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Reisebericht

Google-Reisen

Nicht nur Merzouga hat sich verändert, vor allem die Reisenden haben sich verändert. Früher kamen nur einzelne, abenteuerlustige mit ein wenig Zeit. Wir sind gereist, um ein Land kennen zu lernen, um etwas über die Menschen zu lernen, zu sehen wie sie leben, um uns mit ihnen anzufreunden. Oft haben wir genauso gelebt wie sie, nicht selten wurde ich von einer Familie eingeladen zur Übernachtung, habe mit allen anderen auf dem Boden geschlafen, zuvor im Salon auf dem Teppich gesessen und ein Tajine mit ihnen aus der gleichen Schale gegessen.

Das ist heute vollkommen  anders geworden, heute regiert die Google-Welt. Man klickt sich eine Route in Minuten zusammen, findet entsprechende Übernachtungsmöglichkeiten in booking.com, das geht auch fürs Wüstenbiwak, einen Reiseführer braucht man nicht mehr. Den müsste man ja lesen. Das ist zu viel verlangt von den heutigen Reisenden, dafür hat niemand Zeit. Eine Woche Marokko, man findet die Highlights in Google, Kamel reiten, Sonnenuntergang auf der Düne, Tee bei den Nomaden, das ist das Event. Und auf zum nächsten Land.

Über das Land wissen diese Reisenden überhaupt nichts. Haben kein Hintergrundwissen, kennen nicht die Traditionen, wissen auch nicht, was es rechts und links von google maps noch zu sehen gibt. Oder es passieren solche Dinge: Ein Anwohner in Merzouga hat vor seinem Haus privat einen Brunnen gebaut für seine Nachbarn, die oft noch kein fließend Wasser im Haus haben. Damit sie nicht so weit laufen müssen. Er wohnt nicht zentral, etwas abgelegen, doch dann kommt ein Hippie-LKW und bunkert Wasser im großen Stil. Wasser, das rar ist. Von seinem privaten Brunnen. Warum? Weil irgendeiner diesen Brunnen in google eingetragen hat und nun jeder kommt.

Meine Bücher waren noch anders. Ich habe viel über das Land und seine Bewohner geschrieben, habe auch erklärt, wie man sich z.B. verhält, wenn man in ein Haus eingeladen wird. Aber tatsächlich gehören meine Leser heute alle einem höheren Alter an, einer anderen Zeit.

Erg Chebbi

Ich kenne den Erg Chebbi noch, als es in den Dünen drei Cafés gab, null Hotels, kaum Touristen, die nur abends in Landrover-Karawanen eintrafen, um den Sonnenuntergang zu bestaunen. Dann ging es wieder in ihr Hotel in Erfoud zurück. Nur vor der großen Düne bei Merzouga gab es das Hotel Merzouga, kein Strom, Zimmer nut mit primitiven Betten, WC auf dem Gang, von Klimaanlage träumte man damals nicht einmal. Ich habe trotzdem dort geschlafen, im Café Dune dÒr auf Matten. Am Abend kamen auf Mopeds ein paar Jungs und haben getrommelt bis das Zwerchfell platzte. Es war eine schöne Zeit. Keine Fotos dazu, denn damals gab es die nur auf Papier, zückte nicht dauernd jemand sein Smartphone.

Dann kamen immer mehr Hotels, dann wurde die Teerstraße gebaut, die Sanddünen mit Biwaks zugepflastert. Finde ich das gut? Nein. Kann ich es aufhalten? Nein. Quads tauchten auf. Schon 2014 schrieb ich in meinem Reisehandbuch:

Ein weiteres Problem stellen die Offroad- und vor allem Quadfahrer dar, die mit ihren Fahrzeugen die Dünen zur Teststrecke erkoren haben. Die Landschaft wird zerstört, die Tierwelt vertrieben, aber es bringt das große Geld. Das ist leider das einzige was zählt. Seit 2005 ist das Befahren der Dünen offiziell verboten, aber es kümmert sich niemand darum. Der Erg Chebbi sollte gerade nach dieser Katastrophe (Unwetter mit Überschwemmung und Zerstörung vieler Auberges) zum Naturschutzgebiet erklärt werden, aber wahrscheinlich ist es dafür schon zu spät. Hoffentlich geschieht nicht das gleiche am bisher noch recht natürlich erhaltenen Erg Chegaga.

Konnte ich damit irgendetwas aufhalten? Nein. Quads und Buggies nehmen immer mehr zu, Ruhe findet man in den Dünen nicht mehr.

Ali Oubassidi vom schönen Gästehaus Ksar Bicha

Und so habe ich auch die Einladung von Ali Oubassidi von dem schönen Gästehaus Ksar Bicha akzeptiert, mit dem Buggy zum Sonnenuntergang zu fahren. Ich soll das verdammte Ding fahren. Aber ich habe doch Angst! Ali ist tatsächlich ein geprüfter Fahrlehrer für Quads und Buggies, künftige Rallyefahrer lernen bei ihm. Zudem spricht er gut Deutsch, in schnellen Situationen von Vorteil. Ich kann ihm vertrauen. Und so rasen wir die Dünen hinauf und hinunter. Wenn es hoch geht sehe ich ja absolut nicht was dahinter kommt, und was kommt ist meist sehr steil abwärts. Aber das Ding meistert alles. Zudem ist man gut festgehalten durch den Gurt sowie den Überrollbügel, selbst bei einem Sturz würde wenig passieren. Das sieht bei Quads schon anders aus, da gibt es öfter Unfälle mit Verletzten. Und trotzdem, mir reicht eine kurze Tour, ich bin doch zu ängstlich. Kann verstehen, dass es den großen Jungs viel Spaß macht, aber ich möchte doch lieber zurück.

