Weiter geht’s mit dem Städtetrip. Die Hotelbuchung und die Anfahrt haben super geklappt, aber ein kleines Problem muss doch immer auftreten. Dieses Mal war es die Parkgarage. Das Hotel Zenit liegt sehr zentral am Bahnhof und logisch, da gibt’s kaum Parkmöglichkeiten. Ich kann noch nicht mal vor dem Hotel halten, um auszupacken. Also stelle ich mich schon mal in die Tiefgarageneinfahrt und hoffe, dass ich erstens einen Platz bekomme und zweitens die Garage hoch genug ist. Ja, ist sie. Aber nicht weit genug. Irgendwann stand ich quer, oben stieß ich dann auch an einen Lüftungsschacht, rechts war die Mauer und ich kam nicht mehr vor und zurück. Hoch an die Rezeption und um Hilfe gebeten. Ein Kellner kam und hat mir wirklich sehr geholfen, alleine wäre ich da nie mehr raus gekommen. Das ist also erledigt.
Mein Zimmer ist eher klein, aber alles ordentlich, diesmal habe ich weder Frühstück noch Dinner, gestern war es nicht so besonders, aber dennoch war ich froh, dass ich nicht mehr irgendwohin gehen musste, denn meine Füße taten schrecklich weh. Zenit Hotel mit Parken 127 Euro. Stadt halt und Wochenende.
Dann aber los. Zum Glück brauche ich keine U-Bahn, mehr Metro-Abenteuer brauche ich wirklich nicht. Natürlich ist Valencia eine beeindruckende Stadt, viele tolle Bauten. Ich bin vor allem hier, weil meine Schwiegertochter mir von Valencia vorgeschwärmt hat. Im letzten Jahr habe ich die Stadt ja unter schlechten Vorzeichen durchquert, es war gerade nach dem schrecklichen Regen, der alles überflutet hat. Hier kannst du nachlesen.
Aber die Innenstadt war ja nicht betroffen und ich mache einen schönen Rundgang durch das historische Viertel. Es gibt nur ein Problem. Ich hätte zuerst nach Valencia kommen sollen, und danach nach Barcelona. Denn Barcelona ist natürlich ein ganz anderes Kaliber, das ist wirklich ein Welterbe, eine unglaublich schöne Stadt. Diesmal bin ich schlauer, hatte im Hotel kein Essen bestellt und wollte irgendwo einkehren. Und ich fand auch das richtige, eine Lambrusqueria. Wirklich nett, das Tagesmenü zu 12,95 Euro, man verdient an den Getränken. Als Stilbruch habe ich mir aber eine Sangria bestellt, war sehr gut, doch dann erhielt ich von meiner Schwiegertochter die Nachricht, dass ich doch das Aqua di Valencia probieren soll. Also auch noch bestellt, muss ja nur noch zurück zum Hotel laufen. Ich schaffe das!
Natürlich servieren die meisten Restaurants die berühmte Paella oder andere Meerestiere, riesige Portionen, sah auch echt gut aus, aber ist halt überhaupt nicht mein Fall.
Und was ich sehr vermisse hier ist mein Fahrrad. Die Stadt setzt sehr stark auf Fahrradfahrer, überall gibt es Spuren und eine sehr breite Straße ist nur für Radler und Fußgänger.
Auf dem Event in Palatka traf ich Charlie Cracker. Er ist ein Storyteller, also Geschichtenerzähler, und er organisiert die Events in Barberville.
Das Barberville Pioneer Settlement ist sozusagen ein historisches Dorf. Hier wurden alte Gebäude zusammengetragen und als Museumsdorf eröffnet. Er lud mich ein, meine „Story“ zu erzählen. Nun, das lasse ich mir nicht zweimal sagen, ja, ich trete gerne auf und erzähle über das was ich so mache. Ich fuhr also guter Dinge die knappe Stunde nach Barberville, musste allerdings sehen, dass recht wenig los war. Aber egal, ein paar nette Leute sind immer da. Ich war schon recht früh vor Ort und konnte mich im Dorf umsehen. Wollte meinen Ford zum Ölwechsel an der Ford-Werkstatt abgeben, aber man meinte, sie sei nur Dienstag Vormittag auf.
