Explore Volusia ist ein vom County (Kreis) bezahltes Programm, mit dem die Natur den Menschen nahe gebracht werden soll. Dazu werden Fahrrad- und Wandertouren angeboten sowie Kayaktouren. Das sind mir die liebsten, denn in den weit verzweigten Kanälen braucht man schon einen Führer, um sich zurecht zu finden, während man die wunderbaren, gut markierten Trails auch alleine schafft. So habe ich in der Vergangenheit bei vielen dieser Exkursionen teilgenommen und kenne daher auch etliche der Teilnehmer.
Ein Jahr war ich von allem abgeschnitten, konnte ich meine zweite Heimat Florida nicht besuchen. Nun endlich wieder vor Ort konnte ich heute die erste Kayaktour mitmachen. Als ich ankam war ein großes Hallo, alle freuten sich, mich zu sehen. Aber sicher nicht mehr, als ich mich gefreut habe. Marsha fragte, darf ich dich in den Arm nehmen, ich bin geimpft. Ja gerne, auch ich bin erstgeimpft. Dialoge, von denen man früher nicht geträumt hätte.
Kaum waren wir draußen im Kanal sind die Delfine um uns herum gesprungen. Aber paddeln und gleichzeitig diese schnellen Tiere fotografieren, nein, das geht nicht. Auch Vögel sind recht wenige da, der Winter ist ja vorbei, die Migranten ziehen gen Norden. Genau wie Freund Roger.
Ich bin hier richtig im Stress, morgen früh treffe ich Jason bei einem Kaffee, am Sonntag Wandern mit Jim. Montag soll es eventuell regnen, aber ich müsste auch dringend die Biketrails neu erkunden, was sich gegenüber meinem Buch geändert hat.
Gestern erfuhr ich, dass es seit 6 Jahren einen weiteren Bikeshop ganz in meiner Nähe gibt, bin bestimmt hundertmal an ihm vorbei gefahren, aber habe ihn noch nie wahrgenommen. Hatte bisher nur mit dem Angestellten Erik zu tun, der ist ganz begeistert von meinem Buch, nun muss er noch den Chef überzeugen. Hat mir heute mein Rad gepflegt, Kette geölt, Luft geprüft, Bremsen nachgestellt, alles weil mein Buch so gut ist. Ach, hier bin ich einfach zu Hause. Neulich kam auch James vorbei, er ist sozusagen mein Mitarbeiter vor Ort, an ihn schicke ich die Bücher und er bringt sie dann zu den Läden, ich verkaufe ja nur über Bikeshops. Wir saßen auf meiner Terrasse hinter dem Haus bei einem Drink, war sehr gemütlich.
Seit ich hier bin errechne ich die Inzidenz und vergleiche mit Deutschland. Sieht gut aus in Relation zu den Einschränkungen zuhause und der Freiheit in Florida. Als Quelle nutze ich wegen der Vergleichbarkeit für beide Länder https://www.worldometers.info/coronavirus/, Dort ist die Inzidenz für Deutschland gegenüber dem RKI ein klein wenig höher.
Inzidenz
D
FL
9.4.
121
190
10.4.
127
194
11.4.
136
197
12.4.
140
189
13.4.
142
205
14.4.
163
209
15.4.
171
204
16.4.
170
205
17.4.
173
202
18.4.
169
208
19.4.
171
220
20.4.
177
204
21.4.
172
199
22.4.
170
198
23.4.
172
190
24.4.
176
195
25.4.
175
185
26.4.
171
181
Und auch die Todesfälle genau wie die Infektionen bezogen auf 100.000 Einwohner in den letzten 7 Tagen:
sagte der Autofahrer, als ich auf dem Rad neben ihm in der Abbiegespur stand. Das könnte man sich in Deutschland nicht vorstellen, von jemand Fremden mit „Honey“ angesprochen zu werden. Mit Arschl … schon eher. Das ist eben das nette freundliche Florida. Wie hat mir dies gefehlt im letzten Jahr, wie traurig war es in Deutschland, wie locker und fröhlich hier. Seit ich hier bin ist immer was los, von Langeweile keine Spur mehr, vom Eingesperrtsein auch nicht mehr. Freue mich schon auf die Musik heute Abend im First Turn. Das ist Leben.
