On the Road again

Die mautfreie Route blieb bestehen, aber es ist einfach unglaublich, wohin sie mich mit der Einstellung kürzeste Strecke so alles führt. Ich kam durch vollkommen einsame Wälder, auf Straßen, kaum breit genug, dass zwei Fahrzeuge sich begegnen können, aber es kam ja auch kaum jemand. Wenn ich so auf der Autobahn nach Süden an den Verkehr denke, das sieht schon anders aus. Aber geht natürlich auch viel schneller. Das Wetter ist bescheiden, es regnet fast den ganzen Tag, Temperatur zwischen 9 und 13 Grad, nur als gegen Abend sich ein Sonnenstrahl durchkämpft steigt es kurzfristig auf 15 Grad.

Seit ich mein Zuhause verlassen habe hatte ich noch keinen Stau, nichts. Und das blieb auch so bis fast am Abend. Bordeaux war ja die erste Stadt, die ich tatsächlich durchqueren musste, an allen anderen hatte mich das Einsamkeits-Navi vorbei geführt. Aber selbst Bordeaux war okay, viel Verkehr, langsames Weiterkommen, aber kein Stehen. Auf der Gegenfahrbahn sah es für viele Kilometer ganz anders aus. Es gab auch Unterkunftsmöglichkeiten und Restaurants zuhauf, aber ich kenne das ja, sobald es Abend wird und ich was suche, sind die plötzlich alle verschwunden. 

Doch dann eine Peage! Mist, habe ich doch die letzte Anweisung des Navi, die Autobahn zu verlassen, überhört. Ich zahle 4,20 Euro, aber kann dafür auch recht lange auf der AB bleiben, etwa 55 km. Dann raus nach Bayonne, dort will ich übernachten. Finde genau das was ich suche, kleine einheimische Herberge mit gutem Essen. Ausgebucht! Sch… Man verweist mich an ein anderes Haus 3 km weiter. Ich fahre dorthin, sehr schick und edel, aber zu teuer. Also entscheide ich mich für ein Hotel, das ich im Internet finde, 50 Euro die Nacht ohne Frühstück. In Biarritz! Dieser Name hat doch einen Klang, hier trafen sich in den letzten Jahrhunderten die Schönen und Reichen, da muss ich hin. Und lande im Gewerbegebiet. Okay, aber ich nehme das Zimmer. Es ist einfach, das Badezimmer (Zimmer, haha) gleicht sehr stark den engen Duschkabinen auf den Fährschiffen nach Marokko, der Vorhang klebt beim Duschen am Rücken, aber was solls. Ich kann direkt vor dem Zimmer parken und so meine wertvollen Dinge mit ins Zimmer nehmen (ja, das sind leider viele Taschen), verzichte auf das Frühstück für 6,50 und koche mir stattdessen selber einen Kaffee. Aber ruhig wars und ich Schlechtschläfer habe durchaus gut geschlafen.

Nun ab nach Spanien. Und es regnet noch immer.

Marokko 2023, 1 Tag

Am 1. April kam ich aus USA zurück, wollte meine Sachen in Ruhe packen und das Auto vorbereiten, und dann am Freitag, den 14. April nach Marokko abreisen. Aber die Rückkehr vom über 30 Grad heißen Florida ins ziemlich kalte Taunusstein war schrecklich, einfach nur schrecklich. Ich bin in eine tiefe Depression verfallen. Am liebsten wäre ich sofort abgereist, aber es gab einiges zu erledigen, das Auto musste in die Inspektion. Und an Ostern wollte ich ja auch meine Familie sehen. Die Abreise wurde auf Donnerstag vorverlegt. Am Dienstag dann das Auto aus der Werkstatt geholt und gepackt. Aber Bahman hat es nie so eilig mit der Rechnung, ich soll am Nachmittag vorbei kommen und zahlen. Ich wollte noch ein paar Stunden schlafen und dann am Mittwoch sehr früh losfahren. Aber der Tanusstein Blues hat mich so sehr im Griff, ich pfeife auf eine zusätzliche Hotelnacht während der Reise, ich muss einfach nur weg. Bei Bahman die Rechnung eingefordert, ich glaube, er wäre am liebsten mitgefahren, und nichts wie weg.

