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Reisebericht

5.4. Abschied von der Tichka-Familie

Einmal muss es ja sein, einmal muss ich hier weg. Nachdem ich den guten Direktor Moulay Abdellah den ganzen Tag nicht gesehen habe und auch sonst statt die herrliche Sonne zu genießen nur gearbeitet habe, fühlte ich mich am Abend ein wenig einsam, wusste nichts mit mir anzufangen, ging hinaus, lief ein paar Schritte und da fuhr so ein blöder Kleinwagen direkt auf mich zu. Drinnen Abdou und Abdou, zwei aus der Tichkafamilie. Sie wollten mich besuchen, da es doch mein letzter Tag war. Also gingen wir alle wieder hinein und setzten uns zusammen und langsam wurde dann die Familie immer größer, endlich kam auch der Direktor aus seiner Kemenate, wo er den ganzen Tag zusammen mit den Buchprüfern gesteckt hat. Es ist einfach immer wieder schön hier und ich zeige euch hier ein paar Teile aus der Tichkafamilie, die Trennung nach Geschlechtern ist rein zufällig. Und alle Mitglieder sind nicht drauf, sie setzen sich ja auch jeden Abend anders zusammen.

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Es war wieder ein richtig schöner Abend. Und als ich fragte, wie man denn die karamellisierten Tomaten herstellt, flüsterte Moulay mit dem Kellner, ich dachte, nun fragt er den Koch, aber nein. Nachdem wir alle schon gegessen hatten, kam ein großer Tajinetopf mit eben diesem Gericht. Und schließlich auch die Köchin Khadija, um mir das Rezept zu erklären.

Süße Tomaten à la Khadija

2 kg Tomaten aufschneiden und häuten, mit 2 Esslöffel Öl, etwas Salz und Zimtstange köcheln, bis das Wasser einkocht. Dann eine marokkanische Suppenschale voll Puderzucker dazu geben und weiter köcheln lassen, bis eine sämige Paste entsteht.

Ich werde es zu Hause ausprobieren.

 

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Noch 3.4. Die Liebenden von der Mohammed VI

Der Abend endete dann mal wieder anders als gedacht. Gegen 18 Uhr zog ich mich um für die üblichen Kamingespräche. Aber die einzige, die ich traf, war Amina im Jogginganzug, eine Hotel-Repräsentantin aus Ouarzazate, die auf der Suche nach einer Begleiterin für ihren Abendlauf war. Aber eigentlich wollte Abdou ja gegen 18 Uhr vorbei kommen. Nur bei dem Mann weiß man ja nie. Ein Anruf ergab, dass er gegen 20.30 Uhr kommen wird. Also schnell ins Renn-Outfit und ab mit Amina. Während ich bevorzuge, kein Auto zu nutzen und gleich ab Hotel zu joggen, wollte sie lieber in eine ruhigere Gegend, also fuhren wir in der hereinbrechenden Dämmerung mit schweren, schwarzen Wolken über dem Atlas zum Boulevard Mohammed VI und den Menara Gärten. Das ist schon was anderes. Der Boulevard hat einen breiten, gepflegten Mittelstreifen, mit Blumen bewachsen, ab und zu einen Springbrunnen, und dazwischen überwucherte Lauben mit Bänken, der ideale Platz natürlich für Liebespaare. Und wer denkt, dass es die in einem islamischen Land nicht gibt, der irrt ganz gewaltig. Fast jede Bank war besetzt und es war sehr interessant zu sehen, dass die jungen Leute in Marokko die gleichen Bedürfnisse und Wünsche haben wie alle jungen Leute auf der ganzen Welt. Es war ein Geknutsche überall und machte mir richtig Spaß. Immer nur wird von den unterdrückten Frauen in einem islamischen Land gesprochen, aber Marokko zeigt, dass es auch ganz anders gehen kann. Wie ich gesprächsweise hörte soll der König nun sogar ein Gesetz unterzeichnet haben, das es einem Muslim gestattet, in eine andere Religion zu konvertieren. Das wäre wirklich revolutionär.

