieder waren Spuren zu sehen, aber Moha hielt sich nicht daran, suchte seinen eigenen Weg. Man kann bis fast nach Ramlia quer durch die Dünen fahren, was die meisten nicht wissen. Aber da wir in Ouzina wieder einige Herbergen besuchen wollten, fuhren wir doch hinüber zur Piste. Und dort trafen wir dann auch wieder die vier Deutschen. Statt selbst durch das Dünenfeld zu fahren ließen sie die Drohne darüber kreisen für Aufnahmen aus der Luft.

Ramlia war unser erster Stopp. Das Cafe Oasis mitten im Dorf mit seinen bunten Säulen existiert schon seit Urzeiten, hier muss man einfach was trinken. Ahmed begrüßte mich freudig, er kannte mich, obwohl er bei meinem allerersten Besuch höchstens nach Bonbons betteln konnte, denn das war vor 32 Jahren. Meine erste Pistentour im Süden mit einem Suzuki und in Begleitung einer Freundin, einfach unvergesslich. Moha verabschiedete sich für die Moschee, es war Freitag Mittag und man traf sich zum Gebet. Selbst die Frauen wanderten dorthin.

Als wir weiter fuhren fragte Moha, ob ich die Dünen von Ahanou kenne. Nein, keine Ahnung. Wir kamen an die Kreuzung vor Tafraout Sidi Ali, wo es rechts zu der Oase von Mharech geht und wo ich vor 6 Jahren mit Moha im Sand stecken blieb. Und da geht auch eine Piste links ab, eben zu den Dünen von Ahanou, während es nach Tafraout geradeaus geht. Moha meinte, da sei es unglaublich schön. Und das war es dann auch. Rotgoldene Dünen, ein weiter Hang, und man kann auch sehr gut auf dem Sand fahren. Ein weiter Blick ins Tal, einzelne kleine spitze Hügel erheben sich, ja, das hier ist unberührte Natur. Hier sollte man sein Lager aufschlagen, schöner kann man es nicht treffen. Und so schön, wie das Auge es sieht, bekomme ich es auch nicht mit meiner kleinen Kamera eingefangen. Schade, denn diesen Anblick möchte ich gerne für die Ewigkeit festhalten. So muss ich einfach ab und zu wiederkommen. Und ein ganz zarter grüner Schimmer ist zu erkennen, Gräser drücken sich durch die goldenen Sandkörner und kleine Blüten öffnen sich. Tafraoute Sidi Ali ist wirklich unglaublich schön, aber bei den meisten Besuchern auch völlig unbekannt, und selbst die 4×4-Fahrer, die die Piste von Merzouga nach Zagora fahren, sehen die Schönheit oft nicht, da sie nur durchrasen. Es lohnt sich, in Tafraout einige Tage zu bleiben und vielleicht sich auch hier auf ein Biwak einzulassen. Das ist Tourismus abseits vom Tourismus.

In Tafraout dann wollte ich in dem neuen Hotel schlafen, mit ordentlichen, klimatisierten Zimmern und einem schönen Pool. Ich habe sogar schon ein Zimmer reserviert, doch zunächst wollten wir weiter, für meine Recherche noch einige andere Herbergen abklappern, die natürlich alle viel einfacher sind. Und vor allem wollte ich zu Said in der Auberge Dar Lajdoud, wo ich mich vor 2 Jahren sehr wohl gefühlt habe. Im letzten Jahr habe ich nicht in Tafraout, sondern in der nahe gelegenen Oase Mharech gewohnt, in einer Herberge, die Saids Bruder gehört. Als wir bei Said ankamen freute er sich sehr und bot mir natürlich an, die Nacht zu bleiben. Geht ja nicht, habe ja ein komfortables Zimmer im Les Jardins. Doch dann sah ich ihm in seine freundlichen Augen und entschied mich anders. Noch so großer Luxus kann keine Herzlichkeit aufwiegen und hier fühle ich mich  einfach wohler.

