Archiv der Kategorie: Marokko

Reisebericht

Was für ein schöner Tag!

Ich habe einen Counterpart in Frankreich. Emile hat zur gleichen Zeit wie ich, aber völlig unabhängig, einen Campingführer für Marokko herausgegeben. Konkurrenz machen wir uns aber nicht, denn sein Buch ist in Französisch, meines in Deutsch, und das spricht naturgemäß eine ganz andere Klientel an. Über die Jahre hinweg haben wir uns öfter ausgetauscht, er hat ein Forum, ich habe eines, aber ich kann Französisch, er nicht Deutsch. Daher konnte ich ab und zu aus seinem Forum auf gute neue Plätze aufmerksam gemacht werden, und wenn ich etwas fand, das ich Emile mitteilen wollte, habe ich ihn informiert. Wir sind beide oft in Marokko, auch die Campingplatzbesitzer dort sprechen oft von ihm, und zu ihm sicher auch oft von mir, aber noch nie haben wir uns persönlich getroffen.

Gestern nun bat mich Emile um Hilfe. Nein, es ging nicht um einen Campingplatz in Marokko, es ging um Deutschland. Er wollte in Bremervörde einen Campingplatz reservieren, bekam aber keine Antwort. Das wundert mich nicht, denn welcher deutsche Campingplatzbesitzer kann schon Französisch. Also rief ich dort an und konnte ihm schon innerhalb von Minuten sagen, dass die Reservierung in Ordnung geht. Aber natürlich sagte ich dann auch gleich, warum kommst du nicht auf dem Weg nach Bremervörde bei mir vorbei. Und kurz danach fragte mich Emile, welcher Campingplatz denn in Wiesbaden zu empfehlen wäre.

Oje, noch nie habe ich mir die Campingplätze dort angeschaut. Wohne inzwischen ja auch in Taunusstein, wo es erst recht keinen gibt. Doch dann fiel mir Hattenheim ein. Da gibt es einen kleinen Platz direkt am Rhein, dort habe ich vor Jahren mal ein Lesertreffen abgehalten. War sehr schön. Ich machte Emile darauf aufmerksam und tatsächlich zeigte er Interesse. Aber – es ist August – Ferien – da ist doch sicher kein Platz zu bekommen. Ich sagte, Fragen kostet nichts.

Also beschloss ich, heute einen Ausflug nach Hattenheim zu machen. Zur Zeit betreue ich einen Pool von Fahrzeugen, ja, nicht nur Haustiere brauchen eine Urlaubsbetreuung, auch für Fahrzeuge muss gesorgt werden. Und so brachte ich den nagelneuen, siebensitzigen Land Rover Discovery, der die letzten Tage vor meinem Haus parkte, zurück und wechselte ihn gegen ein Evoque-Cabrio ein, heute mit 30 Grad auf jeden Fall die bessere Alternative. Ich bin ein Kind der Hitze, werde erst jenseits von 25 Grad richtig lebendig, und fuhr in den Rheingau. Ein Traum. Nicht nur ein schönes Auto, auch das richtige Wetter dazu. Die Reservierung war schnell erledigt, ja, selbstverständlich, meine Bekannten können kommen, also ging es nach einer Rast auf einer Bank direkt am Rhein dann gleich weiter in den Rheingau auf der Suche nach einer Straußwirtschaft für den Besuch. Früher war ich so oft im Rheingau, eigentlich jede Woche gab es einen Besuch in einer Straußwirtschaft, aber seit ich in Taunusstein wohne, ist das wie abgeschnitten. Für die Nicht-Rheingauer: eine Straußwirtschaft ist ein Weingut, das an einigen Tagen im Jahr für Gäste öffnet und dazu eigenen Wein und kleine Gerichte bietet. Um wirklich einzukehren war es ja noch zu früh, und in Hattenheim fand ich auch absolut nichts. In Erbach schließlich gibt es zwei Betriebe, die sich eignen. Nun muss ich erstmal auf Rückmeldung von Emile warten und freue mich sehr, ihn endlich persönlich kennen zu lernen. Und weil ich nicht gern alleine in ein Restaurant gehe, solange es in Deutschland und nicht auf Reisen ist, und ich außerdem nicht alkoholisiert zurück fahren wollte, kaufte ich mir bei Aldi nur einen Laugenbrezel und ab ging es nach Hause auf den Balkon, wo Spundekäs und ein kühler Rosé den Tag ausklingen lassen.

Ach, wie schön. Allerdings fehlt mir doch ein wenig die Gesellschaft. Wer will denn mal auf meinen Balkon zu einem kühlen Glas Wein kommen?

Ein Besuch in der türkischen Hammam

Meine Schwiegertochter hatte Geburtstag und keiner war da. Tochter bereits in Urlaub, Ehemann geschäftlich verhindert. Bleibt nur die Schwiegermutter. Und ich dachte mir, was kann meine gestresste Geli besser entspannen als ein Besuch in der Hammam.

Nun ist ein kurzer Flug nach Marrakech ja doch etwas aufwändig. Eine Internetrecherche ergab, es gibt tatsächlich eine Hammam in der Region, in Kastel. Aber eine türkische, bisher kenne ich nur marokkanische Hammams.