Als ich dann ins Hotel zurückkam stand mein Abholer schon an der Rezeption, aber zu meiner Überraschung war es nicht Abdou, sondern ein Fahrer. Für eine Dusche war keine Zeit mehr, kurz die Kleidung gewechselt und ab ins Auto. Und dort saß ein deutsches Paar, das mich ebenso überrascht ansah wie umgekehrt. Abdous Spezialität ist, immer eigene Pläne zu haben und sie nie zu kommunizieren. Das Paar war erst am Abend in Marrakech zur ersten Marokkoreise angekommen, wollte sich gerade nach einem Restaurant zum Abendessen umschauen, als ein Anruf im Riad besagte, dass sie abgeholt werden würden. Es stellte sich heraus, dass es Bekannte von Abdous Familie in Hamburg waren, und das erforderte eine Spezialbehandlung. Ich hatte Abdou erst vor ein paar Tagen nach dem Restaurant Al Fassia gefragt, das einen sehr guten Ruf hat, aber vor allem dafür bekannt ist, dass dort nur Frauen beschäftigt sind. Als wir am Dienstag aber zum Essen gehen wollten hatte das Restaurant seinen Ruhetag. Und um mir eine Freude zu machen ging es also nun ins Al Fassia. Zwar nicht in Gueliz, denn das Lokal dort ist immer lange vorreserviert, aber es gibt ein zweites im gleichen Stil in der neuen Hotelzone in Agdal. Und ganz im Gegensatz zu dem Azar war dies keine Enttäuschung. Im Al Fassia verzichtet man auf alle überflüssigen Showeffekte und bietet statt dessen eine bodenständige Feser Küche an, serviert von traditionell gekleideten Damen. Gestern war ich noch überrascht über die karamellisierten Tomaten, aber auch hier im Al Fassia stehen sie auf der Karte. Und so bestellten wir drei Ausländer jeweils ein anderes Tajine, aber alle mit karamellisierten Zutaten, Tomaten, Zwiebeln, Zucchini, aber Abdou hatte ein traditionelles Hühnchen mit Oliven. Toll war die Vorspeisenplatte, sie bestand aus kleinen gefüllten Teigtäschchen und darum gruppiert unzählige Schälchen mit verschiedenen Salaten. Wenn ich das nun direkt mit dem Hühnchen am Abend zuvor im Tichka vergleiche, so war es im Tichka geschmacklich ein wenig besser, im Al Fassia aber war die Vorspeisenplatte besser. Alles in allem muss man aber sagen, das Al Fassia ist sein Geld wert, wesentlich mehr als das Azar. Und wir wurden so reichlich satt, dass kein Platz mehr für ein Dessert blieb.

Als ich todmüde ins Tichka zurückkam musste ich ein letztes Glas mit Moulay Abdellah trinken und ihm beichten, dass ich fremd gegessen habe. Als ich ihm aber versichern konnte, dass sein Hühnchen viel besser war, hat er mir verziehen.

3.4. Die Prinzessin bleibt

Eine Gruppe hat storniert! Hat 12 Hotelzimmer im Tichka abgesagt. Und was heißt das für mich? Die Prinzessin des Tichka kann noch bleiben. Wie schön. Vor allem die Kälte hält mich davon ab, schon morgen in die Berge zu fahren. Aber am Wochenende soll es ja wärmer werden. Am Sonntag geht es also nun weiter ins Tal Ait Bouguemes.

