The Fraternal Order of Eagles

Tagsüber bin ich in meinem Florida Home ja gut beschäftigt. Im Garten und vor allem im Pond gibt es immer etwas zu tun, aber noch schöner ist es natürlich, die wunderbaren Bike Trails zu erkunden und meine Bücher darüber zu aktualisieren. Aber abends ist es doch ein wenig einsam und langweilig. Ich wohne recht weit von meinen Radfahrkollegen entfernt, so dass so kein geselliges Beisammensein möglich ist. Um die Ecke gibt es die Rockerkneipe The Turn, die meist richtig gute Lifemusic bietet und ich höre mir das eigentlich ganz gerne an. Aber ein Gespräch ergibt sich dort leider nicht. Man darf nicht vergessen, dass ich keine 25jährige Blondine mehr bin und vielleicht nicht so einen guten Marktwert mehr habe. Außerdem suche ich ja wirklich nur das Gespräch, und dafür ist es dort sowieso zu laut.

Gerade um die Ecke gibt es aber The Fraternal Order of Eagles. Das muss man für Deutsche erklären. Aus englischen Büchern oder Filmen kennt man ja die Clubs, wo alte Herren sich zum Scotch treffen und die Zeitung lesen. Dieses Clubleben ist abgewandelt auch in USA üblich. Ein Bekannter, Bob, hat mich manchmal dorthin mitgenommen, aber ich hatte schon lange keinen Kontakt mehr mit ihm. Zwar sind im Eagles auch fast nur uralte Menschen, aber es ist richtig schön dort, und vor allem, man spricht miteinander. Und sie haben den besten Margarita in Port Orange zu einem unschlagbaren Preis. Da es ein Club ist, dürfen sie die Getränke billiger verkaufen, aber eben nur an Clubmitglieder.

Habe die Website genau studiert und dort steht, dass man zwei Mitglieder braucht, die einen empfehlen. Habe ich nicht. Die größere Hürde ist aber, dass man US-Citizen sein muss. Deshalb habe ich mich schon im letzten Jahr nicht getraut, dort um Aufnahme zu bitten, bin immer darum herum gekreist. In diesem Jahr auch. Anfang Februar dann kam ich mit jemand ins Gespräch, der gerade rausging und ich fragte nach. Sie sagten, ich solle einfach reingehen und mir ein Aufnahmeformular holen. Okay, aber nicht sofort. Kam gerade von einer Radtour und muss mich doch etwas in Ordnung bringen zuvor.

Ace of Spades

Und so wollte es der Zufall, dass ich ausgerechnet an einem Donnerstagnachmittag dort vorsprach, ohne zu wissen, dass es so ziemlich der am besten besuchte Tag ist, gibt es dann im Ace of Spades einen großen Jackpot zu gewinnen. Natürlich nur für Mitglieder. Auch an dem Tag habe ich mich nicht getraut und drei Männer angesprochen, die gerade hinein wollten, ob sie mich mitnehmen könnten. Ich kam rein und wurde sofort von Celine empfangen, die am Spieltisch saß, aber eben auch die Präsidentin ist. Wir füllten sofort zusammen das Anmeldeformular aus, als Empfehlung gab sie sich und ihren Mann an und ich sagte erst mal nichts davon, dass ich Deutsche bin. Zwar hört das sofort jeder an meinem Akzent, aber jeder nimmt an, dass ich eben aus Deutschland eingewandert bin. Ich zahlte 70 $ und bekam einen Termin zu einem „Interview“ und dann 14 Tage später einen Termin für die „Initiation“.

Rock-n-Roll

So konnte ich dann auch gleich am Freitag mit meiner vorläufigen Karte auftauchen, dem wirklich am besten besuchten Tag. Da spielt immer eine gute Band und es wird getanzt. An diesem Tag müssen die Mitglieder ihre Karten vorzeigen, dürfen zwar Freunde mitbringen, aber die zahlen 5 $. Diesmal war es eine Elvis Show und der Saal hat gerockt. Es war ziemlich alles besetzt, kein Plätzchen an der von mir beliebten Bar, aber an einem Tisch 3 freie Stühle. Ich fragte nach, man wartete auf Freunde, aber dann nickte der Herr und sagte, ja ich solle mich setzen. Und hatte damit meinen ersten Verehrer, Stan, gewonnen. 74, schwer gehbehindert und hört so gut wie überhaupt nichts, versucht aber alles, um mich zu gewinnen, obwohl wir eigentlich überhaupt nicht kommunizieren können. Dann kamen seine zwei Freundinnen, wirklich sehr nette Damen. Die eine ist 84 und war früher eine bekannte Golfspielerin.

