Archiv der Kategorie: Marokko

Reisebericht

27.3. Taliouine

Immer wenn ich längere Zeit an einem Ort bin fällt es mir schwer, weiter zu fahren. Und wieder in neue Gegenden zu kommen, dort wo keine Freunde auf mich warten. Aber es muss ja sein, ein wenig muss ich noch arbeiten. Und schweren Herzens entschließe ich mich also, dem schönen Dratal den Rücken zu kehren und Richtung Taliouine und später Hoher Atlas zu fahren. Die Wetteraussichten sind ja nicht so rosig, am Freitag sollen es in Asni nur 9 Grad werden, und ich will Freitag in Imlil sein, was noch ein wenig höher liegt. Lust habe ich darauf ganz bestimmt nicht. Und auch die Aussichten, danach in Marrakech wieder in meine schöne Suite zu kommen, sind schlecht, denn Ostern nähert sich und damit die Hochsaison in Marrakech. Ich habe mir nun ein Limit gesetzt, am Ostersonntag werde ich für drei Nächte in Tanger sein und dann die Fähre nach Spanien nehmen. So ganz langsam schleicht sich bei mir doch die Lust auf zu Hause ein. Was mir fehlt ist der Komfort der eigenen Wohnung, dort einfach nur mal dem Sofa zu liegen und fernzuschauen, oder am Abend in die Sauna hinunterzusteigen, und auch der Taunuswald direkt vor der Tür, in dem ich meine morgendlichen Runden in herrlicher Luft drehe, nur Rehe als Zuschauer. Und dann mal wieder was Leckeres essen, ein knackiges Brötchen am Morgen, halt so die Lieblingsgerichte.

Von Agdz aus fahre ich nach Taznakht, eine Route, die zur Zeit teilweise im Bau ist. Ich muss sagen, dass im Moment die Verbindung Foum Zguid – Zagora trotz Piste besser zu fahren ist als Agdz – Foum Zguid. Die schmale Teerstraße ist voller Schlaglöcher, die die schweren Lastwagen hineingefahren haben, die die Erze aus den Minen transportieren. Deshalb wird sie zur Zeit verbreitert und ist im Moment wirklich schlechter als eine Piste. Bis zur nächsten Wintersaison wird sich das natürlich wieder komplett ändern, dann dürften beide Strecken eigentlich ganz gut befahrbar sein. Aber über Bou Azzer ist auch ziemlich viel Lastwagenverkehr, ich würde die Verbindung Foum Zguid – Zagora auf jeden Fall bevorzugen.

In Taznakht ist zwar kein Souk, aber trotzdem ziemlich viel los. Ich halte mich nicht lange auf, denn ich will nach Taliouine. Den Camping Toubkal besichtige ich jedes Jahr, der wird mir nicht viel Neues bringen, mich interessiert mehr Zagmouzen. Den Besitzer Ahmed kenne ich von meiner ersten Marokkoreise vor vielen Jahrzehnten, und seinen Campingplatz habe ich gesehen, als er ihn gerade aufbaute. Als ich aber vor drei Jahren dort war, war der Platz wegen einem Todesfall gerade geschlossen. Ich halte deshalb an der Auberge Souktana, die auch Ahmed gehört, und treffe ihn an. Ahmed hatte die Auberge mit seiner französischen Frau Michelle als eine der ersten schönen Häuser vor 30 Jahren aufgebaut. Inzwischen ist er geschieden, die Auberge noch in genau dem gleichen Zustand, es wurden nicht wie so oft in anderen Orten mehr und mehr Zimmer angebaut. Ahmed scheint aber die Auberge trotz einer Alkoholfahne ganz gut im Griff zu haben, alles ist schön sauber und ordentlich, was sicher auch dem guten Personal zu verdanken ist, das seit Beginn hier arbeitet. Und auch der Camping Zagmouzen ist offen. Es ist ein kleiner Platz für alle, die nicht so gerne auf Massenplätzen stehen, ideal auch für 4×4 mit Dachzelt. Die Anfahrt ist möglich bis zur normalen Standardgröße, es gibt zwei ebene Stellflächen für je etwa vier Fahrzeuge und saubere Sanitäranlagen. Im schattigen Garten sind kleine Bungalows, auch die schön sauber, die Sanitäranlagen des Camping werden genutzt. Und im hinteren teil ein kleiner Bauernhof.