Raisin Potato
Wesentlich interessanter war aber das Kochen von Kartoffeln in „Rosin“. Ein wichtiger Gewerbezweig im Florida der Pioniere war die Erzeugung von Terpentin. Dazu wurden Long Leaf Pine Trees angestochen, heraus lief das Harz, das wurde über Holzfeuer gekocht und daraus das Terpentin hergestellt, das damals als wichtige Exportware galt, unter anderen um Holz besser haltbar zu machen. Der zurückbleibende Rest war eben das Rosin. Und die damaligen Arbeiter kamen darauf, in dieses kochende Rosin Kartoffeln, gerne auch Süßkartoffeln, einzulegen und garen zu lassen. Daraus entstanden wirklich köstliche Baked Potatos, die ich probieren durfte, mit etwas Butter und Salz verfeinert.
Zum Storytelling gab es eine Bühne unter schattigen Bäumen, doch bevor ich um 2 pm dran kam durfte ich zunächst noch das Mittagessen einnehmen. Hotdogs, Burger oder Pulled Pork. Wobei ich natürlich letzteres wählte, das liebe ich einfach, genau wie Brisket, im Prinzip das gleiche vom Rind. Beim Rundgang durch das Dorf fand ich noch einige alte Gewerbezweige zur Schau gestellt. Dieses Dorf wird auch sehr gerne von Schulklassen angefahren, um etwas über die Geschichte des Landes zu erfahren. Vieles, was ich sah, kenne ich noch gut aus meiner Kindheit. Ich war oft im Hunsrück, wo das Plumsklo im Hof normal war, allerdings nicht wie hier für zwei Personen. Auch das Butterfass kannte ich und vieles andere.
Zum Dorf gehört natürlich auch ein kleiner Laden, er ist im Bridgehaus. Dieses Haus stand früher an einer der vielen Zugbrücken in Florida und wurde original hierher transportiert und aufgebaut. Dort im Laden verkauft man gerne Florida-Typische Artikel und mein Bike Trail Guide passt da doch gut hinein. Mir wurde gesagt, die Chefin, die das zu entscheiden habe, heißt Gudrun. Also, wenn das nicht mal ein urtypischer deutscher Name ist. Ich fand sie und sprach sie auf Deutsch an, aber sie schaute doch etwas verwirrt. Zwar in Deutschland geboren, aber früh nach USA gekommen, spricht sie nicht mehr so gut Deutsch. Aber meine Bücher mochte sie. Nun hat sie das Bike Trails in Florida East und das Buch 101 Birds in Central Florida für den Shop und meine Anfahrt hat sich gelohnt.
Storytelling
Dann war es aber Zeit für meine Geschichte und ich trollte zur Bühne. Vor mir war ein Liedermacher dran, den ich auch schon im Dorf gesehen hatte. Dann erzählte ich vor den weniger als 10 Personen, wie es dazu kam, dass ich Deutsche nun Bücher über Bike Trails schreibe. Es war trotz allem nett und Charlie lud mich ein, Anfang Dezember wiederzukommen, wenn es eine Art Weihnachtsmarkt gibt, zu dem sicher mehr Besucher kommen.
Zwar habe ich versucht, den Vortrag aufzunehmen, was aber komplett in die Hose ging. Der Kopf wurde abgeschnitten und das Video nach der Hälfte gestoppt. Ich bräuchte halt einen Kameraassistenten.
