Freitag Abend, Disco-Night im Eagles! Ich komme rein, ziemlich voll. Blicke mich um, an der Bar winkt jemand heftig in meine Richtung. Ich schaue mich um, wer hinter mir läuft, denn ich kann ja nicht gemeint sein. Wer kennt, mag mich schon. Doch ja, ich bin gemeint und man hat sogar einen Stuhl für mich. Dann kommt auch noch Bob vorbei, wir plaudern alle und dann kommt Edna. Ich hatte sie schon vorher getroffen, eine sehr nette Frau und irgendetwas verbindet uns, obwohl sie gebürtig aus Brasilien ist, kulturell doch sehr anders als ich kühle Deutsche. Sie will heim, ist langweilig, meint sie. Ich kann sie überzeugen, dass wir uns doch an die Tanzfläche setzen. Und es beginnt wirklich so ein toller Abend. Wir tanzen wie verrückt, beide Ü70, aber die anderen auch. Hier interessiert es keinen wie alt man ist, wie gekleidet, ob man tanzen kann oder nicht. Selbst Stan, der nach einem Schlaganfall am Krückstock geht, tanzt. Das hier ist Leben. Und die Musik nicht wie in Deutschland für uns Alte angeboten, Volksmusik, nein, harter Rock-n-Roll.
Wer sind wir denn? Ich bin aufgewachsen zwischen Beatles und Rolling Stones, nicht mit Marianne und Michael. Habe meinen Sohn nach Brian Jones benannt, dem verstorbenen Gründungsmitglied der Rolling Stones. Später mochte ich besonders die Who, auch weil sie so toll gekleidet waren und ich viel davon nachnähte für meinen Mann und mich. Aber auch von Sonny and Cher war ich ein großer Fan, holte mir auch da Impressionen für meine Kleidung. Und dann setzt man mir in Deutschland so eine Humbatrara-Musik vor?
Thyme
Die Band heißt Thyme, ist selbst auch in Mittleren Jahren, die Sängerin in glitzernden Boots hat Sohn und Enkeltochter mitgebracht, das Mädchen fällt wirklich auf im Eagles und senkt das Durchschnittsalter drastisch. Bob kommt immer mal vorbei und erzählt mir, dass er auf Sharon scharf ist. Aber Sharon hatte mir zuvor gesagt, dass ihr Boyfriend sie für eine Jüngere „gedumpt“ hat und sie deshalb todunglücklich ist. Es klingt, als sei es gerade gestern gewesen, aber Bob sagt, es ist schon drei Jahre her. Und der Ex, David, ist da mit seiner Neuen, Pam. Genau die Pam, die mich an die Bar gewunken hatte. Es ist irgendwie so ein wenig wie auf dem Gang der Highschool, wo man sich über die Jungs und Mädchen unterhält. Irgendwie komme ich mir vor, als sei ich in meine Teenagerjahre zurück katapultiert worden. Herrlich!