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Bike Trails

Manche Leute reisen, weil sie reisen wollen. Fremde Länder anschauen, die Sehenswürdigkeiten abklappern. Das war nie mein Hauptziel. Ich will mich in diesen Ländern auch zuhause fühlen, will gebraucht werden, eine Aufgabe haben. Vielleicht weil ich in meinem Alltagsleben zuhause zu wenig um mich habe, wo ich gebraucht werde? Zum ersten mal habe ich dieses Gefühl bekommen in Tunesien; die Leute dort, die ich getroffen habe, brauchten mich. Das war ein schönes Gefühl. Und es hat sich noch verstärkt in Marokko. Und als ich dann Reiseführer über diese Länder schrieb sowieso. Das war schön. Jemand, der sich um mich sorgte, und sei es auch nur, weil es ihnen Vorteile brachte. Das ist doch legitim.

In Florida werde ich auch gebraucht. In erster Linie von meinem Haus und Garten. Das ist so altersschwach und verwildert, dass es mich sogar dringend braucht. Das macht Spaß. Das gibt mir einen Grund zu leben. Manchmal kann ich sogar deutschen Freunden nützlich sein, die auch hier ein Haus haben, aber nicht so oft vor Ort sein können.

Aber so richtig schön wird es erst durch die Bike Trails. Hier habe ich meine Aufgabe gefunden. Es entstand zunächst dadurch, dass ich selbst ein Buch gesucht habe, das mir einen Einblick in die wunderbaren Trails gibt, zeigt, wo ich sie finde. Ich wurde enttäuscht. Was auf dem Markt ist, ist alt und sehr ungenau. Ja, es gibt Internetseiten über die Trails, auch Apps. Und dennoch ist nie etwas dabei, das meine Bedürfnisse deckt.

Die Konsequenz ist natürlich, so etwas selbst zu schreiben. Das macht Spaß. Aber natürlich sollte man es auch verkaufen können und nicht mit dem einzigen Exemplar seiner Art herumfahren. Hin und wieder treffe ich mal einen Radfahrer, dem ich eins verkaufen kann, aber das bringt es nicht.

Nun muss ich auch sagen, dass dieses Buch nur die Trails in einem sehr engen Umfeld beinhaltet, nämlich so im Dreieck Daytona Beach – Orlando – Palatka. Aber ich habe drei Bike Shops gefunden, die das Buch verkaufen wollen. Nur drei, obwohl es deutlich mehr gibt, aber die wollen nicht. Und mit diesen dreien läuft es richtig gut. Ich habe schon etliche hundert verkauft, was für ein so begrenztes Umfeld sehr viel ist.

Aber nun gibt es ein neues Projekt, und wie immer macht mir das Spaß. Der Shop in DeLand, wo immerhin viele meiner Radler wohnen, wollte das Buch nicht verkaufen, weil ich darin die Visitenkarten der anderen Bike Shops abgebildet hatte. Das wären seine Konkurrenten, das könnte er nicht verkaufen. Wobei es die anderen nie gestört hatte, im Gegenteil, sie fanden es gut. Doch das zehrte an mir, das ärgerte mich, gerade weil um DeLand so viele Radwege sind und so viele Radler wohnen.

Und da kam mir eine Idee. Meine Auflagen sind ja sowieso sehr gering und der Druckpreis ist nicht so verschieden, ob ich nun 50 oder 100 drucke. Also schlug ich JC vor, eine Extra Auflage nur für seinen Shop zu drucken, natürlich mit dem Hinweis auf seinen Laden. Und das gefiel ihm. Gefiel ihm sogar so sehr, dass er vorschlug, mir mehr pro Buch zu zahlen, der Überschuss aber an

St. Johns River to Sea Loop

https://www.river2sealoop.org/

geht. Das ist ein Verein, der sich um den Ausbau der Trails hingebungsvoll kümmert. Und so ist die Extra-Auflage für JC’s Bike Shop nun im Druck und wird noch vor Weihnachten dort bereit liegen.

http://www.bikingflorida.mobilunterwegs.eu/

Airfryer yes or no

In den Geschäften werden hier haufenweise Airfryer angeboten. Zunächst wusste ich nicht, was das ist. Die Recherche ergab, dass man damit zum Beispiel Pommes ohne Öl braten kann. Auch Hähnchen und so. Irgendwie meinte ich, ich brauche so ein Ding. Sind auch nicht mal teuer. Der Preis geht von 40 $ bis knapp über 150 $, aber Nachbarin Melanie meinte, so ein tolles Ding mit lauter Spielereien braucht man nicht, ein einfacher reicht. Das Nachteil ist natürlich, dass man ein weiteres ziemlich großes Teil in der Küche herum stehen hat.

Tagelang ging der Airfryer in meinem Kopf herum. Bis ich ihn endlich gekauft habe. 50 $ für einen mittelgroßen mit digitaler Anzeige, das geht. Heimgebracht und den Karton in die Ecke gestellt. Konnte mich einfach nicht aufraffen, ihn auszupacken. Nach Tagen dann immerhin den Karton geöffnet und das Kochbuch heraus geholt. Ja, man kann leckere Dinge damit zubereiten. Aber das zentrale Gut sind doch die Pommes, die man ohne Öl machen kann.

Deshalb stelle ich mir die Frage: wie oft isst du Pommes? Antwort: nie! Wie oft gegrilltes Hähnchen? Antwort: Nie!