Biwak

Ali will mir seine Biwaks auf der anderen Seite des Erg zeigen. Mitten in den Dünen sind ja nun keine festen Camps mehr erlaubt. Ich sage, dann fährst du aber. Er sagt, dann fahren wir mit dem Auto. Zurück an der Werkstatt lässt er Luft ab aus den Reifen. Mir hätte schon da böses schwanen müssen. Denn anstatt die bequeme Piste um Erg Chebbi zu fahren geht es nun über die allerhöchsten Dünen. Ali sagt, man muss immer über die hohen Dünen, um den besten Überblick zu haben. Eine wilde Jagd. Gemütlich ziehen die Kamele dahin, um die Gäste zu den Biwaks zu bringen, um sie nicht zu stören geht es also wieder hinauf. Wir trinken Tee im Biwak, die Gäste treffen ein, machen sich hügelan auf den Weg für den Sonnenuntergang, also fahren auch wir wieder los. Wohin? Überflüssig zu fragen, natürlich in Richtung auf die höchste Düne. Dort stehen bereits drei Touristen, fest umhüllt mit blauen Chechs, ich habe ein schlechtes Gewissen, ihre Ruhe zu stören, Ali saust darauf zu. Und die Gäste? Schimpfen? Nein! Begrüßen uns mit fröhlichem Hallo und wollen alle ein Foto mit dem Wagen. Ich frage nach der Nationalität: Marokko! Was? So sehen sie nicht aus. Sind drei Geschwister und wohnen in Marrakech, Dänemark und Kalifornien. Und sind doch tatsächlich Gäste in Alis Biwak, obwohl es noch gut 90 andere gibt an den Dünen.

Der Sonnenuntergang ist grandios und Ali muss versprechen, die Gäste morgen früh persönlich aus dem Biwak abzuholen mit diesem tollen Wüstenauto, das hat sie sehr beeindruckt.

Wer das Abenteuer nachmachen möchte, hier gibt’s die Fahrzeuge:

Merzouga Desert, Hassi Labiad, Tel. 0650 – 03 14 56, www.merzougadesert.com, merzougadesert@yahoo.com

Oder quartiert euch doch gleich im schönen Ksar Bicha ein und redet mit Ali, www.ksarbicha.com

Mohammed Ouattou

Ich habe für mich entschieden, dass ich mir in meinem Alter ein eBike verdient habe, und genauso habe ich mir verdient, dass ich nun auf schwierigen Pisten einen Führer / Fahrer mitnehme. Und zwar Mohammed Ouattou, bester Guide in ganz Südmarokko.

 

Doch langsam, so weit sind wir noch nicht. Das romantische Abendessen im Riad Dar Sofian fand statt, danach sind wir noch zu Mostafa ins Dromadaire Gourmand, weil ich mich xxverabschieden wollte. Dort saßen zwei Wohnmobil-Damen und wurden von Mostafa betüttelt, natürlich hatten auch sie meine Bücher und waren froh, mich zu treffen. Musste natürlich ein Glas Wein mit dem Grüppchen trinken, aber konnte mich kaum auf dem Stuhl halten, war total müde. Doch erst im Riad Dar Sofian, in meinem gemütlichen Bett, merkte ich, dass es weder der Wein noch die Erschöpfung waren, sondern ganz einfach eine heftige Sommergrippe mich erwischt hatte. Mit Schlafen war es in der Nacht nichts und als ich am Morgen das köstliche opulente Frühstück serviert bekam, konnte ich nur einen winzigen Happen essen, ließ mir aber ein kleines Lunchpaket für die Reise packen.

Zagora – Oumjrane

Dann ging es trotz Krankheit auf die Reise, das Sofian hatte ja für mich kein Zimmer mehr frei. Zunächst Asphalt, nach etwa 50 Kilometern ging es dann auf Piste. Ich bin die komplette Strecke früher öfter gefahren und weiß daher, dass das Stück bis Oumjrane relativ einfach ist, auch für PKW machbar. In Oumjrane dann gab es ein neues Café und auch eine neue Herberge außerhalb. Aber das habe ich nicht geschafft, habe mich stattdessen völlig erschöpft in das Café begeben. Die Leute dort waren so lieb. Haben mir Wasser und Tee gebracht, mich mit allen Infos versorgt und sogar den Herbergschef herbei gerufen.

Oumjrane – Fezzou

Mein Ziel sollte Fezzou sein, der neue Campingplatz von Brahim. Ich wusste dass er Schlafmöglichkeit hat und mich angemeldet. Aber als ich ankam habe ich es kaum geschafft, Infos zu sammeln, hatte inzwischen Fieber und es ging mir sehr schlecht. Ich legte mich im Zimmer hin und ruhte mich aus. Doch dann sah ich mich um. Es war heiß, richtig heiß. Keine AC und zu den Sanitäranlagen ziemlich weit. Der ursprüngliche Plan war, am nächsten Tag zurück auf der Teerstraße und über Alnif und Mecissi nach Erfoud. Kürzer wäre es aber, Teer nach Tafraout zu fahren und dann Piste nach Merzouga, wo ich mich bei Ali Mouni einige Tage ausruhen kann. Aber die Piste Tafraout – Taouz ist sehr schwierig mit viel Sand, das traue ich mir in meinem Zustand nicht zu. Also rief ich Mohammed Ouattou an. Er ließ mich kaum ausreden, völlig egal ob krank oder nicht, er war begierig zu kommen und mich zu fahren. Musste halt erst einen Transport finden, der über die Piste fährt.

Mharech

Also rief ich in Tafraout an, um unter meinen Freunden einen Herbergsplatz zu finden. Habe ja genug. Aber die ersten drei meldeten sich nicht. Die Telefonverbindung so weit im Süden ist sehr schlecht. Erreichen konnte ich dann Ali von der Auberge Oasis Mharech, aber auch nur, weil er inzwischen in Merzouga wohnt. Aber ich bekam einen Schlafplatz in seiner Auberge und gelangte trotz 25 km guter Piste auch dorthin. Aus den geplanten 200 km waren trotz oder wegen Krankheit 310 km geworden und ich war am Ende. Bestellte gleich mal jegliches Abendessen ab, hatte von meinem Lunchpaket fast nichts gegessen. Auch hier heiß, heiß, heiß. Die Zimmer ohne AC. Ich ließ Tür und Fenster auf, schlief erst mal draußen auf der Bank, später drinnen und lag schließlich 12 Stunden flach.