Im Navi habe ich einfach mal eingestellt: Tarifa mautfrei. Und bekam eine Route, die ich so noch nie gefahren bin. Sonst ist es ja immer Mühlhausen – Besançon – Lyon – Narbonne – Barcelona – Almeria – Algeciras, kenne ich aus den Effeff, aber was neues macht Spaß. Auch wenn die Fahrt auf Landstraßen viel länger dauert. Ich habe ja Zeit. Und schlafe einfach gerne in Hotels. War aber auch bereit, die erste Nacht im Auto zu ruhen.

Der Beginn war eher langweilig, über Mainz nach Saarbrücken Autobahn, dann über die Grenze und nach ein paar Kilometern war dann die Autobahn kostenpflichtig. Also Landstraße. Aber auf der Route immerhin viel weniger Verkehr als die Standardstrecke über Karlsruhe. Dann eine Autostraße, das ist nett, auch wenn man nur 110 fahren darf. Dann wurde es dunkel. Sehr dunkel. Und die Autostraße ging über in winzige Landstraßen. Mein Navi hat wirklich die kürzeste Route gesucht, über Straßen, die ich besser mit meinem Rad fahren könnte. Die Dörfer um mich herum stockfinster, alles zu. Dann kam ich nach Blaise und sah einen Wegweiser zu einem Hotel. Ehem, Hotel? Ich sah eigentlich mehr oder weniger einen Zigarettenkiosk. Traute mich aber hinein zu gehen, einen Kaffee bekomme ich doch sicher, eine Pause brauche ich, es ist immerhin schon 22 Uhr. Sehr schüchtern fragte ich dann, avez – vous des chambres? Mais oui, Madame!

Prima. Auto vor dem Fenster geparkt und tatsächlich gibt es einen extra Anbau mit 10 Zimmern. Netter Wirt. Wenn ich nun nicht mehr fahren muss dann könnte ich doch auch noch was trinken. Einen Aperitif bitte. Was trinken die Leute hier so? Also, den Namen habe ich sowieso nicht verstanden, aber es war genau das richtige. Wir sind hier im Süden der Champagne und der Champagner Aperitif, den gibt es nur lokal. Einfach göttlich. Ja klar, musste auch ein zweiter her.

Also wenn jeder Tag meiner Reise so läuft dann werde ich mich nicht beschweren.

Arztbesuch

Ja leider, ich bin zurück in Taunusstein. Und das Wetter ist einfach schauderhaft. Da kommt man von 30 Grad und Sonnenschein zurück in eine graue Welt mit Wolken, Regen und unter 10 Grad. Nein Danke.

Aber ich muss nun erstmal weiter machen und versuchen, zumindest etwas Bewegung zu bekommen. Zum Fahrradfahren ist das kein Wetter, die Wälder verschlammt und kein Biketrail in Sicht. Also laufen. Nicht in den Wald, wegen besagtem Schlamm, sondern zum Flaschencontainer und die Runde durch den Ort etwas ausgedehnt. Komme auf dem Rückweg an der Praxis meines Hausarztes vorbei. Da ist etwas im Gange. Nur zur Erklärung, heute ist Samstag, der 1. April, also keine Sprechstunde. Bauarbeiter schuften schwer, reißen Einbaumöbel raus. Nun könnte man ja meinen, er modernisiert seine Praxis, aber lauter alte, leere Aktenordner stehen am Straßenrand. Von drinnen höre ich tatsächlich seine Stimme.

Jetzt mal ein kurzer Zwischensatz. Man hat ja seine Ärzte. Hoffentlich meist gute. Aber manchmal hat man einen Arzt, der mehr ist. Fast schon ein Freund. Unter meinen gehörten immer zwei dazu, mein Zahnarzt und mein Hausarzt. Das sind nicht nur Ärzte, sondern eben fast schon Freunde. Menschen, mit denen man reden konnte auch außerhalb der Krankheit. Den Zahnarzt habe ich im letzen Jahr verloren, ich komme später darauf zurück.

