Archiv für den Monat: Februar 2014

16.2. Dakhla

Der Tag begann mit einem netten Erlebnis. Ich fuhr früh von Boujdour weg, hatte noch keine Lust aufs Frühstück. Die Strecke zwischen Boujdour und Echtoucan ist die einsamste der ganzen Route, da ist einfach nichts. Und dann, nach 135 km, links ein kleines Café mit großem Parkplatz, das wird doch gleich mal als Stellplatz notiert. Und eine gute Gelegenheit zum Frühstück. Zwei nette junge Männer schmeißen den Laden, sprechen auch ein wenig Französisch. Ich drücke ihnen ein paar Kulis in die Hand und frage nach Kaffee, es gibt nur Nescafe, da bestelle ich heißes Wasser und Brot. Und hole mir meine leckere Erdbeermarmelade und ein Beutelchen Kaffee. Ich bekomme ein Glas heißes Wasser mit Zuckerwürfel, aber kein Brot. Ich frage mich, wie schwierig das sein kann, Brot aus der Küche zu holen. Der Kaffee ist fast schon alle, da kommt es. Ofenwarm. Na, das schmeckt lecker. Obwohl ich zuerst allein da war kommen dann immer mehr Männer durch die Tür, richtige wettergegerbte Sahrouis. Lastwagenfahrer. Ganz offensichtlich ist dieses kleine Café ein Geheimtipp unter Truckern, sie lassen sich eine Pfanne mit Spiegelei brutzeln, riecht schon besser als mein Marmeladenbrot. Und bestellen noch mal eine extra Ladung Öl darüber, diese mageren Burschen können das gebrauchen. Und als ich dann bezahlen will nehmen die Jungs absolut kein Geld. Ich glaube, das war nicht wegen den Kulis. Das war einfach die Gastfreundschaft der Fremden gegenüber.
Die einzigen Highlights auf der eintönigen Strecke sind die Stellplätze, die in meinem Buch sind und die ich checken will. Aouziwel und Aftisate ohne Änderung. Oued Kraa hatte ich noch nicht selbst gesehen. Wirklich schön. Das kleine Fischerdorf liegt 3 km von der N 1 und ist über eine Teerstraße zu erreichen. Und auch hier gibt es eine Wohnmobilgemeinde, aber keine Deutschen. Kostet nichts, es gibt aber auch keine Versorgung, und ein netter Mensch fährt noch mit mir die sandige Piste bis zum Fischerdorf, wo ich Fotos machen soll. Ich erwarte, dass er nach Trinkgeld fragt, aber nichts. Sehr freundlich. Der Stellplatz gefällt mir echt gut, ruhig und friedlich. Die Fischer sind spezialisiert auf Tintenfisch, aber zur Zeit gibt es ein fünfjähriges Fangverbot, deshalb ist wenig los. Und heute ist zudem starker Wind.
Dann breitet sich die weißglitzernde Lagune mit dem tiefblauen Wasser vor mir aus. Dakhla ist wirklich schön. Wenn diese Stadt nicht so endlos weit wäre, sie könnte ein Wahnsinns-Tourismus-Ziel werden. Inzwischen sind auch schon einige schöne Hotels entstanden. Ocean Vagabond ist unglaublich schick, es gehört zum gleichnamigen Riad in Essaouira. Hier schneit man nicht einfach so rein, hier bucht man eine Surfwoche vom Feinsten. So ist auch nirgendwo jemand von der Rezeption zu sehen und ich glaube, wenn ich mich ans Büffet angestellt hätte, keiner hätts gemerkt. Ich mache nur ein paar Fotos und verschwinde.
Das nächste ist Dakhla Evasion. Auch das gehobener Standard, aber hier werde ich gleich freundlich empfangen. Der Geschäftsführer ist noch ziemlich jung, aber es stellt sich heraus, dass sein Vater ein wichtiger Mann in der Stadt ist. Inhaber vom Hotel Doums, vom Camping Moussafir und in der Politik tätig. Ich schaue gleich in meinen Hotelführer, oje, ich habe das Hotel miserabel beschrieben. Aber der junge Mann ist nicht böse, sondern bestätigt, dass die Familie das Hotel erst nach meinem letzten Besuch übernommen hat und es seitdem besser geworden ist. Also handele ich einen Sonderpreis aus und werde am Abend dort wohnen.
Aber erstmal geht es zu dem berühmten KM 25, dem Wohnmobilstellplatz für die ganz Harten, die den weiten Weg nicht scheuen. Ich war nur mal im Jahr 2007 dort, aber damals war Juni und kein Wohnmobil zu sehen. Ich bin sehr gespannt, wie es nun in der Saison sein wird.
Und bin wieder mal angenehm überrascht. Dakhla freut sich ganz offenbar über Dauercamper, offizielle Schilder weisen auf die Plätze hin und es wird noch nicht mal eine Gebühr verlangt. Wasser bekommt man für wenig Geld am Wasserturm, ein Loch zur Kassettenentleerung ist vorhanden, wenn auch nicht ideal. Und sogar die Verlängerung des 3-Monats-Visums geht hier problemlos vonstatten. Drei Plätze sind ausgewiesen, aber auch dazwischen stehen Camper ohne Probleme. Man ist hier freundlich und hat ja auch genug Platz. Der KM 25 wirkt auf mich schon fast wie Imourane. Schön ausgerichtet und mit Gassen versehen stehen die Wagen, jeder mit einem umzäunten Vorplatz gegen den Wind. Und das Wetter ist heute gar nicht so schlecht, wie der Wetterbericht meinte. Wind halt, aber sonnig. Hier sind ein paar Deutsche und ich bekomme sogar einen Kaffee. Dabei erzähle ich, wo ich heute übernachten will, und sie meinen nur, in dem Nuttenhotel? Da bin ich ja mal gespannt.
Bevor es aber in die Stadt geht schaue ich mir noch die anderen beiden Stellplätze an. Deutlich weniger Wohnmobile, vermutlich, weil es auf den offenen Plateaus sehr windig ist. Und keine Deutschen. Auch nicht auf dem Camping Moussafir. Dort stehen nur Italiener und Franzosen. Dann geht’s zum Doums. Mein Zimmer soll 200 statt 371 DH kosten, ist okay. Es ist ein großes Zimmer, mit Bad, Fernseher, Klimaanlage, Sitzecke und Balkon, alles schön sauber. Frühstück inbegriffen. Die Atmosphäre ist in Ordnung, von Nutten keine Spur, es sind noch etliche ausländische Gäste im Haus. Um die Ecke ist allerdings der Eingang zur Bar, und der ist bereits amii Nachmittag von zwei Polizisten bewacht. Aber das stört den Hotelbetrieb nicht und sie schließt auch schon sehr früh. Ich höre lediglich Autos vorbei fahren, sonst keinerlei Lärm.
Nachdem die Harira gestern so gut war suche ich mir heute etwas ähnliches. Eine Frau hat einen kleinen Stand an der Straßenecke, bietet Harira und das köstliche Galette. Ich bestelle eine Schale Suppe und zwei Galette. Setze mich an den kleinen Tisch und fühle mich so richtig in Frauen-Power mit ihr verbunden. Zwischendurch gebe ich einen 20-DH-Schein in ihre fettigen Finger. Aber es kommt nichts zurück. Ich denke, sie lässt wechseln. Aber andere Leute kommen, zahlen mit Münzen, nichts. Ich frage nach, sie meint nur, jaja. Aber immer noch nichts. Zwei nette Damen setzen sich an meinen Tisch, ich bitte sie um Vermittlung. Erst dann rückt sie zögernd 8 Dirham Wechselgeld heraus. Das finde ich sehr schade, das beeinträchtigt meine gute Meinung von ihr.