Heute habe ich den Europäischen Friedhof in Marrakech besucht. Wer schon alles gesehen hat und gerne in Vergangenem schwelgt kann diesen Friedhof besuchen. Er heißt zwar europäischer Friedhof, doch sind hier eigentlich nur Franzosen bestattet. Nur Paula und Adolf Schreiber klingen Deutsch, aber ich tippe auf Elsass, denn Adolf war ein hoch dekorierter französischer Soldat. Der Friedhof stammt noch aus der Kolonialzeit, dementsprechend sind die meisten Gräber nicht in Ordnung gehalten, nur einige wenige zeigen an, dass die alten französischen Familien noch immer in Marokko leben und hin und wieder ihre Familienangehörigen in der alten Grabstätte beerdigen. Aber schon irre, einen solchen Friedhof aus alter Zeit zu sehen, wo nicht wie bei uns die Gräber nach 30 Jahren umgegraben werden. Auffallend ist auch, wie viele Kindergräber es gibt, alle noch in der Kolonialzeit angelegt. Die Kindersterblichkeit muss zu dieser Zeit sehr hoch gewesen sein. Ein Teil des Friedhofs ist für die französischen Kriegsgefallenen vorbehalten.

2.4. Stürmig

Das ideale Wetter, um den ganzen Tag am PC zu arbeiten. Der Wind pfeift ums Tichka, die Palmen biegen sich und es schüttet. Dieses Frühjahr ist ja mal wieder extrem. In Deutschland mild und sonnig und hier in Marokko jagt ein Wintereinbruch den anderen. Aber für das kommende Wochenende sind für Marrakech 30 Grad vorausgesagt, im Moment kaum zu glauben. Und das schlimmste ist, ich werde dann nicht mehr da sein.

Im Tichka ist ja auch nicht alles perfekt. Unser Direktor kümmert sich wirklich ganz toll ums Haus, aber seine Priorität, nach dem Füllen des Hauses mit Gästen, ist in erster Linie die Erhaltung des schönen Gebäudes, was ich toll finde. Es wurde gerade die Außenfassade neu gestrichen, von einem einzigen Mann mit Leiter, was zwar langsam geht, aber auch die Gäste so wenig wie möglich belästigt. Zur Zeit werden die hölzernen Balkonumrandungen gestrichen, und alles in den Originalfarben schwarz mit türkisblau. Aber an manchen Ecken hapert es auch und am meisten beim Essen im Restaurant. Wenn Gruppen da sind, und das ist meist der Fall, gibt es ein Büffet. Das ist weder sehr abwechslungsreich noch wird es häufig genug aufgefüllt, es passiert mir sehr oft, dass gerade von dem was ich will, nichts mehr da ist. Ab und zu habe ich mittags dagegen à la carte gegessen, das ist lecker. Und vor allem beim Frühstück gibt es nur ein dürftiges Angebot und es ist sehr schwierig, Servietten zu finden.

Aber dann passieren wieder so Sachen: Gestern Abend hörte ich Musik aus dem marokkanischen Restaurant, das nur selten in Betrieb ist. Ich sah einige Tische besetzt. Als ich Moulay Abdellah darauf ansprach besorgte er mir nicht nur einen Tisch dort, sondern auch noch gleich drei Tischherren. Neben mir war ein Tisch mit Rosenblättern geschmückt, es war für ein französisches Paar. Das Essen war hervorragend. Zunächst eine Salatplatte, deren Clou karamellisierte Tomaten waren, ein köstlicher Genuss. Und als Hauptspeise kam ein riesiges Tajine mit Hühnchen mit überzogen genau diesen Karamel-Tomaten sowie gerösteten Mandeln. Das hab ich in all den Jahren in Marokko noch nie gegessen, absolut lecker. Dazu gabs Gnaua – Musik. Und dann erst der Nachtisch, eine riesige Platte mit meiner Lieblingsspeise, die er schnell noch für mich hat machen lassen, das ganze war ja nicht bestellt, es ist eine mit Zuckerguss überzogene süße Pastilla. Aber dann ging das Licht aus, die Trommeln erklangen und herein kam eine Geburtstagstorte. Dann erst wusste ich, was das ganze zu bedeuten hatte. Die Frau an dem mit Rosenblättern geschmückten Tisch hatte Geburtstag. Und das ganze war kein vom Ehemann bestelltes Event, sondern die Rezeption hatte das Datum gesehen und das alles selbst arrangiert.