Die ersten Tage gab es ums Haus sehr viel zu tun, tausend Dinge mussten erledigt werden. Aber so langsam habe ich auch wieder ein wenig Freizeit, kann ich aufs Fahrrad, Freunde treffen. Am allerschönsten war es am Montag. Roger Fulton ist ein Kollege von mir, auch er schreibt Reiseführer über Florida, aber mehr als nur übers Biken, er hat auch Wanderführer und sogar ein eigenes Buch über die Sicherheit beim Wandern. Was das Biken betrifft, da war ihm mein Führer bisher weit überlegen, denn seiner war veraltet und auch nicht sehr genau, ihm fehlte genau die Navigation, die ich suchte und derentwegen ich selbst ein Buch geschrieben habe. Nun hat er aber auch einen neuen Bikeführer herausgebracht und ich war neugierig ihn zu sehen, aber auch Roger selbst.
Seitdem haben wir schon etliche Biketouren zusammen gemacht und immer gibt’s am Ende ein Gläschen Wein oder ein Bier.
Ich schrieb ihm also eine Email und sagte, ich sei wieder im Land. Er dagegen ist am Abreisen, und so haben wir es gerade noch geschafft, uns einmal zu treffen. Letzten Montag schlug er eine Offroad Biketour vor mit anschließendem Essen bei sich zu Hause. Ich war begeistert, war auch der einzige Gast. Roger fehlen Offroad-Biker, die anderen fahren lieber Asphalt. Wir trafen uns um drei, fuhren bis 6. Will mich ja nicht loben, aber meine Kondition war doch um einiges besser als seine, aber freundlich habe ich immer wieder angehalten und auf ihn gewartet, ich glaube, er braucht ein eBike. Wir sind übrigens gleich alt.
Zurück bei ihm haben wir uns dann vor die Garage gesetzt, natürlich mit einem Glas Wein, und in den abendlichen Himmel gestarrt, um zu sehen, welche Vögel noch unterwegs sind. Hauptsächlich sein Bussard, den er jeden Abend trifft. Und dann gabs Essen. Hähnchen-Stew mit Ceasars Salad. Schön leicht. Einfach unglaublich, wie viel wir an diesem Abend geredet haben. Wir haben einfach unglaublich viele gemeinsame Themen, lieben beide die Natur, die Bewegung darin und schreiben ähnliche Bücher. Ach wie schade, dass es nun schon weg ist und wir uns erst im November wieder treffen werden.
Florida hat eine Bevölkerung von 21 477 737 Menschen, also etwa ein Viertel so viel wie Deutschland. Florida gehört mit seinem republikanischen Gouverneur und Trump-Freund DeSantis zu den US-Staaten mit den höchsten Infektionszahlen, gleichzeitig mit den geringsten Beschränkungen. Außer dass man hier an öffentlichen Orten wie Geschäften und Ämtern eine Maske tragen muss ist eigentlich alles offen und erlaubt.
Mit Stand 13. April 2021 haben 7 477 121 (34.8%) Personen die 1. Impfung, 4 143 451 (19.3%) schon beide Dosen erhalten. Das ist ein stolzer Erfolg, von dem Deutschland nur träumen kann. Bis zum 21. September verspricht Merkel, allen Deutschen ein Impfangebot zu machen und keiner widerspricht. Warum so lange? In Florida dürfen sich bereits ab dem 5. April alle Menschen ab 16 Jahren impfen lassen. Und geimpft wird mit Hochdruck. Nicht nur von öffentlichen Stellen. Es gibt zwei große Pharmazien, CVS und Walgreens, sowie zwei Supermärkte, die jeweils über eine Pharmazie verfügen, das ist Publix (vergleichbar unserem Rewe) und Walmart (vergleichbar Real oder Globus). Apotheken in unserem Sinne gibt es nicht, denn auch CVS und Walgreens haben einen Supermarkt dabei.
Zwar ist die Inzidenz in Florida mit Stand 12. April 2021 höher als in Deutschland, und zwar 189 zu 140, aber Inzidenz ist eine Zahl, die hier niemand interessiert, die nicht veröffentlicht wird. Ich habe sie daher aus Zahlen der Johns Hopkins University selbst errechnet. Wesentlich interessanter ist die Zahl der Todesfälle. Durch die hohe Durchimpfung ist diese Zahl sehr viel geringer als in Deutschland, bezogen auf die letzten 7 Tage und 100.000 Einwohner ist sie in Deutschland 6,9, in Florida 1,5.