Doch stand ja noch ein weiteres Highlight an, Dinner Cruise ab Madeira Beach. Freund Bob hatte mir das sehr empfohlen und ich konnte auch mit Groupon einen günstigen Preis bekommen, 40 $ inklusive Essen und Drinks. Schon früh gab es eine Email der Reederei, man solle doch rechtzeitig zum Boarding um halb sieben da sein, starker Verkehr und wenig Parkplätze. Und das mir mit meiner Parkplatzphobie. Ich hatte schon heraus gefunden, dass alle Parkplätze kostenpflichtig sind. Also fuhr ich schon um 3 Uhr raus, mit dem Fahrrad hinten auf dem Rack. Dachte, so einige Kilometer vorher zu parken und dann zu radeln, obwohl ich dann im Dunkeln zurück muss. Zunächst fuhr ich mal zu dem Parkhaus, von wo aus der Cruise startet. 35 $ für den Tag. Okay, wohl nicht für mich.
Aber ich bin wohl irgendwie ein Glückskind, und fand einen Platz, wo weder ein Schild „No Parking“ stand, noch „Pay Parking“. Traute meinem Glück nicht recht und trödelte so lange herum, bis ich einen Anwohner fand und der meinte, ja ist wohl okay, gab noch nie ein Problem dort. Und es waren gerade mal 800 Meter zum John Pass, dem Abfahrtsort des Schiffes.
Doch zunächst sah ich mir Madeira Beach an. Auch hier haben die Stürme des letzten Jahres viele Schäden angerichtet und auch hier ist noch nicht alles wieder geöffnet. Madeira Beach ist voll mit Hotels und hohen Bauten, sehr lebhaft, da war Gulfport doch viel schöner. Zum Glück war aber eine Bikelane neben der vielbefahrenen Straße. Auf dem Rückweg radelte ich durch eine kleinere Nebenstraße und hörte Musik. Habe ja noch viel Zeit, also rein und mir die Ein-Mann-Band angehört. War auch richtig super, konnte wieder ein Video für Freund Aleksander aufnehmen, nach dem wir dann nach meiner Rückkehr zusammen tanzen können. Nur leider war nach einem Stück Schichtwechsel und die Nachfolgerin lange nicht so gut.
Starlite Dinner Cruise
Dann aber endlich Boarding Time. Ich frage den Captain, wo ich mein Fahrrad parken kann und es durfte mit aufs Schiff. Es waren so etwa 50 – 60 Gäste, zunächst gab es die Drinks (der Rum Punsch ziemlich lau), dann wurde das Buffet eröffnet (die verschiedenen Fleischsorten ganz schmackhaft), und dann nichts wie aufs Deck hinauf. Es ist wirklich wunderschön in dieser Bay, so viele prachtvolle Häuser liegen direkt am Wasser, natürlich mit einer Yacht davor und es ist wirklich hübsch. Ja, ein wenig Geld müsste man halt haben. Das Timing war gut, denn die Sonne bereitete sich aufs Untergehen vor. Auf dem Deck fingen dann einige an zu tanzen und es ging mal wieder ein herrlicher Tag zu Ende.
Da wir schon früh aufgebrochen sind blieb mir noch genug Zeit, Gulfport zu erkunden. Der kleine Ferienort liegt am Rande von St. Peterburg und hat schon so ein wenig Key West Charme. Ich konnte sogar eine kleine Fahrrad-Rundfahrt daraus machen, die ich dann auch wieder in meinem Buch beschreiben kann. Vom Pinellas Trail gibt es eine Abzweigung nach Gulfport, zunächst Trail durch ruhige Nachbarschaft, dann gut gekennzeichnete Bike Route, das bedeutet, es geht über ruhige Nebenstraßen, auf denen ein aufgemaltes Fahrrad Autofahrer daran erinnert, Rücksicht zu nehmen.
Die letzten Stürme haben nicht nur Gulfport, sondern die ganze Region schwer beschädigt, es liegt ja auch sehr exponiert am Golf. Schilder waren aufgestellt, wo man erkennen konnte wie hoch das Wasser gestiegen ist. Viele Häuser waren jetzt, ein gutes halbes Jahr danach, noch nicht wieder völlig wiederhergestellt. Die kleine Hauptstraße zum Strand hin ist sehr charmant mit vielen netten Restaurants und Boutiquen, ein Urlaub hier ist sicher sehr entspannt und erinnert an Key West.