Bevor wir aber wirklich unser Lager aufschlugen wollte ich noch weitere Herbergen besuchen und vor allem die berühmte Auberge Marabout. Sie steht an einem kleinen Grabhäuschen, eben das Marabout, umgeben von einem Friedhof mitten in der leeren Wüste. Und ist daher ein fester Punkt für alle Pistenfahrer. Die gleichnamige Auberge steht ebenso seit alter Zeit und bot immer ganz einfache Zimmer und Tamtam-Musik am Abend. Und genau hier an diesem öden Platz wollte doch mein Koch im Riad Azawad sein Handwerk gelernt haben.

Beim Näherkommen hielt ich das aber nicht mehr für ganz so unwahrscheinlich. Die Auberge hat sich so sehr gemausert, dass sie sich nun Kasbah Marabout nennt. Es gibt große Zimmer mit Bad, ein gemütliches Restaurant und wahnsinniges Essen. Zwar gibt es nicht mehr den besagten Portugiesen, aber der nun marokkanische Patron hat die gute Küche beibehalten, was ich allerdings nur von den Fotos her beurteilen konnte. Großartig und ich kann jedem nur empfehlen, dort abzusteigen.

Wüstenabenteuer de luxe

Heute muss ich wieder ein ganz intimes Detail preisgeben: Mein A… tut weh! Ist richtig aufgerieben. Was ich aber nur merke, wenn ich mich morgens dusche und den Körper schrubbe. Und wer ist dafür verantwortlich? So ein dummes Kamel.

Aber mal wieder von vorne. Nach der schönen Nacht im Cafe du Sud fuhr ich auf weitere Recherche und stieg endlich im Riad Azawad für die Nacht ab, da es neu eröffnet wurde und ich es kennenlernen wollte. Daher hat es auch noch nicht zu viele Gäste, außer mir gab es nur ein Paar mit undefinierter Sprache und ich musste mich mal einen Abend ohne Unterhaltung gedulden. Aber das wurde mir dann versüßt durch ein ausgezeichnetes Mahl. Diesmal nicht marokkanisch, sondern international. Der Küchenchef, hier Koch zu sagen, wäre viel zu wenig, kam persönlich an den Tisch und fragte, ob alles in Ordnung sei. Wir unterhielten uns und er sagte, er habe kochen gelernt in Tafraout in der Auberge Marabout bei einem Portugiesen. In Tafraout? In einem Kaff am Ende der Welt, das noch nicht mal in Karten verzeichnet ist? In einer Auberge, die gerade mal eben Zimmer mit WC und Dusche hat, aber noch nicht mal elektrischen Strom? Ich konnte es kaum glauben. Aber es war vorzüglich und der Nachtisch Mousse au Chocolat hat mich sowieso umgehauen, das ist selten in Marokko. Die elegante Einrichtung der Zimmer erinnerte mich stark an das Biwak und das war kein Zufall, wie ich später vom Inhaber erfuhr. Es ist der gleiche Designer.