Schließlich habe ich das gute Stück ausgepackt und auch eine Ecke gefunden, wo es recht wenig stört. Aber weiterhin überlegt: was kann ich darin machen. Man soll backen können. Aber die Grundfläche zu klein für jede Backform. Ja wozu, zum Donnerwetter, brauche ich also das Ding. Um ab und zu ein überbackenes Gericht zuzubereiten? Das kann ich doch auch im Backofen. Und das Hauptargument des Fryers, Öl zu sparen, trifft hier nicht zu, denn dafür brauche ich kein Öl. Koche sowieso sehr sparsam mit Öl.

Ergebnis: Gleich heute früh habe ich das gute Stück zurück gebracht, das Geld einkassiert und werde es nun in einen neuen Gasgrill investieren,der alte fällt auseinander. Und das ist ein Teil, das wirklich oft eingesetzt wird.

Heute gab es dann überbackene Süßkartoffel ganz ohne Airfryer.

Limoncello

Das Wetter hier in Florida ist noch immer sommerlich warm. Aber dennoch zieht ab und zu ein Tief übers Land, so wie heute. Das ist nicht schlimm, denn wir brauchen auch mal Regen und morgen ist es wieder schön. Deshalb habe ich den Tag mal zum Kochen genutzt. Heute Morgen als erstes Brot gebacken. Zwei, drei Wochen kann ich mal zum Frühstück Bagels essen, aber dann brauche ich richtiges deutsches Brot. Mein Lieblingsrezept mit den hier erhältlichen Zutaten ist ein Hefeteig mit Weizenvollkornmehl, dazu geriebene Karotten, Leinsamen und Sonnenblumenkerne. Heute gab es zwei Brötchen und zwei Laibe, die werden in Scheiben geschnitten und jeweils zwei in einem Beutel eingefroren. Und selbstverständlich werden die schönen Reißverschlussbeutel wiederverwendet. Ich brauche kein Friday for Future, um sparsam mit Ressourcen umzugehen. Das habe ich bereits als Kind gelernt und mein ganzes Leben beibehalten. Jeden Morgen gibt es dann zwei Scheiben Brot, mehr Brot brauche ich nicht am Tag, so reicht das eine Weile.

In dem schönen Hotel in der DomRep gab es ein gutes italienisches Restaurant, das Tartufo. Dort hat man als Amuse Gueule eine Art Parmesan Paste gereicht zu kleinen Brötchen. Die war so köstlich, deshalb habe ich versucht, sie nachzumachen. Parmesan gerieben, eine Knoblauchzehe dazu und das ganze mit Olivenöl verrührt. War sehr lecker, eigentlich noch besser als im Tartufo. Ich vermute, die nehmen nicht so hochwertige Zutaten, denn Parmesan wäre ja auch zu teuer.

Und schließlich habe ich mich dann an Limoncello versucht, dem italienischen Zitronenlikör. Freund Uwe hat ja Zitronen im Garten, die ich pflücken darf, er selbst ist zurück in Deutschland. Es gibt viele verschiedene Rezepte dazu, ich habe mir eins ausgesucht, das nicht so kompliziert ist. Eigentlich nur Zitronensaft mit Zucker aufgekocht, Zitronenschale dazu und Alkohol. Ich habe Gin genommen, da er am billigsten war. Gin schmeckt ziemlich neutral, das ist wichtig. Nun muss der Sud aber einige Wochen stehen bleiben, bin mal sehr gespannt, wie es schmeckt. In Taunusstein habe ich kürzlich Brombeerlikör gemacht. Muss aber zugeben, dass er sich nicht lange hielt, er war einfach zu köstlich.

Deutschland rettet die Welt

Gut, nun sind die Grünen also mit in der Regierung. Zum Glück nicht alleine und nicht mit so hoher Prozentzahl wie teilweise erwartet. Gut, dass die FDP dabei ist. Ich oute mich mal, ja, ich bin FDP-Wähler. Ich betrachte mich selbst als liberaler, toleranter, freiheitsliebender Mensch. Wenn ich auch nicht in jedem Punkt mit der FDP übereinstimme, so trifft diese Partei doch die meisten meiner Wünsche. Das ist schon länger so, aber sehr erstaunt war ich nach der Wahl, wieviele andere Menschen, und vor allem Junge, diesmal die FDP gewählt haben.

Nun aber zu dem Grünen bzw. zur Klimakrise. Ich streite es nicht ab, sicher muss etwas getan werden. Ich wehre mich aber dagegen, dass es immer so hingestellt wird, als müsse Deutschland ganz alleine die Welt retten. Sicher sind wir ein wichtiges Land, aber doch ein sehr kleines Rädchen im Weltgefüge. Sehr viel bedeutender ist da meine Zweitheimat USA. Und es gibt kein Land, das so viel Müll produziert wie die USA. In allen Bereichen, aber am meisten stört es mich beim Essen. Neulich übernachtete ich in einem Hotel. Zum Frühstück war wirklich alles aus Plastik, Becher, Teller, Besteck. Hier werden täglich Unmengen von Müll produziert. Und auch beim Autofahren wird nichts eingeschränkt. Verbot der Verbrennermotoren? Aber nicht doch. Wenn ich könnte, ja, ich würde sofort auswandern. Darf aber nicht.

Sehr loben möchte ich dagegen die Dominikanische Republik. Sicher ist hier auch nicht alles perfekt. Neulich fand ich abseits eines öffentlichen Strandes eine riesige Ansammlung von Abfall. Der wird bei der nächsten Flutwelle ins Meer gespült. Aber die Hotels, super! Keinerlei Plastik. Am Pool gibt es die Getränke in wiederverwendbaren Plastikbechern, aber Mitarbeiter gehen herum und durchsuchen die Papierkörbe, ob sie jemand unwissentlich weggeworfen hat. Und während es im März noch Strohhalme gab sind die nun auch gestrichen. Manche Drinks sind etwas schwer ohne Strohhalm zu trinken, also werde ich mir das nächstemal einen wiederverwendbaren mitbringen.