Ach, ich könnte mir gut vorstellen, hier in der Region 1, 2 Wochen zu bleiben. Gefällt mir besser als Clearwater, ist ruhiger. Ich liebe zwar meine 2. Heimat Daytona, aber das hier ist anders. Trotz der großen Events wie Bikeweek und Speedweek ist Daytona immer noch eine relativ normale Stadt, während hier alles auf dem Tourismus hinläuft. Also Leben gerne weiter in Daytona, aber immer mal wieder für einen kurzen Urlaub nach St. Peterburg.
Ich war schon früh an der Marina und auch Vicki und Thad waren da, unser kleiner Segeltrip konnte losgehen. Sie sind Mitglied in dem Yachtclub, das kostet 500 $ im Jahr und dann können sie so oft wie sie wollen ein Boot ausleihen. Für die kleine Tour heute genügte eine 18 ft Jolle. Zunächst fürchtete Vicki, dass kein Wind da ist, aber dann blies er eben doch und wir konnten diese wunderschöne Tour entlang der Skyline machen. Der Airport von St. Pete ist direkt am Meer, da vermisse ich doch, dass ich nicht mehr fliege, wäre gerne mal hier gestartet.
Die beiden machen es richtig. Sind Anfang 50 und in Rente! Haben ihr Haus in Washington State verkauft und leben nun hier in St. Pete vom Ersparten. Sie meinten, wenn das mal aufgebraucht ist, können sie immer noch in Walmart arbeiten. Vickie träumt davon einen Catamaran zu kaufen und dann fest darauf zu leben. Und natürlich damit um die Welt zu segeln. Ja, beneidenswert.
In meinem AirBnB gibt es außer dem Hausherrn noch einen weiteren Gast, Jose, so etwa 25 Jahre alt. Habe schon gemerkt, dass er sehr wortkarg ist, obwohl ich immer fröhlich grüße, kommt kaum was zurück. Als ich heute heim kam ging er genau vor mir ins Haus, schlug die Tür hinter sich zu und ich musste den Code erneut eingeben. Aber naja, die Menschen sind halt verschieden. Als ich heute früh aufwachte schliefen die beiden offensichtlich noch tief und fest, ich bereitete mein Frühstück zu, wozu es gehört, dass ich meine Nespresso Maschine und Milchaufschäumer in der Küche aufbaue. Aber keiner von den beiden rührte sich und als ich gegen 10 Uhr aus dem Haus ging schliefen sie immer noch.
Mein erster Weg führte zu einem Fahrradladen am Pinellas Trail, wo mir der Inhaber 3 Bücher zur Probe abkaufte. Mal sehen, ob er sie verkaufen kann. Denn die Saison geht zu Ende. Es wird hier langsam zu heiß fürs Fahrradfahren, ich glaube, die meisten von euch hätten auch aufgegeben, aber ich liebe die Hitze. Meine Tour heute war 72 km lang, 30 Grad meist ohne jeden Schatten, aber ich kann das gut wegstecken.
Fort de Soto
Schon beim erstenmal war mir ein Wegweiser zum Skyway Trail aufgefallen, den ich heute erkunden wollte. Und das hat sich voll gelohnt, wenn auch diesmal wieder Wünsche offen bleiben. Denn ich hatte noch viel mehr vor, wollte zu St Pete Beach und weiter, wollte nach Gulfport, aber meine Energie hat doch Grenzen. Und diese 44,5 Meilen waren einfach genug. Am historischen Fort de Soto machte ich eine kurze Pause und füllte meine Wasserflasche, hatte bis dahin 27 Meilen zurück gelegt, und machte mich wieder auf dem Heimweg. Wollte ein wenig abkürzen, denn es wären sonst ja 54 Meilen geworden, und ich fand tatsächlich eine Route, die zwar einige wenige Meilen über normale Straßen ging, aber die waren ruhig und ich konnte fast 10 Meilen einsparen, hatte ja auch zu Anfang einen Umweg zum Bike Shop gemacht. Dieser Trail ist unbedingt zu empfehlen, ich werde im nächsten Jahr noch mal wieder kommen, den St. Pete hat noch einiges zu bieten, wozu es diesmal nicht reicht.