 

Das tat mir so gut, dass ich am nächsten Morgen sogar von den leckeren Schmalzkringeln essen konnte. Aber nun bestand das Problem wie ich Moha finde. Er hatte am Abend gesagt, dass er in Ouzina schlafen wollte und ich hatte ihm kurz mitgeteilt, dass ich in Mharech sei, als wir beide noch WiFi zur Verfügung hatten. Ich hörte ihn stöhnen, aber er war zu höflich was zu sagen. Ich realisierte dann später, dass er vielleicht eine Möglichkeit hat, nach Tafraout zu kommen, aber nicht nach Mharech. Aber nun war unser Kontakt abgerissen, wir waren abgeschnitten von jeglicher Telefon- oder Internetverbindung.

Alle Freunde wurden eingeschaltet und versucht, Moha zu erreichen, aber nein. Ich hatte die Piste Mharech – Tafraout mit heftigem Sand in Erinnerung, aber Brahim sagte, er muss sowieso nach Tafraout und ich solle ihm folgen. Das ging auch gut, denn dies war eine andere Piste, nicht die sandige. In Tafraout ging es dann zur Auberge Dar Lajdoud, sie gehört Said, dem Bruder von Ali und Brahim und natürlich auch ein guter Bekannter von mir.

Tafraout – Merzouga

Um 10 Uhr dann, oh Wunder, klingelte Saids Telefon. Moha war dran und inzwischen in Tafraout mit einer Gruppe Offroad-Fahrer und dem Mechaniker Said Nassir angekommen. Ich hatte in der Boutique noch was zu erledigen und war beeindruckt, was es dort alles gibt. Ein wahrer WalMart für die Wüste. Außen Benzin, auch Ersatzteile für Mopeds, innen von Schuhen über Haushaltswaren zu Lebensmittel und Telefonkarten. Und bei Problemen mit Maroc Telecom (ich) wird auch geduldig geholfen.

Und dann ging es los auf die Piste. Moha liebt seine Sanddünen. Warum einfach, wenn es auch schwierig geht. Er saust einfach dahin, ist aber dennoch ein sehr guter Fahrer und kennt jedes Sandkorn. Als wir Ouzina erreichen klappern wir jede Auberge ab. Ich muss es tun, trotz Krankheit, denn so schnell komme ich nicht wieder hierhin und durch Covid ist ja eine lange Zeit seit der letzten Information vergangen.

Als ich endlich das Nomad Palace erreiche falle ich zunächst Ali Mouni in die Arme und dann in mein Bett. Gibt nur noch ein Süppchen zuvor.

Hier der Blick von meinem Zimmer.

Zagora

Knapp eine Woche war ich in Mhamid und Chegaga, es war wunderschön, aber dann muss ich einfach weiter ziehen. Gestern ging es also nach Zagora. Zuvor musste die Frage geklärt werden, wo ich schlafe. Mein Lieblings-Riad ist nun mal das Dar Sofian, aber auch dank meiner ständigen Empfehlung ist es nun immer ausgebucht und man hat kein Zimmer für mich. Ich kann natürlich immer im Prends ton Temps schlafen, der Besitzer Belaid ist sehr gastfreundlich, nimmt mich an als Familie, ich mag seine Musik und sein Essen ist gut. Aber die Zimmer sind nicht so ganz mein Geschmack, zu einfach. Also rufe ich verschämt den guten Abdallah im Riad Fennec Sahara an und frage ob er für mich heimatlose Person vielleicht noch ein Zimmerchen hat. Er hat. Ist doch einfach gut, wenn man Freunde hat und bei Abdallah ist es immer sehr gemütlich und sauber.

Café Oscar

Hier bin ich dann auch wieder mit Michael und Kerstin vereint. Ihr Gefährt ist ja immer noch ein Trike, der arme Jeep, aber es heißt, dass am Abend das Ersatzteil aus Frankreich ankommen soll. Und so gehen wir erst mal ins Café Oscar, ich hole aus der Patisserie ein Kuchenpaket und der Kellner bringt uns gleich Teller und Löffelchen. Das ist hier so üblich, weil die Patisserie der gleichen Familie gehört. Aber auch andernorts ist es mir schon oft passiert. Am Abend lassen wir es uns dann im Fennec gut gehen, Abdallah bereitet eine vegetarische Tajine zu. Ich habe noch eine Flasche Sekt, sie ist nicht allzu kalt. Eiswürfel darf man ja kaum erwarten in Zagora, oder? Abdallah löst das Problem auf seine Art. Er hat eine große Flasche Wasser eingefroren, die zerhackt er, füllt ein Couscous-Topf mit den Brocken und rein mit der Flasche. Ich sags ja, Abdallah ist super und so macht er uns am Morgen nicht nur wieder ein schönes Frühstück, sondern bringt auch meine kaputten Sandalen zum Schuhmacher, der auch eine echte Maroc-Arbeit daran ausführt.

Garage Ali Nassir

Am Morgen ist dann die Spannung groß. Laut DHL war die Antriebswelle ja bereits in Casablance angekommen. Dort sollte sie einem Bus mitgegeben werden und am Abend in Zagora eintreffen. Und tatsächlich, als ich zu Ali fuhr arbeitete man bereits am Wagen. Aber denkt nun nicht dass damit alles fertig ist und die Beiden morgen abfahren und ihre Fähre noch bekommen können. Nein, das wäre nicht Marokko. Es stellt sich heraus, dass die ebenfalls bestellte Bremsscheibe falsch ist und eine neue her muss. Kommt wohl heute Abend wieder mit dem Bus.