Die auf der Webseite veröffentlichten Preise sind ganz schön happig, so kostet unser Paket 69 Euro pro Person. Aber auf Groupon kann man einen Gutschein für 2 Personen buchen, der zusammen nur 79 Euro kostet. Enthalten ist laut Beschreibung:

  • Begrüßung mit einem türkischen Tee
  • Hamam Benutzung
  • Sauna Benutzung
  • Dampfbad Benutzung
  • Hamam Natur Seife
  • Ganzkörper Peeling (10 min.)
  • Seifen Schaum Massage (10 min.)
  • Ganzkörper Ölmassage (15 min.)
  • Ruhe- und Entspannungsraum
  • Obstteller
  • Türkischer Tee
  • Ein Getränk nach Wahl

Voller Erwartung fuhren wir also los. Die Örtlichkeit ist nicht unbedingt ansprechend, im Industriegebiet direkt über einem Autohaus. Aber immerhin reservierte Parkplätze für die Hammam. Doch die erste Etage, auf der sich die Wellness-Oase ausbreitet, ist sauber gefliest und ordentlich. Der Empfang durch die junge Dame war eher kühl. Nirgendwo auf der Website war beschrieben, was wir mitbringen sollten. Wir hatten Bademantel, Handtuch und Shampoo dabei. Zu empfehlen ist aber ein zweites Tuch, Bikini und Badeschlappen. Wenn man Handtücher und dergleichen braucht gibt es dafür eine Leihgebühr, wir erhalten ein türkisches Hammamtuch, es soll laut Liste 2,- Euro kosten, aber sie berechnete uns nichts. Einen Tee zur Begrüßung gab es nicht.

Die Dame, durchweg türkisches Personal, nicht alle Damen sprechen deutsch, zeigte uns die Räumlichkeiten. Dann begaben wir uns in den eigentlichen Hammamraum. Verglichen mit einer marokkanischen Hammam war dieser sehr groß, mit unzähligen Wasserstellen, alles mit Marmor gefliest, in der Mitte ein weiter Marmortisch zum Liegen. Hier sollten wir uns zunächst im heißen Dampf aufhalten und weichen. Es war ziemlich warm und meine Geli hat das nicht so lange ausgehalten. Dann wurden wir in einen kleinen Nebenraum gerufen. Dort mussten wir uns nacheinander auf einen mit einer Gymnastikmatte abgedeckten Marmortisch legen und wurden bearbeitet. Zunächst mit dem berühmten rauhen Handschuh abgerubbelt, aber nicht mit der schwarzen Seife, die ich aus Marokko kenne. Versprochen auf der Webseite war, dass jeder einen eigenen Handschuh bekommt, den er später mit nach Hause nehmen darf. Auch das kenne ich aus Marokko, wurde hier aber nicht gemacht, es war ein bereits benutzter (hoffentlich gewaschener Handschuh), den wir auch nicht mitbekamen. Für uns beide der gleiche. Danach wurde es interessant. Ein Leinenbeutel wurde mit Seifenlauge aus einem Eimer gefüllt, hin und her geschüttelt, wobei sich schöner Schaum bildete und der dann auf unserem Körper ausgeleert. Dreimal das Ganze und dann wurde massiert. Insgesamt muss ich sagen, dass die Zeiten, die im Programm angegeben war, doch eher verkürzt wurden. Auch die 15 minütige Massage später, die in Marokko immer mindestens 30 Minuten dauert.

Danach ging es in den Ruheraum. Da Geli Geburtstag hatte, hatte ich für uns ein Piccolo dabei, aber das wurde uns nicht erlaubt. Speisen und Getränke darf man nicht mitbringen. Es gab dann ein Glas türkischen Tee und eine kleine Obstplatte, das war wirklich nett, aber ein Extragetränk wie in der Beschreibung gab es nicht. Der Ruheraum ist angenehm mit großen, bequemen Liegen, auf denen allerdings keine Tücher lagen. Die anderen Damen war zum Teil Türkinnen, zum Teil aber auch Deutsche. Ein Badeanzug ist übrigens vorgeschrieben. Die 7 Wochentage sind streng aufgeteilt, 3 Damentage und 4 für Männer, mal wieder total ungerecht.

Zwischendurch kam die Masseuse und holte uns ab in den Massageraum. Es wurde nur auf der Rückseite massiert, vielleicht 10 Minuten und dann wurde ich in Handtücher eingepackt, um noch ein wenig zu ruhen. Wieder zurück im Ruheraum beschlossen wir, auch die Sauna einmal auszuprobieren, wir sind beide wirklich erfahren darin. Aber hier konnten wir es nicht aushalten. Es war fast 120 Grad heiß, 5 Minuten war das Äußerste, dann mussten wir raus, wobei ich mich noch an den Schrauben verbrannte, mit denen der Türgriff angeschraubt ist. Dann noch ein wenig ruhen und nach knapp 3 Stunden ging es wieder nach Hause.

Als Fazit kann ich sagen, wenn man die schönen Hammams in Marokko kennt (über die Türkei kann ich nicht urteilen) ist das Angebot hier eher unterdurchschnittlich zu einem stolzen Preis. Wir haben es genossen, weil es ein besonderer Tag war, aber ich müsste nicht noch einmal hin. Vor allem nicht zu dem offiziellen Preis.

Für mehr Infos: www.omhara-hamam.de

Vibroshaper – mein persönliches Fitnessstudio zu Hause

Ich habe große Probleme mit meinen Füßen, die eigentlich eine OP erfordern. Bin immer gerne gejoggt durch den Taunus zur Platte, aber es geht einfach nicht mehr. Mein Körper könnte, selbst die Füße machen mit. Aber danach kribbelt es, die Zehen sind taub. Und es wurde immer schlimmer. Eine OP wollte ich nicht, denn das bedeutet, dass ich 3 Monate absolut immobil bin. Und so war ich ziemlich unschlüssig was ich tun sollte.