1.4. Arbeiten wo andere Urlaub machen

Ich bin ja nicht auf Urlaub in Marokko, wer könnte sich schon vier Monate Urlaub leisten, sondern ich habe mein Büro nur mobil auf Reisen verlegt. Und gerade die letzten Tage sind ziemlich viel Arbeit, die Hochsaison zeichnet sich an jeder Ecke ab. Da eine meiner Kunden heute abreisen sollte, sie hatten ein Toubkaltrekking mit Wüstentrekking verbunden, holte ich sie kurzerhand selbst am Riad ab. So konnte ich nicht nur das Riad mal anschauen, das sie sich selbst ausgesucht hatten, ich konnte vor allem ein Feedback aus erster Hand erhalten. Wie es in der Wüste läuft weiß ich ja ganz gut, aber mit dem Toubkaltrekking habe ich weniger Erfahrung. Es war ein junges, schweizer Paar mit Bergerfahrung. Sie hatten natürlich vorher gefragt, ob der Toubkal um diese Zeit möglich ist, wie das Wetter sein wird, aber ich musste meine Standardantwort geben, dass ich es nicht weiß, dass keiner das Wetter vorhersagen kann. Und so war es ja auch, sie hatten unwahrscheinliches Glück und hatten bis zur Toubkalhütte gutes, trockenes Wetter, nur die Gipfelbesteigung war im Schnee, wofür sie ausreichend Material dabei hatten. Ich selbst war eine Woche später in Imlil und da sah es komplett anders aus, Schnee bis Imlil und an diesem Tage wäre der Marsch nicht möglich gewesen. Es sind halt die Berge, und die sind unberechenbar.

So gab es also von den Beiden nicht nur ein gutes, sondern ein begeistertes Feedback. Vor allem auch mit dem Bergführer und dem Koch waren sie höchst zufrieden, der ihnen sogar unter den einfachen Bedingungen ein tolles Tajine gezaubert hat.

Und auch an der weiteren Reise über den Hohen Atlas, zu den Schluchten des Dades und Todra nach Tamtatouchte hatten sie nichts auszusetzen. Unterwegs sind sie immer mal wieder ein paar Kilometer zu Fuß gegangen und in Tamtatouchte wartete dann Mohammed von der Kasbah Les Amis und führte sie auf einem Spaziergang durchs Dorf. Das ist immer das Highlight, weil Mohammed nicht nur sehr freundlich ist, sondern einige Jahre in Deutschland gelebt hat und gut deutsch spricht. Weiter in der Wüste hatten sie dann zwei Übernachtungen in Biwaks und als am Erg Chegaga sich ein Sandsturm zusammenbraute wurden sie kurzerhand ins bequemere Luxuscamp umgebucht, das ansonsten richtig teuer ist. Und die Beiden empfanden den Sandsturm dann als eine zur Wüste gehörige interessante Erfahrung. Alles in allem also eine gelungene Reise, das freut mich immer wieder zu hören. Ich werde ganz sicher versuchen, im nächsten Jahr auch wieder in der Hochsaison März/April im Land zu sein und so viele Kunden wie möglich zu treffen.

Und auch das Riad war sehr, sehr hübsch. Es heißt Dar Crystal, liegt ein wenig hinter dem Bahia-Palast versteckt, und wenn ich es zunächst nicht gefunden habe, dann lag das nicht daran, dass es so schwierig ist, sondern dass die Marokkaner einfach nicht in der Lage sind, eine Wegbeschreibung zu geben. Das Riad ist ganz in weiß gehalten, hat einen sehr schönen begrünten Innenhof mit kleinem Wasserbecken, eine große Dachterrasse, wo man nicht nur über die Stadt, sondern auch auf viele Terrassen von Riads blickt, die in der Nähe liegen. Ein Franzose, Bruno, führt das Riad und es ist immer ganz gut zu tun. Da die Räume lang und schmal sind, sind zwar jeweils geräumige Badezimmer entstanden, aber ums Bett herum gibt es nicht viel Platz, da das Zimmer gerade mal so breit ist wie das Bett. Auf dem Dach sind dann eine weitere Suite mit privater Terrasse und eine Hammam mit Massageraum.