Prends ton Temps

Aber dann bekomme ich doch noch ein Zimmer im Riad Dar Sofian, wenn auch nur für einen Tag. Aber die Region Dratal ist auch abgearbeitet und ich werde morgen weiter fahren. Mich dann auch endgültig von Michael und Kerstin trennen, es war sehr schön mit ihnen. Da sie ja eh nur untätig warten können bis Ali fertig ist, gehen wir zu Belaid. Er hat uns zum Couscous eingeladen, es ist ja Freitag. Und wenn ich schon nicht bei ihm schlafe, muss ich wenigstens diese Einladung annehmen. Aber es ist ja auch immer schön. Der Couscous schmeckt und danach macht er noch extra für uns Musik. Auf seinem Campingplatz steht ein Wohnmobil aus Dresden und ich lade die Insassen ein zur Musik. Und muss auch gleich mein Buch signieren, natürlich hat er mehrere meiner Bücher dabei und bedankt sich für die guten Tipps.

Riad Dar Sofian

Mit vollem Bauch fahren wir dann gleich weiter zum Riad Dar Sofian. Wir haben seit Tagen um die 40 Grad, da braucht man einfach einen Pool. Im Fennec gibt es noch keinen, aber wenn ihr alle in dem schönen Haus wohnt, dann bekommt Abdallah so viel Geld zusammen, dass er einen bauen kann. Die Poolliegen sind leer, denn die Chegaga-Reisenden sind bereits abgefahren und die Übernachtungsgäste noch nicht da. Also räkeln wir uns auf den bequemen Liegen. Der Kellner kommt und fragt mich, was ich abends essen möchte. Man will das immer vorher wissen, damit alles frisch zubereitet werden kann. Und auch Kerstin und Michael entschließen sich, zum Abendessen zurück zu kommen. Mal sehen, ob ich euch später Bilder posten kann von dem romantischen Ambiente.

 

Besucher

Dann kamen aber überraschend Michael und Kerstin. Ich hatte sie in Zagora im Riad Fennec Sahara kennengelernt, wo sie wegen gebrochener Antriebswelle gestrandet waren. Da das Ersatzteil aus Frankreich besorgt werden muss geht es für sie vorläufig nicht weiter und sie haben sich zu einem Kurzbesuch in Mhamid entschlossen. Das macht natürlich Spaß und ich mache mit ihnen meine übliche Besichtigungstour. Die führt immer zu den Ksour im Palmenhain. Das heutige Mhamid ist ja erst unter den Franzosen als Verwaltungszentrum entstanden, die Menschen lebten bis dahin in sieben verschiedenen Dörfern draußen im Palmenhain. Es sind befestigte Dörfer, Ksar (Einzahl) und Ksour (Mehrzahl). Traurig ist es, den einst fruchtbaren Palmenhain zu sehen, die Palmen vertrocknen, Datteln, die Basis der Landwirtschaft und Haupteinnahmequelle der Bauern fällt komplett aus. Zunächst schnitt der neue Stausee bei Ouarzazate das lebenswichtige Wasser ab, dann herrscht seit einigen Jahren eine Dürreperiode und es regnet kaum mehr. Übrig bleibt tatsächlich nur der Tourismus und der war wegen Covid auch zwei Jahre ausgefallen. Es ist nicht leicht für die Menschen hier, viele wandern ab in den Norden.

Ksar Ouled Mhajar

Einer der Ksour ist Ksar Ouled Mhajar. Von der Straße aus ist der Ort nicht zu sehen, nur das Schild Camp Jamal. Und das ist wirklich ein Geheimtipp. Ich hatte vor Jahren dort ein Zelt entdeckt, ein alter, freundlicher Mann bot Tee an. Später übernahm sein Sohn Jamal diese Aufgabe und ich überredete ihn, hier ein Camp für Offroader zu schaffen, was er auch schön getan hat. Jamal organisiert auch Kameltrekking, das nicht zum Erg Chegaga führt, sondern in die wunderschöne, ganz besondere Landschaft mit den kleinen Dünen und Palmengruppen. Gleich hinter dem Camp liegt wunderschön der Ksar Ouled Mhajar vom Sand fast überrollt in einer wunderschönen Landschaft mit kleinen Dünen, Palmen, altem Ziehbrunnen. Das Dorf ist fast ganz vom Sand verdeckt, aber es wohnen doch noch einige Familien hier. Die alte Familienkasbah von Jamal ist fast völlig von Sand überdeckt, aber ich habe sozusagen Hausrecht hier und darf Besucher hinein führen, um die wunderschöne, typische Architektur zu zeigen.

 

      

Museum Seven Kasbahs

Zum Abschluss besuchen wir noch den Ksar Talha mit einer Moschee und einem Brunnen an der Straße. Hier wurde das alte Wohnhaus einer Familie als Museum geöffnet, ein lohnender Besuch. Die junge Samia erklärt in Französisch den Gebrauch der Dinge und bietet einen Tee an.

Die Blauen Männer der Wüste

Mitte des 11. Jh. siedelte sich in der Dra Region ein Beduinenstamm aus dem Jemen an und führte einen lebhaften Karawanenhandel mit den nordafrikanischen und subsaharischen Ländern. Sie organisierten sich in Stammesbünden, um sich besser gegen rivalisierende Stämme zu schützen. Daraus entwickelte sich der Stamm der Aarib, diese gründeten im 16. Jh. unter der Dynastie der Saadier das Dorf Mhamid. Dieses Dorf wurde eine wichtige Karawanenkreuzung zwischen Marrakech, Tindouf und Tombouctou. Man handelte hauptsächlich mit Datteln, Hennah, Mandeln und Oliven, aber auch mit Gold und Sklaven aus dem Sudan. Die Spur der Aarib reicht bis nach Mali, Taoudenni und Tombouctou sowie Algerien in die Region von Ighidi. Als Bewohner der Sahara werden sie auch Sahraoui genannt. Häufig wird allerdings auch die Bezeichnung „Blaue Männer“ verwendet, da sie mit Indigo gefärbte blaue Kleidung bevorzugen, deren Farbe auf die Haut abfärbt.