Joggen war immer einfach ab Haustür möglich. Ein Fitnessstudio, zu dem ich erst Autofahren muss, wollte ich auf keinen Fall. Das winzige Studio in meinem Ort hat auch nur eine winzige Kundschaft, und das ist ein oller Lästerhaufen, da wollte ich absolut nicht hin. Da wird mehr getratscht als trainiert, ich ziehe große, anonyme Studios vor. Was also tun?

Und dann stieß ich, als ich so von Sender zu Sender klickte, auf den Mediashop im TV. Die stellten eine Vibrationsplatte vor. Das hat mich doch sehr interessiert, aber nie würde ich etwas in einem TV-Shop kaufen.

Am nächsten Tag also studierte ich eingehend das Internet. Es gab gute und schlechte Kritiken, ich gebe sogar zu, dass die schlechten überwogen, so wie: Schrott, Betrug, Geldmacherei. Aber bei näherem Hinsehen erschienen mir die negativen entweder von Leuten zu kommen, die das Gerät überhaupt nicht haben, oder von Übergewichtigen, die die Platte in der Hoffnung auf einfache Gewichtsabnahme kauften, für die man nichts tun muss. Das trifft auf mich ja nicht zu. Mein Gewicht ist okay, auch wenn es mich unheimliche, mentale Kraftanstrengung kostet, alles was ich will, ist einen Muskelaufbau. Immer nur auf der Couch oder am PC sitzen trägt nicht gerade zu einer guten Konstitution bei, ich wollte einfach, dass meine Muskeln wieder trainieren ohne meine Füße zu überlasten. Fahrradfahren mag ich nicht, schon gar nicht im hügeligen Taunusstein, und Schwimmen macht mir auch nicht so viel Spaß, obwohl ein Pool im Haus ist.

Und da erschien mir die Vibrationsplatte einfach ideal.

Wie also komme ich schnell und preiswert an das Gerät? Es gibt verschiedene Anbieter, so etwa von 200 bis 350 Euro. Im Mediashop hätte sie 300 + Porto gekostet. Der billige Anbieter klang ja gut, aber seine Lieferzeit war irgendwann im August. Nichts für mich. Aber dann endlich fand ich den Activshop, die Platte kostet 255 Euro inkl. Porto und war genau am nächsten Tag da. Sogar auf Rechnung. Das nenn ich doch mal Service.

Noch bevor das Paket eintraf musste ich aber zum Hausarzt, was immer ein Erlebnis ist. Mehr als über Krankheit schwätzen wir über Urlaube und Aktivitäten, bei Reisen habe ich dem Arzt ja einiges voraus. Ich nenne hier auch lieber nicht seinen Namen, damit die Patienten nicht ärgerlich werden, wenn ich mal wieder so lange im Sprechzimmer sitze für ein Rezept (aber ich glaube, er ist zu allen so nett). Und so kamen wir auch auf die Vibrationsplatte. Er flippte total aus, sagte, die ist toll und er habe auch eine. Zwar nicht die gleiche, denn er hat sie schon länger, aber nach dem gleichen Prinzip. Sagte, dass auch einige Physiotherapeuten in der Region eine Platte haben und damit gute Erfolge erzielen. Auch bei Rückenproblemen.

Nun ja, mein Rücken ist auch nicht mehr der Jüngste und kann Entspannung gut gebrauchen. Also habe ich das ganz schön schwere Paket sofort ausgepackt, die Platte wiegt 12 kg, und gleich benutzt. Es liegt ein Poster mit verschiedenen Übungen bei, sogar in vielen Sprachen. Aber richtig hilfreich ist das nicht. Und so entsann ich mich meiner Erfahrung von letzter Woche und schaute in youtube. Und natürlich, das war es! Super nette Trainingsfilmchen gibt es da, mein Favorit sind die zwei hübschen Südamerikanerinnen, die ich zwar nicht verstehe, aber man muss ja nur nachmachen, was sie vormachen.

Okay, ich gebe es zu, habe die Platte nun erst drei Tage im Gebrauch und kann noch nichts Langfristiges sagen, aber bisher bin ich begeistert. Mache täglich 20 Minuten Workout und am Abend lege ich noch mal nur meine Waden auf die Platte, um hoffentlich dem nächtlichen Wadenkrampf vorzubeugen.

Ich werde alt!

Bisher habe ich immer geglaubt, ich komme mit der modernen Technik gut zurecht. Habe länger einen PC als mein Sohn, dem ich die ersten Schritte beigebracht habe, habe ihm und mir schon 1990 ein Mobiltelefon gekauft, als noch kaum jemand so etwas hatte, nutze heute Smartphone und social media stündlich.

Und doch bin ich nicht auf der Höhe der Zeit. Habe für eine befreundete Familie einen Kinderwagen abgeholt. Ein super Gefährt, bestehend aus drei Teilen, die man jeweils am Fahrgestell befestigen kann. Der Sportwagen war angeschraubt, wir brauchten für das Neugeborene aber die Wanne. Bloß, wie bekommt man das Sportwagenteil ab? Ich hab hin und her gesucht, probiert, geruckelt. Nichts. Leider war die Beschreibung nicht dabei, ich suchte auf meinem Smartphone und versprach der Familie, zu Hause die Beschreibung auszudrucken und vorbei zu bringen.

