Das Küchen – Chaos – Projekt

Chaos Tag 1

Für einen Trailer aus den 1960ern habe ich eigentlich eine recht schöne Küche. Glatte weiße Türen ohne Schnickschnack, das ist schon mein Stil. Aber 60 Jahre hinterlassen ihre Spuren, das Pressspan löst sich auf und ich habe mich schon im letzten Jahr mit dem Gedanken getragen, eine neue Küche einbauen zu lassen. Bekam sogar eine Empfehlung, fragte nach einem Angebot, fand es aber zu teuer. Deshalb wurde das Projekt auf diesen Winter aufgeschoben.

Nun wirbelte also dieser Gedanke schon seit meiner Ankunft im Kopf herum. Gleichzeitig wünsche ich mir auch einen neuen Kühlschrank. Zwar habe ich einen mit Side-to-Side und Eiswürfel-Bereiter, aber ziemlich billige Qualität und entweder meine Eiswürfel schmelzen oder mein Gemüse friert ein. Zwar hatte ich in der Sears Outlet einen preiswerten Kühlschrank gesehen, aber beides zusammen geht nicht und so habe ich mich zunächst um die Küche gekümmert. Neues Angebot angefordert, das ich plötzlich nicht mehr so teuer fand. Ein Austausch der Möbel sollte knapp 3.000 $ kosten, aber es blieben noch einige Fragen offen. Also fuhr ich die 40 km bis nach Oak Hill, um Klarheit zu bekommen.

Und war auf dem kürzesten Wege wieder aus dem Laden.

Ich war echt baff. In der Aufstellung waren tatsächlich nur die Möbel, nicht der Aufbau. Ich war zwar davon ausgegangen, dass ich zuvor alles rausschmeißen muss und dann die neue Küche aufgebaut wird, aber nein. Sie liefern nur die Schränke und ich muss mir einen Handwerker suchen, der sich um alles andere kümmert. Soll heißen, es kommt noch einmal so viel Geld dazu. Und Bob der Baumeister ist sehr unzuverlässig und hat nie Zeit für mich.

Diese Küche war also für mich gestorben. Das gab grünes Licht für den Kühlschrank.

Die Auswahl für den Laden war ja schon getroffen, Sears Outlet hat die besten Angebote mit Kühlschränken, die ein paar Kratzer haben, aber wenn es an einer Stelle ist, wo man es nicht sieht, macht es ja nichts. Reihen über Reihen gab es dort mit Kühlschränken, wie eine kleine Stadt wirkte das auf mich. Ich ging die Straßen hinauf und hinunter. So ein Side-to-Side, also ein Kühlschrank mit zwei vertikalen Türen, von denen der mit dem Gefrierabteil den Eiswürfelbereiter enthält, kann ja gut bis zu 3.000 $ kosten. Nicht weniger als meine Küchenmöbel. Aber so ein „Scratch and dent“ Exemplar ist gehörig billiger und ich sah einen Kühlschrank für 850 $, der vorne keinerlei Kratzer hatte, auch innen war alles neu und schön. Der soll es sein. Ich fragte wegen Transport nach und es wurde mir gesagt 90 $. Ich finde Dienstleistungen in USA immer richtig teuer. Es ist doch nur ein kleines Stück. Ging also wieder heim. Aber wenn ich etwas will, dann will ich. Also Post in Facebook gesetzt: Man with pickup needed for transportation of refrigerator in Port Orange, 40 $. Innerhalb von Minuten hatte ich ein Angebot. Um fünf wäre der Gute bereit, den Transport zu erledigen. Als ich einwilligte erhöhte er den Preis aber mal schnell auf 50 $ und ich akzeptierte, wenn er auch noch den Wasserschlauch für Eis anbringt.

Also ging es wieder zurück zu Sears, um den Kühlschrank endgültig zu kaufen. Ich hatte zu Hause die Breite ausgemessen, war etwas breiter, macht aber nichts, denn in der Breite ist noch Platz. Ich kam nicht auf die Idee, die Höhe auszumessen, denn sie erschienen mir alle gleich hoch. Überhaupt ist ja in USA alles riesengroß, nicht nur die Menschen sind dick, auch die Kühlschränke, was irgendwie in Verbindung zu stehen scheint. Da kam mir der von mir ausgesuchte in dieser riesigen Kühlschrankstadt eher klein vor, oder zumindest normal.