Ich gehe also rein um zu schauen, was hier los ist. Alle Akten sind weg geräumt und die Einbauten werden von den Arbeitern heraus gerissen. Schnell ist klar, eine Modernisierung ist das nicht. Mein lieber Dr. Heinzer steht mitten im Katastrophenzentrum und gibt Anweisungen. Ich bin entsetzt und frage, was los ist. Er sagt ganz einfach, ich mache nur das was Sie mir vormachen. In Rente gehen und das Leben genießen.

Schock. Er wird mir fehlen. Natürlich hat er recht, auch er muss das richtige in seinem Leben tun. Ich frage ob es einen Nachfolger geben wird, der die Krankenakten erhält. Er sagt nein. Er hat versucht, einen Nachfolger für die Praxis zu bekommen, aber keinen gefunden. Kein Arzt will mehr das finanzielle Risiko einer eigenen Praxis auf sich nehmen, will lieber in einem Ärztezentrum fest angestellt sein, und am liebsten sogar nur mit einer halben Stelle. Hausärzte haben keine Zukunft mehr. Und wir Patienten verlieren die Ansprechpartner. Natürlich, ein gut ausgebildeter angestellter Arzt in einem Ärtzezentrum wird sicher einen guten Job machen, aber ein persönlicher Anprechpartner für die Wehwehchen wird er nicht sein. Hausbesuche vermutlich auch nicht machen.

Schon im letzten Jahr, als ich aus Florida zurück kam, ist mir ähnliches passiert. Mein Zahnarzt Dr. Ehnes in Wiesbaden, zu dem ich wirklich eine gute Beziehung hatte, war plötzlich nicht mehr zu erreichen. Im Internet stand, die Praxis sei geschlossen. Ich fuhr sogar persönlich vorbei und fand, dass tatsächlich völlig geschlossen war, auch hier ohne Nachfolger und das immerhin in einem Bezirk von Wiesbaden, der eine sehr gute Lage hatte. Es geht also nicht nur um ländliche Bezirke. Die Großpraxen sind im Kommen und die Behandlung wird immer unpersönlicher.

Eins vergesse ich dem Zahnarzt nicht. Im ersten Coronawinter, als ich nicht nach Florida durfte, bin ich auf Glatteis ausgerutscht und habe mir den Kopf aufgeschlagen. Meine Nachbarin, Ex-Krankenschwester, hat einen Verband angelegt. Aber mein lieber Dr. Ehnes, zu dem ich wegen dem Kopfverband mit einer Wollmütze erschien, wollte sofort wissen, was passiert sei und hat mich zum Arzt geschickt. Hätte ich ohne ihn nicht gemacht. Und siehe da, die Wunde musste genäht werden. Ja, und mit dem Hausarzt habe ich immer über meine Reisen nach Marokko und Florida gesprochen, oft so lange, dass die Arzthelferin herein kam und meinte, Herr Doktor, sie müssen aber weiter machen.

Ach, wie werde ich die Beiden vermissen. Wünsche ihnen aber so eine schöne Rentenzeit wie ich sie auch habe.

Florida – Marokko

Der Frühling ist diesmal ausgefallen in Florida, wir sind gleich in den Sommer eingestiegen mit gut 30 Grad jeden Tag. Das ist genau mein Wetter, da lebe ich auf. Wenn …. Ja, wenn ich nicht am Wochenende heim müsste. Heim ins kalte Taunusstein. Für Sonntag sind da 5 Grad gemeldet. Ja, was soll denn das? Ich dachte der Klimawandel kommt. Es könnte mich richtig depressiv machen, wenn ich nicht wüsste, dass ich nicht lange bleiben werde, es wird gleich weiter nach Marokko gehen.

Aber zunächst muss ich hier alles für den langen Sommer und die Hurrikan Saison vorbereiten. Es tut mir in der Seele weh, mein Heim zu verlassen. In Taunusstein ist das nicht so, da mache ich die Tür zu und fertig. Aber in diesem kleinen Häuschen hier steckt mein Herz, ich verlasse es nicht gerne.