Florida oder Marokko

Meine Leser der Marokko-Reiseführer sind erstaunt, dass ich in Florida bin und nicht in Marokko. Deshalb möchte ich das mal ein wenig erklären. Im letzten Jahr, als Covid gerade ausbrach, hatte Marokko sehr schnell seine Grenzen geschlossen, keiner durfte rein noch raus. Da es März war und noch Saison für die Wohnmobilfahrer waren diese richtig traumatisiert. Schließlich konnten sie mit Sonderflügen das Land verlassen, aber das Wohnmobil musste stehen bleiben. Das ist ein lang anhaltender Schock. Und ganz klar ist es nun, dass keiner mehr so richtig Marokko traut. Es zeigt sich ja gerade wieder. Nach langer Zeit waren endlich wieder Flüge erlaubt, gestern wurden sie wieder gestrichen. Das Land blockt sich ab und man kann nicht planen.

Das führt natürlich auch dazu, dass ich keine Bücher mehr verkaufen kann. Das Lager ist voll und an eine neue Auflage absolut nicht zu denken. Wer sollte sie auch kaufen. Mein Plan war daher, in diesem Winter in mein geliebtes Florida-Heim zu fahren und im Frühjahr vielleicht nach Marokko. Aber das werde ich erst später nach Sachlage entscheiden.

Es kommt noch etwas anderes hinzu. Hier in Florida gibt es so gut wie keine Covid-Maßnahmen mehr, das Leben ist zurück auf normal. Wer eine Maske tragen will zum eigenen Schutz kann dies tun, wer dies nicht möchte lässt es, und das sind die meisten. Nur noch in öffentlichen Gebäuden werden Masken verlangt und das ist ziemlich pervers, da ja gerade der Gouverneur von Florida gegen Masken ist. Er hat nun einige Schulen verklagt weil die einen Maskenzwang hatten.

Aber das interessiert mich überhaupt nicht, das müssen die mit sich ausmachen. Mir ist wichtig, dass es wieder ein normales Leben gibt. In den Geschäften sind seit dem Sommer auch die Umkleidekabinen wieder geöffnet. Das Personal in großen Geschäften trägt aber meist eine Maske. Und die Restaurants sind voll und auch Feste können in vollem Umfang stattfinden. Ja, das ist meine Lebensart, hier fühle ich mich wohl.

Sanford

In Deutschland habe ich es nicht mehr geschafft, die Grippeschutzimpfung zu bekommen. Deshalb wollte ich das in Florida nachholen. Meine Walgreen Apotheke, die mir auch die Coronaimpfung gemacht hat, verlangte 35 $. Doch dann sah ich im TV die Ankündigung, dass an einigen Orten kostenlose Impfungen stattfinden für alle die Unversicherten, und heute sollte eine in Sanford sein. Sanford ist etwa 55 km entfernt und nur zum Impfen wäre es etwas umständlich. Aber ich kann das gut mit anderen Dingen verknüpfen, gibt es doch dort zum Beispiel auch schöne Biketrails.

Flu Shot

Zunächst ging es also zum Bike Shop Pedal Driven im Zentrum. Ab und zu hat man mir dort einige wenige Exemplare meines Fahrradführers abgekauft, aber so richtig gut ging es dort nicht. Ich zeigte mein Buch und man rief den Chef an, es gab einen Besitzerwechsel. Der war durchaus interessiert, wollte das Buch aber zunächst sehen. Daraufhin kaufte mir der Mitarbeiter sofort eins ab, er war ganz geil darauf und ich gab meine Telefonnummer. Mal sehen, ob ich angerufen werde. Dann machte ich mich auf die Suche nach dem Centra Care, wo die Impfung ab 14 Uhr stattfinden sollte. Und tatsächlich, viele Zelte waren aufgebaut, noch einige Minuten vor 14 Uhr, aber ich kam sofort dran. Musste nur einen Zettel auffüllen mit Name und Geburtsdatum und schon war die Spritze im Arm. Das ging fix.

Cross Seminole Trail

Direkt hinter der Impfstation begann ein Biketrail, da es der Rinehart Boulevard ist, dachte ich, es ist der Rinehart Trail aus meinem Buch. Erst nach einigen Kilometern, bei denen ich absolut nichts wiedererkannte, stellte ich fest, anhand der wirklich deutlichen Beschilderung, dass ich auf dem Cross Seminole Trail unterwegs bin. Schon wichtig, wenn ich darüber etwas schreiben will. Ich konnte also sehr gute Infos bekommen und machte mich auf den Rückweg. Allerdings ging es zunächst in die Mall, denn Sanford hat riesige Einkaufszentren. Dort allerdings tote Hose, absolut nichts los. Trotzdem fand ich in meinem Lieblingsladen Ross wieder etwas schönes.

Nun sollte es aber heim gehen, ich war müde und hungrig. Rad wieder aufs Auto gepackt und ab auf die Autobahn I4. Doch dort war Stau. Ich also raus. Und mich geärgert. Denn erstes konnte ich gerade noch sehen, dass sich der Stau auflöste und zweitens waren es mehr Kilometer über die Landstraße. Sauer. Ich fuhr am schönen Lake Monroe in Sanford vorbei und stoppte erst mal an einer Bank, in der Fahrradtasche hatte ich noch ein kleines Stärkungsmüsli. Den Nerven ging es nun besser und ich hörte in der Ferne Musik. Das muss ich ergründen. Und stellte fest, dass sich etliche Jugend-Musikgruppen aufgestellt hatten zu einer Parade. Startpunkt war genau der Moment wo ich eintraf. Danke für die Umleitung, das passt. Eine Menge junger Leute, eine Menge Zuschauer am Straßenrand, aber was ist nur los. Keine Faschingsparade im Oktober, kein Unabhängigkeitstag und auch kein Weihnachten. Also fragte ich die Umstehenden: Homecoming!