Auf der Fahrt zum Flughafen dann sah ich plötzlich eine ganze Reihe geparkter Wohnmobile. Da ich ja immer im Dienst bin habe ich das sofort gecheckt, hier hat sich tatsächlich ein neuer Stellplatz gebildet, auf dem sehr viel Platz ist. Hunderte von Fahrzeugen passen darauf. Er ist direkt vor der Stadtmauer, Kamele liegen malerisch für die Touristen bereit und zum Djemaa el-Fna sind es genau 800 Meter. Ich habe mich mit einem Franzosen unterhalten, er sagte mir, noch gibt es keinen Wächter, keine Gebühr und keine Probleme. Sicher bleibt das nicht immer so. Wo die Behörden in der Stadt inzwischen wie zu Hause jeden Zentimeter Parkraum vermarkten wird sich hier bis zum nächsten Jahr sicher auch was tun.

Am Flughafen dann das gleiche Bild, das ich schon kenne, auf dem großen Parkplatz standen zwei Wohnmobile und die Gebühr beträgt immer noch 30 DH.

Zurück im Büro – eh sprich Hotel – warteten dann mehrere Emails auf mich. Die interessanteste: Eine Anfrage für eine Rundreise über zwölf Tage, Start am 8. April. Das ist eine Herausforderung in der Hochsaison und geht auch nur, wenn der Kunde praktisch am anderen Ende ebenfalls dauernd online ist. Bis in die Nacht haben wir gearbeitet, die Agentur hat super mitgemacht und in weniger als 24 Stunden hatten wir die ganze Rundfahrt mit Hotels in trockenen Tüchern. Und noch nicht einmal die schlechtesten. Das geht nur, wenn man eine renommierte Agentur im Rücken hat, die einen guten Draht zu den Hotels hat.

Aber auch abgesehen davon scheint sich jeder im letzten Moment für einen kleinen Ausflug in die Wüste zu interessieren und ich konnte mehreren Leuten helfen, noch etwas Schönes aus ihrer Marokkoreise zu machen. Es gibt wohl inzwischen eine Reihe von Flügen aus Deutschland nach Marrakech und die Stadt wird gerne besucht. Und irgendwie machen mir gerade diese Last-Minute-Angebote am meisten Spaß, vor allem auch, weil wir den Preis halten können und bisher noch keinen Hochsaisonzuschlag erheben mussten.

Abends dann war ich mit Abdou im Azar. Ein neues Restaurant in Gueliz ganz im Stil dieser Stadt. Viel Schau und wenig dahinter. Es gehört dem gleichen Besitzer wie Comptoir Darna und ist ähnlich aufgemacht, die Küche nennt sich Oriental und Mediterran. Am Eingang brennen Fackeln, der Tormann ist aber nicht wie beim Comptoir orientalisch gewandet, sondern im Anzug, und im Restaurant flackern die Kerzen. Es ist eine schöne, angenehme Atmosphäre, aber das Essen enttäuscht mich genauso wie in fast allen den neuen Lokalen Marrakechs. Gut sind die Mezze, die libanesischen Vorspeisen. Ich hatte mir nur Hummus bestellt, das war gut, aber das dazu gehörige Brot kam erst auf Nachfrage. Als Hauptgericht hatte ich mit Rindfleisch gefüllte Ravioli bestellt, dazu gehörte irgendwie noch Spinat. Was kam war ein großer Teller mit ganz wenigen Ravioli, eine braune Soße darüber und ein Klecks Blattspinat. Ideal für eine Diät, absolut nichts zum Sattessen. Am besten war das Dessert, ich hatte Profiteroles mit Schokofondant, die waren lecker, nur … als Besteck gab man mir einen großen Esslöffel. Wie ich damit das Fondant aus dem süßen, kleinen Töpfchen bekommen sollte und dann die Profiteroles in meinen Mund war schon eine Herausforderung. Und die Bauchtänzerinnen, die dann noch kamen, waren zwar jung und hübsch, aber alle Bauchtanzschülerinnen in Wiesbaden haben mehr Feuer.