15.2. Gewittrig

Am Morgen lade ich dann zum Frühstück in meinen Riesenbungalow, habe einfach mehr Platz und einen Esstisch, aber er einen Espressokocher. So ergänzt sich das wieder. Und beim Abschied muss ich natürlich versprechen, auf dem Rückweg in Spanien vorbei zu kommen. Das wird eine schöne Rückfahrt, erst zum Alt-68 er Chris, dann zum ebensolchen Manfred.

Gestern sah ich ja zum erstenmal auf dieser Reise die 30 Grad auf meinem Autothermometer. Daraufhin habe ich Sommer- und Wintersachen umgepackt. Und dann erfuhr ich, dass es heute einen heftigen Temperatursturz geben sollte. Für Laayoune sind die nächsten Tage Gewitter und nur noch 15 Grad vorausgesagt, an dem sonnigen Morgen kann ich es kaum glauben. Doch auf der Strecke zieht sich schon bald der Himmel zu. Das Oued Chbeika erlebe ich noch trocken und sonnig. Ich finde es dort wirklich sehr schön, in meinen Augen der schönste freie Platz am Atlantik, wenn ich auch gerade einen Franzosen beobachte, der seinen Müll in die Landschaft wirft. Als ich dann auf Ma Fatma zufahre kommt der Regen. Und so richtig wird er auch den ganzen Tag nicht mehr fortgehen. Ma Fatma ist auch recht nett, aber Chbeika finde ich immer noch schöner. Dann kommt noch die Khnifiss-Lagune, auch schön, ich glaube, man muss länger bleiben, um sie zu entdecken. Aber dies ist auch das äußerste, was man fahren muss, wenn man nicht bis nach Dakhla oder Mauretanien möchte. Danach kommt nur noch Einöde, die den langen Anfahrtsweg nicht lohnt.

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Und dann habe ich kurz vor Tarfaya einen neuen Campingplatz entdeckt. Erst einen Monat ist er auf. So etwas freut mich immer besonders. Und ich glaube, der entwickelt sich zu einem Muss-Stopp an der Route nach Mauretanien. Denn er ist hübsch, sauber und das junge Paar ist sehr nett. Ich könnte mir vorstellen, dass er dem Camp Bedouin seinen Rang abläuft. Freunde waren dort und die haben sich nur geärgert. Man verlangt wirklich für alles Geld, sogar für die ausgelesenen Bücher der Urlauber, die anderswo nur getauscht werden.

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Hinter Laayoune besuche ich dann noch Foum el Oued, den Strand von Laayoune. Im Winter eher trostlos, da war El Ouatia sehr viel hübscher und lebhafter, auch die Einkaufsmöglichkeiten sind dort besser. Der Standplatz am Gouverneurspalast ist ordentlich mit direktem Blick zum Meer, aber wie schon gesagt, deshalb muss man nicht die weite Strecke fahren. Khnifiss ist der Endpunkt.

In Foum El Oued gibt es keine Hotels, die im Winter geöffnet haben, ich wollte in La Marsa übernachten. Aber 300 DH für ein Zimmer, das nicht besonders toll ist, nein, da fahre ich lieber noch schnell die 160 km bis nach Boujdour. Zum Glück ist es lange hell, ich komme kurz vor 19 UUhr und gerade rechtzeitig zum Sonnenuntergang an. Habe nun ein Zimmer mit Bad und Wi-Fi für 150 Dh. Reicht doch! Und in der Nacht heult dann der Sturm ums Haus.