So langsam muss ich meinen Kopf umstellen auf Marokko. Drei Jahre war ich coronabedingt nicht dort, hatte innerlich eine Mauer gegen Marokko aufgebaut, kann nicht erklären wieso. Aber so langsam vermisse ich es doch. Habe natürlich jetzt schon Angst vor der langen Fahrt und dem teuren Benzin, die Vorfreude hat sich noch nicht eingestellt.

Beach Wetter

Heute ist wirklich herrliches Beach Wetter gemeldet, das letzte Mal für die nächsten Wochen. Deshalb sollte ich ja wohl zum Strand gehen. Mit dem Rad nach Ponce Innlet fahren wie letzten Sonntag, das war so schön. Ich gehe in den Garten und spüre die heiße Sonne auf meinen Schultern. Herrlich. Doch ich bin heute früh schon 20 km Rad gefahren und es wären weitere 40. Und wir haben Spring Break, der Strand ist knallvoll. Und mein Pond ist verdreckt und zugewachsen, darum wollte ich mich doch auch kümmern.

Also Bikini angezogen und das Kayak rausgeholt. Wirklich das ideale Wetter dafür, wer braucht schon einen Strand. Der Pond, Deutsche würden wohl sagen ein Teich, ist völlig mit den Dollar-Weeds zugewachsen (https://en.wikipedia.org/wiki/Hydrocotyle_umbellata). Wie schön wäre es, wieder ein wenig Wasser zu sehen. Also steige ich ins Kayak. Halt, das geht zu schnell. Denn es ist nicht so leicht in meinem Pond ins Kayak zu steigen. Zwar gelingt mir das in Floridas Kanälen und selbst auf dem deutschen Rhein, aber dieses Kayak kippt und dreht sich und ich liege bis über den Kopf im verdreckten schlammigen Wasser, in dem Schlangen und Schildkröten leben. Auch die berühmte Schnappschildkröte, die durchaus mal beißen kann.

Egal, neuer Versuch. Ich paddele zu den Weeds und versuche, sie mit dem Rechen etwas loszureßen. Dann muss ich aber wieder ans Ufer, aussteigen, vom Ufer her den Rechen auf die losgerissenen Inselchen werfen und sie an Land ziehen. Eine Mordsarbeit, für die man sich einen Helfer wünscht, der an Land steht und ziehen kann. Oder auch meine Versuche filmt. Stattdessen muss ich immer wieder aussteigen, einsteigen, ins Wasser fallen. Nach etwa 4 Stunden habe ich aber den Durchbruch zum offenen Wasser geschafft und kann rüber paddeln. Schluss für heute. Eine Dusche ist nun angesagt. Aber zunächst muss ich den Bikini ausziehen. Versuche es erst im Badezimmer, merke aber ganz schnell, dass dies keine gute Idee ist. Gehe also raus in den Flur, ziehe die Sachen runter und raus fällt der ganze Schlamm. Auch als ich unter der Dusche stehe bin ich völlig erschüttert, wo überall sich der Schlamm festgesetzt hat. Ich schrubbe und schrubbe und komme endlich einigermaßen gesäubert wieder raus. Völlig erschöpft, aber auch zufrieden setze ich mich in mein Patio, ein Cocktail in der Hand und schaue befriedigt auf meine geleistete Arbeit.

Oh wie werde ich das vermissen. Ich will nicht zurück nach Deutschland, will nicht, will nicht …

Withlacoochee State Trail

So lange schon wurde mir von diesem Trail berichtet und dass er noch für mein Buch fehlt. Doch ist er 74 km lang, die man natürlich auch zurück fahren muss. Und ziemlich weit weg. Ich habe dafür 3 Tage veranschlagt und benötige eine Übernachtungsmöglichkeit, eine, die mich nicht arm macht. Deshalb war ich zunächst ziemlich geschockt als ich entlang des Trails nach Möglichkeiten suchte über die horrenden Preise und entschied mich schließlich für ein AirBnB in Ocala. Zwar ziemlich weit von den jeweiligen Einstiegspunkten entfernt aber machbar.