Die geopolitischen Änderungen des 20. Jahrhundert haben grundlegend das überlieferte Leben und die Traditionen geändert. Die Unabhängigkeit Marokkos im Jahre 1956 und die erschwerte Überquerung der Grenzen mit Algerien und Mauretanien haben definitiv den Karawanenhandel und die Herdenwanderung beendet und die Nomaden zur Sesshaftigkeit verurteilt. Die Trockenheit und der Bau des Staudammes bei Ouarzazate haben dazu beigetragen, diese Region zu isolieren und zu verarmen.

Und so haben die Bewohner um Mhamid auch heute noch wesentlich mehr Ähnlichkeiten zu den Menschen am Südrand der Sahara als zum Beispiel zum benachbarten Tafilalet, das sehr arabisch geprägt ist. Und das merkt man daran, wie Samia den Tee kocht. Es ist eine endlose Prozedur mit viel Hin und Her, immer wieder wird der Tee umgegossen, so dass ein schöner Schaum entsteht, die Mousse. Genau so habe ich es in Mauretanien erlebt, aber nie im übrigen Marokko. Ein Besuch in diesem Museum ist sehr zu empfehlen.

Kasbah Sahara Services

Das hier ist kein Hotel für mich wie andere. Man könnte fast sagen, das ist meine Residenz in Marokko. Während ich in Florida einen Wohnsitz habe und mich dort richtig wohl fühle, habe ich das in Marokko nie gewollt. Ich möchte hier nicht an einem Ort wohnen, ich möchte = muss herum fahren, muss für meine Bücher recherchieren, die Strecken abfahren, Campingplätze und Hotels besuchen. Aber die Kasbah Services ist natürlich etwas ganz anderes. Und zwar nur für mich. Für alle anderen ist sie ein Hotel, ein schönes Hotel, vielleicht nicht gerade luxuriös, denn wir sind hier in der Wüste, Mhamid ist das Tor zur weiten Sahara, ein Ort, an dem alles sehr einfach ist, wo auch der Strom mal zusammenbricht, wo das Wasser Mangelware ist, und an den die Touristen trotzdem kommen, weil sie in der Kasbah einen kurzen Stopp machen, entweder zum Mittagessen oder auch für die Nacht, bevor es zu dem weiten Sanddünenmeer des Erg Chegaga geht.

Aber für mich ist das etwas ganz, ganz anderes. Es war das Jahr 2000. Ich hatte gerade meine Zusammenarbeit mit dem Rau Verlag beendet und war dabei, einen Reiseführer im Selbstverlag zu schreiben. Brauchte aktuelle Informationen. Von Zagora aus Richtung Mhamid stoppte ich an jedem Hotel und Campingplatz, sah mir die Zimmer an, erfragte den Preis. Jedesmal wollte man wissen, wohin ich denn fahre, jedesmal sagte ich, ich will von Mhamid nach Foum Zguid über die südliche Piste und die nördliche wieder zurück. Und jedesmal kam wie aus der Pistole geschossen der Satz „ich komme mit“. Und immer sagte ich, nein danke, ich fahre immer allein.

Mhamid

Der Ort war damals sehr einfach, große Hotels gab es noch nicht, stattdessen zwei kleine einfache am Eingangs-Rondell. Ein Junge stand auf der Straße, Naji hieß er, und sprach mich an, wie alle Touristen hier angesprochen werden, denen man hoffentlich eine Tour nach Chegaga andrehen kann. Ich wehrte ihn ab, denn er war mir einfach nicht sympathisch. Ging erst ins eine Hotel, dann ins andere. Dann kam Naji wieder. Er ist ja nicht dumm und merkte so ungefähr, was mein Vorhaben war. Meinte, es gibt dahinten aber noch ein Hotel. Okay sagte ich, du hast gewonnen, zeig es mir.

Wir kamen zum dritten Hotel im Ort, ich sah es mir an und kam dann mit einer Gruppe junger Männer ins Gespräch. Das war so interessant, dass ich blieb. Wir redeten und redeten, es gab Abendessen und natürlich fragte mich Abdelkhalek auch was ich vorhabe. Piste hin, Piste zurück. Er: Ich komme mit. Ich: okay.

Er war einfach anders. Sehr intelligent, engagiert. Er hatte in Marrakech ein Betriebswirtschaftsstudium angefangen, dann aber abgebrochen, weil er etwas in Mhamid aufbauen wollte. Ihm gehörten das kleine Café in der Ortsmitte und daneben ein winziges Büro, in dem Wüstentouren angeboten wurden. Diese erste Tour mit ihm wurde dann noch sehr abenteuerlich. Ich will nicht zu langatmig werden, aber es endete mit gleich zwei Reifenpannen und nur einem Ersatzrad, mit mir mitten in der Wüste bei Vollmond auf einem Teppich sitzend Rotwein trinkend und Datteln essend und er zu Fuß zurück nach Mhamid, um Hilfe zu holen.

Die Anfänge

So etwas schweißt zusammen. Mein Reiseführer war ja noch lange nicht fertig und gedruckt, aber ich habe ihn bei allen anderen Reisebuch-Kollegen angepriesen und dann endlich waren ja auch meine Bücher so weit. Im Laufe der Zeit hat Abdelkhalek nicht nur eine große Reiseagentur in Marrakech aufgebaut, sondern auch hier in Mhamid die Kasbah Sahara Services errichtet, in der ich nun wohnen darf, wann und solange ich will.