Gut, den Begriff habe ich schon gehört. Aber wirklich etwas darunter vorstellen kann ich mir nicht. Was sagt Mr. Google?

Homecoming

Homecoming ist eine jährliche Tradition an Universitäten, High Schools und Colleges in den USA, wenn das Footballteam der Schule nach 2 oder 3 Auswärtsspielen zum ersten mal wieder ein Heimspiel hat. Das ist meistens nach ein paar Wochen Saison im Oktober. Der Homecoming Ball ist normalerweise gleich nach dem Spiel in der Sporthalle oder am nächsten Tag. Bei diesem festlichen Anlass wird üblicherweise im späten September oder Anfang Oktober zu Ehren ehemaliger Schüler und Universitätsangehöriger ein Bankett oder ein Football-, Basketball- oder Eishockeyspiel oder ähnliches ausgerichtet. Anders als Prom und Senior Ball ist Homecoming Ball für alle Jahrgangsstufen, man sieht also auch viele Freshmen. Oft wird auch eine Parade durch die Straßen der Stadt abgehalten und ein Ball veranstaltet, als dessen Höhepunkt eine Homecoming Queen, eine Ballkönigin (und oft auch ein Homecoming King) gekrönt wird, sei es aufgrund von Beliebtheit, Schönheit oder Verdiensten um die Schule.

Und so komme ich also zum ersten mal in meiner USA-Zeit in den Genuss, eine solche Parade zu sehen. Musikkapellen spielen, die Cheerleader tanzen und die Queens und Kings der einzelnen Schulen werden in wunderschönen Cabrios dazwischen gefahren, Bonbons werden geworfen. Die ganze Parade in Sanford ist gerade mal 1.000 m lang, denn im Zentrum, vor dem berühmten deutschen Restaurant Hollerbach, steigen alle schon wieder aus. Die Musik geht aber weiter, es ist richtig was los.

Was ist das doch wieder ein schöner Tag, so richtig rundum gelungen. So etwas kann ich in Taunusstein nicht erleben.

Und hier die Parade:

Corona in Florida

Als ich im Frühjahr in Florida war hatte ich täglich die Inzidenzen berechnet, es interessierte mich einfach. Nun, den ganzen Sommer über in Deutschland, war das nicht wichtig für mich. Aber es steht eine erneute Reise an und deshalb habe ich mir mal wieder die Zahlen angeschaut. Auch die von der Dominikanischen Republik, da sie als Sprungbrett nach Florida auch diesmal wieder herhalten muss. Die Amis lassen uns immer noch nicht rein. Sehr interessant das Ganze. Quelle: https://www.worldometers.info/coronavirus

In den USA steigen die Infektions-Zahlen wieder stark an. Trotz den Impfungen. Werfen wir zunächst mal einen Blick darauf. Trotz dem schleppenden Impfstart zu Beginn hat Deutschland inzwischen die USA bei der Zahl der vollständig geimpften Personen deutlich überholt. Ich verwende dazu nicht die Zahlen des RKI, sondern wegen der internationalen Vergleichbarkeit https://coronavirus.jhu.edu/vaccines/international (Stand 19.8.2021):

Deutschland       58,52

USA                      51,67%

Florida                 52,27%

Doch geht es hier nicht um die nackten Zahlen. Wenn ich an Deutschland denke dürfte die Zahl einigermaßen korrekt sein, wenn es auch einige wenige gibt, so wie ich und meine Freunde, die sich im Ausland haben impfen lassen und deshalb in dieser Statistik nicht enthalten sind. Doch umgekehrt sind wohl kaum Personen enthalten, die in Deutschland geimpft wurden und dann dauerhaft ausgereist sind. Anders ist dies speziell in Florida. Dort wurden alle willigen Menschen geimpft, die sich dort aufgehalten haben. Das betrifft eine große Zahl von amerikanischen Snowbirds, die im Norden wohnen und den Winter in Florida verbringen. Kanadier sind kaum betroffen, da diese wie auch die Europäer immer noch nicht ins Land dürfen bzw. nach der Rückkehr strikte Quarantäne einhalten müssen und deshalb nicht reisen. Auch Deutsche wie mich wird es nur wenige geben. Aber dafür gab es eine große Zahl von Impftouristen. Wohlhabende Südamerikaner, die es sich leisten konnten, sind in großer Zahl nur wegen der Impfung gekommen. Dazu zählte auch die Familie der Ehefrau des kolumbianischen Präsidenten, die wegen der Impfung anreiste, doch dann bei dem Gebäudeeinsturz in Miami ums Leben kam. Auch meine thailändische Bekannte berichtet von Landsleuten, die nur deshalb nach Florida kamen. Daher dürfte die Zahl der doppelt geimpften Personen, die tatsächlich fest in Florida wohnen, deutlich unter 50 % liegen. Dazu muss man anmerken, dass der Gouverneur von Florida ein starker Anhänger von Trump ist und so ziemlich alle Beschränkungen abgebaut hat, einschließlich dem Tragen von Masken in Schulen.