Ahmed freut sich mich zu sehen, kann sich noch gut an meinen ersten Besuch erinnern und lädt mich ein, in der Auberge zu übernachten. Ich nehme gerne an, wenn ich auch ein wenig Bedenken habe, ob es am Abend nicht Probleme geben wird. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Und der Temperaturunterschied ist bereits deutlich zu spüren. Ganz abgesehen von dem starken Wind, der draußen weht.

26.3. Mit Kamal auf Entdeckungsreise

Wenn ich Kamel El Kacimi in der Kasbah des Arts in Agdz besuche ist immer das schönste, wenn wir einfach so in der Umgebung drauf los fahren. Dabei haben wir schon die wunderbarsten Stellen entdeckt, wo nie Touristen hinkommen. Im letzten Jahr haben wir unseren privaten Pool dabei entdeckt, eine herrliche Stelle, wo der Dra immer Wasser führt und man wunderbar in klarem Wasser baden kann. Diesmal haben wir eine andere Piste ausprobiert, wir hatten keine Ahnung wohin sie führen wird. Es ging ganz weit hinter dem Jebel Kissane entlang, dort, wo weit und breit keine Asphaltstraße ist. Hier sind auch keine Dörfer zu finden, aber die Landschaft ist wunderbar, es geht durch wilde felsige Schluchten. Wir fahren die ganze Zeit entlang eines trockenen Flussbetts, hin und wieder von kleinen Pflanzungen gesäumt. Auch hier werden nun Wassermelonen angebaut, das ist das neueste. Die Wassermelonen, die seit wenigen Jahren erst bei Zagora in der Wüste heranreifen, sind die ersten auf dem Markt und erzielen die höchsten Preise. Nun versucht jeder, auf dieser Welle mitzuschwimmen, aber irgendwann ist das Angebot einfach zu groß. Wir fahren immer weiter und suchen ein schönes Plätzchen für ein Picknick, Brot und Ölsardinen haben wir dabei. Das Brot wurde in der Familie gebacken, denn heute streiken alle drei Bäcker von Agdz. Aber den Einheimischen macht das nicht allzu viel aus, denn Brot wird immer noch sehr häufig zu Hause gebacken.

Wir wissen nicht so recht, wo uns die Piste hinführt, sie ist recht gut. Ab und zu halten wir mal, in Abständen steht ein Bauernhaus am Wegesrand, und es gibt sogar eine Schule. Aber keine Leute, die man mal fragen könnte. Eigentlich will ich schon lange umdrehen, oft sieht es so aus, als wäre der weitere Weg von einem Berg versperrt, aber da ist immer noch eine Kurve vor uns, und ich will einfach wissen, was dahinter kommt. Dann hören die Autospuren auf und es sind nur noch Mopedspuren zu sehen. Also noch diese Kurve an dem engen Durchlass da und wir drehen endgültig um. Sind ganz erstaunt, als hinter der Kurve ein großes, hübsches Haus auf der Bergeshöhe steht, so hübsch verziert, es könnte fast eine Auberge sein. Und direkt davor ist dann endgültig die Piste zu Ende, ist das Tal ringsum von Felsen eingeschlossen.

Kamal steigt hinauf zum Haus um sich zu erkundigen. Und winkt mir gleich runter, ich soll doch zum Tee kommen. Wir werden eingeladen von Mohammed (wie sonst?) und seiner Familie, er hat acht Kinder. Seine Eltern waren Nomaden in dieser Gegend, aber er hat sich nun in dem windigen Tal dieses schöne Haus auf einer Anhöhe erbaut. Er lebt damit wirklich am Ende der Welt, denn hier geht es nicht mehr weiter. Alle seine Lebensmittel und das Diesel für die Motorpumpe muss er im 25 km entfernten Agdz kaufen und mit dem Moped heim transportieren.

