Ich möchte heute nach Agouti, ins Glückliche Tal, in das schöne Gästehaus der Schweizerin Beatrice. Da gibt es von Skoura aus drei Anreisewege. Und Google Maps zeigt mir einen, den ich vor Jahren gefahren bin, der aber Piste war. Das interessiert mich am meisten, aber vorher rufe ich den Inhaber der Auberge Amoudou in Toundout an, der wissen müsste, in welchem Zustand die Piste ist. Er meinte, ist gut, mit 4×4 ohne Probleme zu schaffen und ich kündige meinen Besuch für den Morgen an, dann können wir nochmal reden. So ist es. Ich habe die Beschreibung der Piste aus dem Jahr 2017 in meinem Reisehandbuch. Aber so wie ich ihn verstehe, zweigt die Piste 25 km nach seiner Auberge ab. Deshalb fahre ich durch Aguerd durch, wo ich früher abgebogen bin. Okay, nach 25 km gibt es eine Piste, aber die ist ganz sicher lange niemand gefahren, ich traue der Sache nicht. Obwohl auch Google meint, ich solle hier abbiegen. Nachdem ich dies nicht tue, zeigt Google mir eine weitere Abzweigung 7 km weiter.
Auch der traue ich nicht. Inzwischen finde ich meine Asphaltstraße P1502 so schön, es sind so wunderbare Ausblicke, dass ich einfach weiter fahre, immer höher, auf den Djebel Mgoun zu. Mir ist aber schon klar, dass es ein Ende haben wird, die schöne Straße wird nicht über den Berg gehen und ich muss zurück. Dann komme ich an einem Dorf vorbei, spreche mit einem alten Herrn, der mir zu verstehen gibt, dass die Straße wohl noch 20 km weiter geht, aber dann endet. Sehr viel später erfahre ich von Lahoucine aus der Auberge Flilou, dass man tatsächlich auf Piste weiterkommen würde, aber das hätte ich alleine nicht gemacht, wenn ich die Strecke nicht kenne.
Ich fahre also alles wieder zurück, stoppe noch einmal bei der Auberge Amoudou und erfahre nun, dass es keine 25 km seien, sondern nur 15 bis zur Abzweigung, dass es sich also um die Abzweigung handelt, die ich in meinem Reisehandbuch G11 beschrieben habe. Zwar wollte ich nun über die längere Asphaltstraße fahren, aber man überredet mich, es doch noch einmal mit der Piste zu versuchen, sei doch so viel kürzer. Bisher habe ich schon etwa 120 km umsonst zurück gelegt, also gut, ich versuche es. Finde auch die Abzweigung, biege dann aber noch einmal falsch ab. Komme in ein Dorf, wo es nicht mehr weiter geht und spreche mit den Anwohnern. Ich muss zurück zum Oued, dann rechts. Sollen die Jungs mitkommen? Ja okay, kann ganz nett sein. Sie sind so 8 und 10. Passen zu zweit auf den Sitz, hinten ist ja alles voll. Wir kommen also zur Abzweigung, und sie müssen den Weg zurücklaufen. Das macht ihnen aber nichts aus, alle Menschen hier sind es gewohnt, viel zu Fuß zu gehen und nicht mit dem SUV zur Schule gebracht zu werden. Aber eine Belohnung haben sie verdient. Ich habe noch ein schönes Herrenhemd, das gebe ich mit für den Vater. Dann habe ich noch einen Beutel. Zuhause sammele ich immer alles Mögliche, Bonbons vom Fastnachtszug, Messegeschenke und Schnickschnack, für den ich keine Verwendung habe. Hatte schon öfter mal in die Tüte gegriffen, aber es war doch noch etliches drin. Kurzerhand drückte ich ihnen die ganze Tüte in die Hand. Und stelle mir nun vor, wie sie diese Wundertüte auspacken.
Gut, ich war nun also auf der richtigen Piste. Aber denkt nur nicht, dass Google Maps mir nur irgendwie geholfen hätte. Die waren auch für die letzte Verirrung zuständig. Mein Fazit ist, auf altbekannten Asphaltstraßen super, auf neugebauten Teerstraßen und Pisten eine Katastrophe. Hätte ich mich von Anfang an an mein eigenes Buch gehalten, hätte ich fast 150 km und viel Zeit gespart. Ich kramte deshalb auch mein altes Garmin GPS aus (also kein Auto-Navi), gab meine Punkte ein und plötzlich klappte es.
Die Navigation. Sonst aber nichts. In meinem Reisehandbuch schreibe ich 2017:
Die verbleibende Piste zunächst durch ein mit Oleander bewachsenes Trockenflussbett, später auf einer Hochebene mit tiefen Querrillen ist nur für Fahrzeuge mit großer Bodenfreiheit möglich. Sehr schöne Strecke.
Ja, das war 2017. Aber wir hatten ja heftige Regenfälle. Die tiefen Querrillen waren noch da, nur sehr, sehr viel tiefer. Es war sehr kritisch, oft musste ich vor dem Oued anhalten und schauen, wo es am besten ist. Dabei gab es durchaus Autospuren. Aber die Rillen waren sehr tief und steinig und mein Auto saß mehrmals auf, ich kam nur eben so durch. Irgendwann war es so schlimm, dass ich überlegte, ob ich zurück fahren sollte. Aber ich bin schon durch so viele heftige Oueds, soll ich das wirklich wieder zurück? Ich war am Ende meiner Nerven, wünschte mir einen Helikopter, der mich und mein Auto in die Höhe zieht. An diesem letzten Oued, wo ich wirklich zurückwollte, entschied ich mich dann doch für die Weiterfahrt und, oh Wunder, es war die letzte tiefe Querrille. 5 km weiter traf eine Piste aus einem Dorf ein und es wurde wesentlich besser, und nochmal 10 km und ein Teerband glänzte vor mir auf. Oh wie schön.
Und dem Herrn aus der Auberge Amoudou werde ich so schnell nicht mehr auf den Leim gehen. Und Google Maps auch nicht. Es lebe mein Reisehandbuch!