14.2. Sidi Ifni und El Ouatia

Ich wollte mir zum Frühstück nur kurz einen Kaffee machen, aber der Patron empfing mich nach meinem Jogginglauf mit einem ganz unerwarteten Frühstück. Mal wieder viel zu viel, aber da die leckeren Crepes nicht dabei waren konnte ich besser widerstehen, aß nur wenig und nahm mir die dicke Apfelsine fürs Mittagessen mit. Ich wollte weiter nach Sidi Ifni, aber nicht zurück nach Tiznit und über Aglou, sondern fuhr noch ein Stück nach Süden und fand dann einen Weg quer über die Berge. In Sidi Ifni sollte ja ein neuer Platz aufgemacht haben, Cran Canaria. Er ist zwischen Solymar und Sidi Ifni, aber genau nach dem gleichen Schema. Also ummauerter Schotterplatz, kein Blick zum Meer, stehen dicht an dicht. Da die Sanitäranlagen neu sind, sind sie einigermaßen hübsch und sauber, aber die Qualität kommt nicht einem Takat gleich und ich bin sicher, dass schon in der nächsten Saison alles genauso kaputt ist wie auf den übrigen Plätzen. Jetzt noch am Morgen kamen einige Wagen gefahren, die einen Platz suchten und ihn auch fanden, aber alle waren doch so gut gefüllt, dass es am Nachmittag sicher nichts mehr gibt.
Anders sieht es aus in El Ouatia. Hier gibt es weiterhin die beiden Plätze Atlantique und Sable d’Or und auf beiden ist noch genügend Platz. An der Strandpromenade ist ein Parkplatz, wo nun ein Schild das freie Stehen verbietet, aber ein wenig entfernt im Staub steht eine Gruppe Franzosen. Ich erfahre, dass man dort frei und ohne Gebühr stehen kann, aber immer wenn es zu viel wird und der Campingplatzbetreiber sich beschwert kommt die Polizei und jagt alle weg. Und natürlich lassen alle einfach ihrem Abwasser freien Lauf.
Die beiden Plätze unterscheiden sich kaum, der eine liebt den mehr, der andere den, ich finde sie ziemlich gleichwertig. Sable d’Or hat weiterhin keine Mauer zum Meer, was eine freie Sicht gibt, und ein gutes Restaurant. Atlantique hat einen sehr engagierten Chef, der aber nur spanisch spricht. An der Mauer zum Meer ist ein neuer Sanitärblock, alles schön gefliest und sauber, aber die Klodeckel sind schon wieder kaputt. Er schiebt es auf die Camper, ich auf die mangelnde Qualität. Er hat auch ein neues Wasserreservoir gebaut, aber dennoch gibt es nur am Morgen und am Abend warme Duschen. An der Mauer und damit mit Blick zum Meer ist auch ein neues Restaurant im Bau, sollte schon im Sommer fertig sein. Auf dem Atlantique sind aber die Bungalows sehr schön und geräumig, in einem davon wohne ich nun, es kostet nur 200 DH und hat Schlafzimmer, Küche, Wohnzimmer, Bad. Und den ganzen Tag warme Dusche. Auch hier nur eine Handvoll Deutsche, aber nicht die dicken weißen, die nur warm überwintern wollen, sondern sehr interessante Menschen. Also gibt es wieder nette Gespräche und zu wenig Zeit für meine Arbeit. Und ein Abendessen mit Brot und Käse und einem Glas Wein, denn mein kleiner Vorrat soll bis Mauretanien ausgetrunken werden.

Nach dem Essen mache ich noch einen kleinen Rundgang auf dem Platz und treffe dabei auf ein kleines Kölner Wohnmobil. Der Fahrer ist so richtig nach meinem Geschmack. Gleicher Jahrgang, alternativ, wohnt in Spanien. Es dauert nicht lange und wir sitzen in seinem winzigen Gefährt bei einem Kräutertee zusammen. Auch wenn ich nun die gesamte Gemeinde verärgere, dieser Althippie ist doch eher mein Fall, hier finden sich bedeutend mehr Gemeinsamkeiten.

