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Volunteer

Auch in Deutschland gibt es viele ehrenamtliche Helfer, die zum Beispiel in der Flüchtlingshilfe unverzichtbar sind. Aber dieses ehrenamtliche Helferwesen ist in USA noch sehr viel weiter ausgebreitet. Kaum eine Organisation kommt ohne aus, von der Ausleihe in der Bücherei, über den Empfang im YMCA-Sportzentrum bis zu den Helfern im Hospital für verletzte Seetiere, diese „Volunteers“ sind überall zu finden und nehmen teilweise auch Arbeitsplätze weg. Wenn es langfristige Tätigkeiten sind kann ich nicht mitmachen, da eine US-Sozialversicherungsnummer erforderlich ist, um einen Backgroundcheck zu machen. Bei einzelnen Projekten ist es aber auch für Ausländer möglich, sich zu beteiligen. Und als ich in der Zeitung las, dass für eine Airshow 150 Volunteers gesucht werden, habe ich mich als Ex-Pilotin natürlich sofort gemeldet. Das ist eine Veranstaltung ganz nach meinen Interessen.

Viele Jahre habe ich für das Statistische Bundesamt den Messeauftritt organisiert und den Stand betreut. Das hat mir sehr viel Freude gemacht, ich liebe es, mit den Leuten zu sprechen und unser Angebot zu präsentieren. Und nun kommt diese Tätigkeit zu mir zurück. Gestern war Aufbautag, ich war für die Ausstellungshalle verantwortlich und für die Aussteller da, falls sie Hilfe brauchten oder Fragen hatten. Habe meinen eigenen Tisch als „Tent Host“. Heute nun fängt die „Deland Showcase“ an. Es ist eine Messe für kleinere Flugzeuge, Hersteller kommen mit ihren Maschinen, die man probefliegen kann, Zubehörfirmen zeigen ihre Produkte. Und man glaubt es kaum, die erste Ausstellerin, die mit einer Frage zu mir kam, sie wollte eine Leiter, sprach zwar perfekt englisch, mit ihrem Kollegen aber deutsch. Es war tq-avionics, eine deutsche Firma, die Radios für Flugzeuge herstellt. Sie sind neu auf dem Markt, haben die bestehende Marke Funke aufgekauft. Es gab ein nettes, längeres Gespräch, zu dem sich dann noch ein deutscher Journalist gesellte, wir machen unseren eigenen deutschen Ableger auf der Show auf!

Und wie das für alle Volunteers üblich ist bekam ich natürlich auch mein Volunteer T-Shirt. Die Mitarbeiter müssen ja leicht zu erkennen sein. Bezahlung gibt es natürlich keine, noch nicht mal Benzingeld, aber ein Lunch wurde uns großartig versprochen. Und den habe ich gestern doch tatsächlich gegessen, hatte ja sonst nichts. Heute nehme ich mir eine Lunchbox mit. Es war so richtig eklig amerikanisch, ein absolut knatschiges Brötchen mit etlichen Scheiben Schinken und einer Scheiblette Käse, kein Salatblatt, dazu ein Cookie mit viel Zuckerguss und eine Tüte Chips. Also eine Menge schlechter Kohlehydrate und Fett. Wer wundert sich da noch über das Übergewicht?

Trick Or Treat

Seit Tagen sind hier alle im Halloween-Fieber, obwohl ja heute erst der echte Tag ist. Und ich kann es zum ersten Mal so richtig erleben. Am Samstag war Halloween Party im First Turn, meiner Stammkneipe. Auch zu uns ist dieses Fest ja inzwischen vorgedrungen, ich habe mich zusammen mit meiner Enkelin immer gerne als Hexe verkleidet, aber ich merke doch, dass es zu USA ziemlich große Unterschiede gibt. In Deutschland versucht man an diesem Tag wirklich schrecklich auszusehen, als Gespenst, Vampir, blutverschmiertes Mordopfer. Hier geht alles sehr viel mehr in Karneval über, man kann alles anziehen, Hauptsache verrückt. Das gilt natürlich auch für die Haustiere. Wahrscheinlich, weil Menschen sich nun mal gerne verkleiden und es hier eben kein Fastnacht gibt. Schon am Samstag auf der Party war das so, sogar die Presse war vertreten, um die schönsten Kostüme zu fotografieren. Und heute gab es in New Smyrna Beach eine Parade, die Hauptstraße war gesperrt und ich war gespannt, was abgehen würde. Die Canal Street ist eine nette kleine Straße, an der viele schöne Geschäfte liegen, eine der wenigen Straßen in amerikanischen Orten, an denen man bummeln kann. Vor den Geschäften saßen die Inhaber, vor sich große Schüsseln mit Süßigkeiten. Die Eltern zogen dann mit ihren Kindern in einer langen Parade an diesen Geschäften vorbei, natürlich schön maskiert, die Kinder hatten Plastikkürbisse oder Eimerchen dabei und ließen sich diese mit Süßigkeiten füllen. Am Ende dann war eine kleine Bühne aufgebaut, dort wurden die schönsten Kostüme prämiert.