So, und wo kriegen wir nun noch was zu essen?

Manchmal ist das Leben zu kurz

Ich habe, seit ich in Marokko bin, zwei Todesnachrichten bekommen, die mich doch sehr mitgenommen haben. Das eine habe ich schon vor Wochen erfahren, die nette deutsche Familie, die sich in Ouzoud niedergelassen hat, hat ihren Sohn verloren. Der kleine Odin, ich glaube er war 6 oder 7 Jahre alt, hat plötzlich eine schwere Infektion bekommen. Die Eltern haben ihn ins Auto gepackt und sind nach Beni Mellal ins Krankenhaus gefahren, aber es war ihm nicht mehr zu helfen. Ein so süßer Junge.

Das andere erfuhr ich heute erst. Ich wollte meine Freundin Ilse vom Hotel Chems Tazarkount anrufen und fragen, ob ich auf meiner Rückreise noch mal vorbei schauen soll. Und dann sagte sie mir, dass am 20. Januar ihr Mann gestorben ist, mit dem zusammen ich noch Silvester gefeiert habe und er hat mit Ilse noch fröhlich getanzt. Krank sah er ganz bestimmt nicht aus. Ich konnte es kaum glauben, aber Ilse sagte, er hat einen Herzinfarkt bekommen und war sofort tot. Einfach schrecklich. Zwei Menschen, wenn auch in so unterschiedlichen Lebensstufen, aber nicht krank und einfach nicht mehr da.

30.3. Heimweh

Gut drei Monate bin ich nun unterwegs und so langsam sehne ich mich nach zu Hause. Es sind die kleinen Dinge, die mir fehlen. Mich einfach zu Hause fühlen, die Waschmaschine voll packen und saubere Sachen raus bekommen, die Angebote von Aldi studieren und mein Notebook mal gründlich überholen. Bei Media Markt nach einem neuen Fotoapparat schauen, den Kleiderschrank so lange durchforsten, bis ich das richtige für den Tag gefunden habe oder einfach mal nichts tun. Es ist eine sehr interessante Erfahrung für mich, die mir zeigt, dass ich doch nicht unbedingt ein volles halbes Jahr in Marokko bleiben möchte.

Obwohl … eben hab ich mal in meiner Suite den Fernseher angestellt. Ich bekomme hier nur das ZDF, sonst nichts in Deutsch. Und da läuft an einem Sonntagmittag „Bares für Rares“. Und da läuft an einem Sonntagmittag „Bares für Rares“, gefolgt von der „Hundeflüsterin“. Bin ich denn plötzlich im Privatfernsehen gelandet? Wie kann das Öffentlichrechtliche einen solchen Quatsch senden. Irgendwie brauch ich vielleicht doch noch nicht heim?!

29.3. Vom Schnee ins Tichka

Dieser Filou! Mich so zu verarschen. Oder liebevoller, mich auf den Arm zu nehmen. Hab ja seit gestern um mein Zimmer im Tichka gezittert und als ich dann schließlich die Zusage bekam sagte mir der Direktor, dass ich diesmal leider nicht in meine Suite kann, das Hotel sei so gut wie voll, fast schon überbucht. Und er sagte mir ja auch, es gäbe nur diese eine.

Als ich Imlil heute früh verließ waren etwa 20 cm Schnee von meinem Auto weg zu schaufeln, wie gut, dass ich auch für Marokko den Schneeschieber dabei habe. Noch um 11 Uhr waren es nur 2 Grad. Am Morgen noch Schnee, dann nur Regen, auch in Asni waren es nicht mehr als 5 Grad. Auf der Strecke dann lagen an vielen Stellen Felsbrocken, die durch das Unwetter auf die Straße gespült wurden, nicht gerade ein beruhigender Anblick. Erst 15 km vor Marrakech änderte sich das, der Regen hörte auf, die Sonne lugte hervor und das Thermometer stieg auf 13 Grad. Immerhin.