Da sagt doch Zena, Zena, die kaum richtig schreiben und lesen kann, du musst in youtube schauen. Ich, wieso? Was soll ich da finden? Ich suche auf der Webseite der Firma und druck es euch zu Hause aus.

Doch dann, klammheimlich, gab ich den Markennamen in youtube ein. Und bekam einen wunderschönen Film, der mir genau die Handhabung des Wagens erklärt! Oje, ich muss immer noch dazu lernen.

Bad Nauheim

Es muss ja nicht immer Marokko, Spanien oder Florida sein, auch in Hessen gibt es schöne Ecken. Und so trieb es mich heute nach Bad Nauheim. Eigentlich nur für einen Kongress, aber ich hänge noch einen Tag an. Am Nachmittag brach ich auf, um die Stadt zu erkunden, mein Hotel liegt direkt am Kurpark und ich stellte als erstes fest, dass gerade ein Fest der Kulturen stattfand. Das war sehr nett, es gab aus vielen Ländern gute Gerichte zum Essen. Aber ich wollte doch ein wenig mehr von der Stadt sehen und traf eine kleine Gruppe mit einer Stadtführerin. Dort konnte ich mich spontan anschließen und das war sehr nett. Natürlich mussten wir auch über Elvis sprechen. Die Anschrift meines Hotels ist Elvis-Presley-Platz 1. An diesem Platz ist auch die Villa Grunewald, wo Elvis zu Beginn seiner Militärzeit gewohnt hat. Nicht nur er, der recht anständig war, sondern auch eine Menge seiner Freunde. Und die waren nicht immer so brav. Eines Tages schoben sie unter seiner Zimmertür einen brennenden Zettel durch, das war der Schlusspunkt, die Gruppe wurde rausgeworfen. Elvis hätte bleiben können, aber er folgte seinen Freunden.

Bad Nauheim ist recht nett, im Kurviertel herrliche alte Villen, wo Prominente und Adlige ein und aus gingen, auch Sissi war hier. Wegen ihrer Depression kam sie zur Behandlung in die Stadt, aber Bad Nauheim und vor allem das Essen sagten ihr überhaupt nicht zu, deshalb reiste sie schon 14 Tage vor Beendigung ihrer Kur nach Genf und wurde dort gerade man 14 Tage später ermordet. Ich kann also nur empfehlen, eine Kur in Bad Nauheim immer bis zum Ende auszuhalten. Und auch der Bummel durch die Altstadt ist hübsch. Heute. Damals sah das völlig anders aus, das alte Bad Nauheim war sehr arm und das sieht man auch noch an den winzigen Häuschen. Ein anderes Detail erzählte uns auch noch die Stadtführerin. Besonders viel Türken haben sich in der Altstadt Häuser gekauft und diese recht schön saniert. Dort gibt es daher auch den besten Döner.

Allah sei Dank

Wer mich persönlich kennt weiß dass ich mich seit gut zwei Jahren um eine Flüchtlingsfamilie kümmere. Es sind Roma aus Albanien. Sie kamen schon vor der großen Flüchtlingswelle ins Land, als Roma noch eine Chance hatten, anerkannt zu werden. Dann öffnete Merkel die Balkanroute und alles wurde anders. Albanien wurde zum sicheren Herkunftsland erklärt, auch für diskriminierte Roma, und die Familie sollte abgeschoben werden.

Gut, ich habe Verständnis dafür. Wir können einfach nicht alle aufnehmen. Unser Land und unsere Arbeitsplätze sind begrenzt. Aber es handelt sich um eine sehr, sehr nette Familie, ich habe besonders die schulpflichtigen Kinder ins Herz geschlossen. Den Ehrenjob als Flüchtlingshelferin habe ich schon lange aufgegeben, bin ja auch nur noch im Sommerhalbjahr da. Aber inzwischen verbindet mich mit der Familie eine tiefe Freundschaft, es ist „meine“ Familie und ich gehöre zu ihnen. Neben der Familie meines Sohnes habe ich mit ihnen die tiefste Verbindung.

Und so war es auch klar, dass ich versuchte, alle Rechtsmittel auszuschöpfen, um die Familie hier zu behalten. Dabei geht es mir nicht um die Eltern, sondern um die drei Kinder. Ich bin ihre Oma. Sie hatten in Albanien keine Chance, durften nicht die Schule besuchen, ´ganz zu schweigen von den schlimmen Wohnverhältnissen und der fehlenden Gesundheitsversorgung. Sie sind so glücklich hier in der Schule, arbeiten so fleißig, obwohl es ihnen schwer fällt. Bis zum 10. Lebensjahr konnte sie ja weder lesen noch schreiben. Vor allem sozial sind es unglaublich freundliche, hilfsbereite Kinder, was auch an der guten Erziehung der Eltern liegt.

Bevor ich im letzten Jahr für den Winter abreiste übergab ich den ganzen Vorgang an eine andere Familie. Deren Sohn geht mit einem der Flüchtlingskinder in eine Klasse, die beiden sind dicke Freunde. Und so bekamen wir schließlich die Auskunft, dass die Familie geduldet werden könnte, wenn der Vater eine Arbeit bekäme.