13.2. Tiznit

Nur ein paar Kilometer weg von Agadir und eine ganz andere Atmosphäre. Laute nette Leute, lauter nette Gespräche.
Aber der Reihe nach. Am Morgen fuhr ich zunächst von Agadir nach Sidi Bibi. Dort geht es rechts zum neuen Camping Takkat. Ich stand mit den Leuten während der Bauarbeiten in Kontakt, kenne die Internetseite, aber habe ihn heute zum ersten Mal selbst gesehen. Ein sehr schöner Platz, sicher der schickste in der ganzen Region. Nicht nur, dass die Sanitäranlagen erste Sahne sind, die Besitzerin ist sehr sympathisch und es werden verschiedene Aktivitäten veranstaltet, um die Menschen zusammenzubringen. So der Aperitif-Nachmittag am Sonntag mit gegrillten Sardinen, ein gemeinsamer Ausflug zu einer Fischerhöhle am Strand mit Essen dort. Der Platz liegt einsam, weder Meer noch Einkaufsmöglichkeiten, aber gepflegte Atmosphäre, Ruhe und Entspannung. Auf dem Platz gibt es Brot, einen Gemüseladen und einen Schneider, der auch Zeltplanen näht. Das Restaurant war noch nicht eröffnet, aber Wi-Fi gibt es bereits.
Dann ging es weiter zum Bakanou. Auch dieser Platz ist in französischer Hand, aber der Besitzer war nicht da. Das ist nie das gleiche, wenn der Rezeptionist sich auch noch so bemüht. Der Platz ist von Maschendrahtzaum umgeben, das gefiel mir nicht, denn jeder kann rein schauen. Auch ist er noch ziemlich weit entfernt davon, fertig zu sein. Aber die Sanitäranlagen sind es, die Dusche ist warm. Es fehlt noch ein Restaurant.
Weiter ging es dann nach Tiznit zum Riad Asslaf. Ich hatte ihn einmal im Sommer besucht, da war natürlich alles leer, jetzt bot sich da schon ein anderes Bild. Sehr viele Menschen waren dort, aber es gab doch noch Platz. Manche standen dicht, andere wiederum hatten etwas luftigere Plätze, alles in allem durchaus angenehm und einen guten Kilometer zum Zentrum.
Aber mehr interessierte mich Tazerzite, 5 km südlich von Tiznit. Auch dieser ist neu, ich kannte ihn nur aus dem Internet. Sprach kurz mit dem Mann an der Rezeption und ging dann über den Platz. Ein Wohnmobil aus Simmern, also fast Nachbarn. Nettes Gespräch. Als ich dort stand kam der Patron anspaziert. Sehr freundlich. Er zeigte mir den ganzen Platz, es gibt sehr gute und saubere Einrichtungen und schließlich zeigte er mir noch die Zimmer, die zum Vermieten sind. Wenn Wohnmobilisten zum Beispiel die Kinder zu Besuch nachkommen lassen. Alles nett und sauber. Zwar ohne eigenes Bad, aber es ist wie eine kleine Wohnung und die fünf Zimmer teilen sich ein Bad. Als er mich einlud, dort zu übernachten, nahm ich das Angebot gerne an, denn gerade, wo es ein neuer Platz ist, will ich die Atmosphäre einmal spüren. Und die ist gut.
Aber da mich hier keiner mit Essen verwöhnt musste ich zunächst zurück nach Tiznit, um etwas einzukaufen. Hier am Platz gibt es noch keinen Laden. Das war dann auch die Gelegenheit, auf den Platz Municipal zu gehen. Die Lage ist natürlich ideal, direkt an der Stadt, ein Supermarkt nur ein paar Schritte entfernt. Ich hatte schon vorher gehört, dass in Tiznit das reinste Chaos herrschen würde. Das ist aber wirklich nur hier so, die anderen Plätze haben noch reichlich Platz. Jetzt am Nachmittag ist der Parkplatz am Supermarkt voller Wohnmobile, die auf einen Platz warten, unentwegt kommen neue zum Municipal und müssen wieder fortgeschickt werden. Als ich so über den dichtgedrängten Campingplatz schlendere, denke ich mir, warum bin ich keine Französin und schreibe meine Campingführer in Französisch. Dann könnte ich mir wirklich die berühmte goldene Nase verdienen, die mir manchmal angedichtet wird. Frankreich muss doch zu dieser Zeit absolut leer sein. Aber mit der Handvoll Deutschen, die ich hier und auch anderswo treffe ist natürlich kein Reichtum drin. Wenn ich einfach mal so wild schätzen sollte, kommen pro Saison noch keine 2.000 Deutsche, aber bestimmt 50.0000 Franzosen. Kein Wunder, dass da auf dem Bouleplatz heute eine Menge los ist. Und wenn ich dann noch viele Deutsche spreche, die eine uralte Ausgabe vom Campingführer haben, dann tun sie mir sogar leid. Es hat sich in den letzten Jahren so viel getan in Marokko, sind viele neue Plätze entstanden, dass es schon wichtig ist, immer eine neue Ausgabe zu haben.
Die Deutschen, die ich hier treffe, erzählen mir vom eigentlich schönen Platz Terre d’Ocean nördlich von Agadir, dass sich dort Quadfahrer breit gemacht haben, die wirklich jeden Meter mit dem Quad fahren und einen Riesenlärm veranstalten. Zum Hunde ausführen, zur Toilette, zum Müll, für alles wird das laute Gerät angeworfen, und die Besitzer sagen kein Wort dazu. Dies wird mir später noch von anderen bestätigt. Mehrere Deutsche sind deshalb wieder weg gefahren.
Zurück auf dem Tizerzite mache ich einen Abendspaziergang auf dem Platz. Am besten gefällt mir natürlich der große LKW aus Holland, die Besatzung sitzt davor und wir kommen ins Gespräch. Sie waren tief in Schwarzafrika und hatten ganz klar für Mauretanien meinen Reiseführer dabei. Ich will gleich wissen, ob sie denn auch bei den Krokodilen waren. Ja, waren sie. Aber sie berichten, dass dort gerade eine Schulklasse zum Barbecue war, einen Riesenlärm veranstaltet hat und sogar in dem Wasserloch geschwommen ist. Da bin ich platt. Bei mir war alles ganz einsam. Und die Krokodile so dicht gedrängt in dem Loch, dass man nicht hätte schwimmen wollen. Und haben die Viecher denn keine Lust auf frisches Kinderfleisch? Offensichtlich nicht, denn sie versteckten sich. Erst als die Kinder zum Essen gerufen worden sind und es wieder still am Tümpel wurde, konnten die Holländer endlich die ersten Tiere sehen.
Ein Kölner Wohnmobil von der kleineren Sorte fuhr gerade herein und ich musste da natürlich auch mal Guten Tag sagen. Toll, die ersten Leute, die wirklich aktiv im Forum sind, Vronis Pappmobil nennen sie sich dort. Auch hier wieder ein nettes Gespräch. Und nun gibt’s Abendessen. Frisch gebackenes Brot von den Simmerern, köstlich, Käse und Marmelade. Nach der Völlerei der letzten Tage einfach herrlich.