Alle diese Impfstellen, und es gibt wohl noch einige, die ich nicht kenne, haben eigene Möglichkeiten, sich online anzumelden. Der 6. April war mein erster Tag in Florida und ich habe mich auf der Seite https://myvaccine.fl.gov für eine Impfung registriert. Am 10. April dann meldete ich mich bei Walmart und bekam für den 16.4. einen Termin mit dem Präparat Moderna. Dann fiel mir ein, dass ich an dem Tag ja Kayak fahren wollte und suchte weiter. Am 12.4. dann gemeldet bei Walgreens und bekam für heute 13.4. einen Termin. So geht das in Florida. Diesmal mit dem Produkt Biontech. Was übrigens sehr interessant hier ist, wir nennen das in Deutschland entwickelte Produkt ja Biontech/Pfizer, da sie sich zwecks Produktion mit dieser US-Firma zusammen geschlossen haben. In den Staaten wird diese deutsche Beteiligung aber total unterschlagen, hier heißt das Produkt einfach nur Pfizer.
Übrigens habe ich von Deutschland inzwischen auch ein Impfangebot erhalten (nach Registrierung am 24.2.), diesen Donnerstag 14.4. soll ich Astrazeneca erhalten.
Mein Termin bei Walgreens war um 16. Uhr. Ich war ziemlich aufgeregt. Werde ich als Deutsche die Impfung bekommen. Aber ich bin ja ein saisonal resident, zahle immerhin auch Steuern hier. Aber eine Krankenversicherung habe ich natürlich nur in Deutschland, wäre aber bereit, selbst zu zahlen. Ich komme rechtzeitig zu Walgreens, niemand da. Man fragt nach meinem Florida-Führerschein, der ist zwar lange abgelaufen, macht aber nichts. Hatte ein ausgefülltes und unterschriebenes Formular dabei, das gebe ich ab, werde noch kurz zu Krankheiten oder Allergien befragt und schon steckt die Spritze in meinem Arm. Das ging schnell. Soll noch 15 Minuten im Laden bleiben, das tue ich, aber ich spüre nichts und gehe zum Strand, der genau gegenüber liegt. Mein Termin für die zweite Dosis ist am 4. Mai und zahlen musste ich auch nichts. Bekam sogar noch einen Einkaufsgutschein über 5 $.
Noch bin ich nicht lange im Land und habe noch keinen vollständigen Überblick über die Coronalage. Eins ist aber schon klar, das Leben hier ist wesentlich entspannter und die Wirtschaft läuft. Brummt vielleicht nicht, aber läuft. Alle Geschäfte sind auf. Drinnen wird eine Maske getragen, die meisten Läden achten darauf, wer bei Walmart ohne Maske erscheint, dem wird freundlich eine in die Hand gedrückt. Dann kam ich aber zu Aldi, an der Tür ein Schild Maskenpflicht, aber ich hatte meine vergessen, bin noch nicht so gut organisiert. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, muss doch einkaufen und zurück nach Hause ist es weit. Dann sah ich drei Kunden ohne Maske und keiner hat was gesagt. Ich konnte entspannt einkaufen, aber nun liegt immer eine im Auto bereit.
Die Geschäfte sind also auf, aber Ankleide und WC ist gesperrt. Ich war bei Ross, meinem Lieblingsladen und musste ganz dringend mal. Dann wurde mir freundlich die Tür aufgeschlossen. Da man nun nicht mehr anprobieren kann, kann man sich einen Berg Kleider kaufen, probiert sie zu Hause in Ruhe mit dem Preisschild dran an und bringt innerhalb 30 Tagen alles zurück, was man nicht haben möchte. Noch war ich nicht in allen Läden, aber bei Hollister war die Anprobe sogar auf. Im gut besuchten Tankstellen-Supermarkt Buc-eer’s dagegen tat jeder was er wollte, beliebt ist auch die Maske als Kinnwärmer.