Will, mein Helfer, besaß ja keinen Pickup, sondern einen U-Haul, also einen kleinen Umzugswagen und schien etwas davon zu verstehen, so sollte der Kühlschrank wie verlangt aufrecht transportiert werden. Ich musste ziemlich lange vor dem Geschäft warten, bis er endlich kam, und nutzte die Zeit, seine Facebook-Seite durchzuklicken. Dabei fand ich dieses Foto und dachte, whow, ein ziemlich gutgebauter Schwarzer. War total gespannt. Als er schließlich eintraf war ich daher ziemlich erstaunt, einen dünnen Weißen vor mir zu haben. Aber er war total nett und versicherte mir, es sei sein Foto, er sei halt nur sehr gebräunt gewesen. Aber egal, es ging ja um den Kühlschrank.

Was ich gesucht hatte war Ein Mann und EIN Pickup. Was ich bekam war ein Umzugswagen mit zwei Helfern. Als wir bei mir ankamen wurde mir erst richtig bewusst, wie naiv ich gewesen war. Dieses Projekt hier war Längen zu groß für einen Pickup und die geforderten 90 $ durchaus nicht zu hoch. Wobei ich nicht weiß, wie die Firma mit den nun auftretenden Problemen umgegangen wäre, es wäre sicher eine höhere Forderung gekommen.

Denn … der Kühlschrank passte nicht durch die Tür.

Erst als wir bei meinem Trailer angekommen waren ging mir so richtig auf, was für ein wuchtiges Teil ich mir da ausgesucht habe. Der ist ja riesig und für eine Million-Dollar-Villa eher passend als für meinen Trailer. Will fragte nach Werkzeug, denn darauf war er nicht gerichtet. Aber zum Glück habe ich eigentlich alles. Also versuchte er, die dicken Türen des Schrankes abzuschrauben. Das ging an einer Seite, aber nicht an der anderen, da dort durch das Scharnier der Schlauch für das Eiswasser verlief. Es folgte eine Präzisionsarbeit. Tür halb abgeschraubt, so vorsichtig obenauf gelegt, dass der Schlauch nicht abgerissen wurde und Millimeter für Millimeter durch die schmaleTür. Kaum zu glauben, dass der Kühlschrank irgendwann in der Küche war. Doch da kam ein neues Problem. Der Kühlschrank passt in der Höhe nicht unter meinen Einbauschrank. Wo vorher noch 5 cm Platz war fehlen nun 2 cm. Mhm, was tun. Zum Glück ist unten eine überstehende Leiste, die könnte man absägen. Aber inzwischen war es schon ziemlich spät am Abend und Will hatte noch einen anderen Auftrag. Schnell wollten sie zumindest den alten Kühlschrank rausstellen, aber auch hier geht nichts ohne die Türen abzuschrauben. Und das war dann Ende von Tag eins, die Männer mussten weg und versprachen, heute wiederzukommen. Nun sitze ich mit zwei massigen Kühlschränken im Chaos meines kleinen Zimmers und harre der Dinge. Aber immerhin, Eiswürfel gibt es schon mal.

Chaos Tag 2

Will hatte versprochen, um 15 Uhr zu kommen. Und pünktlich um 15 Uhr erhielt ich eine Nachricht, dass er sich verspäten wird. Naja, ich bin ja eine geduldige Frau (?), wenn ich auch Unordnung in meiner Wohnung nicht mag und mich zwischen den beiden Kühlschränken sehr unwohl fühle. Um 17 Uhr griff ich also selbst zur Säge. Ich bin jetzt nicht die Meisterin in Handwerksarbeiten und es wurde ziemlich ruppig. Bald ging auch mein Rauchmelder an, denn ganz klar hatte ich nicht das richtige Sägeblatt und es wurde ganz schön heiß, knapp davor, meine Küche in Brand zu setzen und dann doch neue Möbel zu benötigen. Aber irgendwann war die Leiste ab. Ich schob den Kühlschrank rein, es war knapp und ich musste noch einigemale nachsägen, aber immerhin ist das Teil so hoch, dass niemand die rauhe Kante sehen kann. Brauche ich noch nicht mal zu streichen. Ich sandte stolz ein Foto zu Will, der schlug die Hände über dem Kopf zusammen, aber es bewirkte trotzdem nicht, dass er bald vor der Tür stand. Ich trank ein Glas Wein auf meinen Teilsieg, natürlich mit den neu erzeugten Eiswürfeln.