12.2. Gleitschirmfliegen oder Sonnenbaden

Von Ouirgane aus ging es direkt zum Tizi-Test. Oben auf dem Pass ist das Café Tizi-Test. Dort wurde inzwischen eine ganz nette Auberge gebaut mit einem kleinen Stellplatz davor, alles sauber und ordentlich. Kurz danach ist das Café Belle Vue. Das ist besonders bekannt, weil dort ein Startplatz für Gleitschirmflieger ist. Ich war schon oft dort, der Inhaber ist sehr nett und es gab immer mal ein Päuschen für mich. Aber dieses Mal habe ich zum erstenmal die Gleitschirmflieger selbst sehen können. Einfach toll. Aber niemals würde ich mich trauen da einfach den steilen Berghang runter zu laufen. Wenn sich der Schirm nicht öffnet sieht es übel aus. Zum Fliegen ist übrigens keine Genehmigung notwendig. Einfach kommen, Schirm auspacken und losfliegen. Es gibt diese Basis schon mehr als 10 Jahre.
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Den Tizi-Test abwärts ist die Straße voller Schlaglöcher. Aber früher war sie noch schlimmer. Für 10 km gibt es eine Baustelle, man will die Straße ein wenig verbreitern. Sie ist ja wirklich schmal. Bei Gegenverkehr müssen beide auf den Randstreifen ausweichen, zum Glück ist wenig Verkehr. Ich bin mit meinem Disco ja wirklich schnell und wohl bedrohlich, die wenigen Male, wo ein Auto vor mir war, ist es sobald als möglich an den Rand gefahren und hat mich vorbei gelassen. Aber trotzdem schaffe auch ich kaum einen Durchschnitt von 50 km/h. Welche Erholung dann, nach Taroudant auf der vierspurigen Ausbaustrecke zu fahren.
In Agadir ging es zunächst zum städtischen Platz. Schon vor der Tür am Straßenrand stehen etliche Fahrzeuge, die auf einen freien Platz warten. Ein wenig entfernt ist ein Parkplatz, wo weitere stehen. Der Camping selbst natürlich dicht an dicht. Ich fand aber nur drei deutsche Wohnmobile, die Franzosen sind in der Übermacht. Ich empfand die Sanitäranlagen diesmal recht ordentlich. Neu gefliest, sauber. Ein deutsches Paar direkt an der Mauer zur Durchgangsstraße, so laut, dass man sich kaum unterhalten konnte. Dennoch stehen sie bereits seit Anfang Januar dort und meinten, sie hätten sich an den Krach gewöhnt. Schlimmer sei es sowieso in der Nacht, wenn vor der gegenüberliegenden Disco Geschrei ist, ab und zu auch Messerstechereien. Aber dann verbarrikadieren sie sich im Wohnmobil. Nun ja, jedem das seine.
Weiter gings zur Platte. Ich wollte doch bei Joske mein Bier abholen. Aber das habe ich mir wohl leichter vorgestellt. Vor allem habe ich unter Platte den ehemaligen Campingplatz mit den Arganbäumen verstanden, denn im letzten Jahr war nur dort das Stehen erlaubt. Diesmal war aber die ganze Küste vom Camping Imourane noch bis hinter den Argancamping mit Wohnmobilen voll gestellt. Man duldet sie wohl zwangsläufig, weil es einfach nicht für alle einen legalen Platz gibt. Und viele, viele Wohnmobile fuhren an diesem späten Nachmittag ziellos herum und suchten noch ein Plätzchen. Ich habe überall nach dem Mann mit dem Bier gefragt, aber hatte keinen Erfolg. Auf meinem Rundgang über den Camping Imourane fand ich viele Deutsche. Meine Gewohnheit ist ja, immer mal zu grüßen und ein kleines Schwätzchen zu halten. Aber hier hab ich das ziemlich schnell eingestellt. Es sind andere Menschen hier. Mir liegt Marokko am Herzen, ich liebe das Land, finde es wunderschön, halte mich gerne hier und mag den Kontakt zu den Menschen. Die Bewohner eines Platzes wie Imourane wollen einfach nur warm und preiswert überwintern. Dazu braucht man meine Bücher nicht. Da genügt die dünne Ausgabe aus dem Womo-Verlag.
Dann gings zum Paradis Nomad. Welch eine Erholung nach dem Gedränge dort unten. Auch hier stehen drei französische Wohnmobile. Aber sie haben Platz und Ruhe.

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Gegen Abend dann bekam ich einen Anruf von meinem Freund Bruno. Wir hatten in Marrakech ja drei Tage miteinander verbracht, dann sind wir am gleichen Tag abgefahren. Die beiden Männer schon früh und geradewegs in Richtung Mauretanien, ich ließ mir Zeit für meine Recherche, ich will ein paar Tage später dort hin. Meinte noch spaßhaft, vielleicht habt ihr eine Panne unterwegs und wir treffen uns noch in Nouakchott. Sie schliefen gestern abend in Tiznit, ich in Ouirgane. Heute dann fuhren sie nach TanTan Plage, um dort am Strand eine längere Pause zu machen, wo das Nachtquartier sein würde wussten sie noch nicht. Gegen 17 Uhr dann der Anruf: „Wir fahren gerade in Richtung Tiznit.“ Wie bitte, Tiznit? Da waren sie doch erst gestern. Aber der liebe Mitfahrer hatte seinen Pass im Hotel vergessen und sie mussten wieder zurück. Naja, das Hotel für die Nacht kennen sie ja nun schon.