Anfang Juni, als ich mit der Statistik aufhörte, lag die 7-Tages-Inzidenz in Deutschland bei 29, in Florida bei 53. Inzwischen liegt sie bei 47 (D) und 664 (Fl). Damit liegen in Florida die täglichen Infektionszahlen weit über denen der ganzen bisherigen Coronazeit und könnten beängstigend wirken. Zahlen über die Hospitalisierung konnte ich nicht finden, aber für die Todeszahlen habe ich ebenfalls die 7-Tages-Inzidenz berechnet. Sie lag Anfang Juni in Deutschland zwischen 4 und 5, in Florida im Schnitt bei 1,4. Und das hat sich in Florida bisher nicht geändert, während sie in Deutschland erfreulicherweise bei unter 1 % liegt.

Dominikanische Republik

Für dieses Land habe ich dummerweise die recht guten Zahlen aus dem Frühjahr überschrieben. Aber die Zahlen von heute sind tatsächlich noch besser geworden. 41,7 % der Bevölkerung sind bereits vollständig geimpft, die 7-Tages-Inzidenz liegt aktuell bei 7,8, bei den Todesfällen bei 0,1. In der Domrep gehen die Infektionszahlen im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern zurück, von vierter Welle noch keine Spur. Und das obwohl es dort Tourismus gibt.

Back Home

Ich glaube, ich werde gleich sehr melodramatisch und persönlich. Sitze im Flieger auf dem Weg nach Hause und reflektiere natürlich über mein Projekt. Und über mein Leben. Zuerst mal, es war auf jeden Fall das Beste, das ich in dem Corona Jahr gemacht habe. Und ich hätte es auf jeden Fall schon sehr viel früher machen sollen.

Auf dem Hinweg habe ich mich ja noch sehr als Pionier gefühlt, als jemand, der Neuland entdeckt. Was ich ja auch gemacht habe. Die Rückkehr ist sehr viel weniger aufregend. Zunächst mal die Fakten. Deutschland hat kürzlich seine Einreisebestimmungen geändert und erlässt nun den voll Geimpften sowohl den negativen Test vor Einreise als auch die Quarantäne. Richtig so. Damit habe ich auch gerechnet. Übrigens, ich habe keinem einzigen Deutschen die Impfdosen weggenommen, ist doch auch etwas!

Zunächst galt es Koffer packen. Ich habe in Daytona ja voll den Einkaufsrausch ausgelebt, nach einem Jahr Enthaltung, allerdings nicht ganz so vollkommen, wie ich es gerne getan hätte. Denn meinem Eindruck nach haben zwar alle Geschäfte geöffnet, aber mit dem Nachschub hapert es. Im Grunde gab es die gleichen Kleidungsstücke wie im letzten Jahr, die Auswahl war gering und die Regale leer. Hängt wohl auch mit Corona zusammen. Trotzdem war es nicht ganz einfach, die Gepäckbestimmungen zu beachten. Als ich meinen Koffer zupresste und hochhob, war er gefühlt 30 kg schwer. Die Waage zeigte 21, kam mir schleierhaft vor. Als meine Abholer kamen und den Koffer ins Auto schleppten äußerten sie die gleichen Bedenken. Xmal gewogen, es blieb bei 21. Und schließlich im Flughafen waren es 48 pound. Stimmt also ungefähr.

Daytona ist ja ein kleiner Regionalflughafen und ich war neugierig, ob man nach dem Impfausweis fragen würde. Ich hatte ein Basic Ticket für den Rückflug gebucht, wo man erst beim Check in seinen Koffer anmelden muss und auch erst am Gate seinen Sitz bekommt. Also war ich neugierig, ob man mich nach einem negativen Test oder Impfausweis fragt, was ja innerhalb USA nicht vorgeschrieben ist. Und ja, man tat es. Dann kam ich nach Atlanta und ging zum Gate wegen dem Platz. Vor dem Gate, wo man ja normalerweise nicht mehr an den Schalter muss wenn man seine Bordkarte hat, eine kleine Schlange. Ich muss ja hin, wegen dem Sitz. Doch sehr langsam ging mir auf, dass diesmal jeder dorthin muss. Um eben wegen den Einreisebedingungen von Deutschland seine entsprechenden Papiere vorzuweisen. Ich hatte ja alles beisammen und die Dame atmete richtig auf, als ich ihr zack meine CDC Karte und die deutsche Einreiseanmeldung auf den Tresen legte. Viele andere hatten das nicht parat und so wurde die Schlange auch immer länger, vor allem weil den meisten erst sehr spät klar wurde, dass alle an den Schalter müssen.

Dann konnten wir boarden und nicht wie sonst in den berühmten Gruppen, sondern jeder, der seine Papiere deklariert hatte, konnte gleich rein. Ein Riesenaufwand. Im Flieger stellte sich raus, dass nur etwa die Hälfte besetzt war, ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie lange das dauern würde, wenn das Ding voll besetzt ist.

Im Flieger selbst ging es locker zu, knapp die Hälfte besetzt, aber immer noch mehr als auf meinem Rückflug im Coronajahr , als die Pandemie eben begann und ich über London zurück musste. Jeder konnte sich frei einen Platz ohne Nachbarn suchen. Interessant, dass tatsächlich die meisten Passagiere Amis waren, keine Deutschen, obwohl sie doch eigentlich immer noch nicht nach Deutschland einreisen dürfen.