Im Camping Haven la Chance vertrieb ich mir die Zeit, zum Mittagessen mal wieder eine hochinteressante Frau getroffen, so dass ich irgendwann dann schnell zum Cafe du Sud rasen musste, was auf der neuen Straße vor den Dünen ja kein Problem ist. Denn ich hatte ja die Zusage erhalten, dass ich mit zum Camp kommen kann. Die 4 Camper warteten schon, wir alle hatten eine kleine Tasche gepackt, und ab ging es zum Kamel-Parkplatz am Beginn der Dünenstrecke. Dort ist am Abend richtig viel los. Einige reiten in langen Reihen zu ihren Camps, andere erklimmen nur die Dünen um den Sonnenuntergang zu erleben. Unsere Karawane war nur 7 Kamele lang, geführt von Moha ging es hinauf und hinab. Aber auch Autospuren waren zahlreich zu sehen, die Camps müssen ja auch versorgt werden. Mit Lebensmittel, Wasser und auch die Wäsche wird nicht hier gewaschen. Früher schlief man in der Wüste auf Matten und deckte sich mit einer alten Decke zu, die selten gewaschen wurde. Oft brachten sich Gäste ein Betttuch mit. Heute hat man King Size Betten mit exklusiver Hotel-Bettwäsche, Laken, Bezug und unzählige Kissen. Wer kam nur mal auf die Idee, Betten so mit Kissen vollzustopfen, dass man nachts nicht weiß, wo man die unterbringen soll. Außer uns noch ein japanisches Paar. Sie sprachen gut englisch. Ich schätzte sie auf Vater und Tochter, er Mitte 40, meine Freunde sagten, nein, er ist jünger und das seine Frau. Am nächsten Morgen kam ich mit ihm ins Gespräch. Tochter war richtig, aber der Vater 52. Beneidenswert, wie jung er aussah, wie faltenfrei seine Haut war. Und die Tochter wunderhübsch.

Unser Kamelritt dauerte gut eine Stunde, ich fand meinen Sattel eigentlich ganz bequem, während die anderen nur hin und her rutschten. Aber dennoch kam dieses Ergebnis zustande, siehe oben. Einstimmig waren wir Fünf uns, dass wir weder den Sonnenuntergang, noch den Sonnenaufgang sehen wollten, das überließen wir den Japanern, denn dafür hatten wir alle es schon zu oft gesehen. Und vielleicht schöner. Die anderen sind Segler und haben so was alle Tage.

Stattdessen labten wir uns an Tee und Plätzchen und suchten uns die schönsten Zelte aus. Danach ging es zum Abenddiner, zwei Flaschen Wein hatten die Freunde auch mitgebracht, es wurde natürlich wieder ein schöner Abend. Und dann spielte die Musik. Zuerst nur unser sehr netter Kellner Hussein, und ich dachte, na, das habe ich schon besser gehört. Doch dann kam das Küchenpersonal dazu und es wurde ein richtiger Ahidous daraus. Dazu stellen sich zwei Gruppen in Reihen gegenüber, schlagen auf die Trommeln, was sie nur können, und singen ein immer gleich lautendes Lied. Über das Leben der Nomaden, die Freiheit, die Liebe. Dabei schreitet man im Gleichklang vor und zurück, rechts und links, und Thea und ich ließen uns mitreißen. Ich, die ich immer zu schüchtern war, irgendetwas mitzutanzen, habe in Florida dank Carla irgendwie diesen Knoten zerschnitten, und es war einfach schön.

Am Morgen fuhren Thea und ich dann mit dem Versorgungswagen zurück über die Wüstenautobahn, Thea weil sie körperliche Probleme hat und das Kamelreiten nicht verträgt, ich weil ich schneller sein wollte, es stand ja ein langer Tag vor mir, an dem ich schließlich auch sehen sollte, wo der Koch sein Handwerk gelernt hat.