Vor dem Haus steht ein Pfahl, an dem sind zwei Sandalen befestigt. In jeder steckt ein Handy, Mohammeds Telefonzelle. Nur an dieser einen Stelle ist Mobilfunkempfang, wenn sein Handy klingelt, muss er schnell vom Haus zum Pfahl laufen. Mohammeds Frau hat uns würzigen Tee zubereitet und dann kommt das frisch gebackene, noch heiße Brot herein, dazu eine Schale mit Öl. Mir schmeckt das köstlicher als alle die Tajines, mit denen ich die letzten Tage gefüttert wurde. Und die Bäcker können ruhig weiter streiken. Zum Glück habe ich noch ein paar Kleidungsstücke zum Verschenken im Auto. Mohammed ist ganz verwirrt, er hat für seine Gastfreundschaft keine Gegenleistung erwartet, aber wir insistieren, und er sagt, das ist Maktoub. Das hat Allah gesandt.

dratal_23 dratal_39

23.3. Kasbahs satt

In USA gibt es die Ambulance Chaser, das sind junge Rechtsanwälte, die Krankenwagen hinterherfahren, um vielleicht bei einer Schadenersatzklage für ein Unfallopfer das dicke Geld einstreichen zu können. Hier in Zagora sind es die Moped-Guides der Werkstätten, die allen Touristen mit Fahrzeug hinterherjagen, um sie in ihre Werkstatt zu schleusen. Eben kommt eine Gruppe von italienischen Motorradfahren im Riad Sofian an und schon sind zwei Mopedguides unterschiedlicher Werkstätten da. Auch auf die Campingplätze fahren sie regelmäßig, um nach Kunden Ausschau zu halten. Es haben sich so viele Werkstätten in Zagora etabliert, dass ein regelrechter Konkurrenzkampf entstanden ist. Gibt’s nur hier. Mein Freund Ali Nassir hat das nicht nötig, da stehen die Kunden von selbst Schlange vor der Werkstatt, weil er einfach der beste ist.

Meine Kasbah-Kunden sind heute Nachmittag angekommen. Wir haben ganz lange zusammen gesessen und sie haben von ihren Erlebnissen erzählt. Es gab ja Kasbahs satt. Die erste Nacht verbrachten sie in Ait Benhaddou, in der Kasbah Hajja im alten Ksar. Typischer kann man dort nicht wohnen. Aber es gibt auch keinen städtischen Strom und alles ist recht einfach. Sie sagen, für eine Nacht ist es okay, aber länger nicht. Schön ist es jedoch, wenn man dann am Morgen noch ganz allein im historischen Dorf ist, noch bevor die vielen Reisebusse ankommen. Die nächste Nacht dann waren sie im Gästehaus der Kasbah Amerhidil in Skoura, auch das eine historische Kasbah. Aber doch sehr viel bequemer. Auch das Essen wurde gelobt und die herrliche Kasbah mit Museum ist gleich nebenan. An den nächsten beiden Tagen gab es nur Kasbahs zum Anschauen, nicht zum Wohnen, aber dann Ksar Khorbat war so ziemlich der Höhepunkt. Davon waren sie am meisten begeistert. Vor allem auch von den großen, gemütlichen Zimmern.

In der Kasbah Des Arts waren die Zimmer eher bescheiden, ich weiß das auch, aber das Haus ist es einfach wert. Es ist so unglaublich. Und auch die Anwesenheit von Kamal und die interessanten Gespräche mit ihm lassen die eher ungemütlichen Betten ertragen. Nun sind wir alle im Dar Sofian und werden uns heute Abend das Essen gemeinsam schmecken lassen.

Eben gehe ich in Amazon, um den Campingführer raus zu nehmen, er ist ja nun vergriffen. Und traue meinen Augen nicht. Ganz offensichtlich werden meine Bücher Sammlerstücke. Die alten aus dem Werner-Rau-Verlag werden immer noch angeboten, obwohl die Informationen ja alles andere als aktuell sind. Und selbst mein neuestes Reisehandbuch wird zu einem wesentlich höheren Preis angeboten, obwohl es ja immer noch auf dem Markt ist. Verstehen muss ich das nicht, oder?

21.3. Schweinehund und Kundenpflege

Die Versuchung ist groß. Jeden Morgen, wenn der Kaffeeduft durchs Haus zieht, würde ich mich sehr viel lieber an den schön gedeckten Frühstückstisch setzen, anstatt die Laufsachen anzuziehen und meine 3 km zu laufen. Aber ich weiß ganz genau, wenn ich einmal nachgebe, dann ist es aus. Nur wenn ich tagein, tagaus meine Runden drehe halte ich auch durch. Wenn ich losjogge denke ich, ich bringe das nicht. Nicht heute. Will mich am liebsten hinter einer Düne verstecken, bis die Zeit um ist. Doch ich laufe weiter und dann geht alles wieder wie von selbst, wie eine Maschine. Ich bin ja keine durchtrainierte Sportlerin, der das leicht fällt, ich habe mein Arbeitsleben lang viel gearbeitet und wenig Sport gemacht, aber seit ich in Rente bin und mein Blutdruck etwas zu hoch war, habe ich gemerkt, wie wichtig das im gehobenen Alter ist. Und seitdem fühle ich mich gesundheitlich sehr viel wohler. Und deshalb überwinde ich jeden einzelnen Morgen den Schweinehund.