Mein Auto hatte ich in einer Nebenstraße geparkt, vor einem schönen alten Südstaatenhaus aus Holz. Im Vorgarten mächtige Bananenbäume und eine Frau, die Unkraut jätete. Wir kamen in ein sehr nettes Gespräch, das damit endete, dass sie mich mit in den Garten hinter dem Haus nahm und mir etliche Ableger schenkte. Eine sehr nette Begegnung. Und es waren überhaupt keine Bananenbäume, sie sahen nur ähnlich aus, tragen aber keine Früchte, sondern schöne Blüten. Sie versprach hoch und heilig, mit mir in Kontakt zu bleiben, aber das habe schon viel getan und bisher hat es noch keiner gehalten. Ihr Name war merkwürdig, ich weiß nicht, ob ich es mir richtig gemerkt habe, Derish, und sie stammt aus der Dominikanischen Republik. Lebt aber schon lange in Florida und hat ein Geschäft zusammen mit ihrem Mann. Ich würde mich freuen, wenn sich daraus etwas entwickeln würde. Vielleicht gehe ich demnächst mal vorbei und schenke ihr ein Alibuch.

Wer Ali nicht kennt, es ist die Geschichte eines kleinen Stoffkamels, das mit mir nach Marokko reist:

http://mobilunterwegs.eu/alibuch.html

Als ich dann nach Hause kam lag noch der köstliche Backduft in der Luft, ich habe heute wieder zwei Brote gebacken. Das schwierigste daran ist immer, die ohne Brotmaschine schön in Scheiben zu schneiden, denn die werden eingefroren und ich hole mir jeden Morgen zwei Scheiben heraus, das amerikanische Brot ist ja nicht essbar.

Und hier nun einige Halloween-Fotos:

Zeitsprung

Im Jahr 1973 kamen die ersten ABC-Flüge auf den Markt. Junge Menschen von heute können sich darunter nichts mehr vorstellen, aber diese Flüge waren damals das erstemal, dass sich ein normaler Mensch leisten konnte, Langstrecke zu fliegen. Charterflüge sozusagen. Das war damals absolut nicht normal und man musste lange vorher buchen. Eine Schulkameradin von mir hatte ein paar Jahre zuvor einen Amerikaner geheiratet und war mit ihm nach Michigan gezogen, und wir ergriffen die Chance, sie dort zu besuchen. Ein Traum ging für uns in Erfüllung, auf den wir lange zuvor gespart hatten. Trotz ABC-Flug kostete das Projekt doch noch ein Sümmchen.

Aber es war wirklich ein Erlebnis. Unser damals 5jähriger Sohn blieb bei seinem Sandkastenfreund in Obhut und ich zog mit Jochen los. Wir flogen nach Chicago, hatten für die erste Woche einen Mietwagen und machten eine Runde durch Wisconson, Minnesota und Kanada rund um die großen Seen nach Michigan. Natürlich hatten wir einen Straßenkreuzer, einen endlos langen Plymouth Fury, kauften uns eine Styropor-Kühlbox und Holzkohle und gönnten uns abends ein herrliches Steak mit einer Dose gebackener Bohnen. Diese Steaks blieben ewig in meiner Erinnerung, waren sie doch so groß wie ein Essteller, billig und absolut köstlich. Man kann auf meinem Videofilm deutlich sehen, dass ich zu Beginn der Reise deutlich schlanker war als beim Heimkommen.