Eagles Pinellas Park
Als ich nach Hause kam war eine Nachricht in WhatsApp für mich gekommen, Vicki erwartet mich morgen früh um 8 Uhr zum Segeln. Ja, das ist doch schön. Auch dies eine eher unamerikanische Eigenschaft, denn oft wird hier etwas versprochen, aber nicht gehalten. Und dann habe ich ja auch Hunger. Wie schon mehrmals gesagt, bin ich geizig, aber trotzdem wild auf Margaritas, deshalb bin ich ja auch den Eagles beigetreten. Habe schnell mal angerufen, ob sie etwas zum Essen bieten, und was meint ihr? Heute 2 Tacos plus ein Margarita für 8 $. Das lasse ich mir nicht entgehen. Auch hier sehr freundlicher Empfang, aber unser Eagles in Port Orange ist doch weiterhin der beste.
Bevor es wieder zurück nach Deutschland geht wollte ich noch eine kleine Tour machen. Ich war einmal in St. Petersburg, aber nur sehr kurz, da ein Gewitter drohte und ich noch weit zurückradeln musste. Aber seitdem wünschte ich mir, noch einmal zurück zu kommen, um mehr von der Stadt zu erleben. Deshalb habe ich also 3 Nächte hier in einem AirBnB gebucht, weil ich die Hotels nicht bezahlen kann. Und ja, schon am ersten Tag hat sich die Tour völlig gelohnt. Zunächst habe ich einen neuen Bike Shop gefunden, der auch meine Bücher anbieten wird, aber noch wichtiger ist das schöne Wetter. Für die ganze Woche ist Sonnenschein mit 30 Grad gemeldet, kein Tropfen Regen (obwohl wir den dringend bräuchten) und bei dieser Temperatur fühle ich mich so richtig wohl. Das ist es, was mich hier nach Florida bringt. Obwohl – wenn der Trail voll durch die Sonne geht, dann kann es schon mal heiß werden.
Spiral Trail
Mein erster Stopp war Clearwater. Von dort führt ein Highway nach Clearwater Beach und entlang geht ein Bike Trail. Wichtiger war mir aber der spiralförmige Trail, der dort sein soll, der mir aber bei meinem ersten Besuch völlig entgangen ist. Diese Küste von Florida ist sehr viel touristischer und mehr besucht als mein Daytona Beach an der Ostküste, deshalb ist parken hier nicht kostenlos, aber ich Geizhals suchte und fand natürlich einen kostenlosen Spot. Aber was noch toller war, ich hatte keine Ahnung, wo diese Spirale ist, aber nach 200 Metern stand ich genau davor. Sie ist nicht eigentlich Teil des Trails, sondern führt hinauf auf die Brücke und zum Trail. Ich fuhr dann zum Strand und dort war es richtig, richtig voll. Zwar geht dort entlang des Strandes auch ein Trail, den man auch fahren darf, aber kaum kann, denn es sind natürlich Unmengen von Fußgängern unterwegs. Es war gerade ein Festival am Laufen, bei dem Skulpturen aus Sand gebaut werden.
AirBnB bei Austin
Ich fand die Biketour herrlich, aber ich habe die Leute am Strand nicht beneidet, das ist einfach nichts für mich. Jedem Tierchen sein Pläsierchen. In St. Petersburg kann ich erst ab 16 Uhr einschecken, also bin ich zum nahen Eagles gefahren, um was zu trinken und aufs Klo zu gehen. Dieses Eagles war sehr viel kleiner als unseres, wir haben ja fast 4000 Mitglieder, dieses hier etwa 300, deshalb sind die Räume auch klein und es wird nicht so viel geboten. Aber dafür Herzlichkeit. Man hat mich sehr nett aufgenommen und sogar angeboten, mich mit deutschstämmigen Leute in Verbindung zu bringen, aber ich bin ja nur auf der Durchreise.