Fast vier Jahre war ich wegen Covid nicht hier, nun endlich wieder. Und auch hier in der Kasbah ist es, als seien sie plötzlich vom Dornröschenschlaf aufgewacht und machten weiter wie zuvor. Die ganze Mannschaft ist noch da, allen voran, Touda, die Herrin über das Reinigungswesen. In der Küche der Starkoch Haj mit dem Zweitkoch Abderzak, natürlich auch Redouane, der Manager. Selbst der Gärtner ist noch da. Unter dem Servicepersonal einige neue, aber auch viele alte. Ich bin einfach wieder zu Hause. Und während die Gäste das übliche Tajine Pruneau oder Poulet Citron bekommen, kommt Haj zu mir und schlägt vor, was er extra für mich kochen könnte. Eigentlich habe ich schon lange mein Abendessen gestrichen, aber hier kann ich es nicht ganz einhalten, gehe in die Küche und frage, was er denn für den ganz kleinen Hunger da hätte. Eine Roulade auf Gemüse kommt heraus. Sehr lecker.

Gäste

Schön ist es für mich auch, wenn Gäste kommen. Meist nur zum Mittagessen. Oft sitzen wir zusammen und ich erzähle ein wenig über Mhamid. Nicht wenige kommen auch mit meinen Büchern, wie die Motorradfahrer aus Österreich, die sich ganz gezielt für die guten Tipps im Buch bedankt haben. Heute kam eine deutsche Familie, sie sollten sich um 9 Uhr zur Wüstentour einfinden, doch in der Hitze fährt man ja erst um 16 Uhr los. Also machte ich eine Rundfahrt mit ihnen und zeigte Stellen, an die der normale Tourist nie kommt. Sie waren begeistert. Aber auch ich freue mich über die Gespräche, wir sitzen zusammen, bis die Tour losgeht.

Ein Querschnitt über die Jahre

Falsche Führer 2.0

Die „falschen Führer“ gibt es wohl seit Marokko besteht und Touristen ins Land kommen. Junge Männer ohne Arbeit, meist schön in Gandora und blauem Chech gekleidet, die Touristen ansprechen und ein wenig Geld verdienen möchten, sei es, indem sie die Leute durch das Gewimmel der Medina führen, zu einem Teppichladen, wo sie Provision bekommen, oder im Süden einen Ritt mit dem Kamel vermitteln oder was auch immer interessant sein könnte. Dagegen ist nichts einzuwenden. Die Jungs brauchen auch Geld zum Leben und der Tourist kann schließlich entscheiden, ob er ihm sympathisch ist und er auf das Angebot eingeht.

Aber wie ich auf meiner Reise jetzt feststellte gibt es eine Steigerung dazu und da sind dann sogar Deutsche beteiligt. Das läuft etwa so:

Eine Deutsche reist nach Marokko, verliebt sich in einen hübschen Jungen mit braunen Augen, will ihm helfen, fährt wieder nach Hause und bietet dann seine Dienste von Deutschland aus an. Also im Internet. AirBnB macht es ja vor. Man offeriert nun also Touren in die Wüste, macht einen Treffpunkt aus, zum Beispiel das Dorfcafé, und dann wartet der schöne Junge dort und organisiert den Wüstentrip.

Ich möchte davor warnen. Das Ganze ist illegal, weil das Gewerbe nicht angemeldet ist, er keine Steuern zahlt und vor allem auch nicht versichert ist. Wenn irgendetwas auf diesem Trip passiert, und wenn es nur der Sturz vom Kamel ist, kann das zu richtig bösem Ärger führen. Ich persönlich organisiere ja auch Touren durch Marokko, aber selbstverständlich arbeite ich mit einer ordentlichen, offiziell angemeldeten Agentur, die wirklich professionell arbeitet. Die Führer und Chauffeure sind fest angestellt, sehr nett und können viel erklären. Was hat Abdelhalik, der Chef von Sahara Services, nicht schon alles getan für seine Kunden. Einmal, als Chegaga unter Wasser stand und die Gruppe nicht mehr rechtzeitig zurück nach Marrakech gekommen wäre, hat er ein Flugzeug gechartert. Als eine Journalistin, allein mit Fahrer im Hohen Atlas im Schnee stecken blieb, hat er das Militär dazu gerufen, um den Wagen heraus zu schaffen. Als ich selbst in Moulay Bousselham gestürzt bin hat er den Polizeichef des Ortes angerufen, damit man sich um mich kümmert. Was auch voller Erfolg gelang. Ich schwöre zwar auf Sahara Services, aber die anderen Agenturen machen auch gute Arbeit. Aber bitte nicht die illegalen Falschen Führer 2.0 unterstützen.

Meine Touren findet ihr hier, aber es sind nur Beispiele. Alle Reisen werden individuell mit den Kunden abgesprochen.

https://marrakechtours.de/

SaharaSky

Wo könnte man besser Sterne beobachten als in den sternenklaren, wolkenlosen Wüstennächten. So hat der deutsche Astronomen Fritz Koring ein Hotel mitten in die Wüste gebaut. Das kasbahartige Haus wurde immer mehr erweitert und umgebaut und verfügt über 20 helle, sehr geräumige, klimatisierte Zimmer. Alle sind wohnlich eingerichtet, oft mit mehreren Räumen, großen modernen Bädern, Sitzecken und einer Terrasse, von der man entweder die Düne Tinfou oder den Sonnenuntergang sehen kann.

Und auf der großen Dachterrasse stehen drei moderne GPS-Teleskope sowie manuelle Teleskope und astronomische Ferngläser. Damit kann man bis zu 250.000 Sterne und Objekte automatisch anfahren und beobachten. Inzwischen hat sich dieses Haus unter Experten herumgesprochen und es kommen viele Spezialisten. Doch auch für interessierte Amateure ist es sehr interessant, die Sterne in unglaublicher Vergrößerung und Nähe zu sehen. Dazu hat Fritz den studierten Astronomen Patrick engagiert, einen Belgier, der 4 Sprachen inklusive Deutsch spricht.

Seit Jahren bietet Fritz auch den Wohnmobilisten die Möglichkeit, an seinem Hotel einen sandigen Stellplatz zu beziehen, im Restaurant zu speisen und dann die Sternenvielfalt unter fachlicher Anleitung zu entdecken.