Ja, was ist denn so besonders im Eagles? Das ist eben die Musik. Natürlich für die Amis auch das Spielen, es gibt jeden Tag eine Art Glückspiel, aber für mich ist es die Musik und das Tanzen. Wo in Deutschland gibt es einen Platz, wo die Ü70 zum Tanzen hingehen können? Und hier tanzt jeder, egal wie sehr er behindert ist. Bei schnellen Tänzen sind fast nur Frauen auf der Tanzfläche, bei langsamen kommen die Paare. Und natürlich habe auch ich mich getraut und ganz allein getanzt. Es war toll. Übrigens schätze ich den Altersdurchschnitt hier auf gut 70.

Und so traf ich auch meinen alten Freund Bob wieder. Von der zweijährigen Verstimmung sprachen wir nicht, erzählten fröhlich, was wir in dieser Zeit so alles erlebt haben und ein paar Tage später holte er mich stolz mit seinen neuen alten Porsche zu einem Drink ab.

Interview

Dann stand das Interview an. Ich habe mir das so vorgestellt, dass es etwa 5, 6 Personen sind, die aufgenommen werden wollen und wir werden zu unseren Lebensumständen befragt. Ob wir hinein passen. Aber nein. Es waren fast 50 Personen und tatsächlich alles Frauen. Es ist eben ein Ort, zu dem ältere Damen in Sicherheit gehen können. Wir mussten ein weiteres Formular ausfüllen und wurden dort auch gefragt, ob wir US-Bürger sind und zur Verfassung (und zum Präsident) stehen. Wenn nicht, warum. Also habe ich geschrieben, dass ich Deutsche bin, aber Hausbesitzerin ganz in der Nähe und einfach etwas Gesellschaft haben möchte. Sonst wurden wir nicht befragt, stattdessen wurden die Clubregeln erläutert. Aber auch nach diesem Interview wurden wir noch keine ordentlichen Mitglieder, sondern müssen 2 Wochen später noch die Initiation durchlaufen.

Es brannte mir aber doch die Frage auf den Nägeln, werde ich als Deutsche akzeptiert. Ich wollte nicht vor allen fragen, sondern zog danach Celine zur Seite, die meinte, ja, sie hätte nichts Gegenteiliges gehört. Zwei Tage später saß ich an der Bar und sprach mit Diane, der Schatzmeisterin. Sie meinte, achja, Sie sind also die Deutsche. Und ich wäre die erste Nicht-Bürgerin, die in den Club aufgenommen wird. Die Aerie in Port Orange hat über 4000 Mitglieder.

Initiation

Am Montag stand dann also die langersehnte Initiation an. Wir hatten schon gesagt bekommen, dass wir uns etwas bedeckt anziehen sollten, also keine Shorts und nackten Arme. Das Wetter spielte uns in die Hände, es war ein kühler Regentag. Wir sollten etwas früher dort sein und warten. Als ich reinkam saßen schon viele der Frauen am großen Tisch, aber ich wurde sofort von zwei Herren an ihren Tisch gezogen. Ich bin ja nicht untätig geblieben und habe schon einige Leute kennengelernt. Meist wird das Gespräch ja eben von der Tatsache ausgelöst, dass ich Deutsche bin. Bin dort schon bekannt wie ein bunter Hund. Die beiden Herren sind die Ehemänner von der Präsidentin und ihrer Vize, also bin ich dort genau in den richtigen Händen. Der eine, Mist, ich weiß seinen Namen nicht mehr, war in den 1970ern in Wiesbaden stationiert, im Camp Pieri, und er will unbedingt mal nach Deutschland reisen, um seiner Frau alles zu zeigen. Ich habe mich als Local Guide angeboten.

Dann wurden wir also zu der feierlichen Einweihung gerufen. Und feierlich war es, mein Gott. Eine Art von Altar war aufgebaut, eingerahmt von der USA-Flagge, eine Marienfigur war dort und eine Bibel, die feierlich aufgeschlagen wurde. Wir mussten alle stehen, es war fast wie ein Gottesdienst, der ja auch oft genug angerufen wurde. Zwei Damen wurden als Bespiele vorgeführt und lange, lange Texte von verschiedenen Personen verlesen. Dauerte fast eine halbe Stunde. Ich fürchtete schon, dass wir dann alle als Zweiergruppe drankommen, aber nein, danach wurde alle unsere Namen verlesen und wir waren damit aufgenommen. Natürlich nicht ohne die Nationalhymne und Hand auf die Brust. Ich mache da normal nicht mit, aber hier wollte ich nicht auffallen. Ich kann nun stolz sagen:

Ich bin ein Eagles

PS: Offiziell ist es nicht erlaubt, im Club Fotos zu machen und erst recht nicht von der Initiation. Aber von mir kann ich etwas anfügen.