11.2. Losgerissen

Schwer wars, sehr schwer. Aber endlich habe ich mich losgerissen vom Tichka Paradies und mich wieder in die Arbeit gestürzt. Mehr als 65 km habe ich aber nicht geschafft. Nachdem sich mein Auto 8 Tage vor dem Tichka ausgeruht hat, kontrollierte ich gestern das Öl und musste feststellen, dass der Ölwechsel überfällig war. Und ich will damit immerhin noch bis nach Mauretanien. Also wieder eine Aufgabe für meinen gelben Engel Abdou. Er holte das Auto in der Frühe ab und um 11 Uhr konnte ich dann losfahren.
In Marrakech fand ich die Abzweigung nach Asni nicht, kein Wunder, ich schaute immer links und dabei ist sie rechts. Ein Polizist hielt mich an, weil ich das GPS in der Hand hatte, dachte, es wäre ein Telefon, meinte, nur fest installierte Navis dürfe ich während der Fahrt nutzen, hatte aber dann doch ein Einsehen mit mir. Und plötzlich stand ich ohne es zu wollen, mal wieder vor dem Camping Ourika Camp. Diesmal habe ich auch Jerome kennengelernt. Vor einem halben Jahr ist ja der Vater, der das Camp aufgebaut hat, verstorben, und Jerome und seine Schwester kümmern sich nun um den Platz. Sehr, sehr nette Leute. Sie sind Franko-Kanadier, sprechen daher englisch und französisch, aber kein Deutsch. Ich hatte ja schon beim erstenmal gemerkt, dass dies nun der angenehmste Platz um Marrakech ist, und das kann ich nur erneuern. Es gibt oft deutsche Dauercamper und Jerome denkt sich immer was besonderes aus. Jeden Mittwoch gibt es Quiche und Salat (roch absolut köstlich), am Freitag Couscous, beides gegen Bezahlung, soll aber sehr gut sein, und am Sonntag schließlich gibt es immer Crepes kostenlos. Die geben sich echt Mühe. Es war auch nicht so dicht an dicht wie im Relais.
Dann gings weiter Richtung Ouirgane. Ich bin schon ein paar Jahre nicht mehr die Tizi-n-Test Straße gefahren und hatte richtig vergessen, wie schön die ist. Schöner als der Tizi-n-Tichka. Und zumindest bis Ouirgane auch in gutem Zustand. An der Straße nach Amizmiz liegt das Restaurant L’Oliveraie de Marigha. Das hatte ich vor ein paar Jahren mal entdeckt und war begeistert. Nicht nur, weil es herrlich liegt und einen großen Pool hat, sondern auch, weil es recht preiswert war. Mit nur einem Getränk konnte man den Pool nutzen. Nun, das hat sich geändert. Nun muss man für ein Menü mit Pool stolze 250 DH zahlen. Ein Franzose hat den Platz erst kürzlich übernommen, bietet auch schöne, geräumige Zimmer an und zumindest die Speisekarte liest sich sehr lecker, eher Französisch als Marokkanisch.
Kurz danach folgt La Bergerie, aufgebaut von einem französischen Ehepaar. Leider musste ich erfahren, dass der Ehemann vor einem Jahr verstorben ist. Die Ehefrau hatte während der letzten Zeit der Krankheit ihres Mannes und auch danach das Hotel vermietet, aber nun ist sie wieder zurück. In der Bergerie kann man ja ganz nett mit dem Wohnmobil stehen. Es wird keine Gebühr erhoben, man muss nur im Restaurant essen. Und es muss nicht das komplette Menü sein. Ein sehr angenehmer Platz mit Piscine, die beste Stellmöglichkeit am Tizi-Test. Wir haben übrigens heute ein wunderbar sonniges Wetter und schön warm, hier ist es ja noch nicht so hoch.
Und nun bin ich also Chez Momo, eine wunderschöne Auberge in Ouirgane. Ich lernte sie um das Jahr 2002 kennen und war begeistert. Der damals noch ziemlich junge Momo hatte da etwas sehr schönes kreiert, aber kurz danach musste sie dem neuen Stausee weichen. Doch letztendlich hat sich das zum Guten gefügt, die neue Lage am Berghang auf größerem Terrain ist wunderbar, bietet eine tolle Aussicht und Momo hat alles noch viel schöner aufgebaut.
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In Skoura gibt es die Auberge Talout. Ich habe in meinem Führer geschrieben, dass es dort das beste Brot von Marokko gibt. Ich fürchte, ich muss das revidieren oder zumindest mit Momo auf eine Stufe stellen. Das hausgebackene Galette ist ein solches Gedicht, dass ich, die ich mit Kohlehydraten eher spare, nicht widerstehen kann. Eigentlich bräuchte ich sonst nichts mehr. Die Gemüsecremesuppe ist auch gut. Aber der Renner ist das Tajine. Und zwar nicht, weil es so besonders ist. Zum Beispiel im Riad Dar Sofian habe ich ein viel schöneres bekommen. Nein, der Grund ist dieser. Als ich vor fast drei Jahrzehnten durch Marokko reiste gab es keine eleganten Auberges. Einfache Hotels, die keinerlei Mahlzeiten anboten. Aber ich war häufig in Familien eingeladen und dort haben wir alle zusammen die Sauce aus dem Tajinetopf mit dem Brot aufgetunkt und es war einfach köstlich. Heute wird das Tajine, das oft noch nicht mal tatsächlich in dem Tontopf gekocht wurde, mitten auf den Tisch gestellt und man schöpft dann auf einen kalten, weißen Teller. Der Geschmack ist einfach dahin.