Und der Kaffee im Riad Dar Sofian wartet ja auf mich.

Ansonsten sind meine Aufgaben hier eher Kundenpflege. Recherchiert habe ich in Zagora ja schon beim letzten Mal. Aber März und April sind Hochsaison für meine Reisen, Kunden, die nach Marrakech fliegen und dann ein paar Tage mit einem Geländewagen und Fahrer durch den Süden reisen. Heute früh traf ich Birgit mit ihrem Sohn auf einen Kaffee. Sie waren auf der Durchreise in Zagora, kamen gestern in Marrakech an, fuhren dann über den Hohen Atlas nach Ait Benhaddou und weiter über den Anti-Atlas in seinem schönsten Nachmittagslicht. Sie übernachteten in der wunderschönen Kasbah des Arts in Agdz. Als Porzellandesignerin hat Birgit sich in der künstlerischen Atmosphäre dort natürlich sofort heimisch gefühlt, besonders da Kamal, der Filmproduzent, der die Kasbah ins Leben zurückgeholt hat, vor Ort war. Und sie brachte mir sogar ein kleines Geschenk mit, ein Aquarell der Kasbah des Arts, das sie auf die Schnelle dort für mich gemalt hatte. Ist das nicht lieb? Birgit und ihr Sohn sind zum ersten Mal in Marokko und ganz überwältigt von den Eindrücken. Ich habe schon jetzt das Gefühl, dies wird nicht ihre letzte Reise in dieses Land sein. Schon der Abschied aus Agdz fiel ihnen schwer, auch bei unserem Kaffeepäuschen in Zagora wären sie gerne länger geblieben, nur das laute Marrakech war für sie nach einem Tag ausreichend. Und nun geht es für 5 Tage in die Wüste, zum Kameltrekking. Sie hatte eigentlich eine Gruppe gesucht, der sie sich anschließen kann, nachdem die aber nicht auf die Schnelle zu finden war, konnte ich sie überreden, das allein mit ihrem Sohn zu machen und ich bin ganz zuversichtlich, dass sie sich nicht eine Minute langweilen wird.

finke2

In zwei Tagen dann kommen andere Kunden, auf die ich schon sehr gespannt bin. Diese Reise für sie zusammenzustellen hat mir besonders viel Spaß gemacht. Sie waren schon in Marokko, hatten sich aber nie die Zeit genommen, die herrlichen Kasbahs im Süden zu besuchen. Und deshalb sollte das nun eine ganz spezielle Kasbahtour sein. Auf fast zwei Wochen geht es von Marrakech aus zu den schönsten Burgen der Berber und ich habe versucht, sie so oft wie möglich tatsächlich auch in historischen Kasbahs unterzubringen, nicht nur eine Besichtigungstour zu absolvieren. Aber darüber werde ich mehr erzählen, wenn sie hier eingetroffen sind.

Aber auch um die Camper habe ich mich gekümmert. Der Platz Oasis Palmier liegt ja gleich neben meinem Riad, so dass ich da öfter einen kleinen Rundgang mache und immer wieder nette Leute treffe. Es haben zwar bestimmt 90 % der deutschsprachigen zumindest meinen Campingführer, aber hin und wieder gibt es doch Leute, die das Buch nicht haben, aber meinen Namen inzwischen schon so oft von anderen Campern gehört haben, dass sie gleich wissen, wer ich bin. Meine Bücher stehen halt nicht in Buchhandlungen, und wer zum ersten Mal nach Marokko reist, hat oft noch nichts davon gehört. Das ändert sich aber, sobald man in Marokko die ersten anderen Camper trifft. Und auch Christa und Manfred, die ich erst neulich in Mhamid traf, sitzen im „In-Café“ von Zagora, dem Oscar, und wir verplaudern den Nachmittag.