Am Strand geht es zu wie eh und je, am Samstag war viel los, aber als ich gegen 2 Uhr wieder raus fuhr war die Einfahrt für PKW gesperrt, vermutlich weil bereits zu voll.
Auch die Restaurants sind geöffnet, meine Biker-Bar in der Nachbarschaft, wo am Freitag die beliebteste Band der Region spielte, war bis auf den letzten Platz besetzt. Masken trug nur das Personal und die Chefin eröffnete den Abend mit einer Ansprache, wo sie darauf hinwies, dass der Service nicht so schnell sei wie gewohnt, sie habe nur die Hälfte ihres Personals, da kaum noch einer dort arbeiten wolle. Was ich absolut verstehen kann. Ich hörte mir ein wenig die Musik an, versuchte immer frei zu stehen, aber bekam doch Angst und ging bald heim.
Nun möchte man natürlich wissen, wie sind denn nur die Coronazahlen in Florida? Eine gute Frage, die nicht so leicht zu beantworten ist. In den Nachrichten kam die Meldung, dass Florida zu den fünf States gehört mit den höchsten Zahlen – nach Kalifornien und Texas, aber so genaue Ziffern wie in Deutschland werden hier nicht veröffentlicht. Die Inzidenz, auf der die Deutschen so sehr herumreiten, habe ich nirgends gefunden und sie mir deshalb mal selbst ausgerechnet (nach Zahlen von John Hopkins). Demnach war die Inzidenz Stand 10. April 2021 in Deutschland 127, in Florida 194. In den letzten 7 Tagen starben in Deutschland 1356 Menschen, bezogen auf 100.000 Einwohner sind das 6,3, in Florida 349 Menschen (1,6).
Nun kann sich jeder aussuchen, wie er leben möchte, aber ich ziehe das freie Leben in Florida mit einer etwas höheren Inzidenz und einer geringeren Todesrate, weil bereits ein Drittel der Bevölkerung geimpft ist, dem Eingesperrtsein in Deutschland vor.
Ein weiterer positiver Punkt für Florida ist die angespannte Situation im menschlichen Miteinander in Deutschland. Von der Regierung und den Wissenschaftlern wird eine Angstsituation aufgebaut, in der alle Menschen verharren und deshalb den anderen genau beobachten, ob er nicht vielleicht etwas falsch macht und die Pandemie antreibt. Er selbst macht natürlich alles richtig. Da wird gezählt, wie viele Personen der Nachbar zu Besuch bekommt oder wie viele in der Fußgängerzone keine Maske tragen. Es erinnert mich ein wenig an die Nazizeit, auch dort gab es eine von der Regierung aufgebaute Paniksituation, hauptsächlich gegen Juden, und alle machten mit. Eben typisch deutsch.
Und ein regelrechtes Verbrechen ist es natürlich, wenn sich jemand erdreistet in Urlaub zu fahren, das geht gar nicht!!! Und es geht doch. Es fahren viele in Urlaub, aber keiner traut sich, darüber zu reden. In der Dominikanischen Republik waren etliche Deutsche und sie konnten sich dort viel wohler fühlen als zu Hause, die Situation in den Hotels war sicher. Die USA verlangen schon länger einen Test für Rückkehrer, was ich richtig finde, und was die Deutschen viel zu spät eingeführt haben. Aber anders als diese zahlen die Amerikaner für einen Test, es gibt eine Übereinkunft mit den großen Hotels, die diesen Test durch Fachkräfte selbst durchführen und die Kosten dann von den USA erstattet bekommen. Das betrifft alle USA-Einreisenden, also auch mich. Es wurde ein Antigentest verlangt, gemacht und bezahlt. So sorgt man für seine Bürger! Eine Quarantäne danach wird zwar empfohlen, aber nicht vorgeschrieben.
P.S. Dies ist ein erstes Stimmungsbild vom Land, mein Eindruck kann sich natürlich noch ändern. Über das Thema Impfung berichte ich später.