Nicht jedoch im Chez Momo. Ein schöner weißer Teller, darauf ein Untersetzer aus Palmstroh, und darauf wird das Tajine gesetzt. Und dann kann man tunken, was das Herz begehrt. Der leicht eingebrannte Boden zeigt, dass das Tajine direkt in diesem Topf zubereitet wurde. Und die Sauce ist köstlich. Genauso wie das Mousse au Chocolat, das danach kommt. Wollte ich nicht eigentlich abnehmen?

9.2. Tichka marokkanisch

Auf meinem Rundgang heute stand ich ganz zufällig vor der Polyclinique du Sud, dem Krankenhaus, wo die nette deutsche Ärztin arbeitet. Die Klinik ist ganz leicht zu finden. Von der Medina kommend die Av. Mohammed V ganz durchfahren und kurz vor dem Ende rechts in die schmale Rue Yugoslavie, die mit den vielen Restaurants. Sie endet an einer großen Kreuzung, dort ist rechts die Klinik. Zum Glück bin ich nicht krank, daher hab ich sie nicht aufgesucht. Aber es wurde mir Gutes von ihr berichtet. Es gingen gerade einige Leute hinein, die offensichtlich eine Patientin brachten. Sie hatte alles dabei, vom spitzenbesetzten Kopfkissen bis zur weichen Wolldecke.
Unterwegs traf ich zwei deutsche Frauen. Ortrud, die ich schon aus dem Riad Nakhla kenne, und Christine, die ich erst kürzlich im Büro von Sahara Experience traf. Beide in Marrakech ansässig. Die deutsche Gemeinde hier ist ja sehr klein, deshalb kennen sich auch alle. Als ich ihnen von meinen gemütlichen Kaminabenden im Tichka erzählte, wollten sie sofort kommen, aber zeitlich reichte es nur für einen Kaffeeklatsch. Und wie wir da so schön sitzen kommt Beatrice hinzu. Ihr gehört die Auberge Flilou in Agouti, mit Campingplatz. Das war natürlich ein Geküsse und Gerede, die Welt ist wirklich klein.

Und dann kam das Highlight, die Ankunft meines Freundes Bruno. Wir kennen uns aus Deutschland, er ist als Neuruheständler gerade mit einem Freund auf große Afrikareise aufgebrochen. Sein alter Golf, der er viele Jahre gefahren hat, soll noch einmal eine Reise ins Abenteuer machen, bevor er dann in Schwarzafrika seinen Ruhestand erleben wird. Ganz zufällig schrieb Bruno mir vorgestern, dass er auf dem Weg ist, vermutlich in den nächsten Tagen nach Marrakech kommt und deshalb wartete ich so lange im Tichka auf ihn. Für mich als Prinzessin de la Tichka wurde daraufhin ein Tisch im marokkanischen Restaurant des Hauses reserviert, natürlich der Platz direkt am Feuer, und als zweite Dame sprang dann Anne, die nette französische Professorin, ein. Für mich war daraufhin Bruno für den Abend verloren. Er ist ja nicht nur Franzose wie sie, sondern bevor seiner 6 Tage alten Rentnerzeit war auch er Dozent an einer Universität, die beiden hatten sich gesucht und gefunden, und wir restlichen zwei mussten uns alleine vergnügen. Was auch durchaus ein Vergnügen war. Unser Direktor hatte sich zuvor entschuldigt, er hatte familiäre Verpflichtungen, aber er wusste mich ja in guten Händen.

Und sein Personal gab sich alle Mühe, uns zu verwöhnen. Der lange Korridor zum Riad, in dem das marokkanische Lokal ist, war mit Kerzen erleuchtet, unser Tisch mit Rosenblättern geschmückt. Als Vorspeise gab es eine Salatplatte mit den typischen marokkanischen Salaten. Ich habe im Tichka schon immer gut gegessen, aber das übertraf es doch noch. Der Clou war eine rote Paste in der Mitte zwischen all den verschiedenen gekochten und rohen Salaten, sie sah undefinierbar aus, sehr fest, es waren Tomaten karamellisiert mit Honig. Ein wahres Gedicht. Das Hauptgericht war zufällig mein Lieblings-Tajine, obwohl sie es nicht wissen konnten, Lamm mit Pflaumen und Sesam. Schon viel gegessen, aber hier sehr delikat gewürzt mit ganz zartem Fleisch. Der Nachtisch war zwar typisch, aber dann nicht so aufregend, Orange canelle. Ach, war auch das wieder ein schöner Abend.

5.2. La Princesse de la Tichka

Ach, was war das wieder ein netter Abend. Um 19 Uhr trifft sich im Tichka immer alles am Kamin. Nein, natürlich nicht alles, aber der Direktor und seine Freunde. Gestern Abend waren wir 7 Männer und ich. Und sie haben mich voll akzeptiert, war richtig gut. Ein Gläschen Wein getrunken, bisschen was geknabbert, Geschichten erzählt, ist immer schön hier im Tichka. Gegen 23 Uhr bin ich dann todmüde ins Bett gefallen, aber die anderen haben es noch ein Weilchen ausgehalten. Und heute ist das Wetter einfach nur schön. Es wird mir wieder ziemlich schwer fallen, hier weg zu gehen und mich an die Arbeit zu machen.