AirBnB

Also mal wieder ein AirBnB in Florida, bei denen ich ja sehr gemischte Erfahrungen gesammelt habe und noch nie eins hatte, mit dem ich vollends zufrieden war. Als Gastgeber wurde mir Marquise genannt, Superhost. Habe mir warum auch immer eine weiße Frau vorgestellt. Es öffnete mir ein schwarzer Mann. Nun bin ich durch meine Reisen an Menschen vieler Hautfarben gewöhnt, mir kommt es auf die Persönlichkeit an, gerade in Marokko habe ich herzliche Freundschaften mit Menschen, die deutlich dunkler sind als ich. Aber in USA ist das anders, wie ich von meiner afroamerikanischen Freundin weiß. Dort ist die Trennung zwischen schwarz und weiß viel tiefer, was man ja auch durch die schmerzliche Geschichte verstehen kann. Ich trat Marquise also sehr freundlich entgegen, aber ihm ein Lächeln zu entlocken war nicht so einfach. Dazu kam dass im zweiten Gästezimmer ein weiteres schwarzes Paar war, die mich keines Blickes gewürdigt haben. So schade, ich hätte mich gerne mit ihnen unterhalten.

Rail-to-Trail

Aber ich bin ja hier zum Radfahren. Auf der Anreise hatte ich bereits den Santos Trail gefahren, auch der sehr berühmt und dann ging es zum Withlacoochee. Also, ich hatte ja echte Schwierigkeiten, dieses Wort auszusprechen, ein richtiger Zungenbrecher. Vor allem, da ich das Wort zunächst nur mündlich gehört hatte und mir nichts darunter vorstellen konnte. So langsam bekomme ich es nun hin. Es ist ein Rail-to-Trail. Mitte des 20. Jahrhundert wurden in Florida Bahnstrecken gebaut, die den bis dahin einzigen Transport per Dampfboot ersetzen sollten. Das ging aber nur wenige Jahrzehnte, dann wurden die Strecken still gelegt und das Land mit Autostraßen zugepflastert. Noch heute ist das Auto das einzig vollwertige Transportmittel im Land für Menschen und Waren. Aber das Land entlang der Strecke war im Staatsbesitz, einiges wurde privat verkauft, aber zum Glück auch einiges erhalten. Und dann zu herrlichen Radwegen ausgebaut. Diese sind natürlich meist sehr geradlinig und flach.

Der Withlacoochee beginnt eigentlich mitten in der Landschaft, obwohl Dunnellon nur wenige Kilometer entfernt ist. Aber ich denke, hier wurde eben genau das Land an privat verkauft. Zum Glück hat die Stadt aber ganz neu eine Verbindung zu diesem Radweg angelegt und macht ihn dann noch 4 Meilen länger. Nach 11 Meilen erreiche ich den ersten Ort, Hernando. Dort erspähte ich ein schönes Restaurant, von dem ich ja schon berichtet habe. Inverness liegt nur wenige Meilen danach, aber hier gibt es noch den Bahnhof sowie ein recht großes Depot, in dem damals die angelieferten Waren gelagert werden konnten. Zum Glück hat man hier nicht alles abgerissen, sondern schön restauriert und mit einigen netten Lokalen besetzt. Das Highlight für mich war aber Floral City, dort hat man einen Rest Stop eingerichtet mit WC, Trinkwasser und Picknicktisch. Ich könnte mir vorstellen, dass dies an der Stelle des alten Bahnhofs ist. Und gleich dahinter liegt das Shamrock Inn, eine sehr beliebte Kneipe in deutschem Besitz mit Erdinger Bier. Voll gepackt um die Mittagszeit, aber an der Bar war noch ein Plätzchen für mich.