Na herrlich. Vor langer Zeit schon habe ich nachgefragt, ob der Vater nicht arbeiten kann. Das wurde ganz klar verneint. Er darf nicht. Und nun kann er nur bleiben, wenn er arbeitet. Kommt mir ein wenig vor, wie beim Hauptmann von Köpenick.

Aber egal. Man suchte und fand. Der Vater bekam Arbeit auf einem Bauernhof. Dort arbeitet er seit gut drei Monaten. Für welchen Lohn?

Null. Nichts. Nada.

Noch nicht mal was zu essen bekommt er. Dafür fängt er morgens um 6 Uhr an und kommt abends gegen 8 Uhr nach Hause. Samstag und Sonntag kommt er schon so gegen 4 Uhr.

Wieviele Stunden sind das pro Woche?

Das Amt hat ihm nun seinen Zuschuss gekürzt. Für die fünfköpfige Familie gab es nur 300 Euro für die nächsten 2 Wochen. Man nimmt halt an, dass er arbeitet und Geld verdient. Hat einen Arbeitsvertrag angefordert, aber der Bauer weigert sich, einen auszustellen. Als er diese Woche die 300 Euro heim brachte, wollten 2 Kinder einen Zuschuss zu der Klassenfahrt, die zum Schulabschluss fällig ist. Da war dann kaum noch was übrig.

Morgen ist der Ramadan zu Ende, was natürlich mit einem großen Fest gefeiert werden muss. Die Mutter erzählte mir die ganze Geschichte, aber nicht jammernd, sondern eher resigniert. Sie sagte, wir feiern halt mit Brot, das geht auch.

Unter einem Vorwand lud ich sie und eine Tochter ins Auto. Wir fuhren zu Lidl, ich sagte, ich muss noch einkaufen. Ein Hähnchen, Rindfleisch, Gemüse, Kuchen und lauter Leckereien kamen in den Einkaufskorb, die Mutter fragte erstaunt die Tochter, warum ich denn so viel einkaufe, ich wolle doch am nächsten Tag in Urlaub fahren.

Zu Hause brachte ich dann heimlich alles in die Küche, schickte dann die Mutter unter dem Vorwand hin, Allah hat dir was geschickt.

Sie war sprachlos. Und absolut glücklich. Und hat es sofort angenommen. Hätte ich gesagt, ich schenke es dir, hätte sie protestiert. Aber wenn es von Allah kommt kann sie nicht ablehnen. Ich freue mich total, dass die Familie morgen ein schönes Fest hat. Kann leider nicht dabei sein, denn wie gesagt, ich fahre ein paar Tage weg.

Aber darauf schloss sich dann noch eine längere Diskussion über Allah an. Zwischen mir Atheistin und der gläubigen Romafrau. Wohin kommen wir denn nach dem Tod? Ich: dann gibt’s uns nicht mehr. Sie: ins Paradies. Und wer hat das alles gemacht? Die Babys, die aus dem Bauch kommen? Ich: Ich zeigte ohne Worte, wie ich mir das Babymachen vorstelle.

So ging es noch eine ganze Weile ergebnislos hin und her. Darüber kann man nun nicht diskutieren, glauben ist glauben und jeder glaubt etwas anderes.

Namensänderung

Bisher hatte ich drei Blogs: einen für Marokko, einen für Florida und einen für Zuhause.

Das ist doch blöd. Deshalb habe ich den Namen nun geändert in

mobilunterwegs in Marokko und anderswo

das passt viel besser zu meinem Nomadenleben. Nun könnt ihr immer in einem einzigen Blog finden, was ich so mache

Vom maurischen Palast ins schottische Schloss

Nach dem netten Aufenthalt in Irun wollte ich unbedingt noch einen Stopp in Frankreich einplanen und suchte mir eine Unterkunft in der Nähe von Limoges. Zunächst war es schwer. Alles viel zu teuer, direkt im Stadtzentrum ohne Parkplatz oder im langweiligen Industriegebiet. Doch dann fand ich es: Chateau de Lezat, auf dem Land, umgeben nur von ein paar Häusern. Ein berühmter Arzt aus Limoges hatte es 1901 anstelle des alten Bauerhofs seiner Frau bauen lassen, nach dem Vorbild eines schottischen Schlosses. Allerdings hat er nie dort gelebt, starb auch bald nach Fertigstellung. Und so richtig wurde das Schlösschen erst aus seinem Dornröschenschlaf erweckt durch Sara und Serge, einem englisch-französischen Paar, das sich nach dem hektischen Leben in London hierher zurückgezogen hat und nun ein Gästehaus mit Table d’Hôte bietet. Und hier bin ich auf ein richtiges kleines Juwel gestoßen.

Der Empfang ist persönlich und nett. Sara zeigt mir mein Zimmer im 1. Stock. Die aus der Zeit stammenden altehrwürdigen Möbel sind auf Flohmärkten erstanden und bieten eine gemütliche Atmosphäre, kein Wunder, Sara ist Innenarchitektin. Hier wirkt alles wie in einem englischen Landhaus, auf dem Kaminsims stehen Figuren, auch eine Schale mit Pralinen, Zeitschriften liegen bereit, ich fühle mich, als besuche ich nette Verwandte. Und nicht wie die Einzelreisende, mit der keiner spricht. Besondern schön sind unten die Gemeinschaftszimmer, wo Sara schon für das Abendessen deckt und Serge, gelernter Hotelfachmann, in die Küche entschwindet. Kaninchen soll es geben. Wer hier essen will (Menü 26 Euro) muss vorher Bescheid sagen, denn Serge kocht alles ganz frisch.