Aber ich sprach von melodramatisch. Und das kam durch den ersten Film, den ich mir ansah. Eigentlich mag ich keine Filme, tat mir auch schwer mit der Auswahl, und entschied mich schließlich für den Film „In Translation“ mit Bob Murray. Der war echt schön. Aber eben melodramatisch. Man denkt dann automatisch an sich selbst, man möchte auch einfach mal so etwas Schönes erleben. Wie zwei Menschen sich näher kommen und eine wunderbare Zeit haben. Die wirklich in die Tiefe geht. Ja, das fehlt mir. Diese oberflächlichen alten Herren, die im Grunde sich nach eine jungen Pflanze umsehen, die sich mit mir ganz sicher nicht mehr beschäftigen wollen, aber diese junge Pflanze eben auch nicht finden. Okay, Bill bekam auch nicht die schöne Junge, aber er wollte ja auch nicht. Es war ein sehr gefühlvoller Film, der mir gut gefiel.

Ach ja. Aber es ist nunmal so, dass ich zwar nicht jung bin, aber ganz viel Aufregendes tue. Wie eben nach USA zu fahren wenn man es gar nicht darf. Und da jemand ebenbürtigen zu finden, der es mir gleich tut ist schwer. Freunde habe ich ja, und meine deutschen Freunde haben es mir gleich getan, auch sie sind über den Umweg DomRep nach Florida gefahren, und haben mich heute zum Flughafen gebracht. Und werden nächste Woche sogar ein paar Tage in meinem Haus wohnen.

Warum? Das ist ganz einfach. Sie haben den Urlaub so geplant, dass der eine, der noch arbeitet und deshalb Urlaubstage nehmen muss, zu Hause eine Quarantäne eingeplant hatte, bevor es zurück zur Arbeit ging. Zunächst konnte ich ihn überzeugen, sich in USA impfen zu lassen, so rechtzeitig, dass er genau dann in Deutschland ankommt, wenn die 14 Tage Frist nach der Impfung vorbei sind. Sein Begleiter dagegen weigerte sich, hatte Bedenken vor der Impfung. Drei Tage hat es gedauert, bis wir auch ihn überzeugen konnten. Was bedeutete, dass er zu Hause doch noch ein paar Tage in Quarantäne muss, bis die Schutzfrist um ist. Also wurden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, der Rückflüge wurden um die ursprüngliche Quarantänezeit verlängert und so kommt auch der andere in den Genuss der weggefallenen Quarantäne.

Ach ja, sie wurden natürlich mit dem einmaligen J&J geimpft, nur das ist ja in der kurzen Zeit vollkommen abgeschlossen. In USA bekommt man seinen Termin sofort und kann das Produkt auch noch auswählen.

Ja, bloß, ihr Haus war ab dem Zeitpunkt bereits vermietet und sie hätten auf der Straße gestanden. Nun wohnen sie bei mir. Und sie sind nicht die Einzigen. Kurz vor Abflug war ich noch in meiner Lieblingsbar, um mich von Freund Bob zu verabschieden. Er fragte mich, ob ich nicht mein Haus vermieten wolle. Nein, will ich nicht. Erzählte, dass es jemanden gäbe, dessen Wohnung von schlimmem Schimmel befallen sei und der deshalb ganz dringend etwas Neues suche, und das in einer Zeit, wo der Wohnungsmarkt in Florida absolut verrückt ist. Ich war keine 24 Stunden im Land, da erhielt ich zwei SMS auf mein amerikanisches Telefon mit Anfragen von Maklern, die mein Haus wollten und sofort ein Angebot abgeben wollten. Die Preise sind völlig überhöht. Und dieser Bekannte suchte etwas für einige Monate, um in Ruhe dann nach etwas langfristigem Ausschau zu halten. Bob gab mir seine Businesskarte und was mich überzeugte war der Beruf. Baumeister und Renovierer von Häusern. Solche Leute sind Gold wert, die muss man sich zum Freund machen. Nun werden wir mal sehen, wie dieses Projekt läuft.

Und nun lehne ich mich entspannt im Flieger zurück und genieße meinen Baileys auf Eis.

Mein Kampf

Nein, mein Kampf richtet sich nicht gegen eine menschliche Volksgruppe, aber dennoch gegen ein Volk, das mindestens so stark und zahlreich ist wie die Menschenvölker und zumindest auf meinem Grund und Boden ausgerottet werden soll. Das Ameisenvolk ist gemeint. Ich kämpfe nun schon einige Wochen, bin aber immer noch auf der Verliererseite.

Zunächst geht man mal hin, kauft eine Sprühdose und sprüht. Der Erfolg ist augenblicklich. Die Ameisen sind mausetot!

Ja, aber nur die, die durch den Sprühstrahl direkt getroffen werden. Nicht die vielen Tausend oder Millionen, die noch in der Erde sind. Um es mal klar zu machen, es geht mir nicht um die Ameisen, die irgendwo in der Erde leben und das als ihr gerechtes Zuhause betrachten. Die können wegen mir dort bleiben, auch wenn das Zuhause in meinem Garten liegt.

Nicht aber die Ameisen, die in MEIN Zuhause eindringen. Und vor allem diese winzig kleinen Biester, die man kaum sieht. Die aber eine Menge Dreck hinterlassen oder aus was auch immer ihre Hinterlassenschaft besteht. Es war schon bei meinem letzten Aufenthalt ein Problem, aber so richtig habe ich mich nicht darum gekümmert. Und dann mussten die guten Kleinen erleben, dass ihnen mein Haus ein ganzes Jahr mietfrei zur Verfügung stand. Und so sah es aus. Heftig. Verschmutzt. Nur in einem Raum, nicht im Hauptgebäude, sondern nur in einem Vorraum. Aber trotzdem. Ich will alleine dort leben!