Nun aber zu meiner Unterkunft. Ich habe diesmal ein Zimmer, wo noch nicht mal ein Arbeitstisch steht, aber ich kann den Arbeitsbereich des Hausherrn benutzen, der meist nicht da ist. Austin ist sehr nett und hilfsbereit, aber naja, ist halt ein Junggesellenhaushalt. Zwar ist es nett eingerichtet, aber recht kahl und das benutzte Geschirr steht schon eine Weile in der Spüle, obwohl die Gäste angehalten werden, hinter sich zu säubern. Aber für 3 Tage geht es, ich habe etwa 170 Euro bezahlt, in einem Hotel hätte ich dafür nicht mal eine Nacht bekommen.
North Bay Trail
Ich trage das Gepäck ins Zimmer und setzte mich dann sofort aufs Rad. Ab auf den Pinellas Trail und nach Downtown St. Petersburg. Zwar wollte ich das endlich mal erkunden, aber irgendwie hat es doch nicht geklappt, weil direkt an der Demens Landing, wo ich damals aufgehört hatte, der North Bay Trail beginnt und ich gleich weiter gefahren bin. Es ist ein wunderschöner Weg entlang der Bay, aber auch hier viele Spaziergänger. Ich kenne einige Blogs, wo gesagt wird, dass die Amerikaner nicht wissen, wozu ihre Füße sind, jeden Meter mit dem Auto zurücklegen, aber auch in dieser Sache sind die USA sehr gespalten. Es gibt doch viele Menschen, die es hinaus in die Natur zieht, die sportlich sind, walken, joggen, skaten, biken. Ich genieße es, fahre immer sehr vorsichtig an Fußgängern vorbei. Hier in USA benutzt man keine Klingel, man ruft vor dem Überholen laut: on your left. Das Problem ist nur, dass die alle einen Knopf im Ohr haben und außer ihrer Musik nichts hören. Aber deshalb mache ich auch ganz langsam.
Ich schaue mir auf google maps an, ob es nicht möglich ist, eine Runde zurück zu meiner Unterkunft zu fahren, statt den gleichen Weg zurück. Und wirklich, man zeigte mit eine Strecke entlang der 30sten Straße an und ich fahre los. Es ist tatsächlich eine richtige Bikelane und ich hoffe nur, dass es bis nach Hause so bleibt. Dann ertönt neben dem Trail Musik, ich stoppe und bin begeistert, eine Kneipe mit Live Music zu finden. Bleibe stehen und fotografiere, da spricht mich eine junge Frau an. Wir reden ein wenig, ich erzähle, dass ich auf Besuch sei und schon fragt sie mich, ob ich nicht Lust hätte, mit ihr zu segeln. Oh, das klingt gut, ja, würde ich gerne. Wir tauschen unser WhatsApp Kontakt aus, schon das erstaunt mich, da der normale Amerikaner kein WhatsApp kennt und nutzt. Später lese ich, dass St. Peterburg eine sehr liberale Stadt ist. Vickie will mir Zeit und Adresse senden. Bin mal gespannt.
Die Bikelane führt tatsächlich bis fast zu meiner Unterkunft. Ich lerne Austin kennen, der ist ganz erstaunt, dass ich tatsächlich so eine lange Tour geradelt bin. Also, es waren nur 25 km und ich bin vorher schon nach Clearwater gefahren, aber das kleine Bäuchlein des noch recht jungen Austin zeigt mir, dass er nicht so ganz zur sportlichen Sorte gehört. Ein sehr aktiver herrlicher Tag geht zu Ende, mal sehen, was der Morgige bringt.
Hier läuft alles so gut, seit Trump die Regierung übernommen hat. Die Menschen sind frei und offen.
So, reicht das jetzt zum Nachprüfen?
