Ein Blick in die Zukunft?

Eine Kaltfront ist angesagt. Mangels sonstiger Aufregungen wie Irakkriege oder Amokläufe machen die lokalen News immer eine riesige Aktion, wenn eine Kaltfront angesagt ist. Kaltfront. In Florida. Man kann also davon ausgehen, dass es lange nicht so schlimm kommt. Heute war am frühen Morgen Biken angesagt, und es sollte mittags nur bis zu 18 Grad warm werden. Also eiskalt, damit wir uns recht verstehen. Bob wollte eigentlich endlich mal mitkommen, unterließ es dann aber wegen dem kalten Wetter. Und tatsächlich waren wir nur fünf Leutchen, aber ein solch klarer, sonniger Himmel, es war einfach schön. Die Strecke durch die Deep Creek Preserve ist nicht geteert und sehr unebener Untergrund, es war also nicht ganz ohne, hat aber riesig Spaß gemacht und wir haben wieder etwas gelernt, heute vor allem über die kontrollierten Waldbrände, die man hier recht häufig macht, um das Wachstum zu regulieren.

Danach ging ich zum nahe gelegenen Lake Ashby, um nach meinen wilden Orangen zu schauen. Es war enttäuschend. Einerseits sind sie noch nicht reif im Gegensatz zu früheren Jahren, dann gibt es wenig. Habe kaum etwas aufsammeln können. Dafür war aber der Bussard da, den ich schon kenne. Diese Gegend um den See ist so wunderschön ländlich, schmale Straßen, riesige Grundstücke und ich dachte mal wieder, wie schade, dass ich hier niemand kenne.

Auf dem Heimweg kam ich an meinem Fitnessstudio vorbei und ging schnell mal rein. In der Umkleide waren zwei Frauen, und sie sprachen deutsch. Da muss ich mich natürlich gleich einklinken. Stellte sich heraus, dass es eine ganz reizende ältere Dame war, die am Lake Ashby wohnt. Wie bitte? Am Lake Ashby? Wir haben sofort Adressen ausgetauscht, sie lud mich ein, vorbei zu kommen, und das tue ich ganz bestimmt. Sie wohnt seit 34 Jahren dort und war begleitet von ihrer Tochter, die zur Zeit bei ihr wohnt. Ich freue mich schon.

Auch gestern Abend hatte ich ein ähnliches Erlebnis und dabei vielleicht einen Blick in meine Zukunft getan. Ich war einkaufen bei Safe a lot, nicht etwa bei Aldi, wo oft Deutsche sind. Und traf eine ältere Dame mit einem jüngeren Mann, sie sprachen deutsch. Ich erfuhr dass sie 84 Jahre alt ist und genau wie ich nur den Winter hier verbringt. Nun kann sie aber nicht mehr alleine fliegen und deshalb kommt nun immer der Sohn mit. Habe gleich meinem Sohn davon erzählt, damit er jetzt schon weiß, wie er nach der Rente seine Winter verbringen wird. Sie hatten 4 Gallonen frische Milch im Wagen, das sind etwa 15 Liter, ich war ganz baff, aber die Mutter meinte stolz, dass sie ihrem Sohn immer ganz viel Pudding kocht, die Beutel hat sie extra aus Deutschland mitgebracht. Und der Sohn bestätigte, ja ich bin ein richtiger Milchbubi. Und war durchaus nicht dick.

Fast wie Marokko

Heute Abend dagegen saß ich gemütlich auf dem Sofa, als facebook mich darauf hinwies, dass ich in einer Stunde eine Veranstaltung habe. Es war ein Charity-Walk, um Geld für eine gute Sache zu sammeln, aber man auch einfach so mitlaufen. Und da es in einem schönen neuen Park hier bei uns in Port Orange ist fuhr ich also gleich mal los. Ich war tatsächlich die erste Person, die sich registriert hat. Und besonders viele kamen auch nicht mehr nach. Gleich daneben in einem Pavillon war eine große Familie dabei, zu grillen. Als ich vorbei lief schnappte ich das Wort „Shukran“ auf. Da klingelte genauso etwas bei mir, wie wenn ich deutsch sprechen hörte und ich fragte sofort, woher die Leute denn kommen. Aus Ägypten! Leider nicht Marokko, aber fast genauso gut. Sie leben auch in Port Orange. Ich betete meine arabischen Worte hinunter und war damit sofort in die Familie aufgenommen. Vor allem die 16jährige Farida freundete sich sofort mit mir an und sie und alle anderen Kinder der großen Familie wollten natürlich auch den Lauf mit mir machen. Es war lustig, aber die 12 Runden beendeten wir bereits nach der Hälfte, denn das Essen war fertig. Es war so schön, wir haben uns so gut verstanden, halt genauso wie in Marokko.

Also hier ist eigentlich immer was los, vor allem, wenn ich nicht nur auf meiner Couch sitzen bleibe. Bin schon mehr als einen Monat hier, aber es immer jemand zum Reden da, es gibt Freunde, also das genaue Gegenteil von Taunusstein. Warum nur sind die Menschen dort so anders? Oft so böse zu mir? Ich war 2015 in der Gruppe der Flüchtlingshelfer, dachte, dass man dort gleichzeitig ein paar nette Leute kennenlernt, aber nichts. Es gab ganz im Gegenteil viel böses Blut und Gerede. Hier sind die Menschen netter und offener. Ich habe immer nette Freunde um mich herum, so dass ich ziemlich selten dazu komme, meinen Blog zu schreiben.