Merzouga

Wie jedes Jahr so ist auch diesmal Merzouga wieder ein Wechselbad der Gefühle. Ich freue mich immer sehr, herzukommen und die alten Freunde wiederzutreffen, aber es gibt auch immer irgendwelche Schwierigkeiten. Ein solch alter Freund ist Ali Mouni. Ich habe schon sehr schöne Zeiten mit ihm erlebt, wir sind tolle Pisten zusammen gefahren, haben herrliche Wüstenpicknicks gemacht. Aber seit ein paar Jahren klappt es einfach nicht mehr. Zwar ruft er zwischendurch immer mal an, beschwört mich, zu kommen und länger zu bleiben, aber wenn ich dann da bin ist er komisch. Den ersten Abend haben wir lange zusammen gesessen und gegessen, aber man bekommt kaum ein Wort aus ihm heraus. Dann frage ich mich, was mache ich eigentlich hier. Ich liebe es auch sehr, in den Hotels mit den anderen Gästen zusammen zu kommen, schöne Gespräche zu führen, aber in Alis Nomad Palace klappt das meistens nicht und ich habe niemand zum Reden. Für heute hatte mir Ali versprochen, dass wir zusammen die Piste nach Ouzina und Ramlia fahren. Ich hätte mich echt gefreut, wenn ich auch schon dachte, dass daraus nichts wird. Am Morgen war von Ali keine Spur. Und sein Telefon hatte keine Verbindung. Also hinterließ ich ihm eine Nachricht und reiste ab. Allerdings wollte ich weiter in Merzouga bleiben. Wäre gerne ins Riad Madu, aber das ist ausgebucht. Außerdem musste ich mir noch ein Biwak anschauen. Ich habe im Oktober eine größere Gruppe, die eine Nacht im Luxusbiwak bleiben will. Da Abdous wunderschönes Biwak dafür zu klein ist, hat er das entsprechende Biwak von Xaluca gebucht. Und da ich dies noch nie gesehen hatte, habe ich es mir gestern angeschaut. Ich war total enttäuscht. Nein, das entspricht nicht unserem Standard, das ist nicht, was diese speziellen Gäste wollen. Ich war ziemlich am Boden, was nun. Aber Abdou findet für alles eine Lösung, er will sich drum kümmern und ich soll heute etwas hören. Nichts habe ich gehört. Weder eine Nachricht, wo ich heute schlafen soll noch Biwak, einfach nichts. Dann weiß ich irgendwie nicht, wo ich mein Ei hinlegen soll und war ziemlich schlechter Laune.

Um die Zeit zu vertreiben fuhr ich zum Campingplatz von Mohayut, der meist fest in deutscher Hand ist. So auch heute. Ich traf ein nettes Camper-Ehepaar, die nur den ziemlich dünnen Konkurrenzführer besaßen und schon viel von meinen Büchern gehört hatten. Sie waren sehr froh, dass sie diese nun gleich erwerben konnten. Aber noch froher waren sie über den weiteren Verlauf des Gespräches. Sie erwähnten, dass sie ihr erst 2 Jahre altes Navi nicht benutzen können, da das dummerweise Marokko nicht enthält. Ich hatte meinen PC dabei mit der kostenlosen Marokko-Karte und Basecamp und in wenigen Minuten war das auf ihr wunderschönes Garmingerät geladen. Die beiden waren echt froh, nun nicht mehr durch die verwirrenden Straßen einer Stadt irren zu müssen. Und ich konnte ihnen auch gleich zeigen, wo sie die richtige Einstellung für meine Koordinaten vornehmen können. Denn das ist ein Problem, das viele haben. Obwohl ich im Führer genau schreibe welches System ich verwende und dass dies eingestellt werden muss, überlesen das die meisten und schimpfen auf meine angeblich falschen Koordinaten.

Inzwischen sendete mir die Agentur dann endlich eine Kontaktnummer fürs Biwak, aber ich erreichte niemand, dafür erreichte die miese Stimmung ihren Höhepunkt. Ich beschloss, einfach aufs Gratewohl zu der Auberge zu fahren, zu der das Biwak gehört.

Und damit löste sich die schlechte Stimmung des Tages gründlich auf. Wenn jeder Nachmittag so schön wird können gerne die Morgen mies sein.

Doch von vorne. Im Hotel wusste man nach einigen Telefonaten endlich, worum es ging. Und meinte, zum Biwak müssen wir aber mit dem Quad fahren. Ich sagte, kein Problem. Dann meinte der Fahrer, ob ich selbst fahren will. Oh Gott, hab ich noch nie getan, aber ich sage nie im Leben nein. Also fuhr ich vom Hoteleingang zur Garage. Und das wars dann auch. Einstimmig beschlossen alle, inklusive mir, dass ich lieber hinten drauf sitzen solle.