Und diese Steaks habe ich trotz meiner häufigen USA-Aufenthalte in den letzten Jahren nie mehr bekommen. Einerseits liegt Florida nicht im Mittleren Westen, wo die besten Steaks herkommen, andererseits ist auch in USA Fleisch deutlich teurer geworden und die Steaks somit kleiner. Und so ein gutes Steak muss halt auch richtig geschnitten sein, was nicht klappt bei einem modernen Winzig-Steak.

Bis heute!!!!

Ich war unterwegs, kam an einem Safe-a-lot vorbei, den ich auch in Port Orange gerne für Fleisch nutze und fand dort ein Steak, herabgesetzt weil es schon älter war, es wog fast ein Pfund. Ich würde es als Rinderkotelett bezeichnen. Das kam auf meinen Gasgrill, wo es so richtig heiß brodelt, und das Ergebnis war einfach genial. Vielleicht gerade, weil es so lange abgehangen war. Das war das erstemal, dass ein Steak in Güte und Größe an die alten Erlebnisse herankam, und natürlich gab es dazu Bohnen. Und nein, ein Foto gibt es nicht, dazu habe ich mich viel zu schnell darauf gestürzt.

Wie Seegras den Strand rettet

In diesem Jahr kam ich kurz nach Hurrikan Irma ins Land und war erschüttert, wie der Strand aussah. Hohe Berge von Seegras und Meeresmüll hatten sich am Strand gesammelt und ich hoffte, dass dies bald abtransportiert wird. Doch zunächst war Fahren am Strand unmöglich, auch für die Räumfahrzeuge, da noch fast zwei Wochen lang ein starker Wind von Osten her die Brandung auf den Strand trieb. Schön war es aber für viele Seevögel, die gerne auf den Seegrashaufen saßen und nach Futter suchten.

Inzwischen hat sich der starke Wind gelegt, der Strand ist wieder breiter und befahrbar, die Seegrashalden sind von der Brandung zurück bis an die Dünen getrieben worden. Und ganz offensichtlich hat auch die Stadt den gefährlichen Müll aussortiert. Vor allem die abgerissenen Schiffplanken, aus denen spitze Nägel hervorragen, sind für Strandläufer gefährlich. Und der viele Plastikmüll dazwischen gibt einen kleinen Einblick darauf, wie vermüllt das Meer schon ist. Auch interessante Pflanzenteile aus der Karibik gibt, wie etliche Kokosnüsse, die ja bei uns nicht vorkommen. Nicht nur ich, sondern auch viele andere Strandläufer haben eifrig Ausschau nach Schätzen gehalten, ich habe zwei Planken mitgenommen, um daraus etwas zu basteln.

Heute nun war ein sehr informativer Artikel in der Zeitung über das Seegras. Auch wenn es für Strandbesucher nicht ganz so schön aussieht und in der ersten Zeit, als es noch nicht getrocknet war, auch ein bisschen stank, ist dieser Pflanzenabfall für unsere Strände doch sehr wichtig. Die Erosion nagt ja immer an den Dünen und durch dieses langsam verrottende Seegras werden die Dünen wieder aufgebaut. Der Wind schaufelt Sand darüber und so bilden sich neue Dünen. Also hab ich nun Verständnis dafür, wenn für kurze Zeit unser schöner Strand etwas unordentlich aussieht.