Zu den ersten Aufgaben nach meiner Ankunft gehörte natürlich auch die Inspektion meiner zwei Fahrräder. Alle vier Reifen platt, klar, nach genau einem Jahr und viel Hitze. Aber das Aufpumpen klappte schnell. Und so kann ich ja auch mal zum Beach fahren. Meine Fahrradkarriere begann ja in Florida, nur als ich durch Corona und den Lockdown an Taunusstein gefesselt war, kaufte ich mir ein eBike und streifte durch die Taunuswälder und –höhen. In Florida kaufte ich mir zunächst einen Fahrradführer, aber war total unzufrieden damit. Ziemlich vage Angaben, keine genaue Beschreibung zum Navigieren. Und das für mich, die ich Marokko-Reiseführer schreibe mit exakten GPS-Angaben für die Routen. Es hat also nicht lange gedauert, bis ich selbst für Florida einen Bikeführer geschrieben habe. Natürlich mit genauen Wegesangaben. Aber nur für meine Region Central Florida. Verkaufen tue ich das Buch über die lokalen Bikeshops und das läuft ganz gut.
Zum Beach also. Es sind genau 5 km, Florida ist flach, aber es gibt eine hohe Brücke zu überqueren. Habe ja kein eBike hier, habe es aber geschafft, ohne absteigen zu müssen. Ein wenig am Strand gefahren, dann wieder heim. Hoch auf die Brücke, dann ein Knall. Reifen platt. Natürlich ist es immer der hintere. Allerdings hatte ich schon beim Aufpumpen gesehen, dass der Reifen abgefahren war. Also schieben. So etwas muss man sich natürlich versüßen mit einer Einkehr in der Biker Bar, die genau auf meinem Heimweg liegt.
Heute nun Jack angerufen, der meine Bücher verkauft und mir noch einen Scheck geben wollte. Ja, komm her, sagte er. Er nahm sofort das Bike vom Rack, brachte es in seine Werkstatt und drückte mir ein anderes Rad in die Hand, das ich in der Zwischenzeit ausprobieren sollte. Für was hält mich der Mann? Für eine Großmutter? Bequem war das Rad, aber doch viel zu langweilig. Nein, nichts für mich. Ich fragte, ob er auch eBikes hat. Ja, hat er. Aber verglichen mit den Angeboten in Deutschland doch sehr beschränkt und veraltete Technik. Doch dann sah ich ein Fat Bike, sogar klappbar, von der mir unbekannten Marke EMOJO, das gefiel mir. Und es saust ganz schön ab. EBikes in Florida dürfen schneller fahren. Knapp 2000 $. Mal sehen. Eher nicht.
Mein eigenes Fahrrad war nach 20 Minuten fertig, neuer Schlauch, neuer Reifen, Bremsen nachgestellt, 46 $. Da kann man nichts sagen. Und auf der Theke stehen meine Bücher.
Schon Präsident Trump hatte die Einreise in die USA für alle Menschen gleich welcher Nationalität gesperrt, die in den 14 Tagen zuvor im Schengen Raum waren. Damit war es für mich nicht möglich, für den Winter in mein Haus in Florida zu kommen. Ich setzte meine Hoffnung auf den neuen Präsidenten Biden, hielt ihn für einen Menschen, der vernünftig denkt. Es gibt auch in anderen Ländern hohe Infektionszahlen und die dürfen rein, warum also ausgerechnet Europa? Aber ich hatte mich getäuscht, Biden verstärkte diese Sperre noch einmal.
Anfang Februar begannen deshalb meine Überlegungen. Wenn ich 14 Tage außerhalb Schengen sein muss, dann tue ich das halt. Mein geliebtes Marokko geht nicht, schon wegen deren Beschränkungen, aber alle Länder östlich von Deutschland, haben, generell gesprochen, keinen Direktflug nach USA und müssen in Europa zwischenlanden, selbst nordafrikanische Länder. Am besten also recht weit nach Amerika vordringen. Auch auf einen Eintrag in Facebook kam ich dann auch die Idee, in die Dominikanische Republik zu fahren, dort Urlaub zu machen und nach Florida weiter zu fliegen.
Zunächst habe ich also eine 15 tägige Pauschalreise nach Punta Cana gebucht, alles inklusive, also auch der Rückflug, aber auch eine Covid-Versicherung. Bei all den Unwägbarkeiten, die wir zu Zeit haben, hielt ich das für das beste, auch wenn ich den Rückflug verfallen lassen musste. Alles weitere wollte ich erst vor Ort buchen, mal sehen ob ich überhaupt hinkomme.
