Inzwischen war es schon fast 3 Uhr am Nachmittag, ich hatte ein Zimmer im schönen Maison Berber Flilou der Schweizerin Beatrice reserviert und war nicht sicher, ob ich es noch erreiche. Ich könnte ja auch in Bou Thrarar übernachten. Aber von Beatrice wusste ich, dass sie selbst in Marrakech ist, aber ihr Mann Lahoucine nur diesen Tag noch da ist, bevor er auch nach Marrakech fährt, um eine Gruppe abzuholen. Also doch weiter. 83 km lagen vor mir, das muss ich doch locker in anderthalb Stunden schaffen. Google meinte, nein, brauche 2 Stunden und 45 Minuten. Am Ende war es etwas dazwischen und ich kam nach insgesamt 8 Stunden Autofahrt ziemlich erschöpft in der Auberge an. Arme, Rücken, alles tat weh. Denn es war ja nicht ein sachtes Dahinschweben auf Autobahn, sondern kräftiges Kurbeln und große Anstrengung auf der schwierigen Piste zuvor und den Kurven nun. Meine Fitnessuhr zeigte wegen dem heftigen Kurbeln mit den Armen dauernd Training an, konnte sich aber nicht entscheiden zwischen Mountainbiken und normalem Radfahren. Also ich plädiere doch für Mountainbiken.
Diese Strecke von Bou Thrarar über den Djebel Mgoun ist erst vor wenigen Jahren überhaupt befahrbar gemacht worden. Zunächst als ausgebaute Piste, die ich 2017 fuhr und so beschrieben hatte. Ich war gespannt, wie genau der Zustand heute ist, wusste, es gibt Teer und dachte, er ist durchgehend. Die Strecke an sich ist schon etwas Besonderes und ein Erlebnis, führt sie doch über drei Pässe, es geht immer hinauf und hinab, und der höchste ist auf 3.005 Meter.
Einen Durchschnitt von 60 kmh zu halten ist da tatsächlich nicht möglich. Ja, es gibt Teer, aber die Winter hier sind auch sehr heftig und das Teerband hat schon wieder Schäden, vor allem, wenn es an einem Ouedübergang liegt. An zwei Stellen ist überhaupt noch nicht geteert worden, aber die Piste ist breit geschoben und für PKW möglich. Richtigen Wohnmobilen würde ich die Strecke nicht raten, aber kleinere, z.B. ein VW-Bus, können das durchaus. Aber das Wetter muss natürlich stimmen. Nicht nur bei Regen sollte man die Straße vermeiden, auch Schnee ist hier durchaus üblich und auch bei meiner Tour sind einige Gipfel weiß überzogen. Bei mir regnet es nur ab und zu, aber nicht viel, ich kann ohne Probleme fahren und genieße die wunderbaren Ausblicke von Zeit zu Zeit. Wer Serpentinen liebt, ist hier genau richtig, es gibt so viele, da kommt das Dadestal nicht mit, gerade Strecken gibt es kaum. Also auf, ihr Motorräder, kommt herbei. Als Gegenverkehr hatte ich auch vier Motorräder als Gruppe und zwei Geländewagen mit Touristen.
Ait Bou Guemès
Ich erreiche Tabant als ersten Ort des Glücklichen Tales. Das Tal von Ait Bou Guemès wird aufgrund seiner blühenden Landwirtschaft das „Glückliche Tal“ genannt. Einst hatte sich hier durch einen Felsrutsch ein natürlicher Stausee gebildet, der das ganze Tal ausfüllte. Als sich das Wasser dann wieder einen Weg durch die Felsmassen gebildet hatte, waren auf dem Untergrund viele fruchtbare Ablagerungen zurückgeblieben, die dem Tal noch heute seine Fruchtbarkeit geben. Hierher kommen vor allem Trekkinggruppen. Es gibt sehr viele schöne Wandermöglichkeiten bis zur Besteigung des Djebel Mgoun. Als Unterkunft gibt es einfache Gîtes und nur wenige komfortablere Auberges. Etliche Dörfer ziehen sich durch das Tal, in Timit ist zum Beispiel das interessante Schulprojekt Ecole Vivante und in Agouti eben das Gästehaus, in dem ich heute übernachten werde.
Flilou – Maison Berbere
Im Flilou angekommen wurde ich mit einem Tee und Knabbereien empfangen, die meine Lebensgeister wieder weckten. Und als ich dann das schöne Zimmer sah, das Beatrice für mich vorbereiten ließ, war ich doch erstaunt. So schön wie die Riads in Marrakech und das Bad mit der begehbaren Dusche hinter Glas ist einfach toll. Ait Bou Guemes, das Glückliche Tal, ist ja hauptsächlich bei Wanderern bekannt und beliebt, so haben die Herbergen hier alle mit Schlafsälen und sehr einfachen Unterkünften angefangen. Beatrice auch, nur dass es bei ihr von Anfang an sehr viel liebevoller und gemütlicher war. Nun ist im Flilou nur noch ein Schlafsaal übrig geblieben und auch für den gibt es Pläne zur Umwandlung. Und das Essen ist einfach toll, ideal, wenn man es auf der schönen Terrasse mit weitem Ausblick einnehmen kann. Nur heute ist es leider kalt und regnerisch. Und wenn ihr mal dort seid, werft einen Blick in die Küche. So etwas gibt es in Marokko wohl kein zweites Mal.