41 Jahre

Ich habe ja schon berichtet, dass meine Klimaanlage nach Ankunft zunächst gemuckt hat, von Bob und Konsorten aber repariert werden konnte. Seitdem läuft sie, und läuft und läuft. Dennoch habe ich beschlossen, eine neue anzuschaffen, die alte war doch ziemlich verrostet und wäre sicher bald ausgefallen, zudem sind neue Geräte energieeffizient. Auf einer Hausmesse forderte ich 3 Kostenvoranschläge an, wovon nur einer tatsächlich erschien. Daher habe ich mir noch drei andere, lokale Firmen gesucht, eine davon von Freunden empfohlen. Und die hat dann auch das Rennen gemacht, war die billigste, wobei der Inhalt des Angebots inklusive dem verwendeten Gerät immer gleich war. Am Montag habe ich angerufen, um den Auftrag zu vergeben, man wollte sich zunächst um ein Permit der Gemeinde kümmern und heute, 3 Tage später, waren sie schon da. In weniger als einem Tag war alles ausgetauscht. Dazu gehört, dass sich eine Person, möglichst jemand, der rank und schlank ist, unter den Trailer quetscht, um die Leitungen auszutauschen. Unter dem Trailer, wo sich Schlangen und sonst noch allerlei Getier tummelt. So war dann auch klar, dass die alten Leitungen nicht mehr verwendet werden konnten, da hatte ja auch einmal eine Waschbär-Mutter mit ihren 4 Jungen gewohnt, worauf ich dann irgendwann alles versiegelt habe. Aber allein das Versiegeln mit Betonsteinen hat mir so viel Sorgen bereitet, Wachbären sind nachtaktiv, nachts will ich aber nicht im Garten liegen und arbeiten. Also habe ich am Tage alles verbarrikadiert und mir vorgestellt, wie die armen Tiere nicht mehr raus können und elendiglich verhungern. So weit ist es aber wohl nicht gekommen, denn nirgendwo waren Steine eingedrückt, waren Spuren eines Ausbruchsversuches. Und heute lagen auch keine Leichen herum. Dafür war das Rohr für das Abwasser nicht mehr mit dem städtischen Abwasserrohr verbunden und alles sickerte gemütlich in meinen Boden. Der dünne Mann hat alles wieder repariert und ich bin doch recht froh für diesen Austausch. Als wir das alte Teil dann auf die Straße geschaffte haben fand ich eine Jahreszahl, das Gerät ist aus dem Jahre 1976, 41 Jahre hat es gute Dienste geleistet. Im Jahr 1976 wusste man in Deutschland noch nicht mal, was eine Klimaanlage ist. Ob die neue diesen Rekord brechen kann? Ich glaube eher nicht.

Besuch

Heute beim Aufwachen fand ich eine Email von Thomas. Marokkofahrer kennen ihn, denn Thomas lebt schon viele Jahre in Marokko und seine Farm ist ein sehr beliebtes Etappenziel für viele meiner Leser. Er schrieb, dass sein Bruder Martin gerade in Daytona Beach ist und ob ich denn auch dort sei. Ja natürlich, wo soll ich denn sonst um diese Jahreszeit sein. Und in wenigen Minuten war alles geregelt. Martin ist in einem Hotel gerade um die Ecke, nur noch heute und schon um 11 saß die ganze Familie bei mir zum Kaffee. Das fand ich richtig schön und vor allem toll, wie wir das so zwischen Deutschland, Marokko und Florida in wenigen Minuten geregelt bekamen. Martin ist wie Thomas Biologe und hier, um eine bestimmte Pflanze für einen Kunden zu sammeln. So schade, dass ich nicht früher davon gehört habe, denn ich wäre liebend gerne mit ihm in die Parks gegangen. Aber noch heute fährt er weiter nach Orlando. Zum Kaffee hatte ich Kekse gekauft, etwas, das ich eigentlich nicht tun darf, bin ich doch süchtig nach allem Süßen und es kam, wie es kommen musste, sobald die Familie weg war, fiel ich über die Kekse her.

Strafe muss sein, und was wäre da besser als meine Y. Das Programm an den Kraftmaschinen war recht schnell abgehandelt, zwischendurch stand Jerry vor mir, in Deutschland treffe ich nie Leute, die ich kenne, und dann hatte ich immer noch zu viel Energie. Bodypump fing gerade an, genau wie Spinning habe ich das noch nie gemacht, aber egal, nichts wie ran. Hier waren nur absolut ranke, schlanke junge Frauen um mich, keine Männer, und ich dachte, oje. Aber die nette Trainerin hatte für mich Anfängerin nur ziemlich leichte Gewichte ausgesucht und ich kam gut mit, waren ja auch nur 25 Minuten. Da konnte ich beim Heimkommen meinen riesigen Gasgrill anwerfen und ein Steak von Aldi darauf legen. Dazu eine Schüssel Salat und einen Cocktail, ja so kann man leben. Mal schauen, was die Waage morgen sagt.

Und kurz vor sieben bin ich dann schnell noch mal aufs Rad und zum First Turn. Ein Bier mit Bob.

Was echt witzig ist hier in Florida. Egal was gerade ansteht zum Feiern und Ausgehen, spätestens um 8 ist man zu Hause. So richtig Nachtleben ist hier selten.