Das hat sich tatsächlich zunächst schwierig dargestellt, da ich einen Unfall hatte und den Abflug verschieben musste. Dank der Versicherung war das problemlos möglich. Zunächst schaute ich mich nach einem Flug um und entschied mich für Spirit Airline, die fliegen nach Miami und Fort Lauderdale. Letzteres war für mich günstiger. Dann buchte ich noch einen Mietwagen, der mich zu meinem Heim bei Daytona Beach bringen sollte. Und als letztes einen Rückflug nach Deutschland, obwohl ich mich am liebsten noch nicht auf ein Datum festgelegt hätte. Die Auskünfte, ob man einen Rückflug bei der USA-Einreise vorweisen muss waren unterschiedlich. Manche sagten, mit Visum nein, nur bei ESTA. Ich wollte auf Nummer sicher gehen.
Die USA verlangen nun für alle Einreisenden, auch US-Bürger, einen Antigen-Test. Aber anders als in Deutschland, wo Reisende verteufelt werden und sie natürlich auch die Tests bezahlen müssen, haben die USA mit den großen Hotel in der DomRep eine Vereinbarung geschlossen. Die Hotels organisieren die Tests, und die US-Regierung zahlt es. Mein Bekannter wohnte in einem kleineren Hotel, da gibt es die Vereinbarung nicht, aber der Hotelbesitzer fuhr ihn selbst ins Krankenhaus und er zahlte dort für den Test 35 $.
Montag sollte der Abflug sein, Samstag der Test. In den zwei Tagen davor war ich ein Nervenbündel. So viel hing davon ab. Was, wenn der Test positiv ist. Bis zum offiziellen Condor Abflug am Samstagabend war ich ja noch in der Covid-Versicherung, die wären dafür aufgekommen, aber alle meine weiteren Buchungen wären verloren. Und ich würde nicht in mein Haus kommen, das nun ein Jahr lang unbewohnt ist und dem Verfall nahe, schließlich habe ich ein altes Mobilehome und keine Luxusvilla. Ich muss hin um es zu erhalten.
In unserem Hotel gab es eine Medizinstation und ein Assistent kümmerte sich um den Test, alles war sehr professionell, aber auch sehr voll. Es war schließlich das Osterwochenende. Und dann war ich an der Reihe. Atem anhalten. You are negativ! Den Stein höre ich immer noch purzeln, der von meinem Herzen fiel.
Am Montag dann zum Flughafen, am Eingang Temperaturkontrolle. Der Test war vom Hotel ausgedruckt worden. Am Check-in wurde alles genau geprüft und trotz meines Visums nach dem Rückflug gefragt. Ich musste die Bestätigungsnummer angeben und die Airline. Dann war aber alles einfach, ich bekam meine Bordkarte. Bei der Immigration in Fort Lauderdale ebenso, er fragte wie lange ich in der DomRep war und wo hin ich wolle, und schon war ich im Land. Auch mein Freund mit ESTA durfte einreisen.
Ich hatte ja einen schönen Sitz ganz vorne gebucht und war dort auch alleine mit viel Beinfreiheit. Doch war es eigentlich egal, was man gebucht hatte. Die etwa 25 Personen konnten sich im Flieger verteilen wo sie wollten und ich habe mich später sogar in der Mitte über 4 Sitze gelegt, um etwas zu schlafen. Was aber nicht geklappt hat. In den nationalen Flügen gab es keinerlei Bewirtung, aber es war ja klar, dass man uns auf dem neunstündigen Flug nicht verhungern lassen konnte. Es gab also eine Mahlzeit gleich am Abend, so wie immer. Getränke dazu, auch Alkohol, aber später kam niemand mehr. Doch konnte man sich Wasserflaschen holen. Die meisten Leute im Flieger trugen Masken, auch die Flugbegleiter, aber wir hatten ja auch genug Abstand zueinander. Am Morgen dann das übliche Frühstück. Da ich keinen Hunger hatte nahm ich das mit für später. Und das war gut so. Nach dem Aussteigen ging es sofort in den Transitbereich, noch einmal Sicherheitskontrolle, und dann gähnende Leere. So leer hat man diesen Hauptstadtflughafen noch nie gesehen vor Corona. Ich musste mir am Lufthansa Schalter zunächst eine Bordkarte holen, da American Airlines das nicht ausstellen konnte. Sie mussten mich ja auf Lufthansa umbuchen, da AA keine Flüge mehr nach Deutschland hat. Aber alles ohne Aufpreis, das ist zumindest etwas. Wenn ich da an die armen Freunde denke, die in Marokko gestrandet waren, die mussten für die Rückholflüge richtig Geld bezahlen und erst recht, wenn sie mit ihrem Wohnmobil auf den Sonderfähren heimfahren wollten.