Im Tichka wartete Moulay Abdellah schon in der Halle und entschuldigte sich noch einmal, dass ich diesmal nicht in die Suite kann. Ich versicherte ihm, dass ich mich freue, überhaupt da zu sein und auch mit dem kleinsten Zimmerchen zufrieden bin, notfalls tuts die Badewanne. Mein Gepäck wurde hinaufgebracht, diesmal weder der oberste Stock noch Blick zum Pool, aber, eine Suite! Ist ja nicht zu glauben. Eine Idee kleiner, aber mit Rosenblättern geschmückt und ein Obstkorb wartet. Er ist einfach goldig und das Tichka ist das beste.

Ich gehe gleich zum Mittagsbüffet, es ist wirklich viel zu tun heute, eine Konferenz ist im Haus und hat gerade Lunchpause, aber da läuft der Koch zur Hochform auf, die Salatauswahl ist einfach grandios und die leckeren Desserts kenne ich ja schon.

Ach, ein paar Tage lasse ich es mir hier gut gehen.

Noch 28.3. Kalt, nass, Schnee

Die Passstraße über den Tizi-n-Test ist im Bau. Nötig ist das, denn sie ist nur einspurig und von Schlaglöchern übersät. Aber es sind unzählige Bagger im Einsatz, die Straße wird verbreitert, gearbeitet wird wie wild und es ist oft nicht so einfach, an den Baggerschaufeln vorbeizukommen. Seit ich in Nouakchott einen Bagger gesehen habe, der rückwärts gerade mal so in einen PKW gefahren ist, habe ich doch Respekt davor. Zum Glück ist wenig Verkehr. Die beiden schweren, leeren Laster, die mir entgegen kommen, lasse ich an einer günstigen Stelle vorbei, sie haben wohl Bagger gebracht. Ansonsten ist ziemlich wenig Gegenverkehr und die beiden Wohnmobile, die ich vor mir habe, sind auch so nett, an den Rand zu fahren und mich vorbeizulassen. Ein Franzose und ein Deutscher. Den beiden Großtaxis muss ich dagegen doch ziemlich Dampf machen. Aber obwohl ich sehr viel schneller bin als alle anderen auf der Straße schaffe ich nur 40 km pro Stunde.

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Das Wetter ist noch okay. Unten 12 Grad und sonnig, oben auf dem Pass 5 Grad und neblig, aber kein Regen. Das ändert sich in Ouirgane, es fängt an zu nieseln. Und als ich in Asni auf die schmale, ziemlich schlechte Asphaltstraße nach Imlil abbiege wird es richtig ungemütlich, in Imlil schließlich dann Schneeregen. Ich bin total unglücklich. Kalt, nass, matschig und wo soll ich schlafen. Ein Anruf von der Strecke in Marrakech hat ergeben, dass das Tichka ausgebucht ist. Ich fühle mich heimatlos und allein, könnte heulen. Besichtige zunächst das Hotel Dar Imlil, ganz klar das beste hier. Ein Traum. Große, gemütlich eingerichtete Zimmer, Kaffee und Tee zum selbst zubereiten stehen bereit, Pantoffeln auch, es ist geheizt, die großen Türen am Balkon zeigen einen weiten Blick auf den Schneeregen im Tal mit dem rauschenden Bach. Hier könnte ich es aushalten. Wenn … ja wenn der Preis nicht wäre. Es gibt Zimmer zu 1300 Dirham (alle besetzt), Suiten zu 1500 Dirham (eine frei) und die großen Suiten zu 2000 Dirham (auch noch eine frei). Wo nur ist der reiche Prinz, der mich einlädt (und dann alleine schlafen lässt)?