Irgendwie heule ich zur Zeit in mein Kissen, weil ich nicht den Mund aufmachen darf. Ich bin noch in USA und ihr alle wisst, was hier zur Zeit abgeht. Ich hätte sooo viel dazu zu sagen. Aber ich darf nicht. Ihr kennt ja alle den Satz, man darf ja nichts mehr sagen. Nun, genauso ist es zur Zeit hier in USA. Bald gehe ich heim, aber wenn ich im nächsten Jahr wieder in mein kleines Paradies zurück kommen möchte, dann darf ich eben nicht den Mund aufmachen. Smartphones können kontrolliert werden und alles was Trump-feindlich gesinnt ist, wird erst einmal in Abschiebehaft genommen. Es ist echt heftig, was hier zur Zeit abgeht. Ich bin Youtube-süchtig geworden, denn dort bekommt man gut mit, was abläuft. Und das heißt nicht, dass ich alles blind glaube. Ich vergleiche die unterschiedlichen Quellen gegeneinander, aber vergleiche es auch mit der Realität. So sagte kürzlich diese äußerlich wunderhübsche, innen aber unglaublich fiese Lügnerin Levitt, dass die Lebensmittelpreise zurückgehen, die Eier sogar um 84 %. Der Sprit kostet in einigen Staaten schon 2,25 die Gallone und wird bald unter 2 Dollar sein. Mir wird einfach schlecht davon. Die Spritpreise sind, seitdem ich im Land bin, also seit November, rauf und runter gegangen und der augenblickliche Preis hier in Florida ist so um die 2,89 $, was auch bei Biden oft der Fall war. Die Kanadier haben die Ölexporte nach USA stark eingeschränkt, was ganz sicher nicht den Benzinpreis unter 2 $ bringen wird. Und die Eier sind auf dem gleichen Stand wie seit Monaten. Biden hin oder her. Auch die übrigen Lebensmittel sind keinen Cent günstiger geworden.
Ich würde wahnsinnig gerne mit Menschen darüber diskutieren. Aber hier wird das Thema stark vermieden, zudem ich auch nicht sehr viele Freunde habe. In den sozialen Medien darf ich nichts darüber schreiben, damit ich beim nächsten Mal wieder rein kommen darf. Ich habe einfach niemand mit dem ich darüber reden kann und dabei ist mein Kopf so voll von Worten. Wenn irgendeiner Lust hat, mit mir zu diskutieren, schreibt mir einen PN und wir verbinden uns mit WhatsApp. Mit fehlt ganz sehr ein Gesprächspartner.
Ich dürfte dies nicht schreiben, tue es in meinem Blog, weil ich denke, den liest eh kein Mensch. Aber wenn doch und ihr wollte diskutieren, ich brauche es ganz sehr.
Freitag Abend, Disco-Night im Eagles! Ich komme rein, ziemlich voll. Blicke mich um, an der Bar winkt jemand heftig in meine Richtung. Ich schaue mich um, wer hinter mir läuft, denn ich kann ja nicht gemeint sein. Wer kennt, mag mich schon. Doch ja, ich bin gemeint und man hat sogar einen Stuhl für mich. Dann kommt auch noch Bob vorbei, wir plaudern alle und dann kommt Edna. Ich hatte sie schon vorher getroffen, eine sehr nette Frau und irgendetwas verbindet uns, obwohl sie gebürtig aus Brasilien ist, kulturell doch sehr anders als ich kühle Deutsche. Sie will heim, ist langweilig, meint sie. Ich kann sie überzeugen, dass wir uns doch an die Tanzfläche setzen. Und es beginnt wirklich so ein toller Abend. Wir tanzen wie verrückt, beide Ü70, aber die anderen auch. Hier interessiert es keinen wie alt man ist, wie gekleidet, ob man tanzen kann oder nicht. Selbst Stan, der nach einem Schlaganfall am Krückstock geht, tanzt. Das hier ist Leben. Und die Musik nicht wie in Deutschland für uns Alte angeboten, Volksmusik, nein, harter Rock-n-Roll.