Zunächst versammeln sich die Gäste im Musikzimmer zum Aperitif. Dazu serviert Sara leckere Amuse Gueule. Da außer mir nur noch ein Paar, und das auch noch Serges Bruder, zum Essen da ist, habe ich das unverhoffte Glück, dass wir alle, einschließlich Sara und Serge, gemeinsam an der großen Tafel fürstlich speisen und uns nett unterhalten. Serge muss allerdings immer wieder in die Küche, um den nächsten Gang aufzutragen. Der erste Gang ist typisch französisch, pochiertes Ei mit Pilzen. Der Hauptgang ein Kaninchenfrikassee mit Gemüsen, gefolgt von einer Auswahl an Käsen der Region, deren Herkunft Serge uns genau erklärt. Dazu ein herrlicher Beaujolais. Als Nachtisch gibt es köstliche gefüllte Crêpes, die aus einem Teig mit Kastanienmehl gebacken sind.

Und das Frühstück war auch sehr spezial. Serge immer um mich herum, um mir noch eine und noch eine Spezialität anzubieten. Ich nahm dann den gebackenen Apfel, gefüllt mit Rosinen und Maronen, köstlich, wenn auch ungewohnt als Frühstück. Dazu natürlich Brot und selbst gefertigte Konfitüren und ich sollte einfach nur sagen, was ich will, Serge macht mir alles. Und wieder nette Gespräche an der langen Tafel, immer gemischt englisch und französisch.

Ich glaube, nun muss ich auf dem schnellsten Weg nach Hause, sonst wiege ich noch 100 Kilo.

Urlaub von dem Urlaub

Mein Navi sprach zu mir: „Edith, fahr doch nicht immer die gleiche langweilige Strecke durch Spanien und Frankreich direkt nach Hause.“ Und schickte mich in die falsche Richtung. Und ich entgegnete: „Liebes Navi, du hast ganz recht!“ Daraus wurde ein wunderschöner Trip durch Spanien, der mich im Augenblick nach Irun geführt hat, Grenzort zu Frankreich ganz oben im Baskenland. Ich hatte noch nie von Irun gehört, es zeigt sich jedoch, dass es eine sehr alte Stadt am Jakobsweg ist und die berühmten Söhne der Stadt waren fast alle Fußballspieler, berühmte Töchter hat sie nicht aufzuweisen oder sie wirkten im Verborgenen. Ich wohne im besten Hotel der Stadt, dem Alcazar, einem alten herrschaftlichen Gebäude mitten im Zentrum, aber dennoch umgeben von einem Park und mit genügend Parkplätzen.

Auf meinem Stadtrundgang komme ich an einer Teeny-Boutique vorbei und kleide mich erstmal neu ein. Wer bin ich eigentlich? Bin ich die Frau, die in diesem Jahr noch 70 wird, die sich zu Ruhe setzen muss, so wie meine Freundin, die mit dem Rentenalter sofort auf Lebensende geschaltet hat, nur noch Alt-Frauen-Kleidung trägt, irgendwie abgeschaltet hat, oder bin ich die, die ich bin, die jetzt erst aufblüht, die jetzt erst zum Leben erwacht, die erst jetzt das tun kann, das sie vorher nicht tun konnte. So richtig fehlt mir ein Vorbild. Aber die Sachen in der Boutique sind wunderschön, ich kaufe löchrige Leggins, eine Bluse und ein Jeansjäckchen für richtig wenig Geld. Warum nur gibt es solch preiswerte Läden nicht bei uns? Da direkt gegenüber von meinem Hotel noch eine nette Vinoteka ist werfe ich mich zunächst in meine neuen Sachen und gehe dann dorthin essen. Man offeriert ein Menü für 15 Euro, inklusive Wein. Und davon bekomme ich eine ganze Flasche, ein richtig guter, eiskalter Rosado. Der junge Kellner mit Pferdeschwanz (ohne Sprachkenntnisse) berät mich (ohne Spanischkenntnisse) ganz lieb bei der Auswahl der Gänge und ich bin sehr zufrieden, Vorspeise warme Baby-Artischokenherzen mit Serrano-Schinken, Hauptgang ein raffiniertes Gebilde, gehacktes Fleisch mit Kräutern und Gewürzen, gekrönt von Kartoffelbrei und als Nachtisch Crèpe Café. Und ja, die Flasche wird leer. Das ist Urlaub für mich, deshalb hänge ich noch ein paar Tage in Spanien und Frankreich dran. So schön Marokko ist, es ist irgendwie auch Arbeit. Und hier kann ich einfach sein. Und genießen.

Und ich muss mal ein Lob auf booking.com singen. Früher habe ich abends oft ziemlich lange nach einem Hotel gesucht und doch nichts Gescheites gefunden. Jetzt suche ich am Nachmittag eine Raststätte, die Wi-Fi anbietet, schaue in booking.com, was sich so an meiner Strecke findet, und buche. Bisher war ich mit den Hotels sehr zufrieden. Mein erster Stopp war in La Linea, ebenfalls eine Grenzstadt, zu Gibraltar, wo ich die Nacht in einem sehr guten 4-Sterne-Hotel verbracht habe und mir Gibraltar angeschaut habe, bevor es aus der EU austritt. Die zweite Nacht war ich in einem Riad! Nein, nicht in Marrakech, sondern in dem maurischen Palast Casa Palacio im kleinen Örtchen Santa Cruz de Mudela, nahe bei Valdepenas. Es war dort am Abend noch 34 Grad heiß, deshalb hatten alle Bars und Restaurants (wenn es in dem Kaff überhaupt welche gab) noch zu, ich machte auch hier einen schönen Stadtrundgang und deckte mich dann in einem Supermarkt ein, hatte meine eigenen Tapas im Garten des Casa Palacio und der Wirt war freundlich und erlaubte mir das.