19.3. Genug ist genug

10 Tage Mhamid sind genug. Ich bin immer rastlos, muss immer etwas zu tun haben, Leerlauf vertrage ich nicht. Nun habe ich alle meine Aufgaben hier erledigt. Hab nicht nur die Ultra-Läufer fotografisch und moralisch begleitet, das Festival besucht, mit Isolde und den anderen europäischen Frauen, die sich hier angesiedelt haben, geschwatzt, Campingplätze abgeklappert, mit meinen Lesern kommuniziert, Spaghetti gekocht, sondern auch versucht, die Zimmer in Abdou’s Hotel ein wenig zu verbessern, habe dem Handwerker im Nacken gesessen, damit er alles repariert, die Betten gestrichen, Spiegel aufgehängt, Teppiche angeordnet. Nun gibt’s nichts mehr zu tun. Zwar sind die Zimmer noch lange nicht so, wie ich sie haben möchte, aber dazu bräuchte ich mehr Material aus Marrakech, das einfach nicht kommt. Und 10 Tage im Staub, im Sandsturm, mit Duschwasser, das entweder zu heiß ist oder gerade nicht mehr läuft, wenn ich nackt im Bad stehe, oder wenn es läuft, den ganzen Tag mit einem überschwemmten Bad zurecht kommen muss, mit eintönigem Essen, reichen mir einfach. So lieb die Leute hier sind, ich muss weiter ziehen. Und erstmal wieder für einige Tage in die Zivilisation von Zagora zurück. Das Zimmermädchen Touda hier ist eine Perle, immer fröhlich, sie arbeitet mehr als alle Männer und wäscht gerne meine Wäsche, aber im Wüstenwind getrocknet kommt sie steinhart zurück. Ich muss in die Reinigung, in die Apotheke, in mein Dar Sofian.

Auf dem Weg nach Zagora komme ich noch durch Tamegroute. Zu Hause gibt es schon etliche Stücke der typischen grünen Keramik der örtlichen Töpfer. Doch mir fehlen noch die Eierbecher, die hatte ich bisher nicht gefunden. Heute klappt es, ich kaufe 6 Eierbecher, noch 4 Frühstücksteller und werde zum Essen mit der ganzen Mannschaft eingeladen, so geht’s hier immer zu. Richtig nett. Wer sich diese Keramik kaufen möchte muss nur darauf achten, dass der grüne Farbüberzug giftige Stoffe enthält, die bei Wärme frei gesetzt werden, sie dürfen also nicht zum kochen benutzt werden, wie zum Beispiel ein Tajine.

18.3. Spaghetti Bolognese …. hmm

Wenn man wie ich schon fast drei Monate im Land ist und nur von Restaurants lebt, keine Möglichkeit hat, selbst etwas zu kochen, dann kann einem schon mal das ewige Couscous-Tajine zum Halse heraus hängen. Vor allem nun, wo ich länger in der Kasbah Sahara Services bin. Hier kommen die Gäste meist nur für eine Nacht oder ein Mittagessen, bevor es ins Wüstencamp geht, und da bringt man keine große Vielfalt auf den Tisch. Ich sagte deshalb zu Abdou, dass ich gerne mal für mich etwas anderes kochen würde, sobald die Kasbah nach dem Festival wieder leerer wird. Aber Abdou meinte sofort, nein, so geht das nicht. Nicht nur für mich, auch ihm hängt sein eigenes Essen zum Halse heraus. Und es muss unbedingt eine Vorspeise und ein Dessert dazu geben, ich solle doch für 10 Personen kochen.

Die erste Herausforderung ist, Gerichte zu finden, deren Zutaten in dem entlegenen Mhamid überhaupt erhältlich sind. Ich entscheide mich für eine italienische Menüfolge:

Bruchetta

Spaghetti Bolognese

Orangen-Bananen-Creme

Amia kommt mich in der Kasbah besuchen, ich erzähle ihr von meinem Plan und sie meint, dazu brauchst du natürlich auch Parmesan. Ich sage, ja klar, aber darauf müssen wir hier verzichten. Sie sagt, nein, geht zum Wohnmobil und schenkt mir ein Stück. Obwohl sie beim Essen gar nicht dabei sein kann. Unglaublich, was sie alles in dem kleinen Wagen dabei hat. Sie hat ja auch für Isoldes Kleiderkammer schon viele Kindersachen gebracht. Als nächstes fahre ich zu Isolde, denn sie hat eine Reibe. Und Mondamin für die Orangencreme. Und einen Garten mit etlichen Wildkräutern. Nun fehlt mir noch Oregano, den Namen hat hier noch kein Mensch gehört. Ich fahre zum Herboristen in Ouled Driss. Es ist ja irgendwie ein Jammer, dass es in diesem Land so eine Vielzahl von wunderbaren Gewürzen und Kräutern gibt, aber sie werden nicht benutzt. Kräuter sind Medizin oder kommen in den Tee, aber nicht in Gerichte. Auch er kennt kein Oregano, winkt mich aber in seinen Kräuterkeller und lässt mich schnüffeln. Ich finde etwas, das passend riecht, mir aber ansonsten unbekannt ist und ich kaufe es. Am nächsten Morgen bekomme ich auf dem Souk noch Schalotten, die etwas würziger sind und Lorbeerblätter.