Und dann galt es, 10 Stunden zu warten, ich war ja schon kurz nach sechs da und mein Flug sollte um 16:30 Uhr abgehen. Mein Telefonprovider sendete mir eine Willkommensmitteilung mit der Nachricht, dass ich Telefon und Internet zum Inlandspreis nutzen kann. Wenigstens etwas. Aber im Flughafen war wirklich alles zu. Einzig ein kleiner Laden, der Drogerieartikel, Bücher, kalte Getränke und Sandwichs verkauft, war offen, es durfte immer nur einer hinein. Kein Kaffee zu bekommen, was es ja in Fort Worth noch gab. Zwar gibt es in diesen leeren Zeiten genug Sitze, aber die sind so miserabel hart und unbequem. Und nur ganz wenige USB-Anschlüsse um das Handy aufzuladen, was auf einer 33-stündigen Reise ja nötig ist. Die Lounges der Airline natürlich auch geschlossen. Also immerhin spare ich viel Geld. Nur eine einzige gute Sache kann ich hier entdecken, und zwar die Wasserspender. Sie stehen überall und man kann dort seine Trinkflasche auffüllen, was ich ausgiebig tue. Kostenloses Trinkwasser ist etwas, das ich in Deutschland sehr vermisse.
Aber die Sitze. Das geht gar nicht. Vor allem wenn es mal eine Ladestation gibt, sitzen natürlich dort auch die wenigen Leute, mit zu wenig Abstand. Als ich sehe, dass um 9.30 Uhr tatsächlich eine zweite Lufthansa Maschine abgeht, gehe ich an den Schalter. Aber ich kann nichts erreichen, noch nicht mal kostenpflichtig umbuchen. Denn ich habe ja nicht direkt gebucht, sondern AA hat mich umgeleitet. Ich beschwere mich über die unbequemen Sitze und da sagt das Mädel, aber es gibt doch bessere. Ja, wo denn? Ich habe das Terminal schon xmal durchquert und nichts gefunden. Sie meint, sie hat sowieso nichts zu tun und führt mich hin. Ich traue meinen Augen nicht. Ganz abseits vom Laufstrom ist eine hübsche Ecke mit Sesseln und jeder mit USB. Ja, da kann ich es aushalten. Es gibt 10 Sitzgelegenheiten und außer mir sind noch 3 junge Leute da, sie gehören zusammen. Sonst hat kein Mensch diese schöne Ecke gefunden. Ich chatte ausführlich mit Freunden und Familie, lese, schlafe ein wenig. Schreibe diesen Blog. Trotzdem geht die Zeit sehr langsam um. Und vor allem esse ich nun mein Frühstück. Zum Glück habe ich recht wenig Hunger, es ist auch nur ein Joghurt mit Granola, den Müsliriegel hebe ich mir für später auf.
Ach, ich muss jede Minute dieser Reise auskosten, denn so was kommt so schnell nicht mehr.
Die Wartezeit ging ganz gut rum, ich konnte sogar einen Kaffee kaufen und Verpflegung hatte ich dabei. Von Charlotte gab es keinerlei internationalen Füge und auch viele nationale waren gecancelt. Es werden halt viele Flüge zusammen gelegt. Dann konnten wir in die Maschine steigen, ich hatte ja einen Sitz in der ersten Reihe der Economy und ich konnte nur staunen wieviele Menschen an mir vorbei gingen. Gefühlt waren es so viele, dass sie ganz sicher hinten wieder raus mussten. Als die Tür zuging sah ich, dass wirklich jeder Platz besetzt war. Die Flugbegleiter haben ja jetzt einen ganz bequemen Job, denn es werden keine Getränke ausgeschenkt, sie haben während des Fluges nichts zu tun und sammeln nur nachher Abfall ein, denn die Leute dürfen sich was mitbringen.