Dieser Aufenthalt war nur ein wenig getrübt von Problemen mit dem Land Rover Discovery. 50 km vor dem Hotel leuchtete plötzlich eine rote Warnleuchte auf: Fehler Motorsysteme. Das ist kein schönes Gefühl. Ich stoppte, schaltete die Zündung für eine Weile aus, startete neu, das gleiche Problem. Aber der Motor lief gut wie immer. Mit sehr schlechtem Gefühl fuhr ich die 50 km weiter, ging in Santa Cruz zu einer Werkstatt, aber die konnten nichts tun, gaben mir jedoch die Anschrift eines Land Rover Händlers im 20 km entfernten Valdepenas. Und das war dann meine erste Aufgabe am Morgen. Die Mitarbeiter der Werkstatt waren sehr freundlich, einer konnte ein wenig Englisch, der Motor wurde getestet, für gut befunden, Warnleuchte zurückgeschaltet und als Begründung hieß es, dass die Benzinzufuhr evtl. aufgrund schlechten Diesels in Marokko kurzfristig gestört war. Ich müsste damit aber ohne Probleme bis nach Deutschland kommen. Jedenfalls hat es bis Irun gut geklappt. Und dieser Service war auch noch kostenlos, ein Hoch auf Land Rover!

Auf der Haschischroute

Ein letztes Abenteuer stand noch auf dem Programm, bevor es rüber nach Europa geht. Ich möchte von Fes nach Chefchaouen, aber diesmal direkt durch das Rifgebirge, über Ketama, dem Zentrum des Hanfanbaus. Ende der 1980er, als ich ganz neu in Marokko war, bin ich diese Route einmal gefahren und es war der reinste Horror. Zwischen Ketama und Taounate wurde ich von Händlern mit Pickup verfolgt, sie wollten mich zum Anhalten zwingen und mir ihre Ware andrehen, es war eine Höllenfahrt, die erst vor der Polizeikontrolle vor Taounate endete. Seitdem bin ich die Strecke nie mehr gefahren, nur einmal von Chefchaouen über Ketama nach Alhoceima vor 10 Jahren, da ging es wesentlich ruhiger zu. Lust hatte ich also nicht auf die Route, aber ab und zu muss ich ja mal testen, mal ausprobieren, was ich meinen Lesern so empfehlen kann.

Von Fes aus nach Taounate gab es keinerlei Probleme. Dies ist ein landwirtschaftliches Anbaugebiet, jetzt, Mitte Mai, werden die Getreidefelder gerade abgeerntet und es war viel Verkehr auf der Straße. Taounate ist die Geburtsstadt der berühmten marokkanischen Schriftstellerin und Soziologin Fatima Mernissi.

40 km vor Ketama dann der erste Zwischenfall. Direkt vor mir fährt ein älterer Mercedes vom Straßenrand auf meine Spur, ich überhole, er blendet auf und macht Zeichen. Aber er verfolgt mich nur ganz kurz, dann gibt er auf. Richtig auffallend ist an dieser Strecke, wie viele PKW am Straßenrand parken, meist mit Fahrer im Wagen und meist handelt es sich um ältere Mercedes. Keramik wird an Straßenständen verkauft, Haschisch ganz offensichtlich aus dem Wagen. Man hebt die Hand, blendet auf, aber das ist es auch schon. Es gibt keinerlei aggressive Belästigung mehr, wie ich es in den 1980ern erlebt habe. Aber damals gab es ja auch keinerlei Verkehr. Wer auf der Straße war, war entweder Käufer oder Händler, sonstigen Verkehr gab es nicht. Das ist heute anders, viele Fahrzeuge sind unterwegs und solche Verfolgungsfahrten wie damals wären heute nicht mehr möglich.

Hier reichen die Hanffelder wirklich bis an die Straße heran, es wird nicht nur in abgelegenen Tälern angebaut, sondern ganz offen und von den Behörden geduldet. Keine großen, zusammenhängenden Felder, sondern jedes kleinste fruchtbare Eckchen wird ausgenutzt. Ich komme dann durch Tleta Ketama, das hier ist wirklich das Zentrum der Hanfanbaus, in den Cafés sitzen die Männer und heben nur leicht die Hand, jeder sieht mich als Käufer an. Richtig feige bin ich, halte nicht an. Der Horror von damals sitzt mir noch in den Knochen, aber eigentlich ist alles ganz friedlich. Die Bauern wollen nur ihre Waren verkaufen, halt keine Kartoffeln oder Arganöl, sondern Haschisch, das in den meisten Ländern gesetzlich verboten ist.