Diesen Bereich zwischen Hernando und Floral City habe ich den „Europäischen Radweg“ getauft. Denn hier gibt es genau wie bei uns zu Hause ein tolles Angebot von Essen und Trinken direkt am Trail. Auf der weiteren Strecke war es dann wesentlich ruhiger, viel Natur, sogar zwei öffentliche Parks, aber auch weitläufige Farmen mit allerlei Getier, dazwischen die typischen Florida Sümpfe. Am heutigen Umkehrpunkt wieder eine schöne Bank, dort komme ich mit Radfahrern aus Minnesota ins Gespräch. Als ich von meinem Buch erzähle haben sie es sofort gekauft. Müsste an einem solchen Trail einen Stand aufmachen.

Für morgen bleibt mir nun nur noch das kurze letzte Stück und von dort aus werde ich direkt nach Hause fahren. Schön wars.

 

Hernando und Inverness

Das ist Urlaub! So macht es Spaß. Bin schon den zweiten Tag auf Radtour und es ist einfach unglaublich. Gestern bin ich den Santos Trail gefahren, war sehr schön, da er für Florida sehr ungewöhnlich ist mit Kurven und Hügeln. Schön, aber nicht aufregend. Interessant waren aber die luftigen Gebilde der Östlichen Zeltraupe.

Heute nun der Withlacoochee State Trail. Von vielen wurde mir gesagt, dass er eben noch für mein Buch fehlt, ist er doch mit 46 Meilen der längste in Central Florida. Ich war zunächst ein wenig, nein, nicht enttäuscht, eher gelangweilt. Als Rail-to-Trail auf einem ehemaligen Bahndamm gebaut wie so viele andere gibt es nur wenig Abwechslung. Doch dann komme ich nach Hernando und denke, langsam, das ist ja ein europäischer Trail, mit Essen und Trinken entlang der Strecke. Habe es mir aber für den Rückweg aufgehoben. Weiter nach Inverness. Nein, bis nach Schottland habe ich es nicht gebracht, auch in Florida gibt es ein Inverness. Sehr schön gelegen an mehreren Seen und es gibt tatsächlich noch den alten Bahnhof und das Depot, heute schön restauriert mit Bar und Café. Der Beginn der Strecke war ja bereits in Dunnellon, und auch dieses Städtchen zwischen dem Rainbow River und dem Withlacoochee River war wunderschön. Kein Wunder, dass ich in diesen Orten kein bezahlbares Zimmer gefunden habe, hier ist um diese Jahreszeit alles ausgebucht.

Ich fahre noch ein wenig weiter, dann zurück. Der Nachteil der meisten Florida-Trails, es sind keine Rundwege, man muss immer den gleichen Weg zurück zu seinem geparkten Wagen. Aber zunächst Einkehr. Rippchen vom Smoker mit Pommes, Coleslaw und Bohnen. Ich könnte mich reinlegen so gut ist es. Und ja, ich gestehe, zu einem schönen Urlaub gehört auch ein guter Restaurantbesuch. Auch wenn ich das möglichst vermeide. Und zum Blue Moon Bier sind mir dann diese Worte eingefallen.

Tomoka Landfill

„Adopt-a-road-Program“

Heute konnte ich wieder an einem sehr interessanten Volunteer Projekt teilnehmen. Zunächst bekamen wir eine Tour durch die Tomoka Landfill, die große Müll-Sammelstelle des Volusia County. Danach haben wir einen Eindruck von „Adopt-a-road-Program“ bekommen. Ich fange damit an. Private Gruppen oder auch Firmen und Vereine können sich an diesem Projekt beteiligen. An den Straßen stehen jeweils Schilder mit „Adopt-a-road-Program“ und einem Namen. Die hatte ich schon gesehen (leider nicht fotografiert). Das bedeutet, dass sich diese Gruppe jeweils um diesen Straßenabschnitt kümmert und in einem bestimmten Rhythmus den Müll aufsammelt, den die gedankenlosen Autofahrer aus dem Fenster werfen. Das wird in Müllsäcken gesammelt, dann an die Schilder gestellt, Waste-Pro benachrichtigt, und die lesen das dann auf. Finde ich toll. Wir haben also heute ein Straßenstück aufgesammelt und in zwei Gruppen viele Säcke gesammelt.