Als erstes kommt die Orangencreme dran, sie macht kaum Arbeit, alle Zutaten bis auf Mondamin sind am Ort erhältlich, aber man könnte ja notfalls Mehl nehmen. Ich bin diese täglichen frischen Apfelsinen dermaßen leid. Das Essen soll gegen 19 Uhr stattfinden, ich hole Isolde ab und wir schnippeln eifrig. Was uns noch fehlt ist das Fleisch, es sollte um 17 Uhr mit dem Taxi aus Tagounit ankommen. Ich will euch das nun folgende Theater lieber ersparen, es war ein einziger Stress und ein Gebrülle, weil sie wohl alle zu doof oder faul oder was weiß ich was waren, das Fleisch zu bestellen. Um 18.30 Uhr traf es schließlich ein. Aber es hat ja eh niemand geglaubt, dass wir schon um 19 Uhr essen werden.

Auch Bruschetta ist kein großer Aufwand. Ich habe die Fladenbrote quer aufgeschnitten, mit Öl und Knoblauch eingerieben und gebacken. Isolde schichtete dann den Belag darauf und endlich konnten wir der hungrigen Meute die Teller hinein bringen. Da ich die vier Bruschetta-Teller nicht auf einmal schaffte trug ich sie hintereinander ins Restaurant und als ich mit der zweiten Ladung kam, war die erste bereits fast weg. Abdou hat es so gut geschmeckt, ich hab den sonst ziemlich mäkeligen Esser noch nicht so schnell schaufeln sehen. Aber als dann die Spaghetti kamen waren sie alle hin und weg. Solche Beifallsrufe habe ich zu Hause noch nicht erhalten. Abdou sagte, nun verstehe er, warum die Europäer mit Essen nicht aufhören können und so dick seien. Ratzeputze leer waren alle Schalen in kurzer Zeit. Was so ein paar Gewürze alle erreichen können.

Heute Morgen nun fragte Abdou, ob es denn keine Reste gäbe. Und ich ging wieder in die Küche und kochte gleich noch mal einen weiteren Topf Bolognese.

15.3. Sitzungsmanagement auf marokkanisch

Die letzten Jahre gehörte zu meinen Aufgaben im Statistischen Bundesamt unter anderem das Sitzungsmanagement, bei einem Besuch von ausländischen Delegationen sorgte ich dafür, dass es an nichts fehlte und alles bereit stand, wenn die Teilnehmer eintrafen. Heute nun bekam ich einen anschaulichen Eindruck vom marokkanischen Sitzungsmanagement. Laut Programm sollte um 10.30 Uhr im Hotel Azalay die Eröffnungsveranstaltung beginnen mit den wichtigen Leuten der Provinz. Ich traf um 10.20 Uhr ein. Die Mitarbeiter waren noch eifrig dabei, die Technik aufzubauen. Stühle wurden herangebracht, Verstärker angeschlossen, Mikrofone gerichtet. Nur die Jugend war bereit und probte ihre Vorführungen. Als gegen 10.50 Uhr ein großes Bild des Königs herbeigetragen wurde konnte man annehmen, dass es nun gelegentlich losgehen sollte. Die Notablen zogen kurz nach 11 ein, aber es waren nicht genug Stühle für sie da. Wasserflaschen standen auf den Tischen, aber Gläser kamen erst, als die Veranstaltung schon zur Hälfte lief. Wo ist Frau Priebsch? (Das nur für Destatis-Insider)

festival_23 festival_24 festival_16

Auf der eigentlichen Eröffnung zeigte dann zuerst die Jugend, was sie kann. Es gab Nomaden-Hockey im Sand, Tauziehen, Sackhüpfen und Ringen. Dann kam eine afrikanische Gruppe mit Musik und Tänzen. Die Kamele warteten vor den Toren und die Reiter lieferten sich am Nachmittag ein Rennen. Es war schon ein malerisches Bild, sie in ihre traditionellen Gewänder mit dem breiten Chech gekleidet zu sehen.