Biketoberfest is in town …

… und was könnte es schöneres geben, als das auf dem Sitz einer Harley zu erleben? Zum Glück besitzt Kumpel Bob eine und nimmt mich mit. Es gibt echt kaum was Schöneres. Fliegen in einer Piper vielleicht? Egal, jetzt sind wir auf dem Bike. Und dieses satte Gebrumm, wenn der Motor angelassen wird, dieser Fahrtwind, der mir um die Ohren weht. Es ist einfach toll. Natürlich sind wir nicht alleine auf der Straße, zum Biketoberfest kommen bestimmt 100.000 Biker in die Stadt und es ist einfach schön, so im Pulk zu den Event-Lokalitäten zu fahren. Zunächst geht es durch die Mainstreet, Stop & go, dann in die Beachstreet, wo einige Händler sind, die Buden und Bühnen aufgebaut haben. Wir parken und laufen die Reihe ab. Dann geht es aber weiter nach Ormond, wo der größte Händler, Rossmayer, natürlich ein Deutscher, sein Domizil hat. Und dort ist einfach am meisten los. Richtige Jahrmarktstimmung. Wir parken und laufen über den Platz, trinken ist allerdings nicht, Bob muss ja fahren und die Polizei ist überall. Im Gegensatz zum letzten Jahr, wo Bob teilweise ziemlich viel getrunken hat, aber nicht gefahren ist, ist er in diesem Jahr sehr zahm und vernünftig. Erst als wir wieder Richtung Port Orange zurück fahren gehen wir noch in die Roadside Tavern und gönnen uns 2 Bier in 2 Stunden. Da kann man wirklich nichts sagen. Und die Band dort ist einfach grandios, die beste, die wir in diesem Jahr in der Daytona Area gehört haben, und das sind immerhin ziemlich viele. Zwei Gitarristen, zwei Sängerinnen, unglaubliche Stimmung und richtig harter Rock. Wir sind so begeistert, dass wir beschließen, am nächsten Tag zurück zu kommen.

Das heißt Bob beschließt, dass er wieder hingeht. Und ich sage, ich würde gerne mitkommen. Das ist okay für ihn, aber ich weiß nie so recht, ob es ihm eigentlich lieb ist. Aber egal, wir fahren am Sonntag Mittag wieder los. Zunächst in die Main Street und dort ist an diesem Tag wirklich die Hölle los. Bei Dirty Harry gibt es einen Wet-T-Shirt Contest, die Teilnehmerinnen sind alles andere als hübsche junge College-Girls und die Fette gewinnt. Eine Oma ist bestimmt so alt wie ich. Es ist so peinlich, dass es schon wieder lustig ist. Auch hier richtig gute Bands und das schon am helllichten Tage. Party ist angesagt. Ein wenig bin ich enttäuscht, denn das Bikerfest verändert sich. Früher war das besondere, dass die Leute in einem richtig coolen, sehr gewagten Outfit kamen, heute kommen sie schon fast normal. Natürlich muss ein Bikeweek-Shirt sein, aber diese verrückten Outfits von früher, wo Männer Chaps zu nackten Arschbacken trugen, gibt es nicht mehr.

Facebook hat übrigens mein Video gelöscht, nicht zur Ansicht frei gegeben. Zu viel Busen oder wie? Russische Propaganda-Ads werden gezeigt, aber mein Video, dass immerhin zur Tageszeit in öffentlichem Rahmen aufgenommen wurde, nicht. Hier ist der Link:

https://vimeo.com/239737864

Und hier ein paar alte Fotos, wie es früher war.

Biketoberfest

Das tiefe Röhren der Harleys ist unüberhörbar, ja, das Biketoberfest hat angefangen. Und First Turn ist eine super Adresse dafür. Doch der Auftakt war nicht ganz so in meinem Sinne. Ich kam gerade um 18 Uhr an, Bandwechsel, Mistreater fing gerade an. Aber der Sänger Steve machte ein politisches Statement daraus. Er rief alle zum Stehen auf und auf die amerikanische Flagge zu schwören, wenn nicht schrie er: „get the fuck out of here!“. Natürlich blieb ich sitzen, als einzige. Selbst mein liberaler Freund Bob stand mit Hand auf dem Herzen. Die Frau neben mir fragte: „you have a problem with that?“ Also ganz ehrlich, mir war nicht wohl. Und bei jedem dritten Song rief er zu einem Drink auf die gefallenen Helden auf. So rockig die Musik auch war, ich finde, politische Statements haben nichts auf einem Barabend zu suchen.