Landfill

Doch dann begann der interessante Teil, die Tour über die Müllhalde. Was mich zuerst beeindruckt hat ist einfach die Fläche. Ich kenne die Müllentsorgungsanlage in Wiesbaden, sie ist einfach viel kleiner. Florida hat mehr Fläche, das Gelände erstreckt sich über 13,8 qkm und vor allem bildet sie damit die einzigen Hügel, über die Central Florida verfügt.

Tomoka State Park

Was mich erinnert. Vor wenigen Tagen hatten wir eine andere beeindruckende Tour. Wir standen im Tomoka State Park vor einem der vielen Indian Mounts, die es dort gibt. Auch das sind Müllhalden, die teils bis zu 5000 Jahre zurück gehen. Von den Ureinwohnern, den Timoucan-Indianern, von denen sich der Name Tomoka ableitet, ist sehr wenig bekannt, sie sind vollständig ausgerottet. Nur durch diese Müllhalden kann man ein wenig über deren Leben lernen. Und ich frage mich, ob in 5000 Jahren auch jemand die Tomoka Landfill erforscht nach Überbleibseln unserer Jahrhunderte.

Paradies für Vögel

Auf der Tomoka Landfill werden verschiedene Arten von Müll bearbeitet, wie ja auch unsere häusliche Müllentsorgung dies widerspiegelt. Sie ist um Längen besser als in Deutschland. Dienstag und Freitag wird Hausmüll abgeholt, Mittwoch Recycling und Gartenabfälle. Und all das kommt hierher. Und ganz klar ist die Abteilung Hausmüll DAS Paradies für Vögel. Sogar eine Gruppe der seltenen Bald Eagles, das Wappentier der USA, kann hier immer fotografiert werden. Natürlich auch die zwei Arten der Geier, die in Florida heimisch sind, sowie etliche andere Vögel. So viele, dass es eigene Bird Observation Stationen gibt und die Bird Watchers dem Landfill oft einen Besuch abstatten.

Free Paint

Natürlich ist auch das für mich interessant, aber nicht nur das zog mich am gleichen Tag ausgerüstet mit einer besseren Kamera zurück. Mich interessierte vor allem der Bereich, wo aus dem Hausmüll quasi mit Hand die Farbeimer und die Öldosen ausgesondert und in einem extra Lager aufgestellt werden. Und jeder Einwohner darf nun herbei kommen und sich daraus etwas suchen, was er noch gebrauchen kann. Denn nicht immer werden nur leere Farbeimer entsorgt, oft auch volle. So ein Eimer mit einer Gallone kostet gerne mal 50 $ und als Hausbesitzer kann man so etwas immer gebrauchen. Also bin ich zurück gefahren und habe vier Gallonen-Eimer ergattert. Morgen werde ich berichten, was ich damit angefangen habe.

 

Vorurteile

So ein schöner Sonntag. Sonnig, 30 Grad, Beach Wetter. Und dann so ein Schlag. Verraten und ausgenutzt habe ich mich gefühlt und keiner zu erreichen, bei dem ich mich ausweinen kann. Nur die liebe Schweizer Seele, die ist immer für mich da. Danke.

Da gibt es nur eins, abstrampeln den Ärger. Bin mit dem Rad zum Strand und dann nach Ponce Inlet rausgefahren. Nur mit Turnhose und Sport-BH und so dann auch in meine Lieblingsbar gegenüber dem Leuchtturm, Hidden Treasure. Das kann man hier, das ist normales Florida Outfit. Aber an der Bar kein einziges Plätzchen frei. Das macht meine schlechte Laune nur noch größer. Also weiter zum nächsten, Down the Hatch. Hier Musik, man tanzt, richtig schön. Überhaupt ist es ein wunderbarer Sonntag und alles was Beine hat ist in Ponce Inlet, ein wirklich schöner Platz in Florida. Ein Plätzchen frei an der Bar, nix wie hin, nett gefragt. Der linke sagte, ja gerne, die rechte sagte, nein, das ist für unseren Freund. Obwohl dort eine bereits bezahlte Kreditkartenquittung lag. Danke, noch ein bisschen mehr Ärger. Ich bin stinksauer, vor allem, als ich sehe wie die Leute aufbrechen. Aber bevor ich wieder dort bin, hat schon ein anderer Platz genommen.