Ich bin da echt nicht für gemacht. Und dann ging die wilde Fahrt auch schon los. Der Fahrer bedeutete mir, dass ich die Hände um ihn lege, nur hinten an Griff festhalten reicht nicht. Er fuhr immer auf die höchste Düne hinauf, und die fallen ja auf der anderen Seite steil ab. Und am Hang im 90 Grad Winkel schräg fahren gehörte auch zu seinen Spezialitäten. Ich musste mich ganz schön festklammern. Er hat auch keineswegs den direkten Weg genommen sondern mich quer durch den Erg Chebbi gefahren. Ich war überrascht wie schön es dort im Innern ist. Immer wieder gibt es kleine Palmengrüppchen und ab und zu richtige Wiesen. Öfter raste ein einzelner Endurofahrer die Dünen fast 180 Grad hoch, es war unglaublich. Leider ist es völlig unmöglich, diese heiße Fahrt zu filmen, da bräuchte man schon eine Helmkamera.

Und dann kamen wir zum Biwak. Die Managerin Sara hatte gesagt, es sei das schönste weit und breit, die Leute wollen niemals mehr abreisen und ich dachte im Stillen nur immer, hah, die haben das von Sahara Experience noch nicht gesehen. Und dann schaute ich in die Zelte. Es ist wirklich unglaublich, was die da mitten in der Wüste hingezaubert haben. Eine Eleganz und ein Luxus, wie man ihn in Merzouga in den Hotels nicht findet. Jedes Zelt anders und vor allem, jedes Zelt bereit für Gäste. Gemälde an den Wänden, hohe Keramikvasen zur Dekoration, was gar nicht so leicht über die hohen Dünen zu transportieren war, ohne diese zu zerbrechen. Es sieht so aus, als sei dieses Biwak immer ausgebucht. Aus der Küche kam ein kleiner Lunch für mich, die Köchin entschuldigte sich, es gäbe nicht viel, das Abendessen sei ja noch nicht fertig. Aber es war einfach köstlich. Auf der ebenso heißen Rückfahrt sahen wir dann auch die Karawane der Touristen, die auf Kamelen zu diesem schönen Biwak ritten, um eine herrliche Nacht unter den Sternen zu verleben. Ein bisschen neidisch war ich schon.

Zurück am Hotel sah ich schon von weitem, dass ein Wohnmobil auf dem Parkplatz neben meinem Wagen stand. Und an der Rezeption gab es die Nachricht, dass die Camper nach mir gefragt hätten. Und so endete der Nachmittag bei einem Gläschen Wein im Wohnmobil. Natürlich erzählte ich von meinem Biwakabenteuer und die Beiden wurden ganz kribbelig. Das wollen sie auch, diesen Wüstenluxus wollen sie erleben. Ein wenig später kam noch ein weiteres Riesengefährt, Freunde von Ihnen, und wir beendeten den Tag bei einem wirklich guten Abendessen in der Auberge du Sud. Am Nebentisch noch eine kleine deutsche Reisegruppe, eine Frau auch aus Wiesbaden und es war einfach schön, so viel zu erzählen. Und vielleicht verbringen wir demnächst alle zusammen eine Nacht in diesem schönen Wüstencamp.

Ja, so stelle ich mir die Marokkoabende vor. Und nicht mit dem schweigsamen Ali.

Von Erfoud nach Merzouga

Frage: Wie lange braucht man von Erfoud nach Merzouga (55 km)

Antwort: Mindestens einen Tag!