Warum Florida so schrecklich ist

Für alle die, die zuhause im trüben Deutschland bleiben müssen und mich hier in Florida beneiden, will ich einmal schreiben, wie schrecklich es hier doch ist. Während ihr stressfrei im gemütlichen Büro sitzt und fleißig arbeitet, ist heute bei mir Gartenarbeit angesetzt. Dazu brauche ich zunächst einen neuen Gartenschlauch und komme schließlich mit Pflanzen und sonstigem Krimskrams, aber auch mit 100 $ weniger in der Tasche heim. Während ich im Garten arbeite läuft mir der Schweiß nur so herunter, was wiederum die Brille nicht auf meiner Nase sitzen lässt. Mit dreckigen Händen muss ich sie dauernd hoch schieben und es ist nur gut, dass im Garten kein Spiegel ist. Nach Ende der Arbeit, immerhin noch früh am Morgen, muss ich unter die Dusche. Meine Unterwäsche ist so nass, als würde ich sie gerade aus dem Waschbottich ziehen, und meistens passiert das mehrmals am Tag, manchmal muss ich 3x neue Unterwäsche anziehen. Was natürlich auch die Oberbekleidung betrifft. Die Füße sind absolut schwarz, so was kenne ich aus Deutschland nicht. Die Erde ist hier ganz besonders. Im trockenen Zustand sieht sie wie heller Sand aus, aber in Wirklichkeit bleibt sie tiefschwarz an den Füßen hängen und geht so leicht nicht wieder ab. Natürlich muss dabei der Kühlschrank immer gut mit Wasserflaschen gefüllt sein, das Leitungswasser schmeckt abscheulich, nur gut, dass es kein Pfand gibt.

Und dann der Krach! Da will man mal so richtig schön am Strand spazieren gehen und die Ruhe genießen, aber keine Chance. Das Meer tost so laut, dass man nicht mal telefonieren kann. Hallooo?

Doch das wird ab heute noch getoppt. Das Biketoberfest hat angefangen, und das bedeutet, dass die kommenden 4 Tage Tag und Nacht das tiefe Röhren der Harleys in der Luft liegt.

Und dann der Stress! Man muss zur Gym, man muss zum Strand, die vielen Feste warten, auch die Parks wollen besucht werden, das Kayak will ins Wasser, die Tage sind einfach viel zu kurz.

Ach, wie schön, hier zu sein …

Ich spinne

Wenn ich früh am Morgen so ganz langsam mein Bewusstsein wiedererlange mache ich mir einen Sport daraus, die Tageszeit zu erraten. Es ist immer dunkel, ich wache ja früh auf, aber an den Geräuschen versuche ich, die Zeit zu erkennen. Und ich bin gar nicht so schlecht darin. Heute ist Sonntag, da ist es schwieriger, so früh fahren keine Autos. Aber ich habe mich doch nur um 10 Minuten verschätzt. Ist es noch vor 6 räkele ich mich noch ein Weilchen im Bett herum, ab 6 darf ich aufstehen, denn dann ist meine Frühstückszeitung schon da. Das weiß auch Prince, der so lange unter der Tanne wartet, bis ich raus komme und die Zeitung hole, auch er braucht sein Frühstück.

Dann gibt es die Nachrichten zum Frühstück, die Zeitung ist ja hoffnungslos hinterher, das TV ist da besser. Aber in der Zeitung finde ich immer, was so gerade los ist. An diesem Wochenende zum Beispiel die Home Show, eine Messe rund ums Haus, aber da war ich gestern schon mit Ulandis. Wenn dann alles genau studiert ist und das Sudoku mal wieder zu schwierig war gehe ich an den PC und erledige meine Arbeiten für den Tag. Um 9:30 waren dann alle Hausarbeiten erledigt und ich finde, dass das Wetter einfach fantastisch ist und ich unbedingt zum Strand muss. Eine Stunde lang walken, mit den neuen Pfundgewichten um die Handgelenke – die sind mir eigentlich zu leicht, ich glaube, die muss ich umtauschen. Dann noch eine halbe Stunde am Strand lesen, dann zieht es mich wieder nach Hause.

