Taliouine – Souktana

Meine erste Reise nach Marokko war 1986 und sie war ganz schön aufregend. Geplant hatte ich, alleine hinzufliegen und dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchs Land. Es kam aber ganz anders. Kurz vor der Abreise erzählte ich einer Arbeitskollegin davon und sie fragte mich, ob sie mitkommen dürfe. Ja, okay, warum nicht. Wenn du noch einen Flug bekommst. Sie bekam allerdings nicht den gleichen, sondern war schon zwei Stunden früher in Agadir, und saß völlig verängstigt auf einer Bank im Terminal, bereits flankiert von jungen Marokkanern. Wir waren damals zwei blonde Frauen Ende 30 und bei den Jungs hoch begehrt. Sie hatte eine Riesenangst, dass ich nicht komme.

Aber ich kam und die Belagerungen durch die Männer blieben. Wir waren ja noch völlig unerfahren. Was wir alles erlebten würde ein Buch füllen. Aber wir haben es ja überlebt. Meine Freundin sagte danach: nie wieder Marokko! Ich dagegen kaufte mir einen Geländewagen und fahre seitdem immer wieder.

Warum ich das alles erzähle? Weil wir damals, als Marie es einfach nicht mehr aushielt mit den Jungs, mit einem Mietwagen so schnell wie möglich nach Agadir fahren wollten, um sie in einem Hotel abzusetzen, wo sie bis zum Rückflug in Sicherheit war. Ich dagegen hatte mich in so einen hübschen braunen Jungen verguckt, der uns begleitete. Und wie so oft auf der Tour hatte er mal wieder einen Freund auf der Strecke, den er unbedingt besuchen musste. Ahmed!

Auberge Souktana

Ahmed stammte aus Mhamid, hatte 1980 die Französin Michelle geheiratet und hatte mit ihr eine Tochter und einen Sohn. Er war mit seiner Familie nach Taliouine gegangen und hatte eine hübsche kleine Auberge erbaut. Damals war so etwas noch was Besonderes, in Taliouine oder auch im übrigen Land, gab es hauptsächlich kleine, völlig herunter gekommene Hotels, die nur Zimmer anboten mit Bett, WC und Dusche waren auf dem Flur. Aber Souktana hatte einen blühenden Garten und nette Zimmer. Es gab weder fließendes Wasser noch Strom, aber Kerzen waren ja auch viel romantischer. Ich konnte mir damals sehr gut vorstellen, auch so etwas in Marokko aufzubauen.

Zwar blieben wir damals nur zum Essen, mussten Marie ja so schnell wie möglich in Agadir abliefern, aber die Auberge Souktana habe ich nie vergessen. Es dauerte noch bis 1991 bis ich endlich einmal zum Übernachten einkehrte und auch damals gab es noch keinen Strom. Ich bezog das Zimmer ganz oben im Turm.

Heute gibt es zwar Strom und fließend Wasser, dafür aber keine Michelle mehr. Ahmed hatte eine schwere Zeit hinter sich, trank auch ein wenig zu viel und die Herberge war herunterkommen. Zuletzt war ich 2019 hier, vor Covid, und ich strich die Unterkunft aus meinem Reiseführer. Aber heute war ich freudig überrascht. Ahmed geht es gut, sieht viel besser aus und auch die Auberge hat sich verändert. Nicht der Bereich mit den nur vier Zimmern, aber er hat im Garten nun viele lauschige Ecken, die Leute kommen gerne zum Essen, es gibt neben dem Restaurant auch ein Café und ich kann es wieder empfehlen. Natürlich lässt mich Ahmed nicht fort, ich beziehe ein Zimmerchen. Nein, das im Turm tue ich mir nicht mehr an, WC und Dusche müssen schon sein.

P.S.

Nun gibt es doch noch etwas nachzutragen. Wie schon gesagt Auberge Souktana sieht jetzt wieder gut aus, auch die Zimmer sind in Ordnung, es gibt saubere Bettwäsche, Handtücher und Klopapier, sogar TV und AC. Aber es stellt sich doch heraus, dass dies hier ein Treffpunkt der Einheimischen ist. Sie sitzen abends im lauschigen Garten und unterhalten sich, zwar nicht sehr laut, im inneren Salon sitzt der Hausherr und trinkt Whiskey mit seinen Freunden, nein, ich glaube, ich kann es doch nicht wirklich für Touristen empfehlen.