Ich war kaum in „meinem“ Marokko angekommen, da begannen sie auch wieder, die schönen Erlebnisse. Für mich gehört zu einer solchen Reise nicht nur die herrliche Natur und ein warmes Wetter, es gehört auch die Geselligkeit dazu, interessante Begegnungen mit netten Menschen, gute Gespräche, lustige Abende. Bei Thomas in Errachidia war es ja noch eher kühl, aber schon in der geschützten Oase von Meski war es richtig warm und ich traf etliche Camper, die noch ein paar Tage bleiben wollen, weil im Norden gerade heftiger Sturm und Regen herrscht. Die Fähren sind vorläufig eingestellt und ich sah Fotos, dass die Dächer der Zollabfertigung vollkommen zerstört sind. Am Nachmittag kam ich auf dem Campingplatz Chez Karla in Erfoud an und wurde von Ismail sehr herzlich aufgenommen. Auf dem Platz war ein schweizer Ehepaar im Wohnmobil und wir waren uns sofort sympathisch. Ein richtig lustiger Abend zusammen mit Ismail endete erst gegen Mitternacht. Das Schöne an diesem Campingplatz ist, dass auch an Menschen ohne Wohnmobil gedacht wird, es gibt sehr hübsche Zimmer mit Bad und ich wollte eigentlich gar nicht mehr weg.

Das tat ich auch zunächst nicht, der nächste Tag war mit Arbeit ausgefüllt, die Schweizer machten eine Wüstentour mit Ismail und am Abend natürlich wieder ein herrliches Diner im Restaurant vor dem brennenden Kamin.

Am Morgen geht mein erster Griff immer sofort ans Smartphone, um die neuesten Nachrichten abzurufen, und Ursula aus Taunusstein war auch schon gleich da. Aber dann las ich unter meinen Freunden in facebook, dass Kamal, der Filmproduzent, gerade in Merzouga dreht. Ich traute meinen Augen nicht, rief ihn sofort an und wir verabredeten uns zum Mittagessen im Yasmina. Eigentlich muss ich ja zu Ali Mouni in den Nomad Palace, er wartet schon so lange auf mich und schickt dauernd Nachrichten. Aber erst mal wegkommen! Das ist gar nicht so einfach. Noch ein Abschiedsfoto, ein Abschiedstee, noch ein Geschichtchen und es war schon fast 11 Uhr als es endlich losging. Zunächst sollte ich mir in Rissani noch ein neues Hotel anschauen. Es ist sehr hübsch, komfortabel und preislich gut, aber die Konkurrenz von Merzouga ist halt groß. Jeder will doch lieber direkt an den Dünen wohnen. Rechtzeitig zu Mittag kam ich dann ins Yasmina, wo die große Film Crew schon beim Essen saß, ohne Kamal. Sie wollten mich sofort einladen, aber ich wartete noch ein wenig. Es wird ein Videoclip für eine junge deutsch-marokkanische Sängerin gedreht, von der ich altes Semester natürlich noch nichts gehört hatte.

https://en.wikipedia.org/wiki/Namika

Und da kamen auch Kamal und sein Bruder Jawad zusammen mit dem Produktionsleiter und wir setzten uns mal wieder zu einem sehr interessanten Gespräch. Der Produktionsleiter ist wohl sehr bekannt in Marokko, er war auch an der Entstehung des wunderschönen Films „Himmel über der Wüste“ von Bertolucci beteiligt. Eigentlich wollte ich auch noch bei den Dreharbeiten zuschauen, aber so was dauert halt immer, der Wind nahm zu und ich fuhr weiter.

Zunächst zu Ali ins Ksar Bicha. Auch das eine wunderschöne Auberge an den Dünen. Ich wollte das hier bessere Wifi nutzen, denn in Alis Nomadenpalast ist das kaum zu bekommen. Und hier traf ich auch die Holländer wieder. Sie waren am Abend auf den Campingplatz gekommen in einem kleinen Mietwagen und hatten sich eine teure Wüstentour andrehen lassen. 220 Euro für beide mit Übernachtung im Biwak. Das habe ich ihnen sofort ausgeredet, sie haben ja schließlich ein Auto, mit dem sie Merzouga bequem erreichen können und hier haben sie eine Tour bekommen mit Kamelritt, Abendessen, Frühstück, Biwak für 80 Euro.

Und nun ist es schon fast Abend und ich bin immer noch nicht angekommen.