festival_11 festival_32festival_33 festival_42

Am Nachmittag gab es dann ein richtiges Volksfest. Buden waren aufgebaut, Männer und Frauen zogen an den Ständen vorbei, es gab Schönheitsmittel für die Frauen, Haushaltswaren und Kleidung. Für die Kinder Luftballons, Eis und Spielsachen sowie ein kleines Karussell, eigentlich wie bei uns. Nur Bratwurst und Bier hat halt gefehlt. Es ist richtig was los in dem kleinen, verschlafenen Mhamid. Das Publikum bestand zum großen Teil aus Einheimischen, darunter viele wunderschön gekleidete Frauen, allein für dieses malerische Bild lohnt sich der Besuch. Doch hatten sich auch etliche Touristen und Pressevertreter darunter gemischt. An den Abenden des dreitägigen Festivals spielen dann jeweils Musikgruppen auf der Bühne.

14.3. Die einen gehen, die anderen kommen

Gestern Abend wurde ich noch zur offiziellen Berichterstatterin der Extreme Runner ernannt. Ein wirklich netter Haufen. Am Abend wurden die Diplome an die Teilnehmer verteilt, Alain hielt eine mitreißende Ansprache und danach wurden die Weinflaschen geöffnet. So unscheinbar sehen sie aus, aber was für eine Leistung steht dahinter. Sie sagten, dass das hier nur ein leichter Lauf ist, viel lieber machen Sie den 333 oder den 555, also 333 bzw. 555 Kilometer. Am ersten Tag habe ich ja ein wenig gelächelt über die Gruppe, aber das ist mir vergangen, ich bewundere die Leute. Ich habe gefragt, warum es gerade in dieser doch sehr anstrengenden Sportart hauptsächlich ältere Teilnehmer gibt. Man meinte, um so lange und ausdauernd laufen zu können, muss man die Ruhe des Alters haben. Der Älteste ist 70 Jahre alt. Er gehörte zu den letzten Zwei, aber das ist doch immerhin noch etwas, das die meisten Menschen nie schaffen. Die Jüngsten waren Nicolas und seine Freundin, die ich auf Mitte 20 schätze, aber sie kamen durch Nicolas Vater dazu, der auch bei der Gruppe ist. Es war ihr erster Langstreckenlauf und sie haben ihn gut gemeistert. Heute Morgen fuhr die Gruppe wieder ab, im November dann wird es hier in Mhamid einen 333er-Lauf geben.

marathon_32 marathon_40

Und nun muss ich mich langsam auf das Internationale Nomaden-Festival einstellen. Immer mehr Gäste treffen in der Kasbah ein, in Mhamid wurden schon überall Stände aufgebaut, abends ab 20 Uhr gibt es jeweils verschiedene Musikgruppen. Samstag Nachmittag wird es ein Nomaden-Hockey im Sand geben und am Sonntag wird demonstriert, wie man Brot im Sand backt.

An diesem Abend geht es zum Erg Lihoudi Camp, wo eine Eröffnungsfete für geladene Gäste stattfindet. Alle werden in Geländewagen in das kleine Sanddünengebiet gefahren, Abdou hat alles wunderschön dekorieren lassen, Teppiche, Sitzkissen, Kerzen, ein Lagerfeuer wird angezündet, die Musik spielt. Und dann kommt der Sandsturm! Alles flieht in die Zelte, die schöne Dekoration wird vom Sand überweht. Aber dann spielt ein Musiker aus dem Senegal auf einem Instrument, das ich noch nie gesehen habe, es ist eine wunderbare, leise, romantische Musik.