Also wieder zurück ins Hidden Treasure und tatsächlich, hier ist Platz frei geworden und ich setze mich. Würde ja gerne einen netten Nachbarn haben für den Stuhl daneben, aber stattdessen kommt ein Paar, älter (was natürlich meint älter als ich), die Dame etwas gehbehindert und juwelenbehangen. Also ganz und gar nicht mein Ding. Krrr. Schrei.

Sie bestellt: Champagne! Ein Becher Eiswürfel dazu. Ich sage zu ihr You live good. Yes, sagt sie, und wir kommen ins Gespräch und ich kann nur noch staunen. So sehr kann man sich in einem Menschen täuschen (okay, ja, ging mir ja heute früh schon so), aber es war ein sehr interessantes Ehepaar. Sie leben in Minnesota ganz oben an der kanadischen Grenze, wo es so bitterkalt ist, dass es meist schon zu kalt ist zum Schneien. Aber im Sommer einfach ein Traum. Sie wohnen direkt an einem See, umgeben von Wald, ein wunderschönes Haus, und Wildlife en masse. Ein Füchsin ist fast schon handzahm und kommt mit ihren Jungen, die Wolfmutter dagegen, deren Jungen sie auch schon getroffen hat, hat ihre Kleinen zurück in die Büsche beordert. Sie hat mir Fotos gezeigt, einfach unglaublich, ja, da würde man gerne mal Urlaub machen. Sie kann beides, das City Girl und die Farmersfrau. Ich bin beeindruckt und der Tag wurde ein wenig freundlicher.

Zurück zu Hause waren es dann 33 km für den Tag, das hat mir gut getan.

Endless Summer

Gerade komme ich von einer 25 km Radtour bei 30 Grad durch meine städtische Nachbarschaft zurück. Ich liebe diese Wärme auf meinen Schultern, ich liebe es, kaum etwas anziehen zu müssen. Lange Hosen, dicke Westen, nixda. Der Florida – Winter mit seinen wöchentlichen Kältewellen – bei uns wäre das eher ein Frühling – ist vorbei, der endlose Sommer kommt, die Klimaanlagen laufen zur Höchstleistung auf.

Meine dagegen hat ein ganz besonderes Timing. Erst wartet sie, bis mein Besuch weg ist, damit der sich wohl fühlt, dann fällt sie am nächsten Tag aus, dem ersten richtig warmen Wochenende. Und keine Ersatzteile bis zum Montag. Den Tag muss ich irgendwo anders verbringen, ja, der Strand wäre möglich, aber ich fahre lieber Rad. Die Nächte gehen noch, es kühlt runter bis auf etwa 22 Grad im Zimmer, mit leichtem Betttuch kann man da schon schlafen. Wenn ich so an manche Marokko-Nacht denke, da war es trotz AC nicht kühler als 33 Grad, das ist schon heftig.

Auf dem Kontinent ist der Winter noch nicht vorbei. Im Norden um Washington und New York wird es wieder richtig heftig mit Schneesturm, aber bei uns drückt von Südamerika her eine Hitzewelle die Kälte zurück. Ja, so kann ich es aushalten.

Doch nein, ich muss ja schon meine Rückkehr vorbereiten. Es sind nur noch 5 Wochen. Früher hatte ein ganzer Urlaub hier nicht länger gedauert, nur 2 oder 3 Wochen. Und nun muss ich schon bei 5 Wochen an die Abreise denken. Das Unkraut im Garten noch mal jäten, die Hecken schneiden, die letzten Bücher an die Bikeshops verteilen. Die letzte Woche wird dann nur damit ausgefüllt sein alle Verträge für die Sommerzeit einzufrieren, das Haus hurrikanfest zu machen.