Fritz ist ein Mensch mit starkem Willen, der genaue Vorstellungen hat, was er zu tun hat und was ich in meinem Reiseführer zu schreiben habe. Nun ist er aber krank und kann nicht mehr in sein Hotel kommen, deshalb ist Patrick, der Astronom, nun der Chef im Haus, wenn auch in ständiger Verbindung mit Fritz. Patrick ist schon ein Unikum, ein totaler Hippie und witziger Kerl. Er fühlt sich pudelwohl dort und ist, was Sterne angeht völlig flexibel. Wenn um 3 Uhr nachts die richtige Kombination zu sehen ist dann erklärt er auch um 3 Uhr nachts seinen begeisterten Zuhörern noch, was genau da am Himmel los ist. Bitte fragt mich nicht, ich kann es euch nicht erklären, das wird nie mehr in meinen Kopf passen. Aber er macht das prima und seine Erklärungen sind der Zuhörerschaft angepasst. Er kann akademisch, aber er kann auch allgemeinverständlich und dazwischen gibt es belgische Witzchen. Der Besuch lohnt schon rein für Patrick.

Das Hotel verfügte ja über einen Spa mit Jacuzzi und Sauna. Aber das hat der vegane Patrick abgestellt, er kann diese Wasserverschwendung nicht vereinbaren mit dem extremen Wassermangel in Marokko und besonders im Süden. Recht hat er.

Leider hat Fritz den Preis nun auf astronomische 350 Dirham pro Person angehoben, für den Stellplatz mit Strom und Dusche, das Abendessen und für die Sternenexploration danach.

 

 

Fennec Sahara, Zagora

In Zagora brauche ich nicht nach Freunden zu suchen, hier habe ich genug. Zagora gehörte zu meinen ersten Reisezielen vor 37 Jahren und obwohl sich die Stadt sehr verändert und modernisiert hat, liebe ich sie noch immer. Früher musste zunächst an die Tür geklopft werden, wenn ein marokkanischer Freund mich zu einer Familie bringen wollte. Dann raschelte es hinter der Tür, weil zunächst die Frauen in die Küche verschwinden mussten, und dann erst wurde geöffnet und ich wurde in den Salon gebracht. Den Tee kochte dann entweder der Hausherr selbst oder eines der Kinder, die Hausfrau bekam ich nicht zu sehen. Als europäische Touristin war ich sozusagen keinem Geschlecht angehörig, sondern war ganz einfach der Ehrengast. Selbst in einem Nomadenzelt, das immer in der Mitte durch einen Vorhang unterteilt war, war das so, auch dort getrennte Welt. Und heute fahren die Frauen mit dem Auto durch Zagora und nehmen ganz normal am Leben teil. Hier Fotos von dieser ersten Reise zusammen mit einer Freundin.

 

Es gibt hier mehrere Unterkünfte, wo man mich als Reisebuchautorin gerne einladen möchte, ich entschied mich für das Riad Fennec Sahara. Den Geschäftsführer Abdellah kenne ich schon seit Jahren, er hat nun zusammen mit seiner Familie dieses kleine Riad in der Altstadt von Zagora gebaut und bietet 6 Gästezimmer und einen lauschigen Garten. Ruhig ist es hier, bis auf den Abend zur Dämmerung. Dann stürzt jedesmal ein Schwarm Vögel ein und macht sich laut pfeifend über die blühenden Büsche her. Der ganze Zauber dauert etwa eine halbe Stunde, dann sind sie wieder weg. Und Abdellah kann dann die Hinterlassenschaften reinigen. Er spricht übrigens gut Deutsch, da er einige Jahre in Deutschland gelebt hat. Der Name Fennec bedeutet Wüstenfuchs. An diesem frühen Morgen, während ich schreibe, wuselt er in Küche und Garten herum und bereitet das Frühstück zu.

Zunächst muss ich natürlich die Campingplätze besuchen, wo sich glücklicherweise wenig geändert hat. Viele haben die ruhige Coronazeit genutzt, um Verbesserungen zu machen. Irgendwie ist es, als habe die Zeit 3 Jahre still gestanden, sei in einem Schlaf versunken. Und dann einfach wieder aufgewacht und weiter gemacht, wo man vorher aufgehört hat. Auch Ali Nassir ist natürlich noch da, an seiner Garage ist wie üblich die Hölle los und trotzdem nimmt er sich die Zeit, mein Auto auf Beschädigungen durchzuchecken, findet eine lockere Schraube und lässt es waschen, so dass es wie neu glänzt. Aber mein über 10 Jahre alter Land Rover Discovery, der ja auch 3 Jahre geschlafen hat, fährt auch wieder wie neu, es ist der beste Geländewagen, den ich je hatte und absolut zuverlässig.

Das war allerdings nicht der Jeep des deutschen Paares, das spät in der Nacht im Fennec eingetroffen ist. Sie waren südlich von Midelt mit einer gebrochenen Antriebswelle und einem davon gerollten Rad liegen geblieben. Als Teil einer kleinen Privatrallye war aber ein Mechaniker von Ali Nassir dabei, der schließlich den Wagen in einer größeren Aktion bis nach Zagora abschleppen ließ. Und nun warten sie auf eine neue Welle aus Casablanca, mal ein ganz anderes Marokko-Erlebnis.

Nicht vergessen werden darf aber auch Belaid vom Prend ton Temp. Auch er hat eine kleine nette Auberge, aber vor allem ist er ein vorzüglicher Musiker. Im Laufe meiner Reise werde ich bestimmt noch mal bei ihm wohnen. Er hat mich mit seiner Musik empfangen.