Was gibt es denn heute zu essen? Eine Schüssel Salat wäre toll. Aber der Salat mitsamt dem übrigen Gemüse ist in der unteren Schublade des Kühlschranks, original beschriftet mit „vegetable“. Und dort tief gefroren. Ich habe den Kühlschrank schon niedrig eingestellt, aber dort unten friert es immer. Also muss ich umräumen und meine Getränke dort aufbewahren. Statt Salat gibt es dann nur ein Omelette mit Bacon und Käse. Und leckere Kuchen, die Gabors Mieter mir hinterlassen haben, und die ich eigentlich ja gar nicht essen darf. Aber sie sind köstlich.

Nach einem Mittagspäuschen muss ich dann zur Gym, um die überflüssigen Kalorien wieder abzutrainieren. Aber eigentlich geht es um meinen Rücken. Ich hatte schon zu Hause ziemlich Probleme, wurde bei Dr. Gassen rundum gut behandelt mit Akupunktur, Schröpfen, Physiotherapie und so weiter und dachte schon, oh, außer horrenden Rechnungen ist ja nichts heraus gekommen. Hatte schon wieder vergessen, wie weh mir mein Rücken vor der Behandlung tat. Und eine Kraftmessung ergab dann auch, dass ich absolut und völlig untrainiert bin. Also nahm ich mir vor, mich hier in der „Y“ anzumelden. Das ist das Fitnessstudio, das von YMCA betrieben wird, eigentlich dem christlichen Verein junger Menschen. Die betreiben in USA die besten Studios, das ist viel mehr als nur ein Fitnessstudio, hier wird rundum Sport betrieben und vor allem auch die Jugend gefördert.

Zunächst überwog ja die Faulheit. Aber als ich eines Morgens aufstehen wollte und kaum aus dem Bett kam, mein Rücken mir wieder deutlich zeigte, wie weh er tun kann, da fuhr ich dann doch geradewegs dorthin, meldete mich an und bekam schon am nächsten Tag die Einweisung. Nach zweimaligem Trainieren war ich erstaunt, dass mein Rücken tatsächlich noch mehr weh tun kann, ich konnte mich kaum bewegen. Aber aufgeben ist nicht. Inzwischen war ich viermal da und es geht schon viel besser. Als ich heute gerade mein Programm absolviert hatte sah ich am Eingang ein Blatt liegen, hier konnte man sich eintragen für Spinning. Das hab ich noch nie gemacht, hab nur in meinem alten Studio die stark schwitzenden Menschen gesehen, aber was solls, ich kann es ja mal probieren. Ganz schüchtern fragte ich an, die nette Trainerin, absolut nicht jung, aber durchtrainiert und rank und schlank, stellte mir das Fahrrad ein und meinte, wenn es nicht geht könne ich ja nach 20 Minuten aufhören.

Das Programm ging eine Stunde und ich gab nicht auf! Habs geschafft. Habe vielleicht nicht so stark eingestellt wie die anderen, aber immerhin muss man eine ganze Stunde lang strampeln, oder eben spinnen. Und dazu wird die Körperhaltung angepasst, also Gewichtsverlagerungen gemacht. War gut. Das Training ist jeden Sonntag, ich geh wieder hin.

Aber nochmal grundsätzlich zur Y. In Deutschland ist der Altersdurchschnitt ja eher bei 30, hier offensichtlich deutlich jenseits der 70. Natürlich ist Florida ein Rentnerstaat, aber es ist doch überraschend, wie viele sehr alte Menschen dort trainieren. Die Trainerin, die mich einwies, entschuldigte sich für die kleine Verspätung, weil sie zuvor eine 90 Jährige einweisen musste, bei der es doch etwas länger dauerte. Zudem sah ich Menschen, die deutliche, altersbedingte Behinderungen hatten und mit Krücke oder Rollstuhl kamen. Also ich finde das toll!

Gerade als ich hinaus gehen wollte sah ich Jerry am Ergometer, Jerry hatte mir vor 15 Jahren mein Haus verkauft und er war natürlich sehr überrascht, mich zu sehen, wusste nicht dass ich im Land bin. Und wie klein Port Orange ist sieht man auch daran, dass ich auf dem Heimweg an einer roten Ampel anhielt, neben mir eine Harley, und darauf saß Bob. Er war auf dem Weg zum First Turn, aber ich entschied mich, doch lieber für einen gemütlichen Abend nach Hause zu fahren.