7.2.
Man kann einfach nur in höchsten Tönen von diesem Tichka und seinen Kaminabenden schwärmen. Immer wieder lerne ich neue Leute kennen, sehr interessante Menschen, aber heute war einfach der allerschönste Abend. La Princesse de la Tichka nennt man mich hier. Weil ich in der einzigen Suite wohne. Und ich werde allen vorgestellt. Heute kam mein Freund Kamal, mit ihm ein zweiter Filmemacher. Eine französische Universitätsprofessorin, ein marokkanischer Opernsänger, eine sehr attraktive schwarze Frau, die früher ein gutes Fischrestaurant in der Marina von Agadir hatte und heute ein Immobilienbüro in der boomenden Stadt Marrakech, bei einigen habe ich nicht rausbekommen, was sie machen. Heute am Freitag ist immer marokkanischer Abend im Tichka, mit Büffet und Musik. Wir sind aber den ganzen Abend am Kamin kleben geblieben, haben es nicht zum Büffet geschafft, das Büffet wurde uns gebracht und die Mädels kamen auch zum Tanzen. Nur gut, dass mich dabei keiner aufgenommen hat. Und ich habe keine Ahnung, wie ich hier wieder weg kommen soll.
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4.2. Nachtrag

Nun gibt es doch ein paar Tage nachzutragen. Ich fuhr mit Rachida von Agdz nach Tisselday, wo wir im Maison d’hôtes Irocha übernachteten. Wir haben also insgesamt für die Strecke Mhamid – Marrakech vier Tage gebraucht, Wohnmobiltempo, Flugreisende, die von Marrakech mal eben eine Wüstentour buchen wollen, glauben, das könnten sie in einem Tag zurücklegen. Dabei ist jeder Meter sehenswert. In Agdz kamen wir so schnell auch nicht wieder weg, da wir von der Casbah des Arts mal eben über die Gasse sprangen und einen Besuch in der Kasbah Palmeraie machen, dem Campingplatz. Dort schlossen wir uns einer Tour von Gaelle durch die Familienkasbah an. Ich war beeindruckt, obwohl ich sie schon mehrmals gehört hatte. Wahrscheinlich war ich mehr sensibilisiert, weil wir am Tag zuvor mehrere Kasbahs besichtigt hatten und dies bei weitem die professionellste Tour war. Hier bekamen wir wirklich etwas mit über das Leben in einer solchen Umgebung, über die Beziehungen zwischen den Stämmen, die Aufgabenverteilung innerhalb einer solchen Großfamilie. Da wurde nichts Angelerntes heruntergespult, da merkt man einfach, dass Gaelle seit 20 Jahren in einer solchen Familie lebt und vor allem sich dafür interessiert. Die 30 DH Gebühr sind hier wirklich jeden einzelnen Dirham wert und ich werde versuchen, diese Führung in Zukunft in meine Touren einzubauen.
In Irocha war es dann einfach wieder schön. Auch im kalten Winter kann man sich zumindest stundenweise auf der Terrasse in die Sonne setzen und den herrlichen Ausblick genießen. Am Abend dann wurde der Kamin eingeheizt, wir waren die einzigen Gäste und saßen direkt vor der lodernden Glut. Das Abendessen war wieder gut, dann setzen wir uns noch mit Ahmed, dem Inhaber zusammen. Aber ich musste doch irgendwann mal in mich hineinlächeln, als ich uns drei so ansah. „A l’epoche“, wie die Franzosen sagen, wären wir wohl in eine eifrige Konversation ausgebrochen. Aber heutzutage hat auch in einem Bergdorf jeder sein Handy in der Hand, schaut zwischen einzelnen Gesprächsfetzen immer mal wieder darauf, was denn die Facebookfreunde so meinen.
Am Morgen gings dann hinein in den tiefsten Winter. Der Tichka war ja drei Tage gesperrt, es hatte richtig heftig geschneit. Tags zuvor wurde dann wieder aufgemacht, aber da sehr viele Lastwagen in der Warteschlange waren hat man jeweils nur eine Seite durchgelassen. Zum Glück war an unserem Tag dann alles wieder frei und wir kamen gut durch. Der hohe Schnee war eigentlich nur direkt am Tichka, aber da waren es gut 1,5 m auf den Seiten, die Straße war komplett frei. Bei immerhin 10 Grad war ja auch manches schon weggeschmolzen.

http://youtu.be/oh8de0RTvTM
Kurz vor Marrakech bekam ich dann einen Anruf, mein Partner Abdou dirigierte uns zu einem Restaurant, wo wir uns alle zum Lunch trafen. Dabei war auch Kamal, der Filmproduzent, der die Casbah des Arts ins Leben gerufen hatte. Er arbeitet gerade zusammen mit Abdou an einem Riesenevent. Eine Gruppe saudischer Prinzen und Prinzessinnen inklusive einer Gruppe von hochrangigen Freunden ist zu Gast in Marrakech und bekommt ein drei Tage dauerndes Event serviert, alles vom höchsten und feinsten. Und wer könnte das besser dirigieren als Kamal. Und obwohl die beiden also alle Hände voll zu tun haben nehmen sie sich die Zeit für ein Essen mit uns und zeigen und dann noch den Palast Ksar Char Bagh, wo die Abschlussveranstaltung stattfinden soll.
Rachida und ich gehen dann wieder in mein geliebtes Tichka. Rachida will noch eine Nacht bleiben, dann fährt sie wieder zurück nach Rabat.