Also, die Spraydose hat keine echte Verbesserung gebracht. Also Pest Control angerufen. Für Nicht-Floridianer, das ist etwas, das hier zum Leben gehört, geht nicht ohne. Dazu wird innen im Haus gesprüht, einmal im Jahr, auch von außen entlang der Grundmauer, und das soll verhindern, dass die lieben Kakerlaken, die hier eine ganz schöne Größe erreichen, ins Haus kommen. Klappt meist. Die Garantie lautet nur, drinnen dürfen keine Lebenden gefunden werden, Tote schon.

Der gute Mann kam, meinte aber, er sei nicht so recht für die Ameisen zuständig, da sie von außen kommen. Dazu müsste man den Lawn Service rufen. Auch das ist Florida, hier hat fast jeder einen Lawn Service und es wird jedes Quartal gesprüht, gegen alle möglichen in der Erde vorkommenden Insekten. Ist teuer, wollte ich mir erstmal ersparen. Also habe ich mir einen Sack des entsprechenden Produktes gekauft und im Garten verteilt. Genau nach Anweisung.

Es zeigte sich, dass dies offensichtlich ein gutes Futter für die Ameisen ist. Sie leben und gedeihen außerordentlich gut. Dann ging ich die Sache methodisch an und kniete mich vor die Mauer. Suchte und fand die Ameisenstraßen, die alle irgendwie durch die Wand wollten und konnten. Meine Idee war nun, die Löcher zu verstopfen. Dazu kaufte ich, in geordneter Reihenfolge, Gips, Silikon, liquid nails und so. Jeweils in so eine Pistole gesteckt und die Masse herausgedrückt. Der ganze Prozess zieht sich nun schon seit Wochen hin. An einem Tag alle Ritzen und Löcher verstopfen, warten. Am nächsten Morgen schauen, noch ist keine neue Straße entstanden. Freude. Hat geklappt. Irgendwann am Tag neuer Blick, Scheiße, die Kerle haben eine neue Straße entwickelt. Man kann es richtig sehen. Da ist ein Baumeister, der kommt von außen, bohrt ein Loch ins Silikon, sein ganzer vorderer Körperteil steckt drin, dann ist er durch und andere folgen nach. Dann kam ich auf die Idee, diese kleinen Löchlein mit noch winzigeren Kieselsteinen zu verschließen, denn Silikon allein hilft ja nicht. Klappt einigermaßen, aber in der Außenwand finden sie immer noch ein Loch.

Also wieder ins Home Depot und nach einer chemischen Keule gefragt. Ant Shield heißt das Produkt. Also der Name klingt gut. Ameisen sind es ja und ein Schutzschild davor wäre auch ganz gut. Schön nach Anleitung den Rasen davor eingesprüht, die Hauswand auch. Am nächsten Morgen: neue Ameisenstraße. Das ganze drei Tage wiederholt, gleiches Ergebnis. Ich würde es lieber Ant Feed statt Ant Shield nennen, denn es schein den Tierchen gut zu schmecken.

Also irgendwas ist in der Mauer, das die Ameisen brauchen. Vielleicht ihre Königin, ich weiß es nicht. Schließlich finde ich eine kleine Metallplatte, die die schwierige Stelle komplett abschirmen soll. Klappt auch. Aber die Biester finden neue Löcher und Wege. Ab zu Jan und seine chemische Keule geborgt. Da steht zwar nichts von Ameisen drauf, aber wer weiß, Jan hat immer nur Gutes.

So, nun war ich lange genug am PC, ich gehe mal raus nachschauen.

Ruhe.

Aber vielleicht nur die Ruhe vor dem Sturm.

Rage

Zurückblickend war es gestern ein Apriltag, sehr wechselhaftes Stimmungswetter. So richtig gut fing es schon nicht an. War mit der üblichen Gruppe für den Sonntagmorgen-Hike verabredet, hatte auch selbst ein Ziel vorgeschlagen, aber auf meine Messages zwischendurch kam keine Antwort. Erst heute um 10: wir sind da! Nun, ich war noch zu Hause und blieb es. Um in der Gruppe etwas zu machen braucht es Kommunikation.

Aber ich fahre sowieso lieber Rad. Begab mich auf den am nächsten gelegenen Trail, denn ich muss Benzin sparen. Hier wird nun kein Klopapier mehr gehamstert, sondern Benzin. Hacker haben eine US-Pipeline angegriffen und obwohl Florida durch Schiffe mit Treibstoff versorgt wird und nicht durch diese Pipeline gab es einen Run auf die Tankstellen. Ich blieb vorerst ruhig, aber dann brauchte ich doch Nachschub. Die ersten drei Tankstellen waren leer, aber an der vierten bekam ich dann ganze 8 Gallonen, aber immerhin so viel, dass der Tank fast voll ist.

Ich fahre super gerne Rad, habe mich nun auch wieder daran gewöhnt, hier kein eBike zu haben, auf den flachen Trails geht es ja auch ohne, nur die Brücken bilden eine Herausforderung. Ich fuhr 40 km und war recht glücklich, sparte mir meine Stärkungsbanane für die Halbzeit auf, traf einen Graureiher, einen Bussard und drei große Landschildkröten und war nach 40 km auch noch recht fit. Doch wer mich hier erzürnte war mein Fitnesstracker. Ich habe ja tägliche Ziele, ich weiß, kein Mensch versteht mich, aber mir sind sie wichtig. Dazu gehören täglich mindestens 10.000 Schritte, 30 aktive Minuten und in jeder Stunde muss ich mindestens 250 Schritte zurücklegen.