Wer sind wir denn? Ich bin aufgewachsen zwischen Beatles und Rolling Stones, nicht mit Marianne und Michael. Habe meinen Sohn nach Brian Jones benannt, dem verstorbenen Gründungsmitglied der Rolling Stones. Später mochte ich besonders die Who, auch weil sie so toll gekleidet waren und ich viel davon nachnähte für meinen Mann und mich. Aber auch von Sonny and Cher war ich ein großer Fan, holte mir auch da Impressionen für meine Kleidung. Und dann setzt man mir in Deutschland so eine Humbatrara-Musik vor?
Thyme
Die Band heißt Thyme, ist selbst auch in Mittleren Jahren, die Sängerin in glitzernden Boots hat Sohn und Enkeltochter mitgebracht, das Mädchen fällt wirklich auf im Eagles und senkt das Durchschnittsalter drastisch. Bob kommt immer mal vorbei und erzählt mir, dass er auf Sharon scharf ist. Aber Sharon hatte mir zuvor gesagt, dass ihr Boyfriend sie für eine Jüngere „gedumpt“ hat und sie deshalb todunglücklich ist. Es klingt, als sei es gerade gestern gewesen, aber Bob sagt, es ist schon drei Jahre her. Und der Ex, David, ist da mit seiner Neuen, Pam. Genau die Pam, die mich an die Bar gewunken hatte. Es ist irgendwie so ein wenig wie auf dem Gang der Highschool, wo man sich über die Jungs und Mädchen unterhält. Irgendwie komme ich mir vor, als sei ich in meine Teenagerjahre zurück katapultiert worden. Herrlich!
Heute gibt es ja wieder Cocktails, aber einfach nur dorthin fahren und trinken, das ist mir doch ein wenig zu billig. Es muss mehr daraus werden. Und da gibt es ja noch das Hard Rock Hotel. Vor wenigen Jahren in Daytona neu erbaut, aber ich habe es noch nie gesehen. Bob wollte nicht hin, denn dort ist Valet-Parking, das heißt, man übergibt seinen Wagen dem Valet, der ihn dann gegen ein Trinkgeld parkt. Nichts für uns. Aber … ich habe ja mein Rad.
Also geht es wieder am Atlantik entlang, auch heute ist wieder herrlicher Sonnenschein und ab zum Hard Rock Hotel. Ja, die Valets haben gut zu tun, es kommen gerade viele Gäste an, vor der Garageneinfahrt steht ein dicker Rolls und der Valet weist mich an, mein Rad direkt dahinter zu parken. Ganz ohne Trinkgeld. Also ich finde, für mich ist es genau der richtige Ort.
Ein Rundgang durch das Foyer beeindruckt mich nicht gerade sehr, mehr kann ich nicht sehen, irgendwie traue ich mich nicht, überall stehen formal aussehende Leute. Im Foyer eine Harley, ein Auto aus einem Film mit Madonna, zwei berühmte Gitarren, naja. Und ein Souvenirshop. Die Zimmer kosten je nach Lage und Saison so ab 200 $. Würde ich hier wohnen wollen? Ich glaube, das Valet Parking würde mich abhalten. Lieber würde ich direkt am Pier im historischen Hilton wohnen. So direkt voll im Leben. Die Band Shell vor der Tür bringt am Wochenende oft Konzerte, am Strand ist es natürlich rappelvoll. Der Strand in Daytona Beach ist aufgeteilt in Zonen, wo man Auto fahren darf und wo nicht. Das Hard Rock Hotel liegt in einer Autozone, aber beim Bau haben sie zur Auflage gemacht, dass der Strand direkt davor für die Autos gesperrt wird. Das ist nun blöd, da muss man umdrehen auf jeder Seite, da es keine richtige Ein- und Ausfahrt gibt. Aber hinter dem Hotel steht wohl viel Geld, und genau das regiert in USA.
Zumindest habe ich es mal gesehen, und ich kann beruhigt zurück zum Streamline radeln für meine täglichen Cocktails.
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