festival_02  festival_09

13.3. Der nächste Ultramarathon ist für mich

Michel kam als erster. Um 23 Uhr tauchte der junge Sechsziger auf, frisch wie nach einem kurzen Spaziergang. Auf seinem GPS 203 km Laufstrecke mit 6,3 km durchschnittlicher Geschwindigkeit. 39 Stunden war er unterwegs, er hat noch einen extra Marathon eingelegt, die 166 km waren ihm nicht genug. Und er erzählte von der Strecke. Er war schon kurz nach dem Start alleine, ist die ganze Zeit vollkommen ohne Begleitung die nicht markierte Strecke quer durch die Wüste gelaufen. Die Navigation läuft komplett mit GPS. Alle 20 km war ein Posten, der mit Wasser und Lebensmitteln versorgte, aber Michel hat nur sehr wenig zu sich genommen. Und kaum geruht. Er hat einmal versucht zu schlafen, aber der Körper war noch viel zu viel in Bewegung, daraus wurde nichts. Und so hat er die anderen um Stunden abgehängt. Trotzdem ist er nicht zufrieden, im letzten Jahr hatte der schnellste nur 28 Stunden gebraucht, aber diesmal war es nicht nur ein anstrengendes Terrain, auch das Wetter war äußerst schwierig. In der Nacht begann ein Sandsturm, der vor allem für die Augen sehr unangenehm ist, Michel kam mit roten Augen an. In Chegaga dann heftiger Regen, was noch schlimmer war, denn von der Kleidung her waren sie nicht auf ein so ungewöhnliches Phänomen eingerichtet, es war eiskalt und Michel war völlig durchnässt. Nach einem kurzen Gespräch mit ihm gehe ich auch ins Bett und als ich um 6:40 Uhr wieder am Tor stehe ist von den anderen noch niemand eingetroffen. Ich habe also nichts verpasst. Um 7:30 Uhr dann eine Gruppe von drei Läufern. Sie haben die korrekte Strecke gelaufen, 169 km auf dem Display und 47,5 Stunden gebraucht. Sie haben unterwegs ein wenig geschlafen. Auch Michel kam zur Begrüßung. Aber jetzt am Morgen sah er doch nicht mehr so frisch aus, er humpelte, die Blasen taten weh. Eine weitere Gruppe kam nach51 Stunden, die letzten nach 52 Stunden. Und inzwischen ist hier ein einziges Gehumpel, so kennt man die Extreme Runner gut aus den übrigen Gästen heraus.

marathon_13  Der Sieger Michel mit Organisator Alain

marathon_15  Die Dreier-Gruppe belegte den 2. Platz

marathon_17  marathon_20

Und einer muss ja auch der letzte sein!

Aber trotzdem, tolle Leistung.

https://picasaweb.google.com/109100016521042972795/TZK100MILES2014_102?authuser=0&authkey=Gv1sRgCLPlz42ehLKx2gE&feat=directlink

11.3. Weiberabend und Masochisten …

Gestern abend ging es lustig zu und das war alles nur Isoldes Schuld. Die Damen hatten einen Spaziergang auf Mhamid’s Frauensouk gemacht und besuchten mich dann in der Kasbah. Abdou wollte uns einen Rosé anbieten, aber Isolde schrie gleich, nein, Champagner muss es sein! Sie wollte ihn nur aufziehen und hätte natürlich im Traum nicht damit gerechnet, dass es hier in der Wüste so etwas gibt. Und als unser Rosé alle war und der Champagner anrollte wollte sie sich vor Scham am liebsten unter dem Tisch verstecken. Aber da musste sie nun durch und mit Abdou anstoßen. Und dann wurde der Couscous aufgetischt, Abdou meinte, dazu passt am besten Rotwein.

Also darüber werde ich euch keine Fotos zeigen …

Am Morgen dann ein ganz anderes Bild. Schon seit gestern hielt sich hier eine kleine Gruppe von Extremsportlern auf, die aber beim Abendessen gar nicht extrem aussahen. Das Bild änderte sich erst heute Morgen, als sie sich in ihre Wüsten-Lauf-Kleidung warfen. 11 Frauen und Männer allen Alters brechen auf zu einem Ultra-Marathon, ein 100-Meilen-Lauf quer durch die Sahara, das sind immerhin 166 Kilometer. Nein, ohne mich, mein 3km-Morgenlauf reicht mir völlig. Vom Tempo her hätte ich ja gut mithalten können, denn wer eine so lange Strecke laufen will, macht das eher in langsamen Schritten. Ich wollte ja zusammen mit Abdou teilnehmen, ich die 6 km, er die 160. Aber er wollte nicht. Mal sehen, ob ich sie bei der Rückkehr noch mal aufs Bild bekomme, da sehen sie sicher nicht mehr so frisch aus. Sie kommen wieder hierher zurück zur Kasbah.

http://statistik.d-u-v.org/eventdetail.php?event=21921

marathon_06

marathon_07  marathon_10