Chefchaouen

Hinter Ketama geht es dann auf die Straße nach Chefchaouen. Ich fühle mich hier wie im Schwarzwald, hohe Zedern, sprudelnde Quellen, die von den Autofahrern zum Waschen benutzt werden. Nachdem ich nun die Haschischroute gefahrlos hinter mich gebracht habe, fällt auch die Spannung von mir ab und ich habe absolut keine Lust mehr zum Fahren. Jeder Kilometer fällt mir schwer, ich will nur noch ankommen. Die zwei Monate haben mich geschlaucht, ich mag nicht mehr. Und noch viel deutlicher spüre ich das, als ich in Chefchaouen ankomme. Diese Stadt, die täglich hunderte von Touristen anzieht, die alle total begeistert sind, stößt mich nur ab. Ich finde sie schrecklich, unecht, verlogen; sehne mich nach der Ruhe und dem Frieden des Südens. Ich kenne natürlich auch dieses kleine Städtchen seit 30 Jahren, komme aber nicht so oft her, ich mag halt den Frieden und die Weite der Wüste, das beruhigt mich. Diese Stadt stresst mich nur. Ich hatte das Dar Mounir gebucht, fast alle Hotels waren bereits ausgebucht, vor allem die außerhalb mit Parkplatz. Das Mounir hatte in seiner Beschreibung ebenfalls einen Parkplatz hervorgehoben, aber das stellte sich als nicht ganz zutreffend heraus. Das Hotel, eigentlich sehr hübsch, liegt wirklich mitten in der Medina, nahe dem großen Platz vor der Kasbah, und dorthin führt weder eine Autostraße noch gibt es einen Parkplatz. Ich war total genervt, auch weil ich es nicht fand. Ein Anruf ergab, ich soll auf dem kleinen Parkplatz vor dem Hotel Parador parken. Okay, ich fand ihn. Aber keinen Platz. Ein Soldat schickte mich weg. Ich rastete aus. Der Parkwächter hatte Mitleid und bat mich zu warten. Und tatsächlich fuhr bald jemand weg und ich konnte parken. Nur wo ist das blöde Riad? Ich fragte, wurde erstmal in die falsche Richtung geschickt und erst, als ich in einem anderen Hotel nachfragte, wies der nette Mann an der Rezeption mir den richtigen Weg. Gut dass ich es erstmal ohne Gepäck versucht hatte. Im Dar Mounir gab man mir dann zwar jemand mit, um das Gepäck zu tragen, aber ich dachte an den Rückweg am Morgen 200 m über ziemlich grobes Pflaster und packte nur ein paar Übernachtungssachen in einen Beutel. Uffz!

Am liebsten würde ich nur im Zimmer bleiben, ausruhen, lesen, alles aufschreiben. Aber das geht natürlich nicht. Wenn ich schon mal hier bin muss ich mir auch was ansehen, muss neue Fotos machen. Dieses Städtchen war ja immer bekannt für seine schöne maurische Bauweise, die man auch in Andalusien finden könnte, durch die weiß gestrichenen Häuser, die einen matten Blaustich hatten. Doch da dies bei den Touristen gut ankam versucht man jetzt, es zu übertreiben. Kilos des natürlichen Farbstoffes Indigo werden hier in die Farbe gegossen und alles blau angepinselt, in den grellsten Tönen. So war das original nicht, aber die Besucher lieben es. Und natürlich schlendern Hunderte durch die engen Gassen, reiht sich ein Souvenirladen an den anderen, ein Restaurant ans andere, und alle bieten den gleichen Einheitsbrei. Was sehne ich mich nach einem gut gewürzten europäischen Essen. Ich mag mich in keine dieser Touristenfallen setzen, muss aber zugeben, dass sie durchaus günstige Preise haben, aber lecker sieht es nicht aus, und ein deutsches Paar, das ich schon vom Campingplatz kenne, bestätigt mir das. Dann sehe ich Einheimische beim Tee sitzen und dazu Schfinsch essen, die leckeren Schmalzkringel. Ich frage, wo es die zu kaufen gibt, war natürlich unvermeidlich, dass mir einer geschenkt wird und ich kann ihn auch nicht ablehnen, aber dann frage ich mich doch durch, und finde den Laden auch, wo eine lange Schlange von Kunden bereits auf die leckeren Kringel für wenig Geld wartet, die nur am frühen Morgen und am Abend gebacken werden. Zurück im Hotel, wo die letzte Flasche Wein auf mich wartet, verspeise ich diese und bin zufrieden.

Und auch der nächste Morgen fängt nicht besser an. Um 8 Uhr will ich runter zum Frühstück. Ich wusste bereits, dass dies nicht hier im Haus auf der schönen Dachterrasse serviert wird, sondern im Restaurant der Familie 100 m weiter. Doch nein, an der Rezeption ein neuer Mann, arbeitet erst 2 Tage im Haus und deshalb immun gegen alle Beschwerden, sagt nonchalant, Frühstück erst ab 8:30 Uhr. So spät habe ich das bisher noch nie angetroffen. Ich bekomme die öffentliche Frühstückskarte gezeigt, das Frühstück ist zwar inklusive, wird aber auch für 25 Dirham angeboten. Ich bekomme ein Spiegelei, 5 Oliven, etwas Ziegenfrischkäse, ein Brot, so winzig, wie ich es noch nicht gesehen habe, einen Kaffee und einen kleinen O-Saft. Das ist echt das spärlichste Frühstück auf meiner ganzen Reise, hätte ich doch immer hier gelebt, ich hätte nicht die 2 kg zu viel mit mir herumzutragen.

Wie kann man nur so ein schönes Hotel an so einer guten Stelle bauen und dann mit miesem Service alles kaputt machen? Ich gebe mir die Antwort selbst: Weil die Gäste trotzdem kommen, Chefchaouen völlig überlaufen ist.