Solange der nicht kommt gehe ich ins nächst beste Hotel, das Riad Imlil. Das Gebäude ist schön, wirkt wie eine trutzige Burg und ist aus schweren Felssteinen gebaut. Mohammed war lange Bergführer in der Schweiz, hat da das Metier von Grund auf gelernt und wollte dann in seinem Heimatort ein schweizer Chalet nachbauen, wenn auch gemixt mit dem Riadstil. Es ist gleich zentral in Imlil, direkt an der Brücke über den Fluss und bietet von seinen Terrassen einen herrlichen Ausblick. Nur die Zimmer sind ein wenig klein. Alles ist sauber und ordentlich, aber mein Zimmer hat nur Platz für ein großes Doppelbett, ein kleiner Tisch, aber noch nicht mal einen Stuhl. Und wenn ich die Reisetasche abstelle ist der Durchgang versperrt und Tageslicht gibt es auch nicht. Aber ein Radiator heizt das kleine Zimmer und es kostet nur 450 Dirham mit Frühstück. Es geht mir schon besser. Etliche SMS und Telefonate mit Marrakech ergeben, dass man nun doch ein Zimmer im Tichka für mich hat, aber nur für wenige Tage. Im April ist nun mal Hochsaison in Marrakech.

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Im Hotel werde ich von einem schweizer Paar angesprochen, sind Sie nicht Frau Kohlbach? Huch, das habe ich nicht erwartet. Sie hatten mich schon in Mhamid gesehen, wenn wir dort auch nicht ins Gespräch kamen, und fahren mit ihrem PKW und meinem Reisehandbuch sechs Wochen durch Land. In einer Reisebuchhandlung in der Schweiz stand mein Buch zusammen mit vielen anderen und nach einer Qualitätsprüfung haben sie sich für mich entschieden. Ja, ich weiß, wenn ich in Buchhandlungen präsent wäre, würde ich sehr viel mehr verkaufen, aber ich will das nicht, ich habe ein anderes Konzept und es würde im Endeffekt nur dazu führen, dass ich es allein nicht mehr schaffe, höhere Kosten habe, aber keine höheren Einnahmen. Es bleibt alles beim Alten, und die, die mein Buch kennen und wissen, dass sie es online bestellen müssen, haben den Vorteil der Aktualität.

Für Wohnmobilisten gibt es Imlil betreffend gute Nachrichten. Bisher war der kleine Ort, an dem die Straße zum Toubkal endet, ja viel zu klein für Wohnmobile. Es gab keinen ausreichend großen Parkplatz, keinen Camping und noch nicht mal eine gute Wendemöglichkeit. Das hat sich nun geändert. Am Beginn des Ortes wurde ein großer Platz zum Fluss hin eingeebnet. Er dient als Parkplatz für alle Besucher, da der kleine oben im Ort nicht ausreichend ist, aber auch als Stellplatz für Wohnmobile. Die Übernachtung kostet 20 Dirham, parken nur am Tag 5 DH. Damit ist es nun auch diesen Leuten möglich, Imlil und den Toubkal-Nationalpark zu besuchen und vielleicht sogar eine Bergwanderung zu buchen. Das Fahrzeug kann so lange dort abgestellt werden. Im Ort sind zahlreiche Agenturen und auch ein offizielles Büro der Bergführer. Natürlich sind auch viele Wanderungen alleine möglich.

28.3. Für alle, die sich Sorgen machten

Die Nacht ging vorüber ohne Ansturm auf meine von der schweren Reisetasche verrammelte Tür und meine Unschuld. So ganz schaue ich bei Ahmed nicht durch. Zwar ist seine Alkoholfahne unverkennbar und seine Sprache kaum verständlich. Aber er bedauerte, mir keinen Wein zum Abendessen anbieten zu können und ich frage mich, woher die Fahne kommt. Aber die Auberge ist ordentlich und sauber und der kurze Blick in die Privaträume zeigt mir, dass alles aufgeräumt ist. Ahmed hätte gerne, dass ich ein paar Tage bleibe, auch für Imlil wäre es besser, wenn ich erst nach dem angekündigten Wintereinbruch eintreffen würde, aber mich hält hier doch nichts. Und die Dusche war auch kalt.