Wie schon zuvor hob auch dieser Flug überpünktlich ab, einen Vorteil haben die ausgefallenen Flüge schon und wir kamen auch wieder viel zu früh an. Dallas Fort Worth. Mein Gott, ist dieser Airport groß. Wir rollten endlos über das Flugfeld, Frankfurt könnte sich hier locker verstecken, und als wir endlich ankamen und ich den Shuttle zu einem der anderen Terminals nahm konnte ich so richtig die Ausmaße erkennen, es ist eine endlose Fahrt.
Zum Glück hatte ich hier genügend Zeit zum Umsteigen. Während die nationale Abteilung ziemlich voll ist, ich schätze nur 40 % tragen Masken, ist das internationale Terminal fast leer. Auch die Geschäfte und Restaurants haben überwiegend zu, nur einige wenige sind geöffnet, wo ich bei Starbucks stolze 5,30 USD für einen mittleren Kaffee lasse.
Nun warte ich, Boarding muss gleich losgehen. Mit mir warten etwa 25 Personen.
Mein offiziell gebuchter Rückflugtermin war der 19. April. Aber die Coronakrise hat vieles verändert und auch meinen Flug gecancelt. Doch gerade das erlaubte mir auch die Freiheit der Entscheidung. Ich konnte sofort zurückfliegen, was die vernünftigen, ängstlichen Leute wohl getan hätten. Ich konnte auch für den 19.4. einen Flug bekommen, wenn auch umständlich. Aber es wäre auch möglich gewesen, das alles bis in den Mai zu verschieben in der Hoffnung, dass dann alles wieder besser wird.
Leicht war die Entscheidung nicht. Oft ging es in meinen Gedanken hin und her. Aber schließlich habe ich mich entschieden, es bei dem 19. April zu belassen. Und der ist nun heute.
Den 33 stündigen Flug sehe ich als vielleicht letztes Abenteuer in diesem Jahr an. Reisen sind mein Leben, nur auf Reisen bin ich glücklich. Was sicher auch damit zu tun hat dass ich alleine lebe und nur auf Reisen nette Menschen treffe. Und nun ist erstmal alles verboten. Keine Reisen innerhalb Deutschlands und erst recht keine internationalen. Und wenn man sich die Liste der Länder mit Reisebeschränkungen, d.h. Einreiseverboten anschaut, so sind so ziemlich alle dabei. Ich glaube im zweiten Weltkrieg war es nicht so schlimm. Und deshalb freue ich mich nun auf jede einzelne Etappe.
Ich brauchte keinen Wecker, denn um 3:20 Uhr weckte mich eine Message der Airline und teilte mir mit, dass es ab Gate 3 geht. Prima. Dann findet der Flug also statt. Jimmy, ein Nachbar, fuhr mich, bestand aber darauf, dass ich eine Maske anlege, auch er hatte sich in der Bankräuber-Fashion etwas ums Gesicht gebunden. Der Flughafen Daytona Beach war gespenstisch leer, als ich um kurz nach 4 Uhr dort eintraf. Natürlich gab es keine Schlangen, auch wenn man wirklich mein Gepäck gut durchsucht hat nach meinen Cookies und ich überall abgetastet wurde. Nein, leider nicht von einem schicken jungen Mann. Dann kam der Aufruf zum Boarding, echt witzig, sie zählte ab, Passagier 1, 2 …8, Sie können nun alle boarden. Ich hatte mir auf den drei American Airline Etappen immer die erste Reihe reserviert, gab ja keine Konkurrenz. Für die letzte Etappe mit Lufthansa habe ich weder eine Bordkarte noch konnte ich den Sitz kostenlos wählen. Jaja, die Lufthansa. Hoffentlich gibt es dort wenigstens Sekt. Und an Bord hieß es dann auch, Sie können sich hinsetzen wo sie wollen, um social distance zu halten. Zu trinken gab es nichts, die Damen kamen während des Fluges auch nicht durch die Reihen. Aber waren ja nur 90 Minuten.
Nun sitze ich also in im leeren Flughafen von Charlotte und schaue wie es weiter geht. Werde berichten.
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