Renaissance Tata

Wenn ich in diese Stadt komme werden einfach immer Erinnerungen wach. Sehr alte Erinnerungen. Die Verbindung Foum Zguid – Tata war im letzten Jahrhundert, als ich so meine ersten Pisten in Marokko fuhr, nicht asphaltiert. Die etwa 150 km waren eine gute Pisten-Tagestour und nicht immer kam ich ohne Probleme an. Man verfuhr sich, blieb im Sand stecken oder lernte einfach nette Leute am Wegesrand kennen, trank Tee mit ihnen und blieb zum Essen. Heute rast man auf der geraden Straße einfach so durch. In Tata war das Hotel Renaissance, und es hatte, man glaubt es kaum, alkoholische Getränke. Was gibt es schöneres als nach einer langen anstrengenden Pistenfahrt staubüberkrustet dort einzutreffen, von dem alten Patron nett empfangen zu werden und ein kaltes Bier zu bestellen. Die Lizenz hatten sie noch von der Kolonialzeit her und in dieser Militärstadt ist das Gold wert. Das Hotel lag auf der Flussseite, hatte kleine einfache Zimmerchen, WC und Dusche waren auf dem Flur, aber das war schon Komfort damals. Ach, wie die Zeiten vergehen.

Der alte Patron ist natürlich längst gestorben, ich hatte ihn aber nach vielen Pistenfahrten erlebt. Heute führt sein Sohn Mohammed das Etablissement, aber noch zu seinen Lebzeiten wurde auf der anderen Straßenseite ein neues Hotel gebaut mit Zimmern mit Dusche und WC. Später machte Mohammed einen Anbau, dort sind sogar drei Suiten.

Aber Luxus dürft ihr euch trotzdem nicht vorstellen. Das ist nicht die schöne Riadwelt von Marrakech, sondern der weite Süden mit einfachen Sanitärarmaturen, die auch mal kaputt gehen. Trotzdem ist das Renaissance das beste Hotel im Ort.

Abfahrt Tafraoute

Ich wollte 2 Nächte in Tafraoute bleiben und dann direkt nach Zagora, aber nachdem ich nochmal auf die Karte geschaut hatte sind das etwa 400 km und ich habe keine Lust auf eine so lange Etappe. Muss ja unterwegs auch an den Campingplätzen Halt machen. Außer in Tata gibt es in Tissint und in Foum Zguid ein Hotel, beide recht schön und vom gleichen Besitzer. Naji!

Ihn kenne ich schon über 20 Jahre, er war gerade aus dem Teenageralter heraus und ganz ehrlich, so ganz mochte ich ihn nie. Jeder, der nach Marokko fährt, weiß, es gibt unterschiedliche Menschen hier. Super Nette, aber auch Schlitzohren. Naji gehört zur letzten Kategorie. Wir sprachen immer freundlich, waren aber nie Freunde. Und auch mein Partner Abdou, der in der gleichen Gegend touristisch tätig ist – ich habe übrigens beide am gleichen Tag kennengelernt, mag ihn nicht wirklich. Sie arbeiten nicht zusammen.

Bab Rimal

Aber dann baute Naji zusammen mit seinen Brüdern ein Hotel in Foum Zguid. Das war natürlich wichtig, für mich, da es in meine Bücher sollte, für ihn, weil er mich zur Werbung brauchte. Und ich war auch mehrmals in seinem Hotel eingeladen. Er baute dann ein weiteres in Tissint, auch das schön. Diese beiden wären ja nun der ideale Zwischenstopp für mich gewesen. Aber … auf der letzten Reise habe ich mich ganz furchtbar mit Najis Bruder gefetzt und das Bab Rimal ist damit für mich gestorben. Das in Tissint nicht unbedingt, also rief ich Naji doch an, wenn auch etwas zögernd. Es war eine schlechte Verbindung, er war in der Wüste und sagte, er ruft später zurück. Das geschah nie. Also ist auch Tissint abgehakt.

Freunde

Die ganze Zeit saß ich aber mit meinen Freunden aus Tafraoute zusammen und ich muss einfach sagen, man kennt sich im Süden, man arbeitet zusammen, man hilft sich. Und auch bei ihnen fällt Naji sofort raus. Von dem halten sie nichts, arbeiten nicht mit ihm. Doch sofort kam von ihnen Mohammed vom Renaissance in Tata ins Spiel. Haha, ich war schneller und hatte ihn schon angerufen. Sein Hotel ist total belegt wegen einer großen Rallye, am nächsten Tag wäre es gegangen. Doch da traten meine Freunde in Aktion. Es folgte eine Telefonkonferenz nach der anderen und schließlich rief mich Mohammed an und sagte, er habe noch ein Zimmerchen für mich gefunden. Ach wie schön. Also los. Natürlich nicht, ohne zuvor im Restaurant La Kasbah noch leckere Kefta zur Stärkung zu essen.

Tafraoute – Tazalarhite – Tata

Ich wählte die recht unbekannte Strecke über Tazalarhite. Schmale Straße, einziger Verkehr ein Nomadenumzug. Es ist zwar die kürzeste Verbindung, aber es dauert, bei den vielen Kurven hinauf und hinunter kann man nicht schnell fahren.

In Tata angekommen tankte ich erstmal voll, man weiß ja nie, was übrig bleibt, wenn die Rallye einfällt. Dann eine schnelle Fahrt zu den Campingplätzen. Leer, völlig leer. Zumindest die ersten beiden. Der Hayat liegt ja wunderschön über dem Fluss, herrliche Aussicht, aber auch in der prallen Sonne. Im Winter okay, aber heute fehlt, glaube ich, nicht viel an der 40-Grad-Marke. Nicht zum Aushalten. Da ist Palmier schon besser, da ist wenigstens ein wenig Schatten.

Dann ging es ins Hotel, Mohammed ist ja in Agadir, ich soll mich an Bruder Karim wenden. Das Mädel an der Rezeption hatte schon den Zimmer-Komplett-Blick auf mich gerichtet, aber sie rief Karim an und gab mir dann einen Schlüssel. Nein, kein Nächtigen in der Badewanne, ich bekam wie immer eine der Suiten. Ach, wie schön wenn man Freunde hat.