Dann wurde ich durch ein langes Telefongespräch abgelenkt und es war schon fast 20 Uhr, bis ich endlich auf die Uhr sehen konnte und nach Nachrichten von Will. Nichts. Ich kontaktierte ihn und er meinte, ich hätte es doch alleine geschafft, er könne jetzt nicht mehr kommen. Also Schraubenzieher zur Hand und versuchen, die Türen des alten Kühlschranks abzuschrauben. Aber da musste ich bald aufgeben. Hier verläuft nicht nur der Wasserschlauch durch das Scharnier der einen Tür, sondern auch viele elektrische Leitungen. Das schaff ich nicht. Will hat versprochen, morgen um 11 zu kommen. In Marokko würden sie sagen: Inch-Allah.

Chaos Tag 3

Heute ist sehr schlechtes Wetter, heftiger Regen, Tornado Warnung. An einem solchen Tag rechne ich nicht mit einem Handwerkerbesuch. Aber da Geduld ja meine größte Tugend ist griff ich gleich nach dem Frühstück zum Schraubenzieher, um die Kühlschranktür erneut in Angriff zu nehmen. Und siehe da, ich wurde Herrin über die Elektronik und konnte auch diese Tür entfernen. Unten war auch hier der Wasserschlauch, aber ich hatte ja bei meinen Helfern gesehen, wie das geht. Und schon hatte ich das schwere Teil ganz allein bis in den angrenzenden Floridaroom geschafft, wo immerhin eine Stufe zu überwinden ist. Dort liegen nun die Einzelteile, aber so lange ich mein Wohnzimmer wieder schön habe kann ich damit leben. Hier seht ihr das Endergebnis, ich finde, es hat sich gelohnt. In diesem Regensturm kann ich nichts weiter tun. Der weitere Plan ist, bei gutem Wetter den Kühlschrank unter den Carport zu verfrachten und zum Kauf anzubieten.

Noch immer Chaos Tag 4

In ruhigen Bahnen läuft es bei mir noch immer nicht. Heute folgt dem Regen Sturm und so habe ich gestärkt durch das Frühstück das Projekt alter Kühlschrank raus wieder in Angriff genommen. Aber es ist schwierig. Es endete damit, dass der Kühlschrank in der Tür festsaß und erstmal nicht zu bewegen war. Ein Rundgang durch die Nachbarschaft zeigte, dass früh um 8 niemand greifbar war, allerdings haben wir hier auch keine geeigneten Leute wohnen. Schließlich rief ich den Notstand aus und meinen Handwerker Bob an. Ich dachte, er könne vielleicht auf dem Weg zur Arbeit kurz vorbei kommen. Er meinte nein, die Arbeit führe ihn heute in die andere Richtung, aber er könne am Abend kommen. Hilft mir im Augenblick nicht weiter, denn das Teil steckt in der Tür, die ich also nicht mehr schließen kann. Irgendwann schaffte ich es, den Kühlschrank hinzulegen, aufrecht geht er eh nicht raus, aber auch hier zeigt sich, dass zumindest meine Haustür ausgehängt werden müsste. Ich zog und zerrte den Schrank wieder hinein, versuchte dann die Tür auszuheben, was aber nur dazu führte, dass ein ziemlicher Knacks in meinem Rücken zu hören war. Oh je, schnell aufgehört. Das positive ist, ich kann die Tür wieder schließen, mich immer noch bewegen, unter Schmerzen, und Bob kommt heute Abend. Fuhr dann erstmal zur Gym, um meinen Rücken im heißen Jacuzzi zu entspannen.

16:30 meldete sich Will. Ob der Kühlschrank noch da ist. Er weiß jemand, der ihn haben möchte. Ich sagte, wenn du gleich kommst. Dann kann ich Bob nämlich absagen. Und nun ist er weg! Gegen eine Einladung zum italienischen Essen.