Und Radfahren, ohne die bergigen Taunusswege, erkennt der Tracker nicht wirklich als Tätigkeit an. Kaum Schritte wurden mir gut geschrieben und es blieb tatsächlich eine Stunde, wo ich die nötigen 250 Schritte nicht zusammenbekam. RRRR, mal wieder sauer. (Ich weiß, ich habe Luxusprobleme.)

Zuhause dann in Facebook geschaut und einen Kommentar gefunden, den ich auf meine gestrige wunderschöne Radfahrt durch New Smyrna Beach bekommen habe, immerhin der schönste Ort der ganzen Region. „ach es gefällt mir doch nicht so .Daham is daham

Das hat mich erst so richtig in Rage gebracht. Keiner versteht mich, zumindest nicht zuhause in Taunusstein. Und das Wörtchen daham bringt es insofern auf den Punkt, als ich mich eben hier zuhause fühle und nicht in Taunusstein, ein Ort, den ich inzwischen schon fast hasse. Ja, er bietet nicht viel, hauptsächlich Wald, aber der Hass kommt eher durch die Menschen. Sie sind einfach nur furchtbar, eng an den Ort gebunden, nicht weltoffen, nicht liberal. Ich liebe nun mal die Freiheit in Florida, die Offenheit, die Lockerheit. Auch hier ist nicht alles perfekt, aber hier passe ich einfach besser hin. Aber in der Welt, in der wir leben, kann man nicht einfach grenzüberschreitend seine Heimat frei wählen. Deshalb war ich eigentlich auch recht zufrieden, im Jahr 5 Monate hier zu sein.

Bis Corona kam, aber die alte Leier kennt ihr ja schon.

Aber gerade in der Coronazeit haben die Amis, ich spreche natürlich nur über Florida, eben doch das Richtige getan, obwohl sie vorher ziemlich deswegen kritisiert wurden. Gouverneur DeSantis ist ein Republikaner stramm an der Seite von Trump, ich könnte mir sogar vorstellen, er zielt selbst auf das Präsidentenamt, und er ist für Freiheit und Lockerung. Und hat Erfolg damit. Die Polizei geht hier ihren eigentlichen Aufgaben nach, der Bekämpfung der Kriminalität, wobei sie zugegebenmaßen auch genug zu tun hat. Und nicht wie in Deutschland schaut, ob auch alle ihre Masken aufhaben, Strafen verhängt oder gar, OMG, sich in der Wohnung mit mehreren treffen.

Hier wird auf Eigenverantwortung gesetzt und nicht auf die Polizei. Auch deshalb fühle ich mich hier so viel wohler. Ich bin sehr freiheitsliebend. Erst wenn man aus Deutschland raus ist, von außen herein schaut, merkt man, wie übel die Stimmung dort ist. Da wird genau geschaut, was der Nachbar macht, da wird von der Regierung Druck aufgebaut, von der Regierung, die selbst nichts zustande bringt, da werde die Menschen zum Blockwart gemacht, und die sind absolut davon überzeugt, dass sie das richtige tun. Wir haben doch eine Pandemie!

Ja, aber damit kann man unterschiedlich umgehen. Und hier klappt es ganz gut. Die Impfquote ist hoch, schon fast 40 % der Menschen haben den vollen Impfschutz und deswegen wird jetzt die Maskenpflicht für voll Geimpfte aufgehoben. Eine Reporterin fragte: Wie wird denn kontrolliert, dass wirklich nur die Geimpften ohne Masken laufen? Antwort: Es wird nicht geprüft, wir dürfen nicht nach dem Impfausweis fragen, wir vertrauen auf die Selbstverantwortung. Ach ja, wie mein Held, der Herr Lindner.

Ja, das ist mein Land, hier würde ich gerne bleiben, doch leider muss ich bald zurück. All dies, vor allem auch die fehlende körperliche Leistung auf meinem Tracker, haben mich in eine furchtbare Wut gebracht. Ich rannte wie ein Hamster im Kreis, aber bevor ich zum Sportstudio fuhr, um mich auszutoben, fuhr ich kurz bei meinen Freunden vorbei. Auch Deutsche, und sie waren coronabedingt schon eineinhalb Jahre nicht mehr in Florida, sie sind meinem Beispiel gefolgt und haben nun natürlich alle Hände voll zu tun am Haus. Ich erwischte sie beim Lunch, kleines Schwätzchen, dann hieß es, ich muss nun die Hecke schneiden. Ich schnell heim gefahren, meine Heckenschere geholt und dann rückten wir zu zweit der richtig hohen, wilden Hecke zu Leibe. Es war viel Arbeit, aber genau das Rezept, meinen ganzen Ärger zu heilen. Bewegung, gepaart mit Reden. Das brauche ich.

Überhaupt, hier habe ich ja auch mein Häuschen und jede Menge Arbeit, die für nun schon getan ist. Aber genau das ist es auch, was mir in Deutschland fehlt. Da gibt es nichts zu werkeln. Da starten weder Kakerlaken noch Ameisen einen Angriff aufs Haus, muss ich mich nicht um leckende Dächer kümmern, nicht dem Unkraut zuleibe rücken.

Aber auch nicht am Abend geruhsam auf meiner Terrasse einen Cocktail schlürfen und den vielen Vögeln zusehen, die zu mir kommen. Habe gerade gestern wieder einen neuen gefunden, der noch nicht in meiner großen Sammlung war. Und wenn ich zurück in Deutschland bin werde ich als erstes ein Buch mit Fotos der vielen Vögel drucken, dazu ihren Namen in Deutsch, englisch und Latein. Das ich auf meinen Spaziergängen mitnehmen kann. Denn in meinem alten Kopf bleiben die